DWD Synoptische Übersicht Kurzfrist

27-11-2020 18:01
SXEU31 DWAV 271800

S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Freitag, den 27.11.2020 um 18 UTC


Markante Wettererscheinungen:
Am Wochenende ruhiges, meist grenzschichtgeprägtes Spätherbstwetter. Erst im
Laufe der nächsten Woche mehr Pep in der Bude.

Synoptische Entwicklung bis Montag 12 UTC
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Aktuell ... befindet sich Deutschland unter einem relativ schmalen Höhenrücken,
der sich weit nach Norden bis nach Lappland und noch etwas darüber hinaus
erstreckt und als Fortsetzung eines weiteren Rückens über dem zentralen
Mittelmeer angesehen werden kann. Umzingelt wird der "Doppelrücken" von diversen
Trögen und Höhentiefs, die alle aufzuzählen den Rahmen dieser Übersicht sprengen
würde. Schlussendlich sind sie für die Entwicklung vor Ort auch nicht wichtig,
wenn man vielleicht mal von einem hochreichenden Tief über Belarus absieht, das
in den nächsten Tagen tangential unser Interesse wecken dürfte.
Bis es soweit ist, verbringt Deutschland einmal mehr eine ruhige
Endnovembernacht innerhalb einer gradientschwachen Hochdruckzone, die
korrespondierend zum o.e. Doppelrücken stark meridional ausgerichtet ist und vom
zentralen Mittelmeer bis hoch Skandinavien reicht. Wettertechnisch bedeutet
diese Konstellation binäre Verhältnisse: Entweder breiten sich Nebel oder
Hochnebel aus bzw. bilden sich neu (1) oder die Nacht wird klar (0). Letzteres
ist vor allem in Lagen oberhalb 500 bis 900 m der Fall sowie im Westen, wo der
Ost-Südostwind nicht komplett einpennt. Ob allerdings alle anderen Regionen, die
aktuell noch offen sind, zuge(hoch)nebelt werden, wie von den meisten Modellen
apostrophiert, muss bezweifelt werden. Tatsache ist, dass vor allem im Süden und
in der Mitte die Temperatur verbreitet in den leichten Frostbereich absinkt
respektive dort verharrt (im Südosten heute tagsüber gebietsweise leichter
Frost). Sollte es aber entgegen der numerischen Prognose z.B. in SH und Teilen
Mecklenburgs offen bleiben, besteht auch dort - zumindest abseits der Küste -
die Gefahr von örtlichem Nachtfrost (aktuell gebietsweise schon um oder etwas
unter 0°C), auch wenn die Luftmasse maritimer geprägt ist als weiter südlich.

Samstag ... bleibt besagter Rücken das Maß der Dinge, wobei er sich noch etwas
nach Westen Richtung Frankreich, Benelux und Nordsee "ausbeult". Das eröffnet
dem zur weißrussisch-ukrainischen Grenze ziehenden Höhentief die Möglichkeit,
seine Fühler ebenfalls westwärts auszustrecken, was bei uns die nördliche
Höhenströmung etwas zyklonaler werden lässt. Dabei wird sogar etwas Hebung
generiert, die zwar keine dynamischen Impulse liefert, wohl aber die Inversion
im Osten und Nordosten auf 850 bis 800 hPa anhebt. Gleichzeitig wird am Rande
des sich über Skandinavien etablierenden Hochs (Gott zum Gruße WILLY) von Osten
her niedertroposphärische Kaltluft angezapft, in der die 850-hPa-Temperatur
zwischen Vorpommern und Ostsachsen bis zum Abend auf rund -5°C zurückgeht.
Ob dieser Luftmassenwechsel allerdings ausreicht, den im Norden und Osten sowie
der östlichen Mitte verbreitet auftretenden Hochnebel respektive die
hochnebelartige Bewölkung aufzulösen, ist mehr als fraglich. Die meisten
hochauflösenden Modelle jedenfalls zeichnen ein insgesamt eher düsteres Bild,
auch wenn gerade zum Nachmittag hin sicherlich ein paar Lücken in die
Wolkendecke "gebrannt" werden dürften.
Wer in puncto Sonnenschein auf Nummer sicher gehen will, sollte sich in Lagen
oberhalb etwa 600 bis 1100 m begeben (die Inversion wird nicht nur im Osten,
sondern auch im übrigen Land etwas angehoben) oder die Regionen zwischen dem
Rheinland und dem Saarland ansteuern, wo der etwas aus der Lethargie erwachende
östliche Wind für hochnebelfeindliche Leeeffekte sorgt. Tja, und wem das Wetter
morgen vollkommen schnuppe ist und keinen Bock auf Outdoor hat, kann sich z.B.
einen gepflegten Sporttag vor der Glotze gönnen - Fußball, Skifahren, Biathlon,
Eishockey und noch Vieles mehr, das Angebot ist überaus reichhaltig.
Die Temperatur erreicht im Westen mit Sonnenunterstützung punktuell die
10°C-Marke, während im Südosten bei Dauernebel zumindest stellenweise erneut ein
Eistag ins Haus steht (MOS-Mix scheint hier etwas zu hoch zu greifen, was wohl
daran liegt, dass IFS die tiefe Bewölkung auflöst und somit neben diffuser auch
direkte Strahlung wirken lässt).

