DWD Synoptische Übersicht Kurzfrist

05-12-2020 10:01
SXEU31 DWAV 050800

S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Samstag, den 05.12.2020 um 08 UTC


GWL und markante Wettererscheinungen:
GWL: TrW (Trog Westeuropa)
Im östlichen Bergland teils windig/stürmisch, im östlichen Alpengebiet Föhn. Im
Süden und Westen zeitweise Schneefall, mitunter mit mäßiger Intensität.

Synoptische Entwicklung bis Montag 24 UTC
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Am heutigen Samstag... liegt Deutschland auf der Vorderseite eines weit nach
Süden ausgreifenden Langwellentroges in einer nahezu südlichen Höhenströmung.
Diesem Langwellentrog steht ein Rücken über Osteuropa und Russland gegenüber.
Dort findet sich auch ein Bodenhoch mit Schwerpunkt nahe des Urals, während
bodennah eine umfangreiche Tiefdruckzone dominiert, wobei sich deren Zentrum im
Bereich Südwestenglands und des westlichen Ärmelkanals bewegt. Das okkludierte
Frontensystem liegt über der Westhälfte Deutschlands und schleift in der
südlichen Höhenströmung. Dies hat eine recht komplizierte Temperaturverteilung
zur Folge. Ganz im Westen hat sich etwas mildere Luft durchgesetzt, im Bereich
der Okklusion hat sich Niederschlagsabkühlung bemerkbar gemacht und die
Temperatur bis ins Tiefland auf 0 Grad gedrückt. Knapp östlich davon liegen noch
Reste der ehemals bei uns liegenden kalten Luftmasse, die zumindest in Bodennähe
noch recht kalt ist. Ganz im Osten hat sich dagegen von Osten her mildere Luft
durchgesetzt und wurde teils noch föhnig erwärmt, so dass heute früh in Sachsen
und Ostbayern die Temperaturen schon verbreitet über +5 Grad liegen, am
östlichen Alpenrand in Piding wurden heute früh schon 15 Grad gemessen. Diese
Temperaturverteilung macht auch die Prognose der Niederschlagsphase recht
anspruchsvoll. Derzeit zieht nämlich entlang der Front ein Hebungsgebiet
nordwärts, wobei auch bodennah ein flaches Randtief zu finden ist. Deswegen ist
es dort heute Nacht von Süd nach Nord zu mäßigen Niederschlägen gekommen, wobei
im östlichen Bereich die Schneefallgrenze teils bis in tiefe Lagen gesunken ist.
Insbesondere in den Randbereichen dieses Niederschlagsgebietes nach Osten hin,
aber auch nach Abzug der stärksten Niederschläge, ist auch örtlich gefrierender
Regen möglich, was heute früh auch durch vereinzelte Schlangen angedeutet wurde.
Dies hängt mit der bodennah recht kalten Luftmasse zusammen, in der auch
Straßenbelagstemperaturen knapp unter 0 Grad auftreten, wohingegen bei
Temperaturen in 850 hPa um -3 Grad durchaus Schichten mit über 0 Grad in
mittleren Höhenlagen zu finden sein dürften. Was die Belagstemperaturen angeht
muss aber festgestellt werden, dass diese auch durch den Einsatz von Taumitteln
etwas absinken, dann aber ja keine Glättegefahr mehr besteht. Kommen wir zum
Wind: Der Föhn über den Alpen schwächt sich derzeit von West nach Ost ab, da im
Alpenvorland der Druck erheblich angestiegen ist. Damit können die Föhnwarnungen
auch wie geplant um 10 Uhr auslaufen. Auch im Erzgebirge, Elbtal und Lausitzer
Bergland, wo der Böhmische Wind heute Nacht zeitweise mit Böen der Stärke 7 bis
8 aus Südost wehte, sorgt Druckanstieg auf der Nordseite für ein Nachlassen des
Windes, so dass die Warnungen auslaufen können. An der Okklusion kommt es heute
von Süden her zu verstärkter Frontogenese, was aus den Alpen heraus die
Niederschläge wieder aufleben lässt und sich bis zum Abend nach Norden
ausdehnen, wobei am frühen Abend schon in etwa Thüringen erreicht sein sollte.
Wo der Streifen der stärksten Hebung liegen soll, ist indessen noch nicht ganz
klar. Der 03-UTC-Lauf des Cosmo-D2 zeigt ihn (wie auch AROME) am frühen Abend in
etwa an der Iller und im Ries und damit etwas östlicher als der Vorgängerlauf.
ICON-EU zeigt ihn dagegen schon etwas westlicher in Oberschwaben und über der
Ostalb, das Kachelmannmodell dagegen viel weiter östlich im Bereich des Lechs
und im westlichen Oberbayern. Dabei werden von allem Modellen Niederschläge
durchaus im mäßigen Bereich simuliert, so dass nicht nur die Schneefallgrenze
recht schnell in tiefe Lagen absinken dürfte (die in den genannten Regionen
ohnehin bei 400 bis 600 m liegen), sondern auch recht große
Neuschneeakkumulationen möglich sind mit 5 bis 10 cm innerhalb einiger Stunden,
wobei kleinräumig durchaus noch mehr drin ist. Zum Wind bleibt zu ergänzen, dass
sich die Südströmung in der Höhe weiter hält und sich an den Nordseiten der
Gebirge der Druck wieder verringert, was zumindest östlich des Inns den Föhn
wieder aufleben lassen dürfte, ebenso den Böhmischen Wind in Ostsachsen.
Eventuell legt auch der Ostwind im Bayerischen Wald wieder etwas zu. Ansonsten
bleibt zum heutigen Wetter zu sagen, dass es meist bewölkt bleibt mit den besten
Auflockerungschancen weit abseits der Front ganz im Westen und ganz im Osten.
Dort gibt es auch mit 5 bis 10 Grad die höchsten Temperaturen (bei Föhn
vereinzelt auch darüber), während es sonst oft nur 1 bis 5 Grad sind.

