DWD Synoptische Übersicht Kurzfrist

16-01-2021 09:01
SXEU31 DWAV 160800

S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Samstag, den 16.01.2021 um 08 UTC


GWL und markante Wettererscheinungen:
BM
Ab heute Abend von Westen aufkommende, teils markante Schneefälle, im Allgäu
Unwetter. Nachfolgend von Westen Übergang der Niederschläge in Regen mit
Glättegefahr. Darüber hinaus gebietsweise Dauerfrost und in den Nächten im Osten
und Südosten strenger Frost. Im Bergland teils stürmisch.

Synoptische Entwicklung bis Montag 24 UTC
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Samstag... beginnt die Atmosphäre daran zu arbeiten, das gestörte
Zirkulationsmuster des meridionalen Blockings aufzubrechen. Dass es ihr am Ende
gelingen wird, steht wohl fest und resultiert in möglicherweise zweistelligen
Höchsttemperaturen in der kommenden Woche. Die Umstellung bis dahin geht mit
winterlichen Wettererscheinungen einher, die auch Gebiete im Nordwesten und
Westen Deutschlands, die bisher in diesem Winter noch keinen Schnee hatten,
vorübergehend in ein weißes Kleid hüllen wird.
Ausgangspunkt ist dabei ein mächtiger Langwellentrog, der von der Barentssee und
Russland bis zum Balkan und bis nach Nordafrika reicht. An seiner Westseite wird
er von einem Rücken flankiert, der vom Atlantik und der Iberischen Halbinsel
über die Britischen Inseln bis ins Nordmeer aufragt. Dieser Rücken wird nun
durch einen von Grönland ausgehenden Trogvorstoß abgehobelt. Zwischen dem
LW-Trog und dem Rücken hat sich über Deutschland eine nördliche Strömung
etabliert, in der niedertroposphärisch sehr kalte Luft arktischen Ursprungs mit
T850 hPa verbreitet unter -10 Grad eingeflossenen ist.
Am Boden stützt der Rücken noch die Hochdruckgebiete BOZENA über Skandinavien
und CHANA über Deutschland, die für einen vielfach trockenen Tag sorgen. Im
Osten und Südosten allerdings macht sich niedertroposphärisch bis zur Inversion
in etwa 800 hPa Höhe noch etwas feuchtere Luft bemerkbar. Aus dieser "krümelt"
es durch Unterstützung von WLA und etwas PVA durch einen Randtrog über Polen
zeitweise leicht, wobei die Mengen mit maximal 1 bis 4 mm bis zum Abend aber
gering bleiben und im Tagesverlauf immer weniger zur Bildung einer
Neuschneedecke taugen.
Im Rest des Landes ist es unterhalb der Inversion häufig stark bewölkt. Ein paar
Regionen profitieren jedoch vom Absinken, sodass dort größere Auflockerungen
möglich sind.
Diese werden am Nachmittag im Westen aber schon wieder seltener. Dort kommt mit
den Rücken überlaufende WLA mehrschichtige Bewölkung auf. Im Zuge des Abbaus des
Rückens durch die WLA nähert sich zudem ein okkludierendes Frontensystem eines
Islandtiefs namens FLAVIU, das durch den Trogvorstoß neue Nahrung erhält. Zum
Abend hin fallen in NRW, Rheinland-Pfalz und im Saarland an der Grenze zu
Benelux und Frankreich die ersten Flocken. Bei noch kalter Luft stellt sich die
Frage der Phase zunächst noch nicht.
Unter dem Einfluss der kalten Luft gibt es außerdem heute in vielen Regionen
einen Eistag mit Höchsttemperaturen zwischen -7 und 0 Grad, an der See, im
Nordwesten sowie in einigen Flussniederungen im Westen steigt die Temperaturen
knapp über den Gefrierpunkt.
Nicht unter den Tisch fallen sollen zuletzt noch ein paar starke, mit geringer
Wahrscheinlichkeit auch stürmische Böen im Erzgebirge, im Bayerischen Wald und
in höher gelegenen Alpen.

