DWD Synoptische Übersicht Kurzfrist

18-01-2021 18:01
SXEU31 DWAV 181800

S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Montag, den 18.01.2021 um 18 UTC


Markante Wettererscheinungen:
SCHNEEFALL: Mit geringer Wahrscheinlichkeit am Dienstag in den Staulagen der
östlichen und zentralen Mittelgebirge um 10 cm nasser Schnee.

GLÄTTE: Zunächst im Nordosten, in der kommenden Nacht und am Dienstag im
Bergland und im Tagesverlauf in Teilen Süd- und Südostdeutschlands bei
gefrorenem Boden gefrierender Niederschlag und örtlich Glatteis. In Niederbayern
bis in die Nacht zum Mittwoch andauernd.

WIND: Vorerst nur auf dem Brocken und Fichtelberg Sturmböen Bft 8/9. Ausgangs
der kommenden Nacht im Westen, am Dienstag bis in die Mitte hinein
auffrischender Wind, in freien Lagen stürmische Böen, im Bergland Sturmböen,
exponiert schwere Sturm- und (auf dem Brocken) orkanartige Böen. An der Nordsee
nur mit geringer Wahrscheinlichkeit stürmische Böen, in der Nacht zum Mittwoch
dort und auf höheren Berggipfeln Sturmböen Bft 8/9, Brocken Bft 10, am Mittwoch
andauernd.
In der Nacht zum Donnerstag mit Annäherung einer Kaltfront im Nordwesten und
Westen sowie bis in die Mitte hinein auffrischender Wind mit stürmischen Böen,
auch an der Ostsee und in der Lausitz stürmische Böen, an der Nordsee und im
Bergland Sturmböen Bft 8/9, exponiert schwere Sturm- und (Brocken) orkanartige
Böen. Am Donnerstag im nördlichen und nordöstlichen Binnenland nur mit geringer,
an der Ostsee und im Bergland mit höherer Wahrscheinlichkeit stürmische Böen.
Auf Berggipfeln und an der Nordsee nach wie vor Sturmböen Bft 9, exponiert
schwere Sturmböen. Zudem an den Alpen einsetzender Föhn, In Hochlagen Sturm- und
schwere Sturmböen, auch orkanartige Böen nicht auszuschließen, bis in
föhnanfällige Täler hinein Wind- und einzelne stürmische Böen.

Synoptische Entwicklung bis Donnerstag 12 UTC
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Aktuell ... liegt Deutschland an der Nordostflanke eines Höhenrückens, der von
der Iberischen Halbinsel nach Nordwesten gerichtet ist und sich allmählich nach
Westeuropa verlagert. Dieser Rücken wird von einem Langwellentrog über Nord- und
Osteuropa mit einem eingelagerten Höhentief über der Ukraine flankiert. Dieses
Höhentief verlagert sich ostwärts, so dass dessen blockierende Wirkung für
Mitteleuropa verloren geht und den Weg frei gemacht wird für die Frontalzone,
die sich allmählich nach Osten durchsetzt. Dies geschieht in Form von einem
schwachen okkludierenden Frontensystem, das auch den äußersten Osten
Deutschlands überquert und bis Montagfrüh die Mitte Polens erreicht. Hierdurch
sind vor allem in der ersten Nachthälfte im Nordosten, ganz im Osten und im
östlichen Mittelgebirgsraum noch geringe Niederschläge zu erwarten. Zur
Odermündung hin kann es für einige, in den östlichen Mittelgebirgen für ca. 5 cm
Neuschnee reichen. In tiefen Lagen gehen diese Niederschläge in die flüssige
Phase über, bei noch gefrorenem Boden kann gefrierender Niederschlag und somit
örtliches Glatteis nicht ganz ausgeschlossen werden.
Ausgangs der Nacht kommen mit einer Warmfrontwelle, die in die Nordsee gesteuert
wird, im Nordwesten und Westen kräftigere Niederschläge auf. Dort steigt die
Temperatur im 850 hPa-Niveau rasch auf etwa 0 Grad, so dass nur anfangs in den
westlichen Mittelgebirgen noch die feste Phase auftritt. Bei noch gefrorenem
Boden kann auch dort örtliches Glatteis nicht ganz ausgeschlossen werden.
Der Wind ist zunächst verhalten. Zwar setzt sich eine südwestliche bodennahe
Strömung auch über die Oder hinweg ostwärts durch, aber warnrelevante Böen sind
zunächst auf höhere Berggipfel (dort bis Sturmstärke) beschränkt. Mit Annäherung
der Warmfront beginnt ausgangs der Nacht der Wind im Westen mit Böen bis Bft 7
aufzufrischen. In den Hochlagen der westlichen, nördlichen und zentralen
Mittelgebirge kommen bis Dienstagfrüh Sturmböen Bft 8/9, auf dem Brocken schwere
Sturmböen auf.
Mit der durch die Gradientzunahme bedingten Durchmischung wird im größten Teil
Deutschlands eine Abkühlung in den Bereich leichten Frostes unterbunden.
Tiefstwerte unter 0 Grad sind noch in Oder- und Neißenähe, im östlichen
Mittelgebirgsraum und von der Donauregion aus südwärts zu erwarten. In Alpennähe
(wo es durchaus noch längere Zeit klar bleiben kann) stellt sich mäßiger Frost
ein.

