DWD Synoptische Übersicht Kurzfrist

21-01-2021 18:01
SXEU31 DWAV 211800

S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Donnerstag, den 21.01.2021 um 18 UTC


Markante Wettererscheinungen:
Nachts wieder auffrischender Wind mit stürmischen Böen und Sturmböen, im
Bergland schweren Sturmböen. In den Alpen erst in der Nacht zum Samstag
Föhnzusammenbruch. Im Südosten gefrierender Regen nicht ganz ausgeschlossen. In
der Nacht zum Samstag im östlichen Bergland und an den Alpen markante
Neuschneemengen und Schneeverwehungen möglich. Auch in der Folge im Bergland
kräftige Schneefälle möglich.

Synoptische Entwicklung bis Sonntag 12 UTC
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Aktuell ... liegen wir auf der Vorderseite eines umfangreichen Langwellentroges
über dem Nordostatlantik und Nordwesteuropa in einer südwestlichen Strömung. Die
Kaltfront eines Orkantiefs über der Nordsee liegt diagonal über Deutschland und
schwächt sich, da vom Kurzwellentrog überlaufen, weiter ab. Die dahinter in die
Nordwesthälfte einfließende Meereskaltluft ist stark erwärmt und nur wenig
kühler, als die präfrontale milde Meeresluftmasse. Auch das Orkantief hat den
Höhepunkt seiner Entwicklung erreicht und verlagert sich in den nächsten Stunden
bis vor die norwegische Südküste und beginnt sich langsam abzuschwächen.
Damit verbunden fächert bei uns der Gradient wieder auf. Die Windabnahme ist
aber nur von vorübergehender Natur. Vor dem Langwellentrog laufen weitere kurze
Wellen nach Nordosten, die unter anderen dazu führen das sich der Trog insgesamt
annähert, aber auch kleine Tiefs generieren, von denen eins nachts über dem
Nordwesten unseres Landes über das Kattegat nach Nordosten zieht. Dabei breitet
sich die milde Luft kurzzeitig wieder nach Norden aus, bevor mit der Kaltfront,
die nachts den Nordwesten überquert, wieder kältere Meeresluft zu uns gelangt.
Bedingt durch kräftige Warmluftadvektion kommen von Südwesten her wieder
Regenfälle auf, die außer dem Südosten und Teilen des Ostens zum Morgen weite
Landesteile erfasst haben. In Ostbayern, wo es zuvor noch abkühlen kann, kommt
zwar nicht viel an, bei dem was dort noch fällt, ist aber gefrierender Regen
oder Sprühregen nicht ausgeschlossen. Ansonsten erlangt der Regen keine
Warnrelevanz.
Die hat allerdings der Wind. Der legt schon aktuell von Westen wieder zu. Vom
Westen und Südwesten bis in die Mitte sind starke bis stürmische Böen
wahrscheinlich, an der Kaltfront auch Sturmböen möglich. In 925 hPa liegen die
Windgeschwindigkeiten bei 45 bis 50 kt, sodass, falls sich eine Schauerlinie
bilden sollte, die 9er Böen wahrscheinlicher werden und Böen Bft 10 zumindest
nicht ganz ausgeschlossen sind. Nach Nordosten und Osten zu langt es
wahrscheinlich nur zu Böen Bft 7, vereinzelt 8. Der Südosten bleibt zu großen
Teilen von der Windzunahme ausgespart.
In den Alpen herrscht allerdings eine Föhnlage, die andauert mit Sturmböen,
exponiert orkanartigen Böen auf einigen Gipfeln. Der anfangs in Böen teils noch
stürmische Wind an der Nordsee, lässt mit Abschwächung und Abzug des Tiefs
langsam nach.
Die Temperaturen liegen meist mehr oder weniger deutlich im positiven Bereich,
nur im Südosten gibt es gebietsweise leichten Frost.

