DWD Synoptische Übersicht Mittelfrist

29-11-2020 11:30

S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T M I T T E L F R I S T
ausgegeben am Sonntag, den 29.11.2020 um 10.30 UTC



Zunächst ruhiges Wetter. Ab Freitag gebietsweise Niederschläge möglich, im
Schwarzwald und an den Alpen nochmals etwas Neuschnee. Auf Alpengipfeln
Föhnsturm.
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Synoptische Entwicklung bis zum Sonntag, den 06.12.2020


Zu Beginn der Mittelfrist am kommenden Mittwoch erstreckt sich ein schmaler
Höhenrücken ausgehend vom Ostatlantik über die Britischen Inseln hinweg bis nach
Skandinavien. Er wird flankiert von einem kräftigen Höhentrog über dem
Europäischen Nordmeer und Island und einem weiteren, schwach ausgeprägten Trog
über Osteuropa und Russland, von dem ein Höhentief Richtung westliches
Mittelmeer abgetropft ist. Im Bodendruckfeld dominiert in weiten Teilen des
Landes der Einfluss einer Hochdruckbrücke, die ein kräftiges westsibirisches
Hochdruckgebiet mit einem Hoch über dem mittleren Nordatlantik verbindet.
Entsprechend gestaltet sich der Tag weitgehend ruhig bei Höchstwerten um 2 Grad
im Südosten und 7 Grad im Nordwesten.

Am Donnerstag wird der Nordmeertrog durch einen Kaltluftvorstoß von Grönland
regeneriert und weitet sich bis Freitag über die Britischen Inseln etwa bis in
den Norden Spaniens aus, wobei schließlich über Großbritannien ein
abgeschlossenes Höhentief zu erkennen ist. Dadurch wird der Höhenrücken über
Mitteleuropa vorübergehend abgebaut. Korrespondierend zu dem Höhentrog befindet
sich im Bodendruckfeld ein umfangreiches Tiefdruckgebiet, das sich mit seinem
Zentrum und einem Kerndruck von 970 hPa Freitagmittag über Großbritannien
befinden soll. Somit stellt sich über dem Vorhersagegebiet eine schwache
südsüdöstliche Höhenströmung ein, mit der auch niedertroposphärisch vor allem in
den Süden und Osten allmählich wieder mildere Luftmassen herangeführt werden
(dort zwischen 0 und 4 Grad in 850 hPa, sonst um minus 1 Grad). Zudem nimmt der
Druckgradient im Nordwesten etwas zu, eventuell reicht es im Nordseeumfeld und
in einigen Höhenlagen für Böen Bft 7 bis 8.
Ein zu dem Tief gehörendes Frontensystem greift am Freitag ganz allmählich von
Westen auf Deutschland über und kommt nur sehr zögerlich nach Osten voran, wo es
sich in der Nacht zum Samstag weitgehend auflöst.

Am Samstag weitet sich der Höhentrog bzw. das Höhentief noch etwas weiter
Richtung Süden aus und erreicht schließlich am Sonntag den Nordwesten Afrikas
und den westlichen Mittelmeerraum. Das Höhentief befindet sich dann über
Frankreich, wobei es keine abgeschlossene Isohypse mehr aufweist. Gleichzeitig
verstärkt sich über Ost- und Nordosteuropa ein Höhenrücken und weitet seinen
Einfluss bis nach Mitteleuropa aus. Im Bodendruckfeld verlagert sich das Tief
von Großbritannien Richtung Südfrankreich, wobei es beginnt sich aufzufüllen.
Ausgehend von dem Tief erstreckt sich eine Rinne Richtung Deutschland. Im
Bereich der Rinne kommt es über Deutschland nur vereinzelt zu Niederschlägen,
vor allem aber vom Schwarzwald bis zu den Alpen, vornehmlich getriggert durch
ein Tief über Italien. Oberhalb von etwa 600 bis 800 m gibt es leichten
Schneefall. Mit der südlichen Höhenströmung setzt auf Alpengipfeln Föhnsturm
ein. Sonst fächert der Gradient deutlich auf, sodass keine warnwürdigen Böen
mehr erwartet werden.
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Bewertung der Konsistenz des operationellen Laufs


Die Konsistenz des EZMW-Modells kann zu Beginn der Mittelfrist am Mittwoch und
Donnerstag als sehr gut bezeichnet werden. Im weiteren Verlauf lässt die
Konsistenz des Modells bezüglich der Lage von Druckzentren etwas nach, die
Großwetterlage wird aber dennoch ähnlich prognostiziert. So findet der
Trogvorstoß etwas weiter östlich statt als im gestrigen 00 UTC Lauf.
Entsprechend liegt beispielsweise am Freitag auch das Bodentief mit seinem Kern
etwas weiter östlich bzw. südöstlich, wobei es im heutigen 00 UTC Lauf schwächer
gerechnet wird. Die östlichere Lage des Höhentroges bzw. Bodentiefs hat
letztlich auch zur Folge, dass die Niederschläge etwas weiter zu uns ausgreifen
können.
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Vergleich mit anderen globalen Modellen


