DWD Synoptische Übersicht Mittelfrist

31-10-2020 12:01

S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T M I T T E L F R I S T
ausgegeben am Samstag, den 31.10.2020 um 10.30 UTC



Zunehmend ruhiges, zu Nebel und Hochnebel neigendes Herbstwetter. An der Küste
teils windig bis stürmisch.
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Synoptische Entwicklung bis zum Samstag, den 07.11.2020


Zu Beginn des mittelfristigen Zeitraums startet Deutschland analog zu den
gestrigen Ausführungen auf der Trogvorderseite. Ausgehend vom Höhentiefzentrum
über Schottland erstreckt sich die Trogachse am Dienstagmittag etwa über England
und die Nordwestspitze der Bretagne hinweg bis in den nordwestlichen Zipfel
Spaniens. Der korrelierende Bodentrog ist dabei im gleichen Bereich zu finden.
Auf dessen Westflanke weht der Wind ordentlich aus nordwestlichen Richtungen.
Somit bekommt die schon gestern ausführlich beschriebene Kaltfront über
Westeuropa nochmals Schub nach Süden, während sie auf der Vorderseite des Troges
über Deutschland in einer diffluenten Strömung kaum Verlagerungstendenzen
aufweist und an den Alpen hängen bleibt. Während weite Teile des Landes demnach
schon von kühlerer Luft polaren Ursprungs mit Temperaturen in 850 hPa von -1 bis
+5 Grad geflutet wurden, können sich im Südosten noch die Reste der
Subtropikluft mit Werten zwischen 5 und 12 Grad halten, die uns einen
ungewöhnlich milden Montag bescherten. Mit weiterer Annäherung des
Langwellentroges von den Britischen Inseln her, wird die Kaltfront in der Nacht
allerdings allmählich ostwärts nach Tschechien herausgeschoben. Dafür gelangt
das Nordseeumfeld zunehmend in den Einflussbereich der Hebungsprozesse auf der
Vorderseite des hochreichenden Troges. Somit sind dort erste Regenschauer zu
erwarten.

Zum Mittwoch kommt der Höhentrog allerdings kaum weiter nach Osten voran, da
sich ein kräftiger Rücken mit Kräften wehrt, der sich vom zentralen
Mittelmeerraum bis nach Osteuropa aufbäumt. Als Folge beginnt sich der Trog
unter Verkürzung der Wellenlänge signifikant in südöstliche Richtung zu
amplifizieren. Die Achse verläuft dabei tagsüber etwa von Skandinavien über den
Ärmelkanal und Nordwestfrankreich hinweg bis in den Nordwesten Spaniens.
Einfluss nimmt der Höhentrog sowie das korrelierende Bodentief weiter auf den
Norden des Landes, indem die PVA gepaart mit diabatischen Prozessen durch die
warme See vor allem im Küstenumfeld einige Schauer generiert. Zudem sind im
Südosten noch Regenfälle zu verzeichnen, die von einem Tief über Norditalien
ausgehen, welches feuchtwarme Luft über die Alpen schiebt. Entsprechend
verbleiben die Temperaturen in 850 hPa in Alpennähe meist über 0 Grad, während
sie im restlichen Bundesgebiet bei Werten zwischen 0 und -3 liegen.

In der Nacht zum Donnerstag und am Donnerstag kann sich der markante Trog über
Westeuropa nach weiterer Amplifizierung schließlich abschnüren und vor der
Atlantikküste der Iberischen Halbinsel einen Cut-Off ausbilden. Gleichzeitig
bekommt das Trogresiduum im Norden einen Verlagerungsschub und schwenkt über
Deutschland hinweg ostwärts. Gleichzeitig nutzt ein schwacher Rücken die
Sollbruchstelle des Troges über Frankreich und England und klopft an das
ausgeprägte Höhenhochsystem westlich von Irland an. Genau das kräftige Höhenhoch
über dem Seegebiet westlich von Irland ist auch dafür verantwortlich, dass sich
im Bodenniveau ein Hoch intensivieren und von den Britischen Inseln über
Deutschland hinweg nach Südosten ausdehnen kann. Das resultierende Absinken
sowie das nächtliche Stabilisieren der Grundschicht graben dem Hebungsantrieb
des Troges schließlich das Wasser ab, sodass dessen Hebungsimpulse wohl nur im
Norden und Nordosten ausreichen, um Schauer zu induzieren. Zudem wird mit
Vordringen des Hochs auch das Tief über Italien nach Süden geschoben, sodass die
Niederschläge hierzulande an den Alpen abebben.

