Thema des Tages

28-02-2021 09:20

Der Winter ist doch vorbei, oder?

Am morgigen Montag (1. März) beginnt für die Meteorologen der
Frühling. Das Wetter der vergangenen Tage erinnerte auch schon mehr
an den Frühling als an den Winter. Hat der Winter also ausgedient?

Bei Höchsttemperaturen von zum Teil über 20 Grad über mehrere Tage
hinweg und viel Sonnenschein ließ das Wetter in der dritten
Februar-Dekade den starken Wintereinbruch mit gebietsweise viel
Schnee und klirrender Kälte Mitte Februar schnell vergessen. Im
Freien konnte das Wetter statt mit dicker Jacke, Handschuh, Schal und
Mütze nun plötzlich im T-Shirt genossen werden. Da außerdem für die
Meteorologen der heutige Sonntag auch noch der letzte Tag des Winters
ist (der astronomische/kalendarische Frühlingsbeginn ist am 20. März
2021), werden wohl nicht wenige denken, dass der Winter nun bereits
vorbei ist.

Allerdings haben sie damit die Rechnung ohne den Wirt gemacht. Dieser
hat nämlich noch ein Ass im Ärmel, das sich "Märzwinter" nennt und
ziemlich regelmäßig bei uns auf dem Zettel steht. Der Märzwinter ist
eine meteorologische Singularität, die wiederum als
Witterungsregelfall bezeichnet wird. Damit sind Wetterlagen gemeint,
die zu einer bestimmten Zeit im Jahr überdurchschnittlich häufig
vorkommen und recht deutlich vom Klimamittel zu diesem Zeitpunkt
abweichen.

Beim Märzwinter gibt es regelmäßig etwa zur Mitte des Monats hin
einen Kälterückfall, der nicht selten auch Schnee bis ins Tiefland
bringt. Dass es noch einmal sehr kalt werden kann, liegt an den noch
sehr kalten Luftmassen in nördlichen oder nordöstlichen Breiten. Dort
endet die Polarnacht erst mit dem Frühlingsbeginn um den 21. März
herum, sodass sich die Luftmasse durch fehlende Sonneneinstrahlung
noch nicht erwärmen kann. Bei passender Strömung wird diese kalte
Luftmasse angezapft und gelangt bis nach Deutschland.

Zuletzt gab es 2013 einen ausgeprägten Märzwinter. Damals lag die
Durchschnittstemperatur in Deutschland etwa 3,3 Grad tiefer als der
Klimawert der zu diesem Zeitpunkt international gültigen
Referenzperiode von 1961 bis 1990. Vor allem im Osten und Norden fiel
dabei Schnee, aber selbst die nicht so schneeverwöhnten Gebiete im
Westen und Südwesten Deutschlands bekamen zeitweilig eine ordentliche
Portion des "Weiß" ab.

In diesem Jahr deuten die Modelle seit einigen Tagen an, dass es um
den 5./6. März herum (Freitag/Samstag kommender Woche) einen
Kälterückfall geben soll. Allerdings reicht es nach derzeitigen
Erkenntnissen nur im Bergland für etwas Neuschnee und Dauerfrost,
während sich das Temperaturniveau im Tiefland tagsüber meist im
leichten Plusbereich bewegt (siehe Meteogramm für Offenbach am Main
unter
https://www.dwd.de/DE/wetter/thema_des_tages/2021/02/28_Bild.png). In
den Tagen nach der Abkühlung werden nur wenige Niederschläge
angezeigt, aber vielleicht reicht es in den Nächten bei einem
seltenen Schauer vorübergehend auch mal im Tiefland für eine dünne
Schneedecke. Nachtfröste jedenfalls stehen verbreitet ins Haus,
allerdings gibt es die auch schon in diesen Tagen.

Dicke Jacke, Mütze, Schal und Handschuhe können also leider noch
nicht in den (vorübergehenden) "Ruhestand" geschickt werden. Ein
Märzwinter ist sogar noch bis in den April hinein möglich. Es muss
nicht nur bei einem Kälterückfall im Frühjahr bleiben: Im Mai und
Juni drohen auch noch die "Eisheiligen" und die "Schafskälte"?

Dipl.-Met. Simon Trippler
Deutscher Wetterdienst
Vorhersage- und Beratungszentrale
Offenbach, den 28.02.2021

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