DWD Synoptische Übersicht Kurzfrist

27-11-2020 08:01
SXEU31 DWAV 270800

S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Freitag, den 27.11.2020 um 08 UTC


GWL und markante Wettererscheinungen:
GWL: HFa
Ruhiges Spätherbstwetter mit den klassischen Grenzschichtphänomenen, aber meist
ohne markante Wettergefahren.


Synoptische Entwicklung bis Sonntag 24 UTC
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Freitag... erstreckt sich anfangs noch - ausgehend von einem sich im
Tagesverlauf vom Finnischen Meerbusen bis zur kommenden Nacht allmählich nach
Weißrussland verlagernden Höhentief - eine flache Potenzialrinne über
Norddeutschland hinweg westwärts, entlang derer es im Laufe der vergangenen Tage
zu mehreren Abtropfprozessen gekommen ist. Das letzte dieser Cut-Off-Tiefs hat
inzwischen die südwestliche Nordsee erreicht und zieht bis zum Abend allmählich
Richtung nördliche Nordsee, so dass die Rinne durch WLA mehr und mehr
zugeschüttet wird. Somit löst sich auch das darin eingebettetes Frontensystem
eines mit dem Höhentief korrespondierenden, östlich der Ladogasee positionierten
Bodentiefs allmählich auf. In dessen Einflussbereich kann es etwa von
Niedersachsen bis nach Brandenburg am Vormittag noch gebietsweise etwas regnen.
Ansonsten dominiert aber Hochdruckeinfluss. Dabei weitet sich einerseits ein von
der nördlichen Nordsee bis nach Lappland reichender Höhenkeil in die Barentssee
aus und schwenkt mit seiner Achse allmählich etwas nach Süden, andererseits kann
sich ein Höhenrücken über Süddeutschland verstärken, weitet sich nach Norden aus
und nimmt Verbindung zum Keil über Skandinavien auf.
Im Bodenfeld verlagert sich das Tief östlich der Ladogasee ein wenig südostwärts
und füllt sich etwas auf. An dessen West- und Nordflanke erstreckt sich eine
breite, aber nur flache Hochdruckzone über den Alpenraum und Mitteleuropa
nordwärts nach Südskandinavien und nimmt dann über Nordwestrussland Verbindung
zum kräftigen Hochdruckgebiet über Westsibirien auf. Diese kann sich - gestützt
durch den Höhenrücken - vor allem über dem fennoskandischen Raum verstärken.
In deren Einflussbereich bleiben die Druckgegensätze im Vorhersagegebiet schwach
ausgeprägt, so dass auch heute und am Wochenende die Grenzschichtdynamik im
Fokus der Prognose- und Warntätigkeit steht. Dabei konnte die sich auflösende
Front die markante Inversion über dem Norden und Nordosten des Landes
vorübergehend etwas "aufweichen" und aufgrund der etwas besseren Durchmischung
hat sich der Nebel/Hochnebel sowohl präfrontal im Westen als auch postfrontal im
Nordosten gebietsweise aufgelöst, so dass sich dort zumindest zeitweise die
Sonne zeigt, während es im direkten Einflussbereich der sich auflösenden und
fast quasistationären Front auch tagsüber weitestgehend stark bewölkt bis
bedeckt bleibt.
In der Mitte und im Süden ändert sich dagegen gegenüber den Vortagen nur wenig.
Die Inversion ist nach wie vor sehr scharf ausgeprägt (teilweise Dauerfrost in
den Niederungen, um +10 Grad an der Obergrenze), aber flach mit Obergrenzen
zwischen etwa 500 und 800 m. Darüber scheint überwiegend die Sonne, während sich
der Nebel/Hochnebel in den Niederungen dagegen nur gebietsweise auflöst. Vor
allem in Teilen Bayerns bleibt die Temperatur bei beständigem Hochnebel im
leichten Frostbereich, ansonsten liegen die Höchstwerte in der Mitte und im
Süden in den Niederungen meist zwischen 1 und 6 Grad, in mittleren Höhenlagen
dagegen um 10 Grad oder gar knapp darüber. Im Norden werden Höchstwerte zwischen
4 und 9 Grad erreicht.