In der Nacht zum Sonntag ändert sich relativ wenig an der Großwetterlage. Das
o.e. Höhentief bleibt quasistationär, während die aus dem skandinavischen Hoch
ausfließende Kaltluft noch etwas nach Westen vorankommt. Um 06 UTC liegt die
850-hPa-Temperatur in der Südosthälfte meist zwischen -2 und -7°C, während im
Rest des Landes +4 bis -1°C auf der Karte stehen.
Angesichts andauernder leichter Hebung wird die Inversion weiter angehoben, über
800 hPa geht es wohl aber nicht hinaus. Fakt ist, dass die Wahrscheinlichkeit
für dichten Bodennebel - nicht zuletzt auch wegen des nicht gänzlich zur Ruhe
kommenden nördlichen bis östlichen Windes - gegenüber den Vornächten deutlich
abnimmt. Dafür kommt ein neues Phänomen ins Spiel: An der Ostsee sowie unweit
von Oder und Neiße kann aus tiefer Bewölkung hier und da etwas Nieselregen oder
Schneegriesel fallen. Sollte es ganz dumm kommen, ist dabei sogar Glätte
möglich, weil die Temperatur abseits des unmittelbaren Küstenstreifens sowie
einiger Areale im Westen und Südwesten auf 0°C oder etwas darunter zurückgeht.
Wie das Ganze am Ende dann en détail abläuft, wird man wohl erst sehr
kurzfristig sehen.

Sonntag ... den ersten Advent verbringt Deutschland am Rande einer
Hochdruckbrücke, die über die Nordsee und Südskandinavien verläuft und ein
mittlerweile prominent in Erscheinung getretenes Hoch über dem Ostatlantik
(etwas über 1030 hPa im Zentrum) mit einem "Schwergewicht" über Sibirien (über
1050 hPa) verbindet. Dabei wird die Frontalzone im Norden weiterhin auf Distanz
gehalten, und auch Tiefdruckgebiete westlich Iberiens sowie unweit von Sizilien
tangieren uns nicht. Lediglich das an der weißrussisch-ukrainischen Grenze
verharrende Höhentief (das übrigens angesichts steigenden Luftdrucks am Boden
immer mehr den Charakter eines Kaltlufttropfen (KLT) annimmt) vermag noch etwas
zyklonales Salz in die ansonsten hochdrucklastige Novembersuppe zu streuen.
So kann es passieren, dass auch tagsüber zwischen der Küste MVs und dem Osterz-
bzw. dem Zittauer Gebirge hier und da etwas Nieselregen oder Schneegriesel
fällt, was glättetechnisch aufgrund vorhandener diffuser Strahlung (=> leichter
Temperaturanstieg) und nicht durchgefrorener Böden aber kein Problem darstellen
sollte. Fakt ist, dass man die Erwartungen hinsichtlich möglichen Sonnenscheins
zwischen Ostsee und Erzgebirge respektive Thüringer Wald nicht zu hoch schrauben
sollte.
Ansonsten gilt es noch festzuhalten, dass die Kaltluft mit der andauernden,
tendenziell aber nachlassenden östlichen Strömung noch etwas nach Westen
vorankommt, so dass das 850-Temperaturprofil am Ende des Tages von +2°C an der
Grenze zu Belgien und bis zu -7°C im Osten reicht. Entsprechend sinkt das
Temperaturniveau auch in 2 Meter Höhe, wo "nur" noch Höchstwerte von bis zu +6°C
im Westen erreicht werden. Im Bergland sowie bei beständigem Nebel im Südosten
herrscht leichter Dauerfrost.
Die Sonne lässt sich am ehesten in den westlichen Landesteilen, im höheren
Alpenvorland sowie gebietsweise im Lee des Bayerischen Waldes blicken.
Allerdings kann auch "Meister" Zufall noch die eine oder andere Lücke zustande
bringen.

