DWD Synoptische Übersicht Mittelfrist

24-06-2021 10:30

S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T M I T T E L F R I S T
ausgegeben am Donnerstag, den 24.06.2021 um 10.30 UTC



Erneut schwülwarm und gewittrig bis hin zum Unwetter, nur im Norden und
Nordosten wahrscheinlich weitgehend trocken.
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Synoptische Entwicklung bis zum Donnerstag, den 01.07.2021


Am Sonntag und Montag liegt Deutschland unter einem Keil, der sich von der
Kleinen Syrte über den Alpenraum in die Nordsee erstreckt. Dieser Keil wird nach
Osten hin durch einen flachen Trog, im Westen jedoch durch ein kräftiges
Höhentief über der Biskaya flankiert. Dieses führt an seiner Vorderseite
zusehends wärmere, feuchtere und labil geschichtete Luft, die sich von Südwesten
her am Montag bis in die mittleren Gebiete durchsetzt. Damit ist zum einen
wieder ein Temperaturanstieg auf Maxima etwas über 30 Grad und andererseits vor
allem ab Montag eine verstärkte Gewittertätigkeit bis hin zum Unwetter zu
erwarten. Am wahrscheinlichsten sind derartige Entwicklungen über den westlichen
und südwestdeutschen Mittelgebirgen, wogegen der große Rest des Landes hiervon
vorerst verschont bleibt.
Am Dienstag und am Mittwoch verschiebt sich das gesamte Zirkulationsmuster etwas
nach Osten, so dass sich die feuchtlabile Luftmasse bis etwa zur Elbe
durchsetzen kann. Antizyklonale Strukturen lassen sich dann im Bodendruckfeld
nicht mehr finden. Vielmehr kommt erneut eine "Sumpflage" mit geringen
Luftdruckgegensätzen und heftigen Gewittern bis hin zum Unwetter (vor allem
durch Starkregen) zustande. Der Nordosten bleibt von diesen Entwicklungen
verschont. Ob sich am Mittwoch im Westen bereits stabilere Luft durchsetzt, ist
noch nicht sicher.
Am Donnerstag dürfte sich dann die labil geschichtete Luft weiter nordostwärts
durchsetzen, so dass auch zwischen Ostsee und Erzgebirge vermehrt Gewitter
auftreten. Inwieweit dort noch Unwetter zustande kommen oder ob bis dahin aus
der Luftmasse "der Dampf raus" ist, lässt sich noch nicht abschätzen.
Im erweiterten mittelfristigen Vorhersagezeitraum stellt sich vorübergehend eine
westliche Strömung ein, mit welcher die feuchtlabile Luft nach Osten abgedrängt
wird. Danach setzt sich über dem Süden und der Mitte Deutschlands der Keil eines
Azorenhochs durch, allerdings wird ab Sonntag der Norden vermehrt von
Frontensystemen gestreift. Meist bleibt es sommerlich warm.
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Bewertung der Konsistenz des operationellen Laufs


Unterschiede zu weiter zurückliegenden Modellläufen sind bereits am Sonntag zu
finden. Das Höhentief, das nach dem gestrigen 00 UTC-Lauf über der Ostsee lag,
ist bei den beiden nachfolgenden Modellrechnungen verschwunden. Demzufolge
bleibt es am Sonntag auch im Nordosten sommerlich warm. Nachfolgend setzt sich
bis Dienstag die wärmere Luft von Südwesten her wieder rascher nach Nordosten
durch, als dies der 00 UTC-Lauf des Vortages gezeigt hatte. Ab der Wochenmitte
sind keine signifikanten Unterschiede zwischen den einzelnen Modellläufen mehr
erkennbar.
Im erweiterten mittelfristigen Vorhersagezeitraum wird die Version des
aktuellsten Modelllaufes auch vom gestrigen 12 UTC-Lauf gestützt, wogegen der 00
UTC-Lauf des Vortages eine flache Druckverteilung im Programm hatte.
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Vergleich mit anderen globalen Modellen


