DWD Synoptische Übersicht Mittelfrist

16-01-2021 09:30

S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T M I T T E L F R I S T
ausgegeben am Samstag, den 16.01.2021 um 10.30 UTC



Wechselhaft, vorübergehend mild bis sehr mild. Im Norden und Nordwesten windig,
Sturmböen an der Küste und im Bergland. An den Alpen zeitweise Föhn. Erst am
kommenden Wochenende wieder kälter.
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Synoptische Entwicklung bis zum Samstag, den 23.01.2021


Am Dienstag gelangt Deutschland unter einen flachen Höhenrücken, der von
Warmluftadvektion überlaufen wird. Diese steht in Verbindung mit der Warmfront
eines Tiefs, das sich nach Schottland verlagert. Mit dieser Warmfront greifen
Niederschläge auf den Norden und die Mitte Deutschlands über, die selbst in den
Kamm- und Gipfellagen der östlichen Mittelgebirge in Regen übergehen. Mit
Frontpassage legt der Wind zu, an der Nordsee und auf Berggipfeln sind Sturmböen
zu erwarten.
Am Mittwoch stellt sich mit einem auf die Biskaya übergreifenden Trog eine
antizyklonal gekrümmte südwestliche Strömung ein, mit welcher in den Norden und
Westen sowie in Teile der Mitte sehr milde Luft gelangt. Nach Südosten hin sind
die Luftdruckgegensätze schwach, dort kann sich die Milderung noch zunächst
nicht so recht durchsetzen. Allerdings kann an den Alpen Föhn aufkommen, wodurch
in hierfür exponierten Lagen Sturm- und auf höheren Gipfeln schwere Sturmböen
auftreten können.
Durch den dynamisch aktiveren nördlichen Teil des Troges wird eine Zyklogenese
induziert. Das entwicklungsgünstig liegende Tief wird von der Irischen See über
Nordengland hinweg in die nördliche Nordsee gesteuert und entwickelt sich zu
einem Sturmtief. Dessen Kaltfront greift am Donnerstag auf den Nordwesten und
Norden über, wird aber durch ein Wellentief über der Biskaya rückläufig. Dieses
Wellentief wird bis Freitagfrüh, ohne sich wesentlich zu intensivieren, rasch
über Nordfrankreich hinweg in den westlichen Mittelgebirgsraum gesteuert, was
dort zu einer Verstärkung der Niederschlagstätigkeit führt. Der Gradient wird
bis dahin so weit auseinandergezogen, so dass selbst im höheren Bergland keine
warnrelevanten Böen mehr auftreten sollten. Bis Freitagabend wird dieses Tief
von einem Kurzwellentrog überlaufen und unter Auffüllung nach Polen gesteuert.
Dessen Kaltfront überquert weitgehend das Vorhersagegebiet und legt sich an die
Alpen. In den Kamm- und Gipfellagen der Mittelgebirge gehen die Niederschläge
dann wieder in die feste Phase über.
Bis Samstag greift ein breiter Trog auf Deutschland über. Dieser drückt die
Frontalzone nach Süden, so dass der Südwesten Deutschlands nur noch von geringen
Niederschlägen gestreift wird. Diese fallen in Bergland als Schnee. Bei geringen
Luftdruckgegensätzen zeichnet sich dann wieder ein Temperaturrückgang ab.
Im erweiterten mittelfristigen Vorhersagezeitraum kommt eine südliche Westlage
zustande. Ein weiteres, kräftigeres Tief wird am Sonntag von der Bretagne nach
Süddeutschland gesteuert, so dass im Südwesten und Süden kräftigere
Niederschläge auftreten. Während im Schwarzwald und an den Alpen die
Schneefallgrenze wahrscheinlich vorübergehend auf mehr als 1000 m steigt, fällt
in den zentralen und östlichen Mittelgebirgen oberhalb 600 m durchweg Schnee. Am
Montag sorgt ein Zwischenhoch für Wetterberuhigung, nachfolgend kommt eine
Zonalisierung zustande, so dass ab Dienstag mit einer Warmfront beginnend
weitere Frontensysteme über Mitteleuropa hinweg ostwärts gesteuert werden.
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Bewertung der Konsistenz des operationellen Laufs


Bis einschließlich Donnerstag ergeben sich keine prognoserelevanten Unterschiede
zwischen dem aktuellen Modelllauf und den beiden Modellrechnungen des Vortages.
Allerdings zeigt sich ab der Nacht zum Freitag ein leicht verzögertes
Übergreifen der nachfolgenden Kaltfront, wogegen sich danach, d.h. am Samstag,
nach dem heutigen 00 UTC-Lauf die Kaltluft rascher und weiter nach Süden
durchsetzt als dass dies beim gestrigen 00 UTC-Lauf der Fall war.
Im erweiterten mittelfristigen Vorhersagezeitraum lässt sich auch anhand des 24
Stunden zurückliegenden Modelllaufes eine leichte Zonalisierung herausarbeiten.
Mit dem Unterschied, dass sich der Zwischenhocheinfluss bereits am Sonntag
abzeichnet und nicht erst am Montag. Der gestrige 12 UTC-Lauf lässt dagegen die
Strömung noch zu sehr mäandrieren.
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Vergleich mit anderen globalen Modellen