In der Nacht zum Sonntag weitet sich das Niederschlagsgebiet an der Front nach
Norden aus, verlagert sich nach Westen und schwächt sich zunehmend ab.
Insbesondere nördlich des Mains ist dabei die Luft niedertroposphärisch so warm,
dass sich die Schneefallgrenze bei den dann etwas schwächeren Niederschlägen
nicht mehr so weit nach unten drücken lässt, so dass es in tiefen und mittleren
Lagen bei leichtem Regen bleibt. Weil aber bodennah möglicherweise Temperaturen
nahe dem Gefrierpunkt auftreten können (insbesondere wenn die Wolken vorher mal
aufgelockert waren), ist weiterhin geringfügiger gefrierender Regen nicht
ausgeschlossen. Neuschnee gibt es vor allem in der ersten Nachthälfte noch im
Süden, wo sich der Schneefall unter Abschwächung und bei allmählich ansteigender
Schneefallgrenze nach Westen verlagert und sich in der zweiten Nachthälfte
weiter abschwächt. Hier und da sind aber vielleicht in den höheren Lagen der Alb
noch bis 5 cm drin. In höheren Lagen der zentralen Mittelgebirge
(höchstwahrscheinlich, je nach Lage des Niederschlagsgebiets wahrscheinlich
Thüringer Wald und Harz) sind auch bis zu 5 cm vorstellbar. Etwas Schneefall und
möglicherweise auch ein paar Tropfen gefrierender Regen sind auch in den
Alpentälern vorstellbar, wo die kräftigen Niederschläge auf der Südseite
mitunter in stark abgeschwächter Form nach Norden ausgreifen. Ansonsten bleibt
es in der Nacht meist trocken. Abseits der Niederschlagsgebiete kann es aber
neblig werden. Frostfrei bleibt es im Nordosten und bei Föhn, sonst liegen die
Tiefstwerte oft um den Gefrierpunkt, was auch gebietsweise eine Glättewarnung
nötig macht. À propos Föhn, der sollte östlich des Inns weiter kräftig wehen mit
bis zu schweren Sturmböen im Steinernen Meer und zumindest auch mal 7er Böen bis
die Täler. Auch der Böhmische Wind im Osterzgebirge, Elbtal und Lausitzer
Bergland bleibt es erhalten mit 7er Böen, vielleicht sind auch einzelne
stürmische Böen dabei.

Am Sonntag (2. Advent und Nikolaustag)... bewegt sich der Langwellentrog, dessen
Achse weiterhin deutlich westlich von uns verbleibt, in seinem Südteil weiter
nach Osten in Richtung Tyrrhenisches Meer. Das sorgt südlich der Alpen für
Druckfall. Da auch das Zentraltief westlich von uns unter Abschwächung südwärts
wandert, führt das zu einer Drehung des Windes in allen Höhenniveaus. In der
Höhe dreht der Wind auf Südost, bodennah sogar immer mehr auf Ost bis Nordost.
Damit wird das Niederschlagsgebiet an der Okklusion weiter nach Westen
verlagert, bringt aber in großen Teilen Westdeutschlands am Sonntag nur wenig
Regen. Von Osten her steigt das Temperaturniveau in 850 hPa und erreicht auch im
Westen um -1 Grad, so dass nur noch in den Gipfellagen der Mittelgebirge dort
etwas Schnee fällt, der tagsüber kaum liegen bleiben dürfte. Im Osten liegen die
Werte in 850 hPa weiterhin um +8 Grad. Am Nachmittag soll von Süden her wieder
verstärkt Hebung aufkommen, so dass über Baden-Württemberg wieder eine
Verstärkung der Niederschläge einsetzt, womit die Schneefallgrenze dort wieder
auf etwa 400 m sinken könnte. Bei der Windstärke ergibt sich keine allzu große
Änderung: Weiterhin bleibt es bei Föhn im östlichen Alpengebiet sowie beim
Böhmischen Wind in Sachsen. Zudem wird auch angedeutet, dass recht kräftiger
Gradient über Oberösterreich bis an die untere Donau Deutschlands für steife
Böen aus Südost, also längs des Donautals sorgen könnte. Ansonsten bleibt zum
Sonntag nur zu sagen, dass es ganz im Westen und im Osten mal etwas
Wolkenauflockerungen geben kann. Während das Temperaturniveau meist eher als
nasskalt zu bezeichnen ist, sind von der Salzach bis zur Oder auch mal um 10
Grad drin.

