DWD Synoptische Übersicht Kurzfrist

02-07-2021 07:30
SXEU31 DWAV 020800

S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Freitag, den 02.07.2021 um 08 UTC


GWL und markante Wettererscheinungen:
HNF z Übergang zu Tr W

Am Samstagabend im Westen wieder erste kräftige Gewitter möglich, Unwetter nicht
ausgeschlossen. Am Sonntag von Westen her zunehmende Gewitterneigung, dabei
lokal starke Gewitter mit Unwetterpotential vor allem durch Starkregen.

Synoptische Entwicklung bis Sonntag 24 UTC
--------------------------------------------------------------
Freitag... liegen wir zunächst unter einem Höhentrog, der sich von der Nordsee
südostwärts über Deutschland bis in den Karpatenraum erstreckt. Am Rande eines
zugehörigen, nur noch sehr flachen Tiefs über der Ostsee gelangt aus westlichen
Richtungen mäßig warme und recht feuchte Meeresluft nach Mitteleuropa.
Allerdings formiert sich über der Biskaya und Frankreich ein Höhenrücken, der
nach Osten zieht und bis zum Abend in den
Südwesten Deutschlands vorankommt. Das führt auch dazu, dass das Höhentief
nördlich davon in ein Drehzentrum über der Nordsee und eines über dem Balkan und
dem östlichen Mitteleuropa zerfällt.

Die Annäherung des Höhenrückens stützt aber auch eine schwache
Bodenhochdruckzone, die für eine Abtrocknung der Luftmasse und von Südwesten her
für größere Auflockerungen sorgt.
Ansonsten hält sich über der Mitte und nach Südosten hin aber zunächst viel SC-
oder CU-Bewölkung unterhalb 800 bis 750 hPa. Nach Osten und Südosten hin fällt
anfangs leichter bis mäßiger Regen. Auch im Nordwesten und Norden, nahe dem
Höhentrog über der Nordsee und wo die Inversion schwächer ausgeprägt bzw. etwas
höher liegt, hält sich feuchtere Luft und es muss im Tagesverlauf mit einzelnen
(schwachen) Schauern gerechnet werden. Für Gewitter reicht es nicht.

Der Wind spielt bei geringem Druckgradienten keine Rolle und die Temperatur
steigt Dank etwas Sonnenunterstützung auf 20 bis 24 Grad, am Oberrhein auf bis
zu 26°C. In Teilen des östlichen Berglandes, wo die Sonne keine Chancen hat,
werden die 20°C wohl wieder verfehlt.

In der Nacht zum Samstag macht der Höhenrücken Boden nach Osten hin gut und
nimmt Tuchfühlung auf mit dem Höhenhoch über Nordskandinavien. Dabei verstärkt
sich der Hochdruckeinfluss bei uns noch etwas, was sich auch im Bodendruckfeld
in einer schwachen Hochdruckzone über Deutschland widerspiegelt. Abgesehen von
anfänglichen Restschauern im Südosten und Osten, bleibt es dann meist trocken.
Eine Ausnahme gibt es allerdings. Der äußerste Osten und Nordosten liegen im
Randbereich des nach wie vor östlich von uns liegenden Höhentiefs, an dessen
Rand mit einem kleinen Trog über die Ostsee und Polen etwas schauerartiger Regen
oder Schauer eindringen können.

Bei teils längeren Auflockerungen oder auch geringer Bewölkung geht die
Temperatur auf 15 bis 9°C zurück und es bildet sich stellenweise Nebel, der aber
nur begingt zu Warnungen berechtigen dürfte.


Samstag... wird der Höhenrücken nur langsam nach Osten verschoben, da der
Höhentrog über Osteuropa dagegen hält. Auf jeden Fall aber gelangt der äußerste
Westen und Südwesten im Tagesverlauf wieder auf die diffluente Vorderseite eines
Troges über dem Nordostatlantik und Westeuropa, der sich zögernd ostwärts
vorarbeitet.
Dort sickert auch wieder deutlich feuchtere und nach Westen hin auch wieder
(leicht) potentiell instabile Luft ein mit ersten Schauern und Gewittern zum
Spätnachmittag und Abend an der Grenze zu Benelux. Auch im Südwesten zieht
Bewölkung auf und sollte es dort auch für etwas Regen reichen, sind eher keine
konvektiven Umlagerungen dabei, da durch kräftige Warmluftadvektion die
Labilität durch eine stabilere Schichtung, eventuell sogar einer Inversion
oberhalb von 700 hPa gedeckelt ist.

Ansonsten sorgt der nur zögernd weichende Höhenrücken für Zwischenhocheinfluss
und einen warmen Sommer- und Strahlungstag. Fraglich ist aber, wie progressiv
das Strömungsmuster insgesamt ist. Eventuell tut sich auch im Westen konvektiv
bis zum Abend noch nicht viel und auch für den äußersten Osten zwischen
Vorpommern und Ostsachen sind die Aussichten noch nicht ganz klar. Hier driften
zunächst noch dichtere Wolken am Rand des Höhentiefs über Osteuropa herein, auch
der ein oder andere Schauer ist nicht ausgeschlossen und für größere
Auflockerungen braucht es möglicherweise längere Zeit.