Bis einschließlich Donnerstag stützen die verfügbaren Modelle weitgehend die
oben beschriebene Entwicklung. Prognoserelevante Unterschiede lassen sich bis
dahin nicht ableiten. Am Freitag kommt nach GFS und in abgeschwächter Form auch
nach dem Modell des kanadischen Wetterdienstes über dem Golf von Genua eine
Zyklogenese zustande, wogegen ICON noch dem EZMW folgt. Deutlichere Unterschiede
ergeben sich für Samstag. Übereinstimmend nach allen Modellen greift ein Trog
auf Mitteleuropa über, dessen Hauptachse zwischen Ostfrankreich (EZMW) oder dem
Osten Deutschlands (GFS) zu finden ist. Während ICON im Bodendruckfeld eine
leicht zyklonale westliche Strömung im Programm hat, greift nach den anderen
Modellen ein Zwischenhoch auf Deutschland über.
Im erweiterten mittelfristigen Vorhersagezeitraum ergibt sich nach GFS und EZMW
ein ähnliches Bild, wobei nach EZMW die nachfolgende Tiefentwicklung etwas
weiter nördlich ansetzt als nach GFS. Nach dem kanadischen Modell würde sich der
am Wochenende über Mitteleuropa liegende Trog langsamer ostwärts verlagern und
im Bodendruckfeld noch eine schwache zyklonale nordwestliche Strömung bestehen
bleiben. Die nachfolgende Tiefentwicklung zeichnet sich bei einer weiterhin
stark mäandrierenden Frontalzone erst weit über dem mittleren Nordatlantik ab.
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Bewertung der Ensemblevorhersagen


Das EPS des GFS stützt das hauseigene deterministische Modell, was auf eine
südliche Westlage hinausläuft. Der sich zum Wochenende hin abzeichnende
Temperaturrückgang wird von der übergroßen Mehrzahl der Einzellösungen
mitgetragen. Der Spread nimmt erst im erweiterten mittelfristigen
Vorhersagezeitraum zu, wobei sich dann ein leichter Temperaturanstieg
abzeichnet. Dieser war beim gestrigen 00- und 06 UTC-Lauf noch nicht zu sehen.
Ein winterlicher Witterungsabschnitt mit Schnee bis in tiefe Lagen ist somit
vorerst nicht in Sicht.
Das EPS des EZMW fasst alle Einzellösungen in einem Cluster zusammen. Dieses
zeigt einen breiten Troges auf Mitteleuropa, wobei die Strömung nachfolgend
ausgeprägter mäandriert als beim deterministischen Modell. Ein weiteres
Übergreifen frontaler Prozesse lässt auf sich warten. Hierin zeigen sich
Ähnlichkeiten zum Modell des kanadischen Wetterdienstes. Wie beim EPS des GFS
nimmt auch hier erst im erweiterten mittelfristigen Vorhersagezeitraum der
Spread signifikant zu, wobei sich allerdings gegenüber dem Wochenende das
Temperaturniveau kaum ändert. Zwar deuten eine Vielzahl von EPS-Membern erneut
einen leichten Temperaturanstieg an, aber die beiden ungestörten Läufe wie auch
die Mehrzahl der Lösungen ergeben weiterhin ein nahezu unverändertes
Temperaturniveau. Am Alpenrand und in den höheren Mittelgebirgen dürften
hierdurch die Niederschläge meist in fester Phase fallen. Ein nachhaltiger
Wintereinbruch mit Schnee bis in tiefe Lagen zeichnet sich auch nach dem EPS des
EZMW nicht ab.
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Wahrscheinlichkeiten für signifikante Wettererscheinungen


Am Dienstag sind in den Hochlagen der westlichen und nördlichen Mittelgebirge
Sturmböen Bft 8/9 zu erwarten, an der Nordsee ist die Wahrscheinlichkeit für
derartige Böen zunächst gering, wird aber in der Nacht zum Mittwoch höher. Zudem
können dann auch auf den Gipfeln der östlichen und süddeutschen Mittelgebirge
Sturmböen aufkommen. Die zu erwartende Milderung lässt die Schneedecke in den
Mittelgebirgen zusammenschmelzen.
Auch am Mittwoch muss in den Kamm- und Gipfellagen der Mittelgebirge mit Böen
bis Sturmstärke gerechnet werden. Zudem kommt an den Alpen Föhn in Gang, wodurch
stürmische Böen bis in die hierfür anfälligen Täler und schwere Sturmböen auf
höheren Gipfeln zu erwarten sind. Die Föhnlage erreicht am Donnerstag
wahrscheinlich ihren Höhepunkt. Auf exponierten Gipfeln (und auch auf dem
Brocken) sind orkanartige Böen nicht auszuschließen.
Hinsichtlich der zu erwartenden und vermehrt auftretenden Niederschläge werden
Warnschwellen in Bezug auf Dauerregen wahrscheinlich nicht erreicht. Erst am
Samstag kommen im Allgäu und möglicherweise auch im Hochschwarzwald wieder
kräftigere Schneefälle auf.
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Basis für Mittelfristvorhersage
MOS (mit abnehmenden Gewicht) und EPS(EZMW)
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VBZ Offenbach / Dipl. Met. Thomas Schumann