DWD Synoptische Übersicht Kurzfrist

01-05-2021 17:01
SXEU31 DWAV 011800

S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Samstag, den 01.05.2021 um 18 UTC


Markante Wettererscheinungen:
Kühles erstes Maiwochenende mit Dauerregen im Süden und Südosten - der Dank geht
an DANIEL. Am Montag Zwischenhocheinfluss, am Dienstag dann EUGEN mit Regen und
Wind.

Synoptische Entwicklung bis Dienstag 12 UTC
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Aktuell ... befindet sich Deutschland am Rande eines mehrteiligen Trogkomplexes,
der sich von Nordeuropa bis zur Iberischen Halbinsel respektive dem nahen
Atlantik erstreckt. Während eines der stützenden Drehzentren fernab über dem
Weißen Meer seine Kreise zieht, ist über der Nordsee unter Zuhilfenahme des
feinen optischen Bestecks ein sekundäres Höhentief erkennbar. Von diesem aus
reicht ein Randtrog leicht positiv geneigt bis zur Biskaya bzw. Westfrankreich,
Tendenz langsam ostwärts schwenkend.

Noch liegen wir auf der Vorderseite dieses Troges unter einer leicht
antizyklonal konturierten südwestlichen Höhenströmung, unter der schon seit
geraumer Zeit Druckfall herrscht. Am stärksten war dieser heute
Mittag/Nachmittag im Westen und Nordwesten Österreichs sowie im benachbarten
Oberbayern, so dass dort - mit Unterstützung der Orografie - inzwischen ein
Druckminimum von rund 1005 hPa mit einer gewissen Zirkulation analysiert werden
kann. Oder mit anderen Worten, ein neues Tief ist geboren, das den Namen DANIEL
trägt. Dieses Tief verleiht der gesamten, bisher eher amorph anmutenden
Druckverteilung hier in Deutschland und Umgebung ein "Gesicht", ein gewisses
Profil, dessen weiterer Werdegang recht gut zu beschreiben ist.

So wird der gute DANIEL in der Nacht zum Sonntag unter Vertiefung auf etwa 1000
hPa und mit viel Muße (also nicht allzu schnell) den Weg nach Nordosten
antreten, um in den Morgenstunden die westlichen Beskiden zu erreichen. Als
"Wegweiser" fungiert eine Luftmassengrenze, an der sich das Tief gebildet hat
und die heute Mittag noch über dem äußersten Südosten Oberbayerns gelegen hat.
Sie trennt polare Meereskaltluft im größten Teil Deutschlands von deutlich
milderer Luft weiter südöstlich (in Österreich heute vielerorts über 20°C).

Während sich rückseitig des Tiefs niedertroposphärisch eine nördliche
Windkomponente einstellt bzw. schon eingestellt hat, kommt die Strömung in der
mittleren Troposphäre aus Südwesten. Unter dem Strich bedeutet das Gegenstrom
und entsprechend günstige Hebungsverhältnisse, die durch einen im Laufe der
Nacht aus den Alpen heraus nordostwärts schwenkenden Sekundärtrog noch verstärkt
werden. Folgerichtig intensivieren sich die skaligen Regenfälle über Süd- und
Südostdeutschland, wobei sie sich gleichzeitig über Nordbayern bis in die
östliche Mitte ausbreiten. Für die Areale, wo teils bis weit in den Sonntag
hinein die höchsten Regenmengen erwartet werden, wurde eine zeitlich gestaffelte
markante Dauerregenwarnung ausgegeben (30-40 l/qm bis Sonntagmittag/-abend,
davon aber ein Großteil binnen weniger Stunden im Laufe der kommenden Nacht). In
den Alpen sinkt die Schneefallgrenze auf rund 1000 m, nach Westen hin sogar noch
etwas darunter. Zwischen Allgäu und Mangfallgebirge kommen bis Sonntagvormittag
5 bis 10 cm, in einigen Staulagen auch noch mehr Neuschnee zusammen, während die
Mengen weiter östlich geringer ausfallen.

Ansonsten gilt es noch festzuhalten, dass die anfänglich im Norden auftretende
Konvektion im Nachtverlauf zusammenbricht. Dafür frischt der aus West bis Nord
kommende Wind im Südosten Bayerns in der zweiten Nachthälfte vorübergehend
merklich auf (gradientstarke Tiefrückseite mit Druckanstiegswelle) mit Böen 7
Bft, auf den Bergen je nach Exposition 8-9 Bft. Ach ja, und auch das Thema
"Frost" lässt uns noch immer nicht los, auch wenn der Winter mit der vergangenen
Walpurgisnacht eigentlich vertrieben sein sollte. Morgen früh trifft es nach
längerem Aufklaren den einen oder anderen Ort in den westlichen Mittelgebirgen.
Außerdem muss im Westen und Nordwesten gebietsweise mit leichtem Frost in
Bodennähe gerechnet werden.