Dienstag ... entwickelt sich die Warmfrontwelle über der Nordsee zu einem
Randtief, dass in das Kattegat gesteuert wird. Da dieses Tief von einem
Kurzwellentrog, der an der Südflanke eines über dem Nordmeer liegenden Troges
nach Osten gelangt, überlaufen wird, sind der Entwicklung dieses Randtiefs
Grenzen gesetzt. Dennoch erfolgt, ausgehend vom Westen, bis in die Mitte
Deutschlands hinein eine markante Gradientzunahme, so dass Wind- und in freien
Lagen stürmische Böen, in höheren Mittelgebirgslagen Sturm- und schwere
Sturmböen (Brocken orkanartige Böen) zu erwarten sind. Nach Norden hin ist der
Gradient eher aufgeweicht, so dass warnrelevante Böen auf die Küste beschränkt
sind. Auch im Süden ist die Gradientzunahme weniger ausgeprägt, wodurch
Sturmböen Bft 8/9 allenfalls auf höheren Berggipfeln auftreten sollten.
Mit der Warmfront, die Deutschland bis zum Abend nach Osten überquert, erfassen
die Niederschläge die mittleren und östlichen Landesteile und leicht verzögert
auch den Südosten. Die hierfür erforderliche Hebung wird durch kräftige
Warmluftadvektion generiert. Im Bergland sowie im Nordosten und Südosten fällt
anfangs noch Schnee. In tieferen Lagen reicht es nur für wenige Zentimeter,
bevor der Regen in die flüssige Phase übergeht. Bei gefrorenem Boden besteht
nach wie vor die Gefahr von örtlichem Glatteis. Die Wahrscheinlichkeit hierfür
ist in der Donauregion und im Südosten Deutschlands größer als im Nordosten, so
dass ggf. eine markante Warnung erforderlich werden kann. In Niederbayern kann
diese Situation bis in die Nacht zum Mittwoch hinein andauern.
In den zentralen und erst recht in den östlichen Mittelgebirgen fällt noch
längere Zeit Schnee, der zusehends nasser wird. In Verbindung mit dem
auffrischenden Wind gilt es, den Parameter Leiterseilschwingungen im Auge zu
behalten. In Staulagen können um 10 cm Neuschnee zusammenkommen. Bis zum Abend
sollten aber mit einem Anstieg der Nullgradgrenze auf deutlich über 1000 m die
Niederschläge auch in den Kamm- und Gipfellagen der Mittelgebirge in die
flüssige Phase übergehen.
Auflockerungen sind allenfalls im Süden und dort zu den Alpen hin vorstellbar.
Ansonsten hält sich mehrschichtige und meist geschlossene Bewölkung. Bedingt
durch die zunehmende Durchmischung steigt die Temperatur auf 5 bis 10, im Osten
und Süden sowie in den Hochlagen der Mittelgebirge auf 0 bis 4 Grad.