Die Temperatur steigt auf 24 bis 28°C, ganz im Norden und bei mehr Wolken im
Osten wird es nicht ganz so warm. Der Wind ist meist schwach unterwegs, aus
unterschiedlichen Richtungen, nach Osten zu etwas lebhafter aus nordwestlicher
Richtung.

In der Nacht zum Sonntag nähert sich ein Randtrog den Britischen Inseln und gibt
dem zyklonalen Einfluss auch über Mitteleuropa einen leichten Schub nach Osten.
Allerdings wird der Höhenrücken auch von Osten abgebaut, durch den dort weiter
befindlichen Trog, der wieder eine Tendenz zur Westausdehnung zeigt.

Somit verbleibt wahrscheinlich nur ein Streifen mit geringer Bewölkung etwa von
der Nordsee und Schleswig-Holstein nach Südosten bis in den östlichen
Mittelgebirgsraum. Südwestlich davon zieht zumindest teilweise starke Bewölkung
auf aus der gebietsweise Regen oder Schauer fallen, anfangs im Westen auch
einzelne Gewitter und auch im Nordosten sind Schauer nicht ausgeschlossen. Die
Frühtemperaturen liegen meist zwischen 17 und 12 Grad.


Sonntag... erreicht der atlantische Höhentrog die Seegebiete westlich Irlands,
während von Südwesten her ein markanter Randtrog Belgien und Südwestdeutschland
erreicht. Auf dessen Vorderseite wird aufgrund von PVA dynamische Hebung
generiert, die im Bodendruckfeld eine Tiefdruckrinne zur Folge hat, die im
Tagesverlauf diagonal vom Nordwesten bis in den Südosten über Deutschland zu
liegen kommt.
Mit dem sich verstärkenden konvergenten Windfeld kommt es zu einer deutlichen
Feuchteanreicherung im Rinnenbereich,
die PPW-Werte steigen auf über 30 mm. Im Tagesverlauf können nach Lesart des
ICON-EU gebietsweise 500 bis 1000 J/kg ML-Cape generiert werden.
Die Folge sind teils kräftige Gewitter, die sich vor allem im Laufe des Mittags
und nachmittags in erster Linie im Bereich der Rinne, aber auch orographisch
getriggert in einigen Mittelgebirgen entwickeln. Der äußerste Westen und
Südwesten liegt bereits rückseitig der Rinne, wo stabilere Luftmassen die
Gewitteraktivität hemmen.

Im Nordosten und Osten passiert meist noch nicht viel, wenn man mal von den
ostseenahen Regionen und dem äußersten Osten absieht, wo wiederum einzelne
Schauer und Gewitter in der dort liegenden feuchten und instabileren Luftmasse
möglich sind.

Mangels Dynamik/Scherung und der Herkunft der Luftmasse von der Biskaya dürfte
es wohl nicht zu einer überregionalen Unwetterlage reichen, auch wenn einzelne
unwetterartige Entwicklungen vor allem in Bezug auf Starkregen nicht ganz
ausgeschlossen sind.

Vor allem ab der Mitte ost- und nordostwärts scheint länger die Sonne, während
es im Westen und Südwesten eher bewölkt bleibt bei Temperaturen in 850 hPa
zwischen 10 Grad ganz im Westen und 13 bis 14 Grad im Südosten. Somit liegen
die Höchstwerte meist zwischen 20 und 25 Grad im Westen und Südwesten sowie
zwischen 24 und 29 Grad in den übrigen Regionen, an den Küsten teilweise etwas
darunter.

In der Nacht zum Montag schwenkt der Trog über Deutschland nach Nordosten
während sich die Bodenrinne schon in den äußersten Norden und Nordosten
verschiebt. Dabei gelangt in weite Landesteile rückseitig der Rinne etwas
kühlere und stabiler geschichtete Luft, in der die Schauer- und Gewitterneigung
rasch abklingt. Auch im Bereich der Rinne und an deren Westrand, wo es am
ehesten noch für kräftige Gewitter reicht, lässt deren Intensität und Häufigkeit
im Laufe der Nacht nach.


Modellvergleich und -einschätzung
--------------------------------------------------------------
Die Entwicklung ist im synoptischen Scale unstrittig, im Detail ergeben sich
aber Unsicherheiten. Zum einen ist der Einfluss des Höhentiefs über Osteuropa
auf den äußersten Nordosten noch unsicher, was aber warntechnisch nicht relevant
werden dürfte, zum anderen ist noch unklar inwieweit die Gewitter am
Samstagabend schon den Westen erfassen. Eventuell bilden sich westlich von uns
Gewitter, die dann als Cluster den Westen erfassen, was modellseitig meist
unterschätzt wird. Nach einer überregionalen Unwetterlage am Sonntag sieht es
nicht aus, auch wenn lokal sicher das ein oder andere schwere Gewitter (WU vor
allem durch Starkregen) mit dabei sein dürfte.

Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Bernd Zeuschner