Sonntag ... schwenkt der o.e. Randtrog zu uns herein, womit der gesamte
Vorhersageraum mit hochreichender Polarluft geflutet wird. In 500 hPa sinkt die
Temperatur mit Ausnahme einiger Randbereiche (Osten, Südosten) auf -29 bis
-32°C, in 850 hPa auf 0 (Süden) bis -4°C (Nordwesten). Das Bodentief zieht
derweil über Polen hinweg in Richtung südliches Baltikum, wodurch der Luftdruck
bei uns von Westen her beginnt zu steigen. So lässt sich über Süddeutschland
bereits zur Mittagszeit ein schwacher Keil im Bodendruckfeld ausmachen, während
sich im Nordosten - quasi als verlängerter Arm von Tief DANIEL - eine Rinne mit
gut ausgebildeter Windkonvergenz (West vs. Ost-Nordost) hält.

Wettertechnisch läuft der Hase so, dass sich die skaligen Regenfälle aus der
Nacht abschwächen bzw. abziehen oder fast nahtlos konvektiven Charakter
annehmen. Im Nordosten regnet es strichweise (Konvergenz) auch mal stärker und
spät am Tage lokal vielleicht gewittrig mit einer gewissen, letztendlich aber
nur wenig wahrscheinlichen Starkregengefahr (Stichwort Stationarität).
Ansonsten entwickeln sich mit Unterstützung des Tagesgangs Schauer, im
Südwesten, wo die Luftmasse etwas feuchter ist und etwas CAPE angeboten wird,
auch einzelne Gewitter, die von kleinem Hagel und/oder Böen 7-8 Bft (inverse
V-Struktur im unteren Bereich der Prognosetemps) begleitet sein können. Den
meisten Sonnschein verspricht die Probabilistik den westlichen Landesteilen,
freilich auch dort nicht ohne Wolken.

Der Wind nimmt im Südosten im Laufe des Vormittags rasch wieder ab, dafür kann
er an der Ostfriesischen Küste sowie an der Wesermündung aus West-Nordwest
kommend zeitweise stark böig auffrischen mit Spitzen 7 Bft. Mit
Tageshöchsttemperaturen von 8 bis 14°C bleibt der erste Maisonntag auf
thermischer Ebene weit hinter den landläufigen Erwartungen zurück.

Das wird sich in der Nacht zum Montag auch nicht ändern, im Gegenteil. Der o.e.
Hochkeil verstärkt sich noch etwas, während der Randtrog in der Höhe langsam
ostwärts schwenkt. Die Wolkendecke lockert vermehrt auf und besonders in der
Mitte, teils aber auch im Süden (vornehmlich Bergland) sinkt die Temperatur auf
den Gefrierpunkt oder etwas darunter ab - in der Luft wohlbemerkt. Leichter
Frost in Bodennähe stellt sich mit Ausnahme der Regionen nordöstlich der Elbe
verbreitet ein, wobei in den westlichen Mittelgebirgen punktuell sogar die
-5°C-Marke knapp unterschritten werden kann.

Apropos Nordosten, dort halten sich auch in der Nacht noch Reste der
Tiefdruckrinne, in der die Hebungsvorgänge mit Durchschwenken des Randtroges
vorübergehend sogar noch etwas verstärkt werden. Auch wenn es die
deterministischen Prognosen nicht direkt hergeben, besteht strichweise doch eine
erhöhte Wahrscheinlichkeit für stärkeren Regen, bei dem zumindest örtlich die
Starkregenschwelle von 20 l/qm innert weniger Stunden nicht völlig ins Reich der
Fabel geschoben werden sollte. Mal sehen, was die EPS-Vorhersagen von ICON-D2
morgen so hergeben.
Nicht zu vergessen, dass die Schaueraktivität direkt an den Alpen nur sehr
zögerlich nachlässt, wobei oben weiterhin etwas Schnee fällt. Ja, ja, der
Winter, der späte...

Montag ... setzt sich in weiten Landesteilen leichter Zwischenhocheinfluss
durch. In der Höhe wandert ein flacher Rücken progressiv über den Vorhersageraum
hinweg ostwärts, wodurch der Bodenhochkeil nicht nur gestützt wird, sondern sich
auch noch etwas nach Norden ausweiten kann. Dadurch werden die Reste der Rinne
im Nordosten inklusive der schauerartigen Regenfälle abgedrängt, was aber bis in
den Nachmittag hinein dauern kann. Einzelne Schauer verirren sich am Vormittag
auch noch am östlichen Alpenrand.