In der Nacht zum Sonntag prescht der von Grönland heranziehende Trog bis nach
Benelux vor, sodass der Rücken weiter abgebaut wird. Die sich abschwächende WLA
und die Okklusion von Tief FLAVIU können dadurch bis in die Mitte des Landes
eindringen, wobei zeitweilige Schneefälle zu erwarten sind. Bis zum Morgen
erreichen diese Schneefälle mit nur geringen Diskrepanzen bei den Modellen eine
Linie Jadebusen - Ostwestfalen - Rhön - Alpenrand. Die 12-stündigen
Schneefallmengen betragen 1 bis 5, im Süden vor allem zwischen Schwarzwald und
dem Allgäu bis zu 8 oder 10 cm.
Ganz im Westen mischen sich zum Morgen hin schon erste Regentropfen unter den
Schnee, da die Schmelzflächen durch die Advektion wärmere Luft zwischen 950 und
850 hPa zum Teil schon ausreichen. Da dieser Regen aber auf den zuvor gefallenen
Schnee fällt, die Temperaturen bereits zum Morgen hin etwas über den
Gefrierpunkt steigen und kaum Frost im Erdboden vorhanden ist, bleibt das
Glättepotenzial überschaubar.
Weiter östlich des Schneefallgebietes überwiegt noch der Einfluss von Hoch
CHANA, sodass es trotz häufig dichter Bewölkung vielerorts trocken bleibt.
Entlang der Oder sowie im Südosten Bayerns gibt es in den Resten der feuchten
Luft und des über Polen nach Süden ziehenden Randtrogs jedoch noch hier und da
unergiebigen Schneefall mit Mengen bis maximal 2 cm.
Der Wind ist nur schwach unterwegs, wenn auch im höheren Schwarzwald und in den
höher gelegenen Alpen stürmische Böen auftreten. Im höheren Schwarzwald kann es
daher Schneeverwehungen geben.
Die Temperaturen sinken auf -1 Grad im Westen und bis unter -10 Grad über
Schneeflächen.


Sonntag... amplifiziert der Trog über Benelux bis zur Adria, wo er Kontakt
aufnimmt zum LW-Trog. Zwar wird dabei der Rücken abgebaut, über Skandinavien ist
aber ein Rest höheren Geopotenzials vorhanden, der hohen Druck über dem
östlichen Mitteleuropa aufrechterhält. Hoch CHANA verlagert sich dadurch nach
Tschechien. Das nunmehr vollständig okkludierte Frontensystem kommt auf seinem
Weg nach Osten folglich nur zögernd voran, darüber hinaus schwächt sich die WLA
immer weiter ab. Die Schneefälle erreichen bis zum Abend etwa eine Linie
Nordfriesland - Harz - Mittelfranken - Alpenrand. Die Mengen liegen bei 1 bis 5,
im Schwarzwald bei 10 bis 15 und an den westlichen Alpen im Stau bei 15 bis 25
cm in 12 Stunden.
Im Westen dagegen bleibt der Schnee bald nicht mehr liegen bzw. regnet es
zunehmend, weil die mildere Luft sich etwas weiter nach Osten hin durchsetzt und
die Schneefallgrenze auf 200 bis 400 m steigt. So gibt es westlich einer Linie
westliches Emsland - westliches Münsterland - Oberrhein in tieferen Lagen meist
die flüssige Phase und der in der Nacht gefallene Schnee wird zu Schneematsch
oder taut. Glätte sollte beim Übergang von der festen in die flüssige Phase
weiterhin aufgrund gleicher Faktoren wie oben bereits erwähnt kein großes
Problem sein.
Im Osten bleibt es unter Hochdruckeinfluss meist trocken, gebietsweise können
sich unter Absinken größere Auflockerungen durchsetzen.
Die Temperaturen steigen auf -6 bis 0 Grad in der Osthälfte, während im Westen
-1 bis 5 Grad erreicht werden.
Der Wind spielt weiterhin eine eher untergeordnete Rolle, im Schwarzwald und in
den Alpen gibt es aber nach wie vor einzelne starke bis stürmische Böen mit der
Möglichkeit für Verwehungen.