In der Nacht zum Samstag verlagert sich das hochreichende Tief über Osteuropa
allmählich nach Weißrussland, während das ehemalige Cut-Off-Tief über der
nordwestlichen Nordsee etwas nach Norden zieht. Zwischen beiden
Geopotenzialgebilden kann sich der meridional ausgerichtete, vom zentralen
Mittelmeerraum über Mitteleuropa und Skandinavien bis etwa zur Petschora-Mündung
reichende Höhenrücken weiter verstärken. Er stützt weiterhin die Hochdruckzone,
die sich vor allem in ihrem Nordteil über Skandinavien ebenfalls verstärkt. In
deren Einflussbereich bleibt die südsüdöstliche Bodenströmung über dem
Vorhersagegebiet schwachgradientig, so dass sich die Nebel- und Hochnebelfelder
in den Niederungen erneut ausweiten bzw. verdichten dürften. Am ehesten
aufgelockert oder gar gering bewölkt bleibt es noch bei sich dort ein wenig
verschärfenden Gradienten im Westen. Auch in Lagen oberhalb von etwa 500 bis 900
m bleibt der Himmel vielerorts klar.
Während die in die Nordhälfte mit dem ehemaligen Tiefausläufer etwas mildere
Meeresluftmasse mangels Ausstrahlung nur langsam auskühlen kann und es dort
überwiegend frostfrei bleibt, sinken die Temperaturen sonst vielerorts erneut in
den Frostbereich und stellenweise tritt Glätte durch Reif, gefrierendes
Nebelnässen oder überfrorene Nässe auf.

Samstag... gliedert sich das über der nördlichen Nordsee positionierte Höhentief
der Frontalzone an und wird als flacher kurzwelliger Randtrog Richtung Lofoten
geführt. WLA auf dessen Vorderseite stützt nach wie vor den Höhenrücken, der mit
Vorstoß eines Höhentiefs in den westlichen Mittelmeerraum dort gekappt wird und
sich abends von Nordfrankreich über Nordwestdeutschland, Mittelschweden und
Finnland bis nach Nordwestrussland erstreckt. Dieser wird wiederum durch das
Höhentief über Weißrussland blockiert, das sich - da sich das zugehörige
Bodentief auffüllt, im weiteren Verlauf als Kaltlufttropfen geführt - ein wenig
nach Süden verlagert und etwas nach Westen ausweitet.
Die vom Rücken gestützte, mit ihrer Achse knapp östlich des Vorhersagegebietes
verlaufende Hochdruckbrücke verstärkt sich vor allem über Südskandinavien weiter
und mit Westausweitung des Kaltlufttropfens verschärft sich der Gradient in
weiten Teilen Deutschlands etwas, so dass vor allem in höheren Lagen bzw. an der
Inversion der Wind aus Südost bis Ost auffrischt, was aber wohl nicht für
warnrelevante Böen reicht.
Mit dem sich verschärfenden Gradienten kann sich aber einerseits vor allem im
Westen der Nebel bzw. Hochnebel besser auflösen, am ehesten steht am Nordrand
der westlichen Mittelgebirge auch in den Niederungen ein recht sonniger Tag ins
Haus. Andererseits fließt aus dem KLT bodennah Kaltluft über Polen allmählich
bis in die Osthälfte des Landes. Dort wird die Inversion nach Lesart des ICON
bis zum Abend auf etwa 850 bis 800 hPa angehoben und die Temperatur sinkt im
Bereich der Inversion, also in etwa 850 hPa, auf -2 bis -6 Grad. Ob die etwas
bessere Durchmischung ausreicht, den Hochnebel aufzulösen, ist aber fraglich.
Ansonsten bleibt es in den Niederungen überwiegend bedeckt und trüb durch Nebel
und Hochnebel. Auch im Süden und in der Mitte wird die Inversionsobergrenze
etwas angehoben, oberhalb von etwa 600 bis 1000 m scheint aber überwiegend die
Sonne.
Bei Dauernebel in der Südhälfte gibt es leichten Dauerfrost, ansonsten liegen
die Höchstwerte zwischen 1 und 6 Grad, in Regionen mit Sonnenschein können bis
zu 10 Grad erreicht werden.

In der Nacht zum Sonntag kann die Frontalzone allmählich auf Nordskandinavien
übergreifen und der nördliche Teil des Höhenrückens wird aufgrund des weiterhin
blockierenden, sich allmählich ins weißrussisch-ukrainische Grenzgebiet
verlagernden sowie sich ein wenig weiter nach Westen ausweitenden
Kaltlufttropfens eingeschnürt.
Die Achse der Hochdruckzone im Bodenfeld kommt dadurch etwas nach Westen voran
und verläuft in etwa vom Böhmischen Becken über das Westerzgebirge bis nach
Dänemark. Somit kann der KLT seinen Einflussbereich weiter ins Vorhersagegebiet
ausweiten und die Inversion wird auch in den mittleren Landesteilen auf etwa 800
hPa angehoben. Vor allem Richtung Oder und Neiße kann es aus der Hochnebeldecke
auch etwas Nieselregen oder Schneegriesel geben.
Ansonsten ändert sich nur wenig. Während der Gradient im Bereich der
Hochdruckachse wieder auffächert, verschärft er sich ein wenig im Südwesten des
Landes, eventuell reicht es im Hochschwarzwald, im Bereich lokaler
Low-Level-Jets in einigen Kuppen- und Kammlagen für steife bis stürmische Böen
aus Südost. Leichten Frost gibt es - mit Ausnahme der Küsten - relativ
verbreitet, dichter Bodennebel tritt bei auch im Südwesten etwas ansteigender
Grenzschicht eher seltener auf, stellenweise aber Glätte durch gefrierendes
Nieseln oder Schneegriesel, am ehesten in der Osthälfte.

