DWD Synoptische Übersicht Kurzfrist

26-01-2021 08:30
SXEU31 DWAV 260800

S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Dienstag, den 26.01.2021 um 08 UTC


GWL und markante Wettererscheinungen:
NWz, am Donnerstag Übergang zu Ws
Unbeständig, vor allem im Bergland winterlich. Heute in den östlichen und
ostbayerischen Mittelgebirgen teils markante Schneefälle, im Alpenvorland sowie
auf den Bergen stürmisch und Schneeverwehungen. Mittwoch im Westen und Süden
allmählich einsetzende Milderung, am Donnerstag dort Tauwetter, im Schwarzwald
und Allgäu unwetterartig.


Synoptische Entwicklung bis Donnerstag 24 UTC
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Dienstag... befindet sich Deutschland weiterhin unterhalb eines umfangreichen
Langwellentroges, der vom Nordmeer bzw. Ostgrönland über Skandinavien und
Osteuropa bis zum Balkan bzw. dem zentralen Mittelmeerraum reicht, unterhalb
einer nordwestlichen Höhenströmung. Darin eingebettet, hat ein kurzwelliger
Randtrog inzwischen Norddeutschland überquert und verlagert sich bis zum Abend
über die Mitte bzw. den Südosten des Landes hinweg ins südöstliche Mitteleuropa.
Ihm folgt ein flacher Höhenrücken, der sich abends über Norddeutschland befindet
und gestützt wird durch WLA vorderseitig eines weiteren, auf die Nordsee
übergreifenden Randtroges.
Im Bodenfeld verlagert sich ein an den Kurzwellentrog gekoppeltes flaches
Tiefdruckgebiet bis zum Abend rasch vom südlichen Niedersachsen zur Slowakei und
füllt sich dabei auf. Schwache PVA, unterstützt durch etwas WLA hat vor allem an
der Süd- und Westflanke des Tiefs dynamische Hebung generiert, entsprechend gibt
es schauerartige Niederschläge, die sich von den mittleren Landesteilen im
Tagesverlauf in den Südosten Deutschlands verlagern. Meist fallen diese wenig
intensiv aus (1 bis 5 mm in 12 Stunden) lediglich in den Staulagen des
Westerzgebirges, des Oberpfälzer bzw. Bayerischen Waldes und des Chiemgaus bzw.
Berchtesgadener Landes werden 5 bis 10 mm, vor allem im Bayerwald auch bis nahe
15 mm simuliert. Innerhalb der advehierten maritimen Polarluft (-6 bis -8 Grad
in 850 hPa) fallen diese bis in tiefe Lagen überwiegend als Schnee. Während
unterhalb von etwa 400 bis 600 m bei leicht positiven Höchstwerten aber oft nur
wenige Zentimeter zusammenkommen bzw. es lediglich für Schneematsch reicht,
fallen in höheren Lagen bis zu 5 cm, in den oben genannten Regionen bis 10 cm,
im Bayerwald sowie an den Alpen östlich des Inns in Staulagen aber durchaus bis
20 cm Neuschnee.
Verschärfend hinzu kommt der lebhafte Westwind an der Südwestflanke des flachen
Tiefs. Vor allem mit Annäherung an die Alpen kommt noch die orographische
Komponente dazu (klassischer Leitplankeneffekt durch orographisch bedingte
Geschwindigkeitskonvergenz). Somit gibt es in der Südhälfte (anfangs auch noch
in exponierten Regionen der mittleren Landesteile) verbreitet steife, etwa ab
der Donau südwärts sowie in den Gipfellagen der zentralen und östlichen
Mittelgebirge stürmische Böen, in den Kamm- und Gipfellagen der ostbayerischen
Mittelgebirge und vor allem der Alpen Sturm-, auf exponierten Alpengipfeln
schwere Sturmböen. Entsprechend muss etwa oberhalb von 400 m, im Tagesverlauf
eher 600 m mit Schneeverwehungen gerechnet werden, die im Bayerwald eventuell
sogar eine Unwetterwarnung nach sich ziehen.
An der Nordflanke des Tiefs, im Norden und Nordosten, später auch in der Mitte
des Landes, gestaltet sich der Tag wettertechnisch deutlich ruhiger. Dort bleibt
es meist trocken, lediglich entlang der vorpommerschen Ostseeküste liefert eine
Art Lake Effekt im Zusammenspiel mit einer schwachen Küstenkonvergenz Schauer,
die direkt an der Küste teils als Schneeregen fallen, etwas weiter landeinwärts
aber oft als Schnee oder Graupel. Gebietsweise kann es Glätte durch Schneematsch
geben. Vor allem im Nordwesten und in Schleswig-Holstein kann sich dagegen auch
mal länger die Sonne zeigen. Innerhalb der gut durchmischten Luftmasse steigen
die Temperaturen in den Niederungen meist auf 1 bis 4 Grad, am Niederrhein und
an der Nordsee bis 6 Grad. Oberhalb von etwa 400 bis 600 m gibt es dagegen
leichten Dauerfrost.