Bis einschließlich Dienstag zeigen alle verfügbaren Modelle eine ähnliche
Entwicklung. Prognoserelevante Unterschiede lassen sich bis dahin nicht
ableiten. Alle Modelle simulieren ein Höhentief, das irgendwo zwischen dem
westlichen Ärmelkanal (EZMW) bzw. Nordostfrankreich (kanadisches Modell) liegt.
Über Mitteleuropa halten sich geringe Luftdruckgegensätze.
Bis Donnerstag werden die Modellunterschiede rasch größer. Nach ICON setzt sich
bis dahin das Höhentief in Richtung Adria in Bewegung. Von Norden her dringt am
Rande eines ausgedehnten Hochs trockenere, stabile und mäßig warme Luft nach
Süden vor. Eine derartige Entwicklung, wenn auch in abgeschwächter Form, lässt
sich noch beim GFS und beim kanadischen Modell finden. GFS belässt das Höhentief
über Frankreich, wogegen das Modell des kanadischen Wetterdienstes dann ein
dipolartiges Gebilde mit Kernen über Südschweden und den Zentralalpen zu bieten
hat. Einzig EZMW setzt auf Erhaltungsneigung.
Im erweiterten mittelfristigen Vorhersagezeitraum trudelt nach dem kanadischen
Modell das nördliche Höhentief in Richtung Nordsee. Ein hiervon ausgehender Trog
reicht nach Frankreich, wobei wir wieder beim Thema Südwestlage wären. Wie EZMW
hat auch GFS kein wetterrelevantes Höhentief zu bieten. Vielmehr kommt auch nach
GFS antizyklonaler Einfluss zustande, der allerdings nicht so ausgeprägt ist wie
beim EZMW. Dies dürfte das wahrscheinlichere Szenario sein.
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Bewertung der Ensemblevorhersagen


Das EPS des GFS zeigt Signale für eine Blockierung, ausgehend vom Seegebiet
südlich von Island und nachfolgend ins Nordmeer verlagernd. Diese Blockierung
wird von Höhentiefs "unterwandert", so dass sich über Mitteleuropa nach einer
steilen Südwestlage ein Übergang zu einem, wenn auch schwachen Höhentief ergeben
würde, das sich im erweiterten mittelfristigen Vorhersagezeitraum nach Südwesten
bewegt, so dass dann über Mitteleuropa wieder eine Südwestströmung zustande
kommt. Dies hätte für den Westen und wahrscheinlich auch für die Mitte etwa ab
der Mitte der kommenden Woche vor allem nach dem neuesten Modelllauf einen
leichten Temperaturrückgang auf etwa für die Jahreszeit normale Temperaturen zur
Folge. Der Spread ist relativ gering, eine hohe Labilität wird während des
gesamten Vorhersagezeitraumes erwartet.
Ähnliche Strukturen hinsichtlich einer Blockierung zeigt auch das EPS des EZMW,
wobei allerdings das blockierende Hoch nicht so weit nördlich gesehen wird.
Dieses wird ebenfalls von Höhentiefs an dessen Südflanke umrundet, wobei
durchaus auch Indizien für die ICON-Variante (mit dem Höhentief über der Adria)
zu finden sind. Das Clustering ergibt selbst im erweiterten mittelfristigen
Vorhersagezeitraum nur zwei Szenarios, die beide auf eine Blockierung über
Skandinavien bzw. über der Nordsee hinauslaufen, d.h. sich nicht wesentlich
unterscheiden. Wie beim EPS des GFS ist auch beim EPS des EZMW der Spread
relativ flach. Die anhand des deterministischen Laufes geschilderte Entwicklung
lässt sich gut nachvollziehen, d.h. nach einer relativ stabilen Phase am
Wochenende werden von Westen und Südwesten her wieder vermehrt
Niederschlagssignale gezeigt, die auf eine erneut auflebende Konvektion
hindeuten.
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Wahrscheinlichkeiten für signifikante Wettererscheinungen


Das erneute Aufleben der Konvektion zu Wochenbeginn von Westen und Südwesten her
tritt beim EFI weniger durch Niederschlagssignale, sondern vielmehr durch CAPE
mit und ohne Scherung zu Tage. Am Dienstag und vor allem am Mittwoch zeichnet
sich in einem Streifen vom Emsland über die Mitte Deutschlands bis in den
östlichen Mittelgebirgsraum hinein und zu den Alpen der Höhepunkt der
Gewitterlage ab. Dabei ergeben die Indizes erneut Signale für eine hohe
Wahrscheinlichkeit für unwetterartige Gewitter. Unwettergefahr besteht dabei vor
allem durch heftigen Starkregen, im Westen und Süden vermehrt durch (schwere)
Sturmböen und vor allem nach Südosten hin zusätzlich durch größeren Hagel.
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Basis für Mittelfristvorhersage
EPS(EZNMW), anfangs MOS
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VBZ Offenbach / Dipl. Met. Thomas Schumann