In der Nacht zum Montag verschmelzen LW-Trog und Randtrog über Südosteuropa,
während von Grönland ein weiterer Trog nach Südosten vorankommt und den
resultierenden Gesamttrog füttert. Die Reste höheren Geopotenzials findet man
zwar noch über Nordskandinavien, allerdings unter zunehmenden Substanzverlust.
Das Hoch über Tschechien weicht deshalb ein wenig nach Süden zurück, hält aber
immer noch die Okklusion auf ihren Weg nach Osten auf und schwächt diese.
Bis zum Morgen dehnen sich die Schneefälle nunmehr bis auf eine Linie
Mecklenburg - Erzgebirge aus, im Westen lassen sie dagegen größtenteils nach.
Die flüssige Phase ist im Übergangsbereich zum Ende des Niederschlags hin
weiterhin vertreten, wobei örtlich bei wieder sinkenden Temperaturen in der
Nacht gefrierender Regen möglich ist. Die Neuschneemengen liegen zwischen 1 und
5 cm, am Alpenrand nochmals bei 10 bis 20 cm in 12 Stunden.
Ganz im Osten bleibt es postfrontal meist noch trocken mit örtlichen
Auflockerungen.
Weiterhin gibt es in auf exponierten Alpengipfeln starke bis stürmische Böen aus
West.
Die Temperaturen gehen auf 3 bis -3 Grad in der Westhälfte und auf 0 bis -10
Grad sonst zurück.


Montag... bilden der neue Trog zwischen Island und Skandinavien und der Trog mit
Schwerpunkt über nunmehr Osteuropa ein Konglomerat. Dazwischen baut sich eine
leicht antizyklonale Struktur auf, die den hohen Druck über dem Balkan noch
aufrechterhält. Die Okklusion zieht dadurch immer noch widerwillig nur langsam
noch Osten weiter, erreicht im Laufe des Tages jedoch Polen und verlässt damit
Deutschland. Gleichzeitig läuft um den Trog zwischen Island und Skandinavien ein
Randtrog nach Osten ab, der ein weiteres Frontensystem des Islandtiefs nach
Südosten führt und dieses vor allem auf den Norden Deutschlands übergreifen
lässt. Es bringt dort neue Regenfälle, anfangs auch noch Schneefälle. Von
Vorpommern bis in den Berliner Raum und östlich davon werden 1 bis 4 cm
Neuschnee simuliert.
Ansonsten treffen die in Regen übergehenden Niederschläge auf ihrem Weg nach
Osten auf gefrorene Böden und können dort Glatteis verursachen.
Der Westen und Südwesten gelangt unter schwachen Zwischenhocheinfluss, sodass es
größtenteils abtrocknet bei einzelnen Auflockerungen.
Der Wind aus Südwest frischt bei leicht zunehmenden Gradienten etwas auf, an der
Nordsee und auf den Bergen sind starke, exponiert stürmische Böen dabei.
Die Temperaturen erreichen -2 bis 0 Grad im äußersten Osten und Südosten und 1
bis 7 Grad sonst.

In der Nacht zum Dienstag zieht das Frontensystem über den Norden nach Osten und
bringt dort noch zeitweise Regen, anfangs auch Schnee. Zudem ist Glatteisregen
weiterhin nicht ausgeschlossen, auch wenn sich von Westen her allmählich mildere
Luft durchsetzt.
Im Rest des Landes herrscht zunächst noch Zwischenhocheinfluss, bevor sich von
Westen her ein weiteres Frontensystem eines Tiefs westlich der Britischen Inseln
auf den Weg nach Deutschland macht. Es hat noch mildere Luft mit T850 hPa bis 0
Grad im Gepäck. Die mit dem Frontensystem verbundenen Niederschläge werden von
den Modellen noch mit größerer räumlicher Vielfalt simuliert. Die Phase indes
ist anfänglich und in den Bergen teils fest, bevor sie mehrheitlich in flüssig
übergeht. Ein paar Zentimeter Neuschnee oder gefrierender Regen sind deshalb
noch eine Option.
Mit den beiden Tiefs bleibt der Gradient ein wenig stärker, was in den Bergen
und an der Nordsee weiterhin starke bis exponiert stürmische Böen zu Folge hat.
"Ganz oben" sind Sturmböen möglich.
Die Temperaturen sinken auf 4 bis 1 Grad im Norden und auf 2 bis -7 Grad sonst.


Modellvergleich und -einschätzung
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Die Modelle simulieren bis Montag recht einheitlich, sodass am generellen Kurs
nicht gerüttelt werden muss und Schneefallwarnungen auch schon frühzeitig
ausgegeben werden können. Ab der Nacht zum Dienstag gibt es dann aber größere
Diskrepanzen, die hinsichtlich des Warnmanagements in den nächsten Läufer noch
näher begutachtet werden sollten.

Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Simon Trippler