In der Nacht zum Mittwoch verlagert sich der flache Höhenrücken etwa in die
Mitte, ein vorlaufender Bodenhochkeil in den Osten und Südosten Deutschlands und
die Schneefälle im Südosten klingen im Laufe der Nacht ab. Lediglich im
Bayerischen Wald und am Alpenrand östlich des Inns kommen noch 5 bis 10 cm
Neuschnee zusammen, sonst nur noch wenige Zentimeter. Auch der Wind flaut ab und
ist im Laufe der zweiten Nachthälfte wohl nicht mehr warnrelevant.
Gekoppelt an einen flachen Kurzwellentrog, der sich innerhalb der steilen
nordwestlichen Höhenströmung rasch verlagert und morgens bereits die südliche
Nordsee erreicht, greift eine Frontalwelle in den Frühstunden auf die mittlere
Nordsee über. Deren Warmfront überquert Benelux und erreicht morgens
Westdeutschland. Im Vorfeld greifen bereits im Laufe der zweiten Nachthälfte
leichte Niederschläge auf die Westhälfte über, die in den Niederungen ganz im
Westen mit Warmfrontpassage und Anstieg der 850 hPa-Temperatur auf über 0 Grad
wohl rasch in Regen übergehen, sonst aber als Schnee fallen. Dabei können wenige
Zentimeter Neuschnee fallen, in den westlichen Mittelgebirgen auch um 5 cm. Dazu
frischt der auf Süd bis Südwest rückdrehende Wind im Nordseeumfeld und in den
westlichen Mittelgebirgen wieder auf, für warnrelevante Böen reicht es aber
höchstens im Lee von Hohem Venn und Eifel.
Außer ganz im Westen und Nordwesten gibt es verbreitet leichten, an den Alpen
sowie in einigen Mittelgebirgslagen auch mäßigen Frost und entsprechend Glätte
durch Überfrieren bzw. Schnee.

Mittwoch... wird die Frontalwelle nach Norddeutschland gesteuert und erreicht
abends mit ihrem Wellenscheitel in etwa den Großraum Hamburg. Die
WLA-induzierten Niederschläge weiten sich ost- und südostwärts aus, wobei es von
der vorpommerschen Ostseeküste bis zum Erzgebirge meist trocken bleibt. Bodennah
setzt sich die WLA nur schleppend durch, bis zum Abend steigt die 850
hPa-Temperatur auf Werte zwischen -1 Grad im Westen und -5 Grad an der Ostgrenze
des Niederschlagsgebietes. Somit fällt nach Osten zu meist durchgehend Schnee,
während die Schneefallgrenze im Westen und Südwesten auf etwa 800 m steigt, die
Niederschläge dort aber am Nachmittag rasch wieder nachlassen. Insgesamt kommen
etwa 1 bis 5 mm zusammen, nach Lesart des GFS vom Emsland bis zum Thüringer Wald
sowie in Staulagen etwas mehr. Vor allem oberhalb von etwa 600, im
Westen/Südwesten oberhalb von 800 m fallen erneut 1 bis 5 cm Neuschnee, in
Staulagen bis nahe 10 cm. Außer im Westen/Südwesten kann es auch in den
Niederungen vorübergehend Glätte durch etwas Neuschnee geben.
Im Südwesten setzt dagegen Tauwetter ein, das aber mangels Niederschlagsmengen
trotz nicht unerheblicher Schneemengen auch in mittleren Lagen des Schwarzwaldes
(noch) nicht warnrelevant sein dürfte.
An der Südflanke der Welle verschärft sich der Gradient erneut und der Wind
frischt in der Mitte und im Süden aus Südwest auf. Zumindest in den Kamm- und
Gipfellagen der Mittelgebirge und der Alpen kann es stürmische Böen, exponiert
Sturmböen geben. Für Schneeverwehungen reicht es aber aufgrund der Milderung und
des nasser werdenden Schnees maximal noch in einigen Kammlagen der zentralen und
östlichen Mittelgebirge.
Die Temperaturen steigen insgesamt geringfügig an auf Maxima zwischen 0 Grad in
den ostbayerischen Mittelgebirgen und 7 Grad am Niederrhein. Dauerfrost gibt es
oberhalb von etwa 500 m (Bayerwald) bis 1000 m (Schwarzwald).