In der Nacht zum Mittwoch verlagert sich der relativ breite Höhenrücken mit
seiner Achse über Deutschland hinweg ostwärts. Mit der hieraus resultierenden
Drehung der Strömung auf Südwest verstärkt sich die Zufuhr milder Atlantikluft.
Folglich sollten dann auch in den Kamm- und Gipfellagen der östlichen
Mittelgebirge die Niederschläge in flüssige Phase übergehen. Leicht grenzwertig
ist die Situation noch im Südosten. Dort bleibt es noch schwachgradientig, so
dass die feuchtkalte Grundschicht sich selbst überlassen ist. Folglich kann dort
vor allem in der ersten Nachthälfte weiterhin bei noch gefrorenem Boden örtlich
Glatteis auftreten, bevor dort die Niederschläge nachlassen.
Im Süden (abseits vom Rhein) und Südosten, in den östlichen sowie in den Kamm-
und Gipfellagen der zentralen Mittelgebirge ist nochmals leichter Frost zu
erwarten, wodurch Glättegefahr durch überfrorene Nässe besteht. Ansonsten bleibt
es bei nahezu unveränderter Windlage frostfrei. Im Nordwesten frischt dabei der
Wind mit Böen bis Bft 7 bis weit ins Binnenland hinein noch etwas auf, an der
Nordsee wird in Böen Bft 8 erreicht.

Mittwoch ... weitet sich der über dem Nordmeer liegende Trog in Richtung Irland
aus. An dessen Südflanke läuft ein kurzwelliger Anteil in die Biskaya hinein.
Dieser lässt die südwestliche Strömung weiter aufsteilen. Der auf Irland
übergreifende Trog induziert eine markante Zyklogenese mit einem kräftigen Tief
(unter 975 hPa Kerndruck) im Grenzgebiet zwischen Nordengland und Schottland.
Die Warmfront dieses Tiefs und deren Niederschläge werden mit der aufsteilenden
südwestlichen Strömung nach Nordosten herausgedrückt, so dass bis etwa Mittag im
Norden noch Regen zu erwarten ist, aber danach keine nennenswerten Niederschläge
mehr fallen. Der Gradient wird nur unwesentlich schwächer, im Norden und in der
Mitte sind in freien Lagen Windböen, an der See teils stürmische Böen, in Kamm-
und Gipfellagen Sturmböen Bft 8/9 (Brocken Bft 10) zu erwarten. Relativ
schwachwindig bleibt es dagegen im Südosten.
In der Mitte und im Süden sowie in den Leegebieten der Mittelgebirge zeichnen
sich vermehrt Auflockerungen ab. An den Alpen sind längere sonnige Abschnitte
vorstellbar. Dort kommt Föhn mit Sturm- und schweren Sturmböen in exponierten
Berglagen und Windböen bis Bft 7 in föhnanfälligen Tälern auf. Die Temperatur
steigt auf 7 bis 12 Grad. In den Hochlagen der östlichen Mittelgebirge, aber
auch in einigen windgeschützten Tallagen Süddeutschlands werden nur Maxima um 4
Grad erreicht.

