DWD Synoptische Übersicht Kurzfrist

27-01-2021 09:01
SXEU31 DWAV 270800

S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Mittwoch, den 27.01.2021 um 08 UTC


GWL und markante Wettererscheinungen:
NW z mit markanter Luftmassengrenze über Norddeutschland.

Im Süden und über der Mitte im Bergland teils unwetterartiges Tauwetter. Im
Norden teils länger anhaltende Schneefälle mit Gefahr von Schneebruch und
Leiterseilschwingungen. Dazu im Süden sehr windig mit stürmischen Böen, vor
allem im Bergland auch teils schwere Sturmböen oder orkanartige Böen.

Synoptische Entwicklung bis Freitag 24 UTC
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Mittwoch... liegen wir zwischen einem Langwellentrog über Nord- und Osteuropa
und einem Höhenrücken über Westeuropa unter einer kräftigen nordwestlichen
Strömung. Der Trog wird durch kurzwellige Tröge immer wieder regeneriert,
während gleichzeitig vor einem Tiefausläufer, der sich über Benelux und die
Nordsee nähert, Warmluftadvektion von Westen her übergreift. Damit verbunden
setzen heute von Westen her leichte bis mäßige Niederschläge ein, die zunächst
als Schnee fallen, mit der Zufuhr etwas milderer Meeresluft zum Nachmittag und
Abend aber mehr und mehr bis in Lagen von 800 bis 1000m in Regen übergehen. Der
Nordosten wird von diesen Niederschlägen aber noch nicht erfasst.
Meist fallen 1 bis 5 cm Neuschnee, in Staulagen der Mittelgebirge sind
stellenweise an die 10 cm möglich und im Südschwarzwald und im Allgäu kann es 10
bis 20 cm Neuschnee geben.
Dazu lebt der südwestliche Wind auf und es treten im höheren Bergland steife bis
exponiert stürmische Böen auf, auf einigen Alpengipfeln sind auch teils schwere
Sturmböen nicht ausgeschlossen.
Einige Auflockerungen sind am ehesten im Osten vorstellbar und die Temperaturen
steigen meist auf Werte von 0 bis +6 Grad.
In der Nacht zum Donnerstag kommt der schwache Tiefausläufer bis in den
Nordosten voran und bringt dort leichte Niederschläge und im Laufe der Nacht
eine Milderung, sodass auch dort in tiefen Lagen die Schneefälle zum Teil in
leichten Regen übergehen. Dabei ist vorübergehend auch gefrierender Regen und
Glatteis möglich. Ansonsten beruhigt sich das Wetter und die Wolkendecke lockert
stellenweise auf. Um den Höhenrücken herum wird aber nach wie vor milde Luft
nach Osten gesteuert, deren Vordergrenze sich in Form der Warmfront eines Tiefs
westlich Irlands zu uns hereinschiebt und nach Südosten ausbreitet.
Strömungsparallel gelegen macht diese im weiteren Verlauf kaum noch Boden nach
Nordosten gut und es stellt sich eine Luftmassengrenze bei uns ein, die die sehr
milde Luft im Südwesten von kalter Meeresluft im Nordosten trennt. Im Südwesten
steigen die Temperaturen ebenfalls weiter und die Temperatur steigt in 850 hPa
über 0 Grad, womit auch in Hochlagen des Schwarzwaldes und im Allgäu bis über
1500 m Tauwetter einsetzt. Da es auch wieder anfängt zu regen, bis zum Samstag
werden von den Modellen teilweise 100 mm Niederschlag simuliert und da dort
teilweise mehr als 1 m Schnee liegen, ergibt sich ein Niederschlagsdargebot, das
bis 150 mm gehen kann. Entsprechend werden Unwetterwarnungen vor Tauwetter
nötig, die am recht zeitnah ausgegeben werden können. Neben den Böen im höheren
Bergland, an denen sich gegenüber dem heutigen Tag gar nicht so viel ändert,
frischt auch an der Ostsee am Rand eines kleinen Tiefs, zu dem auch der
Ausläufer gehört, der Wind teilweise kräftiger auf mit einzelnen Böen Bft 7 aus
nordwestlicher Richtung.

