Thema des Tages

07-05-2021 08:50

Nochmals Gefahr für die empfindliche Pflanzenwelt

Im Frühling wird von Landwirten und Hobbygärtnern eines besonders
gefürchtet: der Spätfrost. Die Nacht zum Samstag wird diesbezüglich
abermals eine Herausforderung.

Wahrscheinlich haben Sie durch die mediale Berichterstattung oder
durch unsere Produkte bereits vernommen, dass sich die Wetterlage ab
dem morgigen Samstag doch deutlich umstellen wird. Während in den
letzten Wochen der Luftmassenursprung häufig über dem nordöstlichen
Atlantik oder Nordeuropa zu finden war, kommt die wetterbestimmende
Luft zukünftig aus dem westlichen Mittelmeerraum und dem nördlichen
Afrika. Es bedarf wahrscheinlich keinen näheren Erläuterungen, dass
damit ein markanter Temperaturanstieg bevorsteht. Die höchsten
Temperaturwerte dürften je nach Region am Sonntag und Montag erreicht
werden. Doch bevor es frühsommerlich wird, muss noch auf eine
signifikante Wettererscheinung hingewiesen werden: Spätfrost in der
Nacht zum Samstag.

Für Landwirte als auch Hobbygärtner gehört im Frühling der Blick auf
das Thermometer und die Vorhersagen der nächtlichen Temperaturminima
zum täglichen Brot. In den letzten Wochen gestaltete sich die
Wetterlage häufig so, dass in unseren Berichten auf die
Nachtfrostgefahr hingewiesen werden musste. Auch aktuell befindet
sich über Deutschland eine Luftmasse, die jedenfalls das Potential
für negative nächtliche Temperaturwerte aufweist. In der vergangenen
Nacht haben dichtere Wolken und teils mäßiger bis frischer Wind eine
markante Abkühlung noch meist verhindert, in der Nacht zum Samstag
ändern sich die meteorologischen Rahmenbedingungen aber deutlich. Der
bisherige Tiefdruckeinfluss wird zunehmend durch hohen Luftdruck
abgelöst. Die tagsüber noch auftretenden Schauer und einzelnen
Gewitter sowie der im Süden teils noch länger anhaltende Regen
klingen ab, gleichzeitig klart der Himmel im Laufe der ersten
Nachthälfte gebietsweise auf. Damit kann die Erdoberfläche
ausstrahlen und die unmittelbar darüber befindlichen Luftschichten
deutlich abkühlen. Diese Prozesse sind umso stärker, je geringer der
Abstand zur auskühlenden Oberfläche ist. Das hat nun zur Folge, dass
knapp über dem Erdboden (5 cm) bereits negative Temperaturwerte
auftreten können, in der typischen Messhöhe der Lufttemperatur von 2
m aber noch positive Werte (mehr als 0 Grad) vorliegen (Inversion).

Aus diesen Gründen wird in unseren Berichten bei Bedarf nicht nur der
nächtliche Tiefstwert in 2 m Höhe angegeben, sondern auch auf
möglichen Frost in Bodennähe hingewiesen. In der kommenden Nacht zum
Samstag zeigen die vorliegen Modelle vor allem im Süden und Teilen
der Mitte ein größeres Potential für Luftfrost bis -3 Grad, in
Bodennähe muss mit Ausnahme der küstennahen Regionen verbreitet mit
negativen Temperaturwerten (teils auch mit mäßigem Frost in
Bodennähe) gerechnet werden. Erwähnenswert ist außerdem, dass diese
Tiefstwerte nicht zwangsläufig ausgangs der Nacht auftreten müssen.
Im Südwesten und Westen ziehen nämlich in der zweiten Nachthälfte
hohe und mittelhohe Wolken einer Warmfront auf, die die Auskühlung
abbremsen können.

Wie vorhin erwähnt, werden die tiefsten Temperaturwerte meistens
knapp über dem Erdboden gemessen. Damit sind besonders die
kleinwüchsigen Pflanzen durch den Frost stark gefährdet, das beste
Beispiel dafür sind Erdbeeren. Schutzmaßnahmen bestehen bei diesen
Kulturen meistens darin, den Wärmeverlust der bodennahen
Luftschichten zu reduzieren. Dies kann zum einen durch Veränderung
der Oberflächeneigenschaften geschehen, z.B. durch das Ausbringen von
Stroh, was zu einem geringeren Emissionsvermögen führt. Zum anderen
wird häufig auch die konvektive Wärmeabgabe durch Folienabdeckung
eingedämmt. Während diese Methoden meistens auf den Feldern angewandt
werden, haben Hobbygärtner noch weitere Möglichkeiten. Die einfachste
Methode ist dabei natürlich die Verbringung der Pflanzen in die
schützende Wohnung. Es ist aber bei geringem Frost häufig auch schon
ausreichend, die Gewächse näher an die Hauswand zu stellen oder unter
den Balkon des Nachbarn. Dabei verhindert das Gebäude durch
nächtliche Wärmeabgabe ein Absinken der Temperatur im unmittelbaren
Nahbereich auf frostige Werte.

Es gibt von unseren Modellen einige Hinweise darauf, dass die
kommende Nacht zum Samstag in vielen Regionen die letzte mit
verbreitetem Spätfrost in diesem Frühling sein kann (im Süden ist
Frost in Bodennähe gebietsweise auch noch in der Nacht zum Sonntag
möglich). Das sollte doch genug Motivation sein, nochmals die
notwendigen Schutzmaßnahmen zu ergreifen.

Mag.rer.nat. Florian Bilgeri
Deutscher Wetterdienst
Vorhersage- und Beratungszentrale
Offenbach, den 07.05.2021

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