In der Nacht zum Montag zeigt die Frontalzone über Nordeuropa leichte
Annäherungstendenzen. Ein eingelagerter flacher Randtrog tangiert dabei die
nördliche Nordsee. Zwar wird dadurch bei uns das Potenzial etwas abgebaut,
gleichwohl bleibt das Setup weiterhin antizyklonal geprägt, zumal der KLT
östlich von uns nach wie vor Gastrecht des Herrn Lukaschenko genießt und Belarus
nicht verlassen muss. Trotzdem reicht sein Wirkungsradius bis knapp an den
Vorhersageraum heran, so dass es auch in dieser Nacht im äußersten Osten und
Nordosten aus der bis maximal 850-800 hPa reichenden Bewölkung etwas nieseln
oder schneegrieseln kann.
Ansonsten bildet sich bei weiter auffächerndem Gradienten erneut Nebel und
Hochnebel bzw. breitet sich dieser aus. Im Nordwesten tauchen erste Wolken des
besagten Troges auf, dabei bleibt es wahrscheinlich aber noch trocken. Mit
Ausnahme einiger Gebiete im Nordosten sowie dem unmittelbaren Küstenstreifen
geht die Temperatur in den leichten, im Süden sowie in den Mittelgebirgen teils
mäßigen Frostbereich zurück.

Montag ... weitet sich der Randtrog über der Nordsee immer weiter südwärts aus,
was freilich auf Kosten seiner Progression geht; erst in der Nacht zum Dienstag
erreicht seine Achse Südnorwegen und Jütland. Stromab dreht der Höhenwind
kontinuierlich zurück auf Nordwest bis West, wobei die Krümmung langsam von
antizyklonal auf indifferent bis leicht zyklonal kippt. Da auf der anderen Seite
die inzwischen zonal über Deutschland verlaufende Bodenhochdruckzone(brücke)
sich zumindest tagsüber noch gegen die zyklonalen "Störfeuer" wehrt, verläuft
der letzte Tag des Monats November vergleichsweise ruhig und unspektakulär über
die Bühne. Erst am späten Nachmittag respektive am Abend dürften die ersten
Regentropfen mit auffrischendem Südwestwind (Böen 6-7 Bft) von der Nordsee her
im äußersten Nordwesten aufschlagen.
Ansonsten präsentiert sich der Wochenanfang in "Teils-teils-Laune", meint
Nebel/Hochnebel auf der einen, sonnige Areale (vor allem im Westen, in höheren
Lagen sowie im südlichen Alpenvorland) auf der anderen Seite. Das
Temperaturniveau liegt auf ähnlichem Niveau wie am Sonntag, eher noch etwas
darunter.



Modellvergleich und -einschätzung
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Die Modelle simulieren die Basisfelder weitgehend kongruent. Differenzen
offenbaren sich am ehesten bei der räumlichen Verteilung von Nebel und
Hochnebel. Was die aktuelle Situation angeht (Stand 16 UTC), bildet COSMO-D2 das
weitgehend wolkenfreie Schleswig-Holstein sowie den Hamburger Raum besser ab als
die meisten anderen Modelle, die schon am Mittag auf (weitgehend) "dicht"
gesetzt hatten. Der Spread liegt bei 0, so dass sich bereits Nebel gebildet hat,
der sich noch ausbreiten wird. Lokal ist auch leichter Frost möglich.


Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Jens Hoffmann