Donnerstag... liegen wir nach wie vor unter einer westnordwestlichen
Höhenströmung wobei sich ausgehend vom Tiefschwerpunkt über dem Nordatlantik
eine Rinne nach Deutschland vorschiebt. Darin eingelagert liegt die
Luftmassengrenze, die die kalte Meeresluft im Norden (T 850 <-5°C) von sehr
milder Meeresluft im Südwesten trennt, wobei sich die Advektion der milden
Luftmasse sogar noch etwas verstärkt. Die anhaltende Warmluftadvektion wird
zeitweise noch von kurzwelligen Trögen und der entsprechenden positiven
Vorticityadvektion gesützt. In 850 hPa steigen die Temperaturen über dem
Südwesten auf +3 bis +5 Grad, was im Zusammenhang mit teils kräftigen Regenfälle
das Tauwetter noch zunehmen lässt. 12-stündig sehen die Modelle im Schwarzwald
und im Allgäu allein 20 bis 40 mm Regen vor. Dazu herrscht an der Sudflanke der
Rinne ein kräftiger Druckgradient, der mit steifen bis exponiert stürmischen
Böen im Südwesten verbunden ist. Auf den Bergen reicht es zu Sturmböen,
exponiert sind schwere Sturmböen bis orkanartige Böen zu erwarten, was die
Schneedecke nur noch besser schmelzen lässt.
Auf der kalten Seite der Luftmassengrenze fällt dagegen verbreitet und zum Teil
länger anhaltend Schnee, was nach Lage der Dinge etwa vom Emsland bis in den
östlichen Mittelgebirgsraum der Fall sein dürfte. Hier sollen tagsüber 3 bis 8,
in Staulagen der Mittelgebirge auch 10 bis 15 cm Neuschnee zusammenkommen. An
der Grenze zum Regen ist stellenweise auch gefrierender Regen nicht
ausgeschlossen. Da die Temperaturen in tiefen Lagen etwas über dem Gefrierpunkt
liegen, dürfte aber bei weitem nicht alles liegen bleiben und tagsüber teils nur
Schneematsch auftreten. An der Ostsee lässt der Wind mit Abzug des kleinräumigen
Tiefs nach Osten langsam wieder nach.
Die Temperaturen steigen im Norden und Nordosten auf 1 bis 4 Grad, im Südwesten
sind vor allem am Oberrhein bei guter Durchmischung der Luft mehr als +10°C
wahrscheinlich.
In der Nacht zum Freitag überquert uns von Westen her der abgeflachte
Höhenrücken, der sich wettertechnisch aber kaum in Szene setzten kann, da er von
kräftiger Warmluftadvekton überlaufen wird. Die Luftmassengrenze verlagert sich
zunächst etwas nach Süden, bevor sie mit Annäherungen der nächsten Tiefausläufer
und eines zugehörigen Troges wieder einen kleinen Schub nach Norden bekommt. Auf
der kalten Seite schneit es nach wie vor, allerdings mit leicht abnehmender
Tendenz. Vom südlichen Niedersachsen bis ins östliche Bergland sind weitere 1
bis 5 cm Neuschnee möglich. Nach kurzer Abschwächung setzen im Laufe der Nacht
von Frankreich und Benelux her wieder etwas kräftigere Regenfälle ein.
Auch der Wind schwächt sich wohl nur vorübergehend ab um Freitag früh von
Südwesten her wieder zuzulegen mit steifen bis stürmischen Böen, im Bergland mit
Sturmböen. Östlich von Weser und Werra tritt vielfach leichter Frost auf,
südwestlich davon bleibt es frostfrei, im Südwesten liegen die Minima zum Teil
nur wenig unter der 10 Grad Marke. Der Ostsüdostwind im Norden sollte nicht
warnrelevant werden, es langt wahrscheinlich nur über der offenen Nordsee zu
einzelnen 7er Böen.

