Thema des Tages

28-01-2021 10:50

Kampf der Luftmassen ante portas

Ab heute wird es in der Wetterküche richtig spannend. Eine
Luftmassengrenze bildet sich quer über der Mitte des Landes aus und
sorgt für enorme Temperaturunterschiede und für teils unwetterartige
Wettererscheinungen.

Über Langeweile kann man sich bezüglich des Wetters am heutigen
Donnerstag und auch in den kommenden Tagen wahrlich nicht beklagen.
Dafür verantwortlich ist Tief "Olaf", das sich zwar noch auf dem
Atlantik befindet, aber seine Fühler bereits in Form einer Warmfront
zu uns ausstreckt.
Das Besondere dabei ist, dass die Luft, die dadurch aus Südwesten
heranströmt, besonders warm und sehr feucht ist.
Das macht sich in den nächsten Tagen vor allem bei den
Niederschlagsmengen und den Höchsttemperaturen bemerkbar.
Letztere erreichen dabei vor allem entlang des Oberrheins
zweistellige Werte.

Die von Tief "Olaf" herangeführte warme Luft stößt dabei ungefähr ab
der Mitte des Landes auf kalte Luft, die sich noch immer über dem
nordöstlichen Teil Deutschlands befindet.
Dieser Kaltluftblock ist ebenfalls ziemlich mächtig und erfährt
Unterstützung von Tief "Malte" mit Zentrum über der Ostsee, das
weitere Kaltluft von Norden auf seiner Rückseite in Richtung Süden
führt.
Aus dieser Konstellation heraus entfaltet sich nun ein "Kampf" dieser
beiden Tiefdruckgebiete um die Vorherrschaft der zu ihnen gehörenden
Luftmasse.
Das führt letztendlich dazu, dass sich quer über Deutschland eine
relativ scharfe Linie ausbildet, die große Temperaturunterschiede auf
kleinstem Raum aufweist.
Wo genau sich diese Luftmassengrenze befinden wird, lässt sich dabei
selbst heute noch nicht mit hundertprozentiger Genauigkeit sagen,
denn bei diesem Kampf sind mitunter kleinste Nuancen entscheidend.

Aber wo genau sich diese Linie auch befindet - voraussichtlich wird
dies entlang eines Streifens von der Nordsee bis nach Franken der
Fall sein - ziemlich sicher ist, dass bezüglich des auftretenden
Wetters aus dem Vollen geschöpft wird.
Vor allem am morgigen Freitag intensivieren sich die Niederschläge,
die bereits am heutigen Tag von Südwesten her eingesetzt haben.
Verbreitet regnet es recht kräftig, stellenweise mit über 10 l/qm
innerhalb von 3 Stunden.
Dabei kann es morgen früh am Oberrhein sogar gewittern.
Entlang der eigentlichen Luftmassengrenze dominiert dagegen die
Frage, ob die Niederschläge als Regen oder als Schnee fallen.
Je nach Lage des Niederschlagsbandes ist es nicht auszuschließen,
dass an dessen nördlichem Rand auf der kalten Seite erhebliche
Neuschneemengen fallen. Bis zu 20 cm Neuschnee innerhalb von 6
Stunden sind dabei durchaus denkbar. Diese fallen dabei meist als
Nassschnee, sodass Schneebruch in den betroffenen Regionen ein Thema
sein dürfte.
Eine weitere Gefahr liegt in der Übergangszone vom Schnee zu Regen.
Da in größeren Höhen bereits die warme Luft eingeflossen ist, es aber
bodennah noch kalt bleibt, kann es in diesen Regionen zu gefrierendem
Regen kommen, der zu starker Glatteisbildung auf den Straßen führt.
Wo genau das der Fall sein wird, lässt sich nur sehr schwer
eingrenzen, da es sich um einen sehr schmalen Streifen entlang der
Luftmassengrenze handelt.
Nach aktuellem Stand ist das Risiko für gefrierenden Regen in
Nordhessen und im Thüringer Becken am höchsten.

Im Süden und Südwesten sind Schnee und Glätte dagegen kein Thema - im
Gegenteil. Hier wird man mehr damit zu kämpfen haben, dass der
vorhandene Schnee rapide schwindet. Regen, Wind, und hohe Plusgrade
sorgen verbreitet für sehr hohe Abflussmengen von Schmelzwasser, die
in den Warnungen im Schwarzwald, dem Allgäu und am Alpenrand die
Unwetterkriterien erfüllen. Hier wird in den nächsten Tagen vor allem
die Hochwassersituation im Fokus stehen. Bemerkbar macht sich im
Süden außerdem der Wind, denn zum Freitag rückt Tief "Olaf" immer
näher und verschärft die Luftdruckgegensätze. Vor allem in den
Mittelgebirgen wird es dann stürmisch mit Windgeschwindigkeiten von
70 bis 80 km/h, in exponierten Gipfellagen muss man sogar mit
Orkanböen von bis zu 120 km/h rechnen. Aber selbst im Flachland
dürften sich einige Windböen bemerkbar machen.

Einzig und allein der Nordosten bleibt bei dem ganzen Wetterspektakel
außen vor.
Hier bleibt es in der kalten Luftmasse weitgehend ruhig, nur ab und
an reicht es von der Ostsee her höchstens für die ein oder andere
Schneeflocke.

M.Sc. Felix Dietzsch
Deutscher Wetterdienst
Vorhersage- und Beratungszentrale
Offenbach, den 28.01.2021

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