Freitag ... weitet sich der Langwellentrog vor allem über Skandinavien nach
Osten aus, während sich über den Britischen Inseln eine markante Trogachse
formiert. Ein weiterer Troganteil schwenkt zu den Westalpen und induziert dort
eine Tiefentwicklung, die infolge von Föhneffekten und der über die Alpen nach
Norden ausgreifenden Hebung zu einer Leezyklogenese am bayerischen Alpennordrand
führt.
Damit verbunden geht der Druckgradient fast landesweit rasch in die Knie.
Anfangs sind im Osten und über der Mitte noch Windböen Bft 7 zu erwarten und im
Bergland Sturmböen, zum Nachmittag, spätestens zum Abend sollten warnrelevante
Böen sich auf exponierte Berggipfel beschränken.
Ausnahmen davon sind die Alpengipfel, wo die Föhnlage nur langsam nachlässt, da
sie zunächst weiter gestützt wird durch die Annäherung des Troges von Westen.
Auch an den Küsten, vor allem der Nordsee, bleibt es teils stürmisch. Hier
frischt der Wind tagsüber eher auf, da ein Bodentrog das steuernde Tief über
Norwegen umläuft und dort zu einer Gradientzunahme führt. Hier kommt es zu
steifen bis stürmischen, exponiert zu Sturmböen, auch landeinwärts, über SH sind
steife Böen möglich.
Ein weiterer Effekt der Tiefentwicklung ist das erneute Ausbremsen der
Kaltfront. Sie überquert den Norden und die Mitte, kommt dann abends in etwa auf
einer Linie Nordbaden-Lausitz zu liegen. Die Wetterwirksamkeit und damit die
Niederschläge an der Luftmassengrenze lassen im Tagesverlauf nach, da wir
insgesamt in leichtes kompensatorisches Absinken geraten, ganz zum Erliegen
kommen die Regenfälle aber wohl nicht. Postfrontal verstärkt sich im Norden die
Zufuhr der kalten Meeresluft, während im äußersten Süden die Temperaturen in der
unteren Troposphäre föhnbedingt noch etwas auf +7 bis +8°C in 850 hPa steigen.

Auf der kalten Seite der Front sinkt die Schneefallgrenze auf 400 bis 600 m, da
die Niederschläge aber nachlassen, akkumuliert sich nichts Nennenswertes.
Erst mit der Zyklogenese setzt im Süden und vor allem im Südwesten nachmittags
und abends eine Gegenstromalge ein und es fängt an zu regnen. Die
Schneefallgrenze liegt dort meist aber noch oberhalb von 1000m, nur an der
Nordflanke des Niederschlags kann es in Hochlagen schon die feste Phase geben.
Die Maxima liegen meist zwischen 7 und 14 Grad, wobei vor allem im Norden und
der Mitte die Temperaturen im Tagesverlauf langsam zurückgehen.

In der Nacht zum Samstag löst sich das Tief vom Alpenrand und zieht nach
Südwestpolen. Die Strömung dreht niedertroposphärisch vorübergehend auf
nördliche Richtungen, während sie mit Annäherung des Haupttroges in 500 hPa
weiter nach Süd dreht.
Damit breiten sich die Niederschläge auf die gesamt Südosthälfte aus und lassen
erst im Verlauf der Nacht von und im Südwesten wieder nach. Die Meereskaltluft
flutet auf der Rückseite des Tiefs ganz Deutschland, die Schneefallgrenze sinkt
bis in tiefe Lagen und gebietsweise kommen 5 bis 15 mm Niederschlag zusammen, an
den Alpen örtlich um 20 mm. Wie viel davon als Schnee fällt und was liegen
bleibt ist unsicher. In tiefen Lagen des Südens sollte nicht viel liegen
bleiben, dagegen sind in den östlichen Mittelgebirgen und an den Alpen
"markante" Mengen nicht unwahrscheinlich.
Da der Wind an der Südwestflanke des Tiefs auffrischt sind einzelne 7er Böen, im
Bergland stürmische Böen nicht ausgeschlossen sowie Schneeverwehungen in einigen
Hochlagen. Gerade im Zusammenhang mit eventuellen Verwehungen sind
unwetterartige Entwicklungen (Schneefall mit/ohne Verwehungen) durchaus im
Bereich des Möglichen.

Mit Annäherung des Haupttroges kommen im Westen und Südwesten zum Morgen Schauer
auf, die oberhalb 300 bis 400m meist als Schnee fallen. Die Föhnlage in den
Alpen bricht zusammen, letzte 7er Böen gibt es vor allem anfangs an den Küsten
Die Temperatur geht auf Werte um den Gefrierpunkt zurück und auch abseits der
Niederschläge kann es durch gefrierende Nässe glatt werden.

Samstag ... kommt die Hauptrogachse bis nach Westdeutschland voran. Wir liegen
im Einfluss vor allem nach Westen hin (T500 dort bis -35 Grad) hochreichend
labil geschichteter Meereskaltluft, in der die Temperaturen im 850 hPa Niveau um
-5 Grad liegen.
Das Tief über Polen zieht nach Nordosten ab, hinterlässt aber vor allem in der
ersten Tageshälfte von Ostbayern bis Südostbrandenburg noch teils kräftige
Schneefälle, die von Westen her aber abklingen und tagsüber in tiefen Lagen
teilweise in Regen übergehen. Vor allem im östlichen Mittelgebirgsraum sind
anfangs Schneeverwehungen möglich, die aber mit nachlassen der Niederschläge und
dem abflauenden Wind unwahrscheinlicher werden.