Freitag... schwenkt ein Höhenrücken zu den Britischen Inseln, an dessen
Ostflanke der Trog unter leichter Amplifizierung über uns nach Osten bis
Südosten gesteuert wird. Die Tiefdruckrinne über der Mitte und dem Norden mit
eingelagerter Luftmassengrenze zeigt sich davon unbeeindruckt und macht keine
Anstalten sich großartig zu verlagern. Sie liegt in etwa vom südlichen
Niedersachsen bis zum Erzgebirge. Der Temperaturgegensatz am Tiefausläufer über
Deutschland nimmt sogar noch zu.
Während im Süden somit das sehr windige und milde Wetter weitergeht, verstärkt
sich die Zufuhr der Kaltluft im Norden noch und gebietsweise wird der
Gefrierpunkt nicht mehr überschritten, während es im Südwesten noch etwas milder
wird und am Oberrhein teilweise +12 bis +13 Grad erwartet werden.
Dazu fällt dort zunächst verbreitet, teils recht kräftiger Regen, der im
Tagesverlauf, nach Passage einer Kaltfront und der folgenden Labilisierung der
Schichtung, mehr konvektiven Charakter annimmt. Auch vereinzelte Gewitter sind
nachmittags und abends über dem Westen und Südwesten nicht völlig
ausgeschlossen. Allerdings verdient die Kaltfront ihren Namen kaum, postfrontal
gelangt mit kräftigem Wind weiter sehr milde Luft in den Südwesten. Die
Windrichtung ist weiter Südwest. In Böen werden im Süden Bft 7 bis 8, exponiert
9 erreicht und im höheren Bergland Bft 9 bis 11. Auf der kalten Seite der
Luftmassengrenze schneit es von der Nordsee über Sachsen-Anhalt bis zur Lausitz.
Meist fallen 5 bis 10, stellenweise bis 15 cm Neuschnee, so dass auch markante
Warnungen nötig werden. Dazu kommt bei nassem Schnee und mäßigem Ostwind die
Gefahr von Leiterseilschwingungen und Schneebruch. Auch die Gefahr von Glatteis
durch gefrierenden Regen ist an der Grenze von der festen zur flüssigen Phase
gegeben.

In der Nacht zum Samstag gelangen wir auf die Rückseite des Troges und die
Luftmassengrenze kommt wieder etwas nach Süden voran. Im Norden, später auch
über der nördlichen Mitte sind weitere 5 bis 10 cm Neuschnee zu erwarten, wobei
die Intensitäten nur langsam schwächer werden. Im Süden regnet es teilweise bis
in Gipfellagen. Der Gradient im Süden weicht langsam auf und die Böen lassen
nach. Im Süden und über großen Teilen der Mitte bleibt es frostfrei, sonst gibt
es leichten Frost.

Modellvergleich und -einschätzung
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Im synoptischen Scale sind sich die Modelle weitgehend einig. Die
Luftmassengrenze über dem Norden wird wohl kommen, ebenso wie das teils
unwetterartige Tauwetter über dem Bergland im Süden und der Mitte. Die
entsprechenden Warnungen können heute relativ zeitnah ausgegeben werden.

Wo genau die Grenze von mild zu kalt verläuft, muss aber noch offen bleiben. Da
die Schneefälle über dem Norden teilweise auch längere Zeit andauern sind auch
markante Warnungen dafür nötig. Zudem sollten die Warnungen vor
Leiterseilschwingungen im Hinterkopf behalten werden und bei den Auswirkungen
kann Schneebruch nicht ausgeschlossen werden.

Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Bernd Zeuschner