DWD Synoptische Übersicht Kurzfrist

22-01-2021 18:01
SXEU31 DWAV 221800

S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Freitag, den 22.01.2021 um 18 UTC


Markante Wettererscheinungen:
Bis Samstagmittag in der Südosthälfte, vor allem im Bergland teils kräftige
Schneefälle. Unwetterartige Mengen und Verwehungen nicht ausgeschlossen. An den
Folgetagen vor allem im Bergland weitere, teils kräftige Schneefälle.

Synoptische Entwicklung bis Montag 12 UTC
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Aktuell ... liegt ein großer Langwellentrog über Nord- und Nordwesteuropa. An
seiner Südflanke gelangt mit einer westsüdwestlichen Strömung erwärmte
Meereskaltluft in den größten Teil Deutschlands. Sie wird von der Warmluft über
dem Südosten durch eines Luftmassengrenze getrennt, die sich diagonal über den
Osten und Süden unsers Landes erstreckt. Aktuell nähert sich über Frankreich ein
Randtrog, der auf seiner Vorderseite ein Bodentief südlich der Alpen induziert.
Allerdings greifen die zugehörigen Hebungsvorgänge über die Alpen nach
Süddeutschland aus und es bildet sich über dem äußersten Süden ein
Tiefdruckgebiet, dass sich in der Nacht zum Samstag vom Alpenrand löst und nach
Böhmen zieht. Die Strömung dreht auf der Rückseite des Tiefs
niedertroposphärisch vorübergehend auf nordwestliche Richtungen und legt
deutlich zu, während sie mit Annäherung des Haupttroges in 500 hPa weiter nach
Süd dreht.
Damit stellt sich über dem Süden, später nach Nordosten ausgreifend eine
Gegenstromlage ein und die Niederschläge, die sich aktuell im Südwesten schon
wieder verstärken, breiten sich damit auf die gesamt Südosthälfte aus und lassen
erst im Verlauf der Nacht von und im Südwesten wieder nach.

Die Meereskaltluft flutet auf der Rückseite des Tiefs auch die südöstlichen
Landesteile, wobei die Schneefallgrenze bis in tiefe Lagen sinkt. Gebietsweise
kommen 5 bis 15 mm Niederschlag zusammen, an den Alpen örtlich um 20 mm. Wie
viel davon als Schnee fällt und was liegen bleibt ist weiter unsicher. Aufgrund
der anfangs hohen Temperaturen von um +10 Grad über Teilen Bayerns, dürften die
als Schneeanteil in den Modellen auftauchenden Mengen, zum großen Teil
schmelzen.
In tiefen Lagen des Südens sollte demnach eher wenig liegen bleiben, dagegen
sind in den östlichen Mittelgebirgen und an den Alpen "markante" Mengen nicht
unwahrscheinlich.
Da der Wind an der Südwestflanke des Tiefs auffrischt sind einzelne
7er Böen, im Bergland stürmische Böen nicht ausgeschlossen sowie
Schneeverwehungen in einigen Hochlagen. Gerade auch im Zusammenhang mit
eventuellen Verwehungen sind unwetterartige Entwicklungen (Schneefall
mit/ohne Verwehungen) im Auge zu behalten.
Mit Annäherung des Haupttroges kommen im Westen und Südwesten zum Morgen Schauer
auf, die oberhalb 300 bis 500m meist als Schnee fallen. Die Föhnlage in den
Alpen bricht von Westen her zusammen. An den Küsten gibt es vor allem anfangs
letzte 7er Böen.
Die Temperatur geht auf Werte um den Gefrierpunkt zurück und auch abseits der
Niederschläge kann es durch gefrierende Nässe glatt werden.