In der Nacht zum Donnerstag entwickelt sich das entwicklungsgünstig liegende und
in die nordwestliche Nordsee ziehende Tief zu einem ausgewachsenen Sturmtief mit
einem Kerndruck unterhalb von 960 hPa. Bemerkenswert ist der warme Kern dieses
Tiefs, was als Hinweis zu werten ist, dass dieses Tief den Höhepunkt seiner
Entwicklung bis dahin noch nicht erreicht hat. Deutschland bleibt vom Sturmfeld
dieses Tiefs weitgehend verschont. Allerdings erfolgt mit der Annäherung dessen
Kaltfront im Nordwesten und Westen eine erneute Gradientzunahme, so dass dort
bis in tiefe Lagen stürmische Böen auftreten, die dann auch auf die Leegebiete
der nördlichen Mittelgebirge einschließlich Harz übergreifen. In den Hochlagen
der nördlichen Mittelgebirge sind dann Sturm- und einzelne schwere Sturmböen,
auf dem Brocken orkanartige Böen möglich. In den süddeutschen und östlichen
Mittelgebirgen ist die Gradientzunahme weniger ausgeprägt, so dass dort in den
Kamm- und Gipfellagen allenfalls Sturmböen Bft 8/9 auftreten. Zudem setzt
"Böhmischer Wind" mit Böen Bft 7, in anfälligen Tälern Bft 8, ein. Außerdem muss
auch an der Ostsee mit Windböen gerechnet werden.
Der Föhn an den Alpen erreicht seinen Höhepunkt, so dass dann auch in
föhnanfälligen Tälern stürmische Böen vorstellbar sind. In Hochlagen muss mit
Sturm- und schweren Sturmböen, auf exponierten Gipfeln mit orkanartigen Böen
gerechnet werden.
Im Südosten ist aufgrund der dort nach wie vor gradientschwachen Lage (deutlich
abseits der Alpen, wo der Föhn nicht durchgreifen kann) erneut leichter Frost zu
erwarten. Glätte sollte jedoch nicht mehr auftreten. Ansonsten bleibt es
weitgehend frostfrei.

Donnerstag ... erreicht das über der Nordsee etwa in der Mitte zwischen
Schottland und Südnorwegen liegender Orkantief den Höhepunkt seiner Entwicklung.
Die Kaltfront dieses Tiefs greift zwar von Nordwesten her bis auf den
Mittelgebirgsraum über, wird aber durch eine Welle, die über die Bretagne hinweg
in den Ärmelkanal gesteuert wird, rückläufig. Da über diese Front im
Tagesverlauf Kaltluftadvektion nach Osten hinweg übergreift, bleibt von den
frontgebundenen Niederschlägen im zentralen Mittelgebirgsraum nicht mehr viel
übrig. Erst zum Abend hin setzen mit der Annäherung dieser Welle ganz im Westen
erneut Niederschläge ein.
Bis in die erste Tageshälfte hinein legt der Gradient noch etwas zu, so das im
Norden, Westen und in der Mitte bis in tiefe Lagen Windböen und im Nordwesten
bis weit ins Binnenland hinein, an der Ostsee, in den Leegebieten der nördlichen
Mittelgebirge sowie in den für "Böhmischen Wind" anfälligen Tälern Ostsachsens
stürmische Böen auftreten. An der Nordsee sowie in den Kamm- und Gipfellagen der
Mittelgebirge sind Sturm- und schwere Sturmböen zu erwarten. Derartige Böen
treten durch Föhn auch noch in Gipfellagen der Alpen auf. Dort muss nach wie vor
auch in Tälern mit Wind- und stürmischen Böen gerechnet werden.
Später am Tag beginnt durch die auf den Ärmelkanal übergreifende Welle der
Gradient aufzuweichen. Im Nordwesten sind dann bis ins Binnenland hinein noch
Windböen zu erwarten. An der Nordsee, in den Kamm- und Gipfellagen der
Mittelgebirge sowie auf Alpengipfeln treten nach wie vor Sturmböen Bft 8/9 auf.
Bedingt durch die ausgeprägte Durchmischung kommen größere Auflockerungen
zustande. In Alpennähe sind auch längere sonnige Abschnitte möglich. Die
Tageshöchsttemperaturen erreichen 7 bis 12 Grad. Lediglich im östlichen Bergland
und in Teilen von Niederbayern, wo die Durchmischung noch nicht so recht
ansetzen kann, sind Maxima um 4 Grad zu erwarten.


Modellvergleich und -einschätzung
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Die vorliegenden Modelle stützen weitgehend die oben beschriebene Entwicklung.
Anhand der synoptischen Basisfelder lassen sich kaum prognoserelevante
Unterschiede ableiten. Erst am Donnerstag ergeben sich Diskrepanzen hinsichtlich
der Positionierung des Orkantiefs über der Nordsee und der über der Bretagne
ansetzenden Welle. Übereinstimmend lässt sich jedoch herausarbeiten, dass das
Sturmfeld dieses Tiefs über der Nordsee verbleibt.


Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Thomas Schumann