In der Nacht zum Montag kippt die Höhenströmung weiter Richtung Südost und an
der Nordostflanke des Höhentroges kommt PVA auf, die auf Deutschland übergreift.
Durch den bei uns ausgelösten Druckfall entsteht bei uns ein zunächst flaches
Tief, das in der zweiten Nachthälfte unter leichter Verstärkung in den
Nordwesten zieht. An der Nordostflanke des Tiefs verstärkt sich der Ostwind, was
nochmal eine Verstärkung des Böhmischen Windes zur Folge hat. Streng genommen
müsste man eher von "böhmischartigem Wind" sprechen, da die klassische Ursache
des Windes (Starker bodennaher Temperaturgradient und in der Folge Druckgradient
zwischen Böhmischem Becken und Sachsen) fehlt. Stattdessen ist einfach nur die
Windrichtung mit Südost einfach günstig und der Wind wird über den Kämmen und in
den Tälern dynamisch verstärkt. Auch an der Ostsee frischt der Wind etwas auf,
so dass es in den wenigen südostexponierten Lagen steife Böen geben kann. Im
übrigen Land ist der Wind eher schwach und der Föhn bricht zusammen. Im
Nordosten und im Bereich des Tiefs bleibt die Nacht mild, wohingegen in der
kälteren Luftmasse im Südwesten auch wieder Niederschlagsabkühlung eine Rolle
spielt. Dieser Niederschlag liegt mit Schwerpunkt wahrscheinlich etwas außerhalb
unseres Landes, kann aber den äußersten Westen und Südwesten noch beeinflussen,
so dass dort zumindest in höheren Lagen (Eifel, Hunsrück, Schwarzwald) wieder
signifikante Neuschneemengen zusammenkommen (über 5, eventuell auch über 10 cm).
Falls die Niederschläge etwas stärker ausfallen, fällt nicht nur die
Schneefallgrenze rasch bis in tiefe Lagen, auch die Schneehöhen können dann
nochmal etwas stärker ausfallen. Auf jeden Fall sollten Ockerwarnungen
griffbereit im Werkzeugkasten des Meteorologen liegen.


Am Montag... schwenkt der Südteil des Troges nach Norden, so dass wir immer
weiter in den Trogbereich gelangen. Die milde Luftmasse verabschiedet sich nach
Norden, so dass in 850 hPa das Temperaturniveau in weiten Landesteils auf etwa
-2 bis -4 Grad sinkt, nur ganz im Nordosten sind es noch um 0 Grad. Das
Bodentief verlagert sich nach Westen zur Doggerbank. An seiner Ostflanke weht an
den Küsten mitunter frischer Südostwind, auch ganz im Westen kann der
Südwestwind später auffrischen. Ansonsten weht der Wind eher schwach. Auch der
Böhmische Wind lässt nach. Niederschläge werden weiterhin im Westen und recht
stationär simuliert, je nach Lage (evtl. im Bereich der Eifel) könnte es zu
weiterer Neuschneeakkumulation kommen. Ansonsten ist es am Montag eher
niederschlagsfrei. Wolkenauflockerungen gibt es Richtung Süden und Osten.

In der Nacht zum Dienstag schwenkt am Ostrand des Tiefs ein Bodentrog nach
Norden, so dass der Wind über dem Westen Niedersachsens und über der Nordsee
nochmal auflebt. Ansonsten weht der Wind nach Süden und Osten hin bei schwachem
Gradient eher schwach. Teils lockern die Wolken auf und in der wieder etwas
kälteren Luftmasse sinkt die Temperatur wieder verbreiteter in den Frostbereich,
wobei eventuell mit Glätte und vor allem auch mit Nebel gerechnet werden muss.

Modellvergleich und -einschätzung
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Die synoptischen Basisfelder werden für die kommenden Tage im Großen und Ganzen
recht einheitlich simuliert. Die größte Unsicherheit besteht bezüglich der Lage
der Niederschlagsgebiete, wobei auch deren Stärke sehr starke Auswirkungen hat,
weil eine leicht unterschiedliche Niederschlagsrate zwischen etwas Regen und 10
cm Neuschnee entscheiden kann. Die Unterschiede wurden oben schon diskutiert.
Bezüglich der Warnstrategie wurde vereinbart, erst einmal etwas größerflächig
und länger andauernd "gelb" zu warnen, aber die Lage bezüglich etwaiger
kleinräumiger und kurzfristiger Erhöhung auf "ocker" im Auge zu behalten.

Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl.-Met. Peter Hartmann