DWD Synoptische Übersicht Mittelfrist

18-05-2021 11:01

S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T M I T T E L F R I S T
ausgegeben am Dienstag, den 18.05.2021 um 10.30 UTC



Anhaltend unbeständig mit einem Sturmtief am Samstag
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Synoptische Entwicklung bis zum Dienstag, den 25.05.2021


Zu Beginn der Mittelfrist liegt Deutschland auf der Vorderseite eines kräftigen
Tiefs bei den Britischen Inseln. Das zugehörige Frontensystem überquert die
Bundesrepublik am Freitag ostwärts, wobei die zunächst aus Südwesten
einfließende relativ milde Luft rasch verdrängt wird. Im Süden und Südwesten
gerät die Front etwas ins Schleifen, was in höheren Regenmengen resultiert,
allerdings ist die Wahrscheinlichkeit für Dauerregen gering. In der rückseitig
der Front einfließenden höhenkalten Luft ist die Bildung von markanten Gewittern
vor allem im Norden und Westen begünstigt. Der zunehmende Druckgradient sorgt
zudem für weiter auffrischenden Südwestwind.

Tief und korrespondierender Trog, der sich bis über die Alpen erstreckt, bleiben
uns auch am Samstag erhalten. Die Luftmassengrenze liegt knapp außerhalb
Deutschlands voraussichtlich von Polen über Tschechien und die Alpensüdseite bis
nach Südfrankreich. Das Tief zieht langsam über die Nordsee in Richtung Dänemark
und Südskandinavien, wobei der Druckgradient weiter zunimmt und zu stürmischen,
im Bergland auch orkanartigen Böen führt. Im Trog eingelagerte Randtröge
forcieren Hebung und unterstützen so die Bildung von Schauern und Gewittern. Die
rückseitige Okklusion sorgt im Nordwesten für anhaltenden Regen.

Am Sonntag zieht das Tief weiter nordostwärts über die Ostsee und verlässt den
Einzugsbereich Deutschlands. Von Süden her breitet sich leichter
Hochdruckeinfluss aus, der Druckgradient fächert auf und in der Höhe wölbt sich
ein Höhenrücken über Mitteleuropa, der etwas mildere Luft ins Land strömen
lässt. Zeitgleich intensiviert sich aber über den Britischen Inseln ein neues
Tiefdruckgebiet, dessen Ausläufer uns bereits in der Nacht zum Montag erreichen.


Am Montag zieht das Tief über die Nordsee und die Front schickt sich an,
ost-südostwärts zu ziehen. Allerdings hält Hochdruck über Südosteuropa dagegen
und so ist die Front nur langsam unterwegs. Durch eine Randtiefentwicklung über
der Nordsee bzw. dem Ärmelkanal wird die Front in der Nacht zum Dienstag wieder
eingefangen und rückläufig.

Am Dienstag liegt die Luftmassengrenze dann quer über Deutschland vom Nordosten
bis in den Südwesten. Wobei die genaue Lage noch unsicher ist.

Zusammenfassend lässt sich sagen: In der Hauptsache ist das Wetter in der
Mittelfrist tiefdruckbestimmt. Zwar gibt es kleinere, kurzfristige Anflüge von
Hochdruckeinfluss, aber weitgehend zyklonale Strömung sorgt für unbeständiges
und kühles Wetter.
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Bewertung der Konsistenz des operationellen Laufs


Zu Beginn der Mittelfrist ist der heutige 0 UTC Lauf des EZMW konsistent zu den
Vorläufen, für Pfingsten ergeben sich aber signifikante Abweichungen. Das Tief
knapp nördlich der Britischen Inseln wird nun stärker und schneller gerechnet.
In der Folge schiebt sich der Höhenrücken im neuen Lauf bereits am Sonntag nach
Mitteleuropa und ist aufgrund des stärker amplifizierten Troges über Westeuropa
auch deutlich steiler. Der gestern noch für Dienstag angedachte Frontdurchgang
findet nun Montag statt, allerdings wird die Front auf dem Weg nach Osten
gebremst, am Dienstag von einem Tief eingefangen und somit rückläufig. Trotz der
Abweichungen scheint der 0 UTC Lauf schlüssig, da die Änderungen bereits gestern
mit 12 UTC angedeutet wurden.
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Vergleich mit anderen globalen Modellen