Sonntag... verlagert sich ein in die Frontalzone eingebetteter Kurzwellentrog
ins Seegebiet östlich von Island, so dass sich die Frontalzone weiter nach
Nordskandinavien ausweiten kann und von dem ehemaligen Höhenrücken über
Nordeuropa nur noch eine Potenzialbrücke übrigbleibt, die sich von der mittleren
Ostsee bis zum Weißen Meer erstreckt. Weiter südwestlich erstreckt sich aber
nach wie vor ein breiter angelegter Höhenkeil vom Süden der Britischen Inseln
bis nach Südschweden. Der KLT kommt dagegen kaum mehr nach Süden voran. Somit
ändert sich auch an der Ausrichtung der über das Vorhersagegebiet
hinweglaufenden und von dort aus nach Westen zu den Britischen Inseln
abknickenden Hochdruckbrücke, die von dort aus Verbindung zum Hoch nördlich der
Azoren aufnimmt, nur wenig. Aus dem Kaltlufttropfen sickert nach wie vor kältere
Luft in den Osten und in die Mitte des Landes, die aber nur bodennah allmählich
weiter nach Westen vorankommt. Die Temperatur in 850 hPa bewegt sich zwischen -7
Grad in der Osthälfte und +2 Grad am Hochrhein, wobei die 0 Grad-Isotherme nach
Lesart aller vorliegenden Modelle etwa vom Emsland bis zum oberbayerischen
Alpenrand verläuft.
Auch im Südwesten steigt die Obergrenze der Inversion mit Einsickern der
bodennah kälteren Luft allmählich etwas an, auf etwa 1000 m.
Der Gradient fächert wieder etwas auf, so dass der Wind warntechnisch weiterhin
keine Rolle spielt. Immerhin könnte es nach wie vor in Teilen Westdeutschlands,
aber auch im Lee der ostbayerischen Mittelgebirge sowie im südlichen
Alpenvorland für einige Sonnenstunden reichen. Ansonsten bleibt es in den
Niederungen aber vielerorts trüb und bedeckt durch Hochnebel. Vor allem nach
Osten zu fällt gebietsweise auch etwas Nieselregen, immer häufiger aber auch
Schneegriesel. Die Höchstwerte liegen meist nur noch zwischen -2 Grad (bei
beständigem Nebel im Südosten) und +6 Grad (mit Sonne im Westen).

In der Nacht zum Montag weitet sich die Frontalzone über dem Nordmeer allmählich
Richtung nördliche Nordsee aus und der Höhenrücken wird über dem
Vorhersagegebiet abgebaut, es stellt sich eine antizyklonal konturierte
nordwestliche Höhenströmung ein. Darin eingebettet, verlagert sich ein
okkludiertes Frontensystem zur Nordsee, wodurch die Hochdruckzone über
Skandinavien endgültig abgebaut wird und eine zonale Ausrichtung annimmt.
Morgens erstreckt sie sich vom südöstlichen Mitteleuropa über das
Vorhersagegebiet, dem Norden Frankreichs und dem Süden der Britischen Inseln
hinweg westwärts bis zum Seegebiet nördlich der Azoren. Der KLT bleibt über
Weißrussland bzw. der Westukraine weitgehend quasistationär, nimmt aber mehr und
mehr eine elliptische Form an.
Im Vorhersagegebiet ändert sich somit nur wenig am ruhigen Spätherbstwetter. Der
Gradient fächert noch etwas auf, so dass in den Niederungen weiterhin Nebel und
Hochnebel dominieren und sich auch wieder ausweiten. In der Osthälfte reicht die
feuchtkalte Grundschicht nach wie vor höher als im Westen, so dass es dort
gebietsweise etwas Schneegriesel geben kann, am ehesten an der Grenze zu Polen
und im Zittauer Gebirge. Aber auch anderswo besteht stellenweise Glättegefahr
durch gefrierendes Nieseln oder Nebelnässen. Außer an den Küsten sowie im
äußersten Nordwesten, wo sich der auf die Nordsee übergreifende Tiefausläufer
auch außerhalb des Hochnebels durch erste dichtere Wolkenfelder bemerkbar macht,
es aber wohl noch trocken bleibt, gibt es verbreitet leichten, im Südosten
gebietsweise auch mäßigen Frost.


Modellvergleich und -einschätzung
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Anhand der synoptischen Basisfelder lassen sich keine prognose- und
warnrelevanten Unterschiede ableiten. Im Detail werden die Verteilung und
Ausweitung der Nebel- bzw. Hochnebelfelder naturgemäß mit kleineren (oder auch
gröberen) Differenzen behaftet simuliert.

Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Jens Winninghoff