In der Nacht zum Donnerstag wird ein weiterer markanter Kurzwellentrog vom
Oslo-Fjord nach Südschweden gesteuert und reicht morgens bis nach Westpolen.
Vorgelagert kann sich durch WLA der Höhenrücken über der Mitte Deutschlands nach
Osten vorarbeiten und deutlich verstärken, was über dem Vorhersagegebiet zu
einer Verschärfung der relativ glatten nordwestlichen Höhenströmung führt. Darin
eingebettet, verlagert sich die Warmfront eines kräftigen Tiefs nordwestlich von
Irland über England allmählich ostsüdostwärts und greift bis Donnerstagfrüh auf
den Norden bzw. Osten Frankreichs über. Entlang der Warmfront bildet sich dabei
in etwa über dem Norden Englands ein flaches Wellentief.
Das Wellentief über Norddeutschland zieht im Laufe der Nacht rasch weiter
Richtung Polen, wobei die Niederschläge - überwiegend als Schnee, gebietsweise
aber auch als Regen, stellenweise gefrierend - auch auf den Osten/Nordosten
übergreifen, dann aber bald nachlassen (in einigen Staulagen kommen nochmals um
5 cm oder etwas mehr zusammen) und die Wolken auflockern.
Im Westen und Südwesten setzen dagegen mit Annäherung der Warmfront im Laufe der
Nacht teils länger anhaltende Niederschläge ein, die sich allmählich auch auf
den Bayerischen Alpenrand ausweiten. Die Schneefallgrenze steigt dabei mit
zunehmender WLA im Schwarzwald bis in die Kammlagen, im Allgäu auf etwa 1000 m,
während es dort weiter östlich anfangs noch teils bis in die Täler bzw. in tiefe
Lagen schneit, aber nur wenige Zentimeter Neuschnee zusammenkommen. Im
Schwarzwald und im Oberallgäu kommen bereits in Staulagen mehr als 10 mm
zusammen und es setzt zunächst zumindest markantes Tauwetter ein, zusammen mit
den am Donnerstag tagsüber zu erwartenden Niederschlägen dürften dort aber bald
die Unwetterkriterien (Niederschläge + Abflussmengen) erreicht werden.
Der Wind nimmt im Laufe der Nacht vorübergehend ab, bleibt aber in einigen
Hochlagen warnrelevant. Im Westen und Südwesten bleibt es zumeist frostfrei,
sonst gibt es leichten, bei aufgelockerter Bewölkung im Südosten und Osten
gebietsweise auch mäßigen Frost und verbreitet Glätte. Im westlichen zentralen
Mittelgebirgsraum kann auch Glatteis durch gefrierenden Regen nicht
ausgeschlossen werden.

Donnerstag... schwenkt der von Südschweden bis ins östliche Mitteleuropa
reichende Trog zumindest mit seinem Südteil weiter ostsüdostwärts, während sich
über den Britischen Inseln ein Höhenrücken aufwölbt. Somit bleibt die
nordwestliche Höhenströmung über Mitteleuropa noch erhalten, während über dem
mittleren Nordatlantik Zonalisierung einsetzt. Die strömungsparallel
eingebettete Warmfront tendiert somit weiter zur Wellenbildung, wobei eine erste
Welle von England bzw. der südlichen Nordsee her bis zum Abend über Benelux zur
Mitte des Vorhersagegebietes, nach Lesart des ICON-EU sogar schon bis nach
Ostbayern zieht. Die Warmfront überquert somit die Südhälfte rasch ostwärts, die
0 Grad-Isotherme in 850 hPa erreicht nach Lesart des ICON-EU bis zum Abend in
etwa eine Linie Oberpfälzer Wald-Eifel, nach Lesart von IFS und GFS kommt sie
vor allem in der Mitte und im Westen des Landes etwas weiter nach Norden voran.
Somit haben sich die Modelle gegenüber den Vorläufen, was die Lage und
Ausrichtung der Warmfrontwelle bzw. Luftmassengrenze betrifft, einigermaßen
angeglichen, im Detail gibt es aber noch Differenzen. An der Nordflanke der
Welle schneit es in einem schmalen Streifen quer über die mittleren Landesteile
hinweg bis etwa zum Vogtland bis in tiefe Lagen, wobei aber kaum mehr als 1 bis
5 cm Neuschnee, bzw. in den Niederungen oft nur Schneematsch zusammenkommen. An
der Südflanke der Welle gehen die vor allem nach Osten zu anfangs teils
markanten Schneefälle dagegen rasch bis über 1000 m, im Schwarzwald und an den
Alpen bis über 1500 m in Regen über. Vor allem im Schwarzwald und an den Alpen
fallen verbreitet 10 bis 20 mm in 12 Stunden, in Staulagen auch bis 30 mm, im
Oberallgäu bis 50 mm, wobei ICON-EU insgesamt, vor allem aber im Allgäu, höhere
Mengen als GFS und IFS auf der Agenda hat. Zusammen mit dem Schmelzwasser
ergeben sich Abflussmengen, die zumindest im Schwarzwald und im Allgäu
Unwetterkriterien, im restlichen Alpenraum sowie in einigen südwestdeutschen
Mittelgebirgen (Odenwald) markanten Kriterien genügen.
Dazu verschärft sich der Gradient an der Südflanke der Welle deutlich und der
Wind frischt im Südwesten und Süden aus West bis Südwest auf. In den Niederungen
gibt es steife, in freien Lagen und im Alpenvorland stürmische Böen, auf den
Bergen Sturm- und schwere Sturmböen, auf exponierten Schwarzwald- und
Alpengipfeln Orkanböen.
Im Norden und Osten bekommt man - an der Nordflanke der Welle gelegen - von dem
ganzen Geschehen weiter südlich kaum etwas mit. Die Niederschläge - dort meist
als Schnee - erfassen noch das südliche Niedersachsen, Nordhessen, Teile
Thüringens und Westsachsen, weiter nördlich und nordöstlich bleibt es trocken
und vor allem Richtung Ostsee scheint auch mal die Sonne.
Während im Norden und Osten weiterhin maritime Polarluft (T850 hPa zwischen -4
und -8 Grad) wetterbestimmend bleibt und die Maxima meist zwischen 0 und 4 Grad
liegen, gelangt in den Süden und Westen des Landes südlich der Luftmassengrenze
sehr milde Meeresluft (T850 hPa 0 bis +4 Grad). Dort werden Höchstwerte zwischen
4 und 8 Grad, am Oberrhein auch über 10 Grad erreicht.