Samstag ... kommt die Hauptrogachse bis nach Westdeutschland voran. Wir liegen
im Einfluss vor allem nach Westen hin (T500 dort bis -35 Grad) hochreichend
labil geschichteter Meereskaltluft, in der die Temperaturen im 850 hPa Niveau um
-5 Grad liegen.
Das Tief zieht über Polen nach Nordosten ab, hinterlässt aber vor allem in der
ersten Tageshälfte von Ostbayern bis ins östliche Brandenburg teils kräftige
Schneefälle, die von Westen her abklingen und tagsüber in tiefen Lagen teils in
Regen übergehen. Vor allem im östlichen Mittelgebirgsraum sind anfangs
Schneeverwehungen möglich, die aber mit nachlassen der Niederschläge und dem
abflauenden Wind unwahrscheinlicher werden.

Der meiste Niederschlag, häufig Schnee, fällt von ca. Samstag 00 Uhr bis gegen
Mittag. An den Alpen, vor allem aber auch im Umfeld des Erzgebirges sind
gebietsweise 10 bis 20 cm Neuschnee zu erwarten, lokal auch mehr, mit der Gefahr
von Verwehungen, sodass neben den schon ausgegeben markanten Warnungen auch
unwetterartige Entwicklungen nicht ausgeschlossen sind und im Auge behalten
werden sollten.

In den westlichen Landesteilen und über der Mitte kommt es zu einigen, meist
schwächeren Schauern, bei einer Schneefallgrenze von 300 bis 600m.
Ansonsten passiert wettertechnisch nicht viel und es zeigen sich vor allem über
dem Nordwesten und ganz im Süden Auflockerungen.
Die Temperaturen liegen meist zwischen +3 Grad im Süd- und Nordosten sowie
örtlich +9 Grad am Oberrhein. Der Wind spielt nach Abzug des Tiefs meist keine
Rolle mehr, lediglich einige exponierte Gipfel im Süden sehen die ein oder
andere Bft 8 bis 9 aus Südwest bis West. Anfangs sind in Ostbayern Bft 7, auf
exponierten Bergen dort schwere Sturmböen aus westlicher Richtung möglich.
Zum Abend kommt vor einem Randtief, das über Nordfrankreich nach Nordosten Kurs
hält, im Südwesten skaliger, zunächst aber leichter Niederschlag auf,
Schneefallgrenze dort dann 300 bis 500 m.

In der Nacht zum Sonntag gelangt Mitteleuropa inklusive Deutschland unter den
Hauptteil des Höhentroges. Das Temperaturniveau sinkt etwas. In 850 hPa werden
über dem Südwesten -7 bis -8 Grad erreicht, in 500 hPa sinken die Werte bis -37
Grad über dem Südwesten.
Dazu breiten sich mit einem kurzwelligen Höhen- und Bodentrog schauerartige
Niederschläge über die Südwesthälfte aus. In den Bodentrog ist wahrscheinlich
auch ein kleines Tief eingelagert, das vom Südwesten in die Landesmitte
(Osthessen/Westthüringen) zieht. Bis in tiefe Lagen fällt dabei zunehmend -
zumindest nasser Schnee. Während es "ganz unten" aber nur zu wenig Neuschnee
oder Schneematsch reicht, sind in Lagen oberhalb 300/400m bei kräftigeren
Schneeschauern durchaus markante Neuschneemengen von 5 bis 10, örtlich 15 cm in
6 bis 12 Stunden möglich. Weiter nach Norden und
Osten halten sich Auflockerungen bei eher geringer Niederschlagsneigung.

In den großen Flusstälern im Südwesten und Westen liegen die Minima um oder
etwas über 0 Grad, sonst gibt es meist leichten Frost und häufig auch Glätte;
wenn nicht durch Schnee, dann durch gefrieren von Nässe. An der Südflanke des
Tiefs lebt der Westwind über dem Südwesten stärker auf mit einzelnen 7er Böen,
im Bergland stürmischen Böen oder Sturmböen.

Sonntag ... stellt sich unter dem langwelligen Höhentrog in tiefen Lagen
nasskaltes, im Bergland winterliches Wetter ein. Die eingelagerten kurzwelligen
Boden- und Höhentröge schwenken nach Nordosten, was in weiten Landesteilen zu
Schauern oder schauerartigen Niederschlägen führt.