In den westlichen Landesteilen und über der Mitte kommt es zu einigen Schauern,
die je nach Unterstützung durch kurzwellige Tröge auch mal häufiger und
kräftiger ausfallen können. Dann kann es auch in tiefen Lagen vorübergehend weiß
und glatt werden, meist liegt die Schneefallgrenze aber bei 300 bis 500m.
Dazwischen passiert wettertechnisch nicht viel und es zeigen sich einige
Auflockerungen.
Die Temperaturen liegen meist zwischen +3 und örtlich +8 Grad am Oberrhein. Der
Wind spielt nach Abzug des Tiefs meist keine Rolle mehr, lediglich einige
exponierte Gipfel im Süden sehen die ein oder andere Bft 8 bis 9 aus Südwest bis
West.
In der Nacht zum Sonntag gelangt Mitteleuropa inklusive Deutschland mehr und
mehr unter den Hauptteil des Höhentroges. Das Temperaturniveau sinkt noch etwas.
In 850 hPa werden -7 bis -8 Grad erreicht, in 500 hPa sinken die Werte bis -38
Grad über dem Westen. Dazu breiten sich mit einem kurzwelligen Höhen- und
Bodentrog, in den kleines Tief eingelagert sein kann, schauerartige
Niederschläge über die Südwesthälfte aus. Bis in tiefe Lagen fällt dabei
zunehmend - zumindest nasser Schnee. Während es dort aber nur zu wenig Neuschnee
reicht, sind in Lagen oberhalb von 300/400m bei kräftigeren Schneeschauern
durchaus markante Neuschneemengen von 5 bis 10, örtlich 15 cm in 6 bis 12
Stunden möglich. Weiter nach Norden und Osten halten sich Auflockerungen bei
eher geringer Niederschlagsneigung. In den großen Flusstälern im Südwesten und
Westen liegen die Minima um oder etwas über 0 Grad, sonst gibt es meist leichten
Frost und häufig auch Glätte; wenn nicht durch Schnee, dann durch gefrieren von
Nässe. An der Südflanke des Bodentroges lebt der Westwind über dem Südwesten
stärker auf mit einzelnen 7er Böen, im Bergland stürmischen Böen oder Sturmböen.


Sonntag ... stellt sich unter dem langwelligen Höhentrog in tiefen Lagen
nasskaltes, im Bergland winterliches Wetter ein. Die eingelagerten kurzwelligen
Boden- und Höhentröge schwenken nach Nordosten, was in weiten Landesteilen zu
Schauern oder schauerartigen Niederschlägen führt.
Bei kräftigen Niederschlägen schneit es bis in tiefe Lagen, ansonsten ab 200 bis
300 m, wobei dann kräftige Schneefälle eventuell auch markante Warnungen nötig
machen. Wo die jeweiligen Schwerpunkte liegen, lässt sich vorab aber nur schwer
klären. In tiefen Lagen bleibt tagsüber höchstens vorübergehend Schneematsch
oder wenig Schnee liegen.
Der Wind ist anfangs durch den Bodentrog im Süden noch lebhaft unterwegs, lässt
dann aber nach und die kräftigsten Böen sollten sich nachmittags auf den
östlichen Mittelgebirgsraum beschränken. Im süddeutschen Bergland reicht es
exponiert nach wie vor zu stürmischen Böen oder Sturmböen.
Die 2m Temperaturen gehen gegenüber dem Vortag noch etwas zurück und die Maxima
liegen zwischen 0 und 5 Grad, oberhalb 300 bis 500m herrscht Dauerfrost.


Modellvergleich und -einschätzung
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Der großräumige Ablauf wird ähnlich simuliert. Was die Details der
Niederschlagsschwerpunkte und Phase des Niederschlags angeht, lässt aber auch
die Betrachtung der unterschiedlichen Lösungen keine Klärung erkennen.
Was die Passage der Kaltfront morgen früh angeht, so ist für Gewitter die
Schichtung wohl nicht hinreichend labil, allerdings können, falls sich eine
Linie ausbildet, vermehrt Sturmböen auftreten und dann auch schwere Sturmböen
bis ganz runter nicht ausgeschlossen werden. Die Entwicklung in der Nacht zu
Samstag ist ebenfalls noch nicht klar. GFS und ICON lassen die Niederschläge
weiter nach Nordwesten ausgreifen, als der 00z Lauf der Europäer.
Da kurzwellige Tröge und kleine Bodentiefs darüber hinaus das Wochenendwetter
prägen, wird die Entwicklung im Detail unsicher, auch wenn der grobe Fahrplan
steht.


Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Bernd Zeuschner