In der Nacht zum Freitag verlagert sich die Warmfrontwelle rasch ostsüdostwärts
und die Niederschläge klingen ab. Die Luftmassengrenze bleibt aber zunächst
weitgehend quasistationär. Im Laufe der Nacht greift dann ein markanter
Kurzwellentrog auf die Britischen Inseln über und daran gekoppelt ein Bodentief,
das nach Lesart des ICON-EU morgens die Irische See erreicht, nach GFS dagegen
bereits die westliche Nordsee, während IFS zwei Tiefs auf der Agenda hat: Eines
ebenfalls über der westlichen Nordsee, ein weiteres nördlich von Irland. Diese
Differenzen haben vor allem Einfluss auf die Niederschlagsentwicklung, während
sich die Lage der Luftmassengrenze kaum unterscheidet: Vor allem nach Lesart des
IFS und GFS klingen die Niederschläge aufgrund der östlicheren Position des
Bodentiefs im Süden und in der Mitte Deutschlands kaum ab, GFS simuliert an den
Alpen erneut gebietsweise mehr als 20 mm in 12 Stunden, IFS vor allem in den
Staulagen des Südschwarzwaldes, während GFS und ICON grade dort weniger als 10
mm auf der Agenda haben. Die Niederschläge fallen allgemein weiterhin bis in die
höchsten Lagen als Regen, so dass das Tauwetter weiterhin anhält.
Nördlich der Luftmassengrenze simulieren die Modelle dagegen recht unisono bis
Freitagfrüh zunächst kaum bis keine Niederschläge, so dass die Schneephase kaum
eine Rolle spielt.
Mit Abzug der Warmfrontwelle fächert der Gradient in der Südhälfte vorübergehend
auf und der Wind lässt nach, in den Gipfellagen von Alpen und Schwarzwald bleibt
es aber wohl bis in die Frühstunden stürmisch.
Während es im Norden und Osten verbreitet leichten Frost gibt, bleibt es im
Westen und Süden bis in die mittleren Landesteile frostfrei, im Übergangsbereich
zur "Frostluft" kann örtlich auch gefrierender Regen nicht ausgeschlossen
werden.


Modellvergleich und -einschätzung
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Anhand der synoptischen Basisfelder sind im Kurzfristzeitraum keine
signifikanten Modellunterschiede auszumachen. Auch bzgl. der Lage der
Luftmassengrenze am Donnerstag haben sich die Modelle inzwischen deutlich
angeglichen, es geht mehr oder weniger nur noch um Nuancen. Erst mit Beginn der
Mittelfrist, also ab Freitagfrüh, deuten sich markantere Unterschiede an.
Bzgl. der Vorabinformation vor unwetterartigem Tauwetter für den Schwarzwald und
den Alpenraum werden noch die 06 UTC-Läufe abgewartet, da sich für die Staulagen
insbesondere im Alpenraum noch Modellunterschiede, die genauen
Niederschlagsmengen betreffend, ergeben.


Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Jens Winninghoff