Ansonsten zeigt sich aber bei wechselnder Bewölkung vielerorts die Sonne, am
meisten im Süden und Südwesten. Wie der Begriff "Zwischenhoch" aber bereits
erahnen lässt, steht das nächste Tief bereits schon wieder in den Startlöchern.
EUGEN heißt das gute Stück, das schon am Sonntag noch deutlich westlich von
Irland etwas blass und dünnwangig auf der Wetterkarte zu finden ist. Mit Hilfe
eines scharfen KW-Trogs, der vom Seegebiet südlich Islands süd-südostwärts
schwenkt, mausert sich EUGEN zu einem grundsoliden Sturmtief, das Montagmittag
mit etwa 990 hPa im Kern knapp vor der Donegalbucht im Nordwesten Irlands
aufschlägt. Damit ist das Tief zwar noch weit weg, gleichwohl streckt es bereits
erste Fühler nach Kontinentaleuropa aus. So greift vorauslaufende WLA bis nach
Nordwestdeutschland aus, wo entsprechend starke Bewölkung überwiegt und es
tagsüber immer mal wieder regnen kann.

Ansonsten bliebe lediglich noch zu sagen, dass mit dem schwachen bis mäßigen
westlichen Wind etwas mildere Luft vom Atlantik advehiert wird (Anstieg T850 auf
-3°C in Vorpommern und +3°C an der Grenze zur Schweiz am Abend). Demzufolge
steigt auch die Temperatur in 2 m Höhe auf Werte um 11°C im Nordosten und bis zu
17°C im Oberrheingraben.

In der Nacht zum Dienstag überquert EUGEN England in Richtung mittlere Nordsee,
wobei der Kerndruck auf rund 985 hPa fällt. Zudem kommt der KW-Trog immer näher
an den Vorhersageraum heran, wobei er aber an Schärfe verliert.
Nichtsdestotrotz, kräftige WLA gepaart mit trogvorderseitiger PVA sorgen für
großflächige synoptisch-skalige Hebung. Diese generiert ein stratiformes
Regengebiet, das sich bis zum Morgen auf den Westen und Nordwesten sowie Teile
der Mitte ausbreitet (das letzte Wort über die genaue räumliche Verteilung ist
noch nicht gesprochen). Zwischen NRW und Deutscher Bucht können dabei
gebietsweise 5 bis 10 l/qm innert 12 h zusammenkommen.

Gleichzeitig geht die Temperatur bei klarem oder nur gering bewölktem Himmel im
Süden und Südosten zumindest in Bodennähe vielerorts auf 0°C oder etwas darunter
zurück. Lokal ist auch noch mal leichter Luftfrost möglich.
Einen deutlichen Sprung nach vorn macht der auf südliche Richtungen rückdrehende
Wind, der im westlichen Drittel des Landes sowie im zentralen Mittelgebirgsraum
trotz relativ stabiler Schichtung in Böen Stärke 7 Bft, im Bergland und in
freien Lagen sowie an und auf der Nordsee 8 Bft erreicht.

Dienstag ... schwenkt der KW-Trog unter weiterem Amplitudenverlust ostwärts
durch, wodurch die Höhenströmung zunehmend zonalisiert. Sturmtief EUGEN peilt
bis zum Abend mit stabilem Kerndruck um 985 hPa die Westküste Jütland an. Die
zugehörige teilokkludierte Kaltfront und der Regen überqueren Deutschland zügig
südwärts. Zwar fällt gebietsweise etwas mehr als 5 l/qm Niederschlag, die große
Offenbarung diesbezüglich bleibt aber aus. Das gilt in der Fläche auch für die
Schauer, die sich in der postfrontal einfließenden subpolaren Luftmasse (T850 0
bis -2°C) bilden.

Dafür macht der auf Südwest drehende Wind auf sich aufmerksam. Er erreicht in
Böen Stärke 7 bis 8 Bft, vereinzelt 9 Bft, im höheren Bergland je nach
Exposition 9 bis 12 Bft. Etwas weniger windig wird es im Südosten und auch an
der See sowie im küstennahen Binnenland weht der Wind aufgrund der Nähe zum
Tiefkern zumindest tagsüber mit angezogener Handbremse. Es sei aber darauf
hingewiesen, dass die Messen hinsichtlich der genauen Windentwicklung noch nicht
gelesen sind. Vor allem IFS bietet derzeit noch eine um etwa 1 bis 2 Stärken
höheres Windfeld an, was zum einen am Gradienten, vor allem aber an der
Böenparametrisierung liegt.

Zu guter Letzt noch die Temperatur, die im Südosten Bayerns die 20°C-Marke als
Tagesziel auslotet, während im Norden und Westen in frischer Meeresluft einmal
mehr nur 9 bis 14°C auf der Karte stehen.


Modellvergleich und -einschätzung
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Die Modelle simulieren das Geschehen sehr ähnlich. Gewisse Unschärfen der
Prognose wurden im Text angerissen.


Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Jens Hoffmann