Zu Beginn der Mittelfrist bilden die globalen Wettermodelle die Wetterlage
ähnlich ab. Ab Sonntag ergeben sich größere Differenzen, wobei IFS und ICON
ähnliche Strukturen haben, GFS aber eine gänzlich andere Lösung, ohne Tief über
den Britischen Inseln, fährt. Der wohl größte Unterschied besteht im Aufwölben
des Höhenrückens, was bei IFS bereits am Sonntag in großem Maße geschieht, bei
ICON und GFS erst im Laufe des Montags. ICON lässt im Gegensatz zu GFS und IFS
die warme Luft auch nicht bis ganz in den Norden vordringen, sondern hält die
Luftmassengrenze quasi stationär über der Norddeutschen Tieflandsebene. Da in
den Vorläufen allerdings große Sprünge bei ICON stattgefunden haben, besteht
eine hohe Wahrscheinlichkeit, dass sich das Modell noch an IFS annähert. Mit der
verpassten Tiefentwicklung bei GFS gehen die Prognosen für Niederschlag und
Temperatur ab Dienstag deutlich auseinander, wobei allerdings zwischen ICON und
IFS weiterhin einige Gemeinsamkeiten zu finden sind.
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Bewertung der Ensemblevorhersagen


Zu Beginn der Mittelfrist sind die Ensembles des IFS nahe beieinander. Ab
Sonntag/Montag wird der Spread für den Osten und Süden Deutschlands sehr groß,
was sicherlich in der neuen, aber subjektiv betrachtet schlüssigen Berechnung
des IFS liegt. Haupt- und Kontrolllauf liegen am oberen Rand der Ensembles, was
auf die progressivere Erwärmung im neuen Lauf zurückzuführen ist. Für den Norden
Deutschlands (Bsp. Hamburg) sind die Rauchfahnen erstaunlich schmal, was die
Sicherheit und Konsistenz der Prognose unterstreichen soll. In der erweiterten
Mittelfrist nähern sich die Ensembles wieder an.

Für den Zeitraum +72 bis +96 h gibt es 6 Cluster, alle NAO positiv und mit
marginalen Unterschieden. Sowohl Haupt-, als auch Kontrolllauf sind in Cluster 2
zu finden.
Auch für +120 - 168 h gibt es 6 Cluster mit NAO positiv. Wobei für t+120 kaum
Unterschiede auszumachen sind zwischen den einzelnen Clustern. Bei t+168 sind
die Unterschiede für Mitteleuropa schon größer, was die Ausdehnung von Tief und
Trog bei den Britischen Inseln bzw. über der Nordsee anbelangt. Haupt- und
Kontrolllauf sind in Cluster 1 zu finden.
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Wahrscheinlichkeiten für signifikante Wettererscheinungen


Dass Gewitter in der Mittelfrist auftreten, erscheint als sicher. Wann und wo
genau ist naturgemäß unsicher. Die Wahrscheinlichkeit für markanten Starkregen
ist gegeben, ebenso wie für Sturmböen.

Ebenfalls als sicher erscheint der auffrischende Wind am Freitag und Samstag mit
stürmischen oder Sturmböen. Der EFI weist eindeutige Signale für ein im
Vergleich zum Modellklima überdurchschnittliches Ereignis auf.

Beim Niederschlag sind die Signale für ein Überschreiten der Warnschwellen für
Dauerregen im Schwarzwald und Allgäu nur sehr gering (<10 %), sodass von keinem
außergewöhnlichen Ereignis ausgegangen werden kann.
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Basis für Mittelfristvorhersage
IFS, ICON sowohl Hauptläufe als auch EPS; GFS stellt derzeit für Pfingsten und
danach eine Außenseiterlösung dar
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VBZ Offenbach / Dipl. Met. Jacqueline Kernn