Beim Modellvergleich ergeben sich zunächst mal keine signifikanten Unterschiede.
Ohnehin zeigen ICON und EZMW sehr ähnliche Prognosen. Einzig das GFS weicht
leicht ab. So liegt am Freitag das Höhentief bei GFS etwas weiter südwestlich
als bei den anderen beiden Modellen. Folglich ist auch das Zentrum des
Bodentiefs versetzt. Dies hat zum einen zur Folge, dass es auf Basis des GFS am
Freitag trocken bleibt und zum anderen, dass der Druckgradient über dem
Nordwesten Deutschlands geringer ist und entsprechend die Windzunahme geringer
ausfällt.

Am Wochenende läuft die Lage der Druckzentren etwas weiter auseinander. So
reicht das Tief mit mehreren Zentren auf Basis des EZMW am Sonntag von
Südfrankreich über den Alpenraum bis nach Italien. Bei ICON liegt das Tief mit
seinem Kern über dem Ärmelkanal und bei GFS verlagert sich das Tief wieder
nordwärts zu den Britischen Inseln. Ähneln tun sich die Modelle dahingehend,
dass ausgehend von den Tiefzentren eine Tiefdruckrinne ausgeht, die mal mehr
Nordwest/Südost (GFS, ICON), mal mehr Süd/Nord (EZMW) ausgerichtet ist und in
dessen Einflussbereich auch Deutschland liegt. Insofern ist zwar bei uns
gebietsweise mit Niederschlägen zu rechnen, vor allem am Sonntag ist die Lage
aber noch unsicher.
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Bewertung der Ensemblevorhersagen


Die Rauchfahne des EZMW weist bis einschließlich Donnerstag einen sehr engen
Verlauf sowohl der Temperatur in 850 hPa als auch des Geopotentials in 500 hPa
auf. Nachfolgend nimmt der Spread deutlich zu. Dabei stellen Haupt- und
Kontrolllauf bei beiden Parametern etwa den Median dar. Insbesondere bei der
Temperatur fällt auf, dass mehr Member einen kälteren Verlauf zeigen als Haupt-
und Kontrolllauf, was mehr in Richtung der GFS Lösung deuten würde, bei der
Offenbach auf der kalten Seite der Rinne liegt. Beim Geopotential gibt es etwa
gleich viele Member, bei denen das Geopotential auf höherem bzw. niedrigerem
Niveau verläuft als bei Haupt- und Kontrolllauf. Letzteres würde ebenfalls die
GFS Lösung stützen. Im anderen Fall würde dem Osteuropäische Rücken ein
stärkerer Einfluss auf unser Wetter zukommen. Diese Lösung zeigt sich zumindest
auch bei der Betrachtung der Clusterung des EZMW.

Die Clusterung des EZMW ergibt für den Zeitraum t+72 bis 96 h vier Cluster,
wobei sich für Mitteleuropa keine signifikanten Unterschiede ergeben. Für den
Zeitraum von Freitag bis Sonntag sind drei Cluster vorhanden. Die meisten Member
repräsentieren Cluster drei, bei dem der Höhentrog nicht nur Richtung Biskaya
abtropft, sondern auch weiter westlich zu finden ist. Entsprechend bleibt
abzuwarten, wie viel Niederschlag am Wochenende tatsächlich zu erwarten ist.
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Wahrscheinlichkeiten für signifikante Wettererscheinungen


Am Mittwoch werden keine signifikanten Wettererscheinungen erwartet.

Am Donnerstag und in der Nacht zum Freitag sind mit dem auffrischenden Süd- bis
Südostwind auf Basis des ICON und EZMW auf den Nordseeinseln erste Böen Bft 8,
auf dem Brocken Bft 9 wahrscheinlich.

Freitagfrüh ist mit Annäherung des Niederschlagsgebietes im westlichen Bergland
vereinzelt gefrierender Regen nicht ausgeschlossen.
Der Wind frischt weiter auf mit stürmischen Böen Bft 8 auf den Nordseeinseln,
auf dem Brocken mit Sturmböen Bft 9. Auf Alpengipfeln kommt Föhnsturm um Süd mit
Böen Bft 9 bis 11 auf.

Am Samstag kommt im Schwarzwald und an den Alpen oberhalb von 600 bis 800 m
leichter Schneefall auf. Auf Alpengipfeln tritt weiterhin Föhnsturm um Süd mit
Böen Bft 9 bis 11 auf. Sonst lässt der Wind nach.
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Basis für Mittelfristvorhersage
MOS-Mix, EZMW-EPS
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VBZ Offenbach / Dipl. Met. Johanna Anger