Bei kräftigen Niederschlägen schneit es bis in tiefe Lagen, ansonsten ab 200 bis
300 m, wobei dann kräftige Schneefälle eventuell auch markante Warnungen nötig
machen. Wo die jeweiligen Schwerpunkte liegen, lässt sich vorab aber nur schwer
klären. Aktuell favorisiert ICON einen Bereich von Ostwestfalen bis nach
Oberfranken, wo durchaus markanten Neuschneemengen (10 bis 20 cm in 12 Stunden)
im Bergland oberhalb von 200 bis 400 m nicht ausgeschlossen sind. In tiefen
Lagen bleibt tagsüber meist nur vorübergehend Schneematsch oder etwas Schnee
liegen.
Der Wind ist anfangs durch den erhöhten Gradienten an der Südflanke des
Bodentroges im Süden lebhaft unterwegs mit steifen, exponiert stürmischen Böen,
lässt dann aber nach und die kräftigsten Böen sollten sich nachmittags auf den
östlichen Mittelgebirgsraum beschränken. Im süddeutschen Bergland reicht es
exponiert nach wie vor zu Sturmböen.

Die 2m Temperaturen gehen gegenüber dem Vortag noch etwas zurück und die Maxima
liegen zwischen 0 und 5 Grad, oberhalb 300 bis 500m herrscht Dauerfrost.
In der Nacht zum Montag ziehen sich die Schneeschauer nach Nordosten zurück und
lassen nach. Nur in Nordweststaulagen der östlichen Mittelgebirge kann es noch
kräftiger schneien, sonst fällt meist nicht mehr viel. Ansonsten lockert die
Bewölkung durch kompensierendes Absinken zum Teil stärker auf, da über
Frankreich der nächste kurzwellige Trog nebst Bodentief nach Osten bis Südosten
steuert. Die zugehörigen Hebungsvorgänge und leichten Schneefälle können in der
zweiten Nachthälfte auf den äußersten Südwesten übergreifen. Verbreitet gibt
leichten bis mäßigen Frost und gebietsweise Glätte durch gefrieren von Nässe. Im
Süden ist gebietsweise strenger Frost möglich.

Montag ... setzt sich die Troglage mit kalter Meeresluft fort. Die Trogachse
verlagert sich allerdings etwas nach Norden und legt sich mehr in
Nordwest-Südost Richtung, was von Südwesten her eine nordwestliche Strömung
aufkommen lässt.
Vor allem im Kernbereich des Troges, über dem Nordosten, sowie vom Westen bis in
den Süden, hier ausgelöst durch kurzwellige Tröge, die nach Südosten ablaufen,
kommt es zu schauerartigen Niederschlägen. Auch tagsüber fällt dabei häufig
Schnee, Schneeregen oder Graupel bei 850er Werten von -7 bis -8 Grad.
Im Bergland sind kräftigere Schneefälle nicht ausgeschlossen.
Die Temperaturen liegen tagsüber maximal zwischen -1 und +4 Grad, mit den
höheren Werten im Nordwesten, den niedrigeren im Süden. Entsprechend ist auch in
tieferen Lagen tagsüber Glätte nicht ausgeschlossen.
Der Wind hält sich bei stark aufgefächertem Gradienten zurück, außer auf einigen
Gipfeln im Süden, wo im Schwarzwald und in den Alpen stürmische Böen oder
Sturmböen aus West bis Nordwest auf dem Plan stehen.


Modellvergleich und -einschätzung
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Die Entwicklung wird in groben Zügen von den Modellen ähnlich simuliert. Die
Details bleiben unsicher, da die Entwicklung durch kleinskalige Strukturen
geprägt wird, die modellseitig Schwierigkeiten bereiten. Für die nächsten
Stunden sollten eventuelle unwetterartige Neuschneemengen oder Verwehungen an
den Alpen, vor allem aber im Bereich des Erzgebirges im Auge behalten werden.
Auch Leiterseilschwingungen sind im Südosten und nach Osten zu nicht
ausgeschlossen.


Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Bernd Zeuschner