Ausgehend von der Nacht zum Freitag bis Sonntagfrüh steht für weite Teile
Europas das kräftige Höhenhoch im Fokus. Dieses verlagert sich im genannten
Zeitraum von den Britischen Inseln über Deutschland hinweg bis in die
Balkanregion. Im gleichen Zuge verschiebt auch das korrelierende Bodenhoch
seinen Schwerpunkt allmählich Richtung Südosteuropa. Bis Sonntagfrüh profitiert
Deutschland daher überwiegend von den hochreichend antizyklonalen Verhältnissen,
sodass sich verbreitet ruhiges, zu Nebel und Hochnebel neigendes Herbstwetter
durchsetzt. Allenfalls im Osten sorgen im Hochrandbereich anfangs noch
kurzwellige Anteile für ausreichend vertikale Umlagerungen, sodass vereinzelt
noch Regenschauer möglich sind. Mit der Schwerpunktverlagerung des Hochs gelangt
Deutschland im Verlauf auch wieder auf die wärmere Rückseite. Entsprechend
steigen zumindest im 850 hPa Niveau die Temperaturen von 0 bis 8 Grad
Freitagfrüh auf Werte zwischen 7 und 11 Grad am Samstag an. Allerdings
verhindert vielerorts Nebel und Hochnebel, dass sich der Temperaturanstieg auch
bodennah beobachten lässt. Mit Sonne sind am Samstag aber durchaus Höchstwerte
bis 15 Grad drin, im Dauergrau wird häufig aber nicht mal die 10 Grad Marke
gerissen. Inwieweit am Wochenende ein Kaltlufttropfen das Wetter im Westen und
Südwesten des Landes beeinflusst, kann abschließend noch nicht prognostiziert
werden. Der aktuelle det. Lauf des IFS lässt diesen von der franz.
Mittelmeerküste über Ostfrankreich nordwärts wandern, sodass Deutschland wohl
nicht tangiert wird.
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Bewertung der Konsistenz des operationellen Laufs


Der aktuelle 00 UTC Lauf des IFS zeigt zu den vergangenen Läufen eine recht gute
Konsistenz. Vor allem der gestrige 12 UTC Lauf zeigt vergleichbare Strukturen.
Insgesamt wird die großskalige Geopotential- und Luftdruckverteilung konsistent
abgebildet. Abweichungen zwischen den Läufen sind vor allem über Südosteuropa zu
verzeichnen, wo die Lage des Höhentiefs unterschiedlich wiedergegeben wird.
Ansonsten gibt es im Verlauf des mittelfristigen Zeitraums noch typische
Abweichungen in der Verlagerungsgeschwindigkeit der Tröge. Die neuen Läufe sind
etwas schneller unterwegs und zeigen ab Donnerstag über Mitteleuropa zunehmend
ein stabiles und großräumiges Höhenhoch samt korrelierendem Bodenhoch. Der
gestrige 00 UTC Lauf hatte dagegen immer wieder kleinere Störungen bevorzugt
über Frankreich im Programm, die Deutschland aber meist nur am Rande tangierten.

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Vergleich mit anderen globalen Modellen


Die weiteren Globalmodelle führender Wetterdienste (z.B. ICON, GFS, UKMO, GEM)
beschreiben die großskaligen Strukturen vergleichbar zum IFS. Von wesentlicher
Bedeutung dabei ist, dass die Torgentwicklung über den Britischen Inseln
inklusive Abschnürungsprozess modellübergreifend konsistent simuliert werden.
Geringe Abweichungen gibt es zunächst nur bei der genauen räumlichen Einordnung
sowie Intensität der Systeme. Erst zum Wochenende möchte das GFS einen eigenen
Weg gehen. Demnach soll sich über Osteuropa erneut ein Höhentief von der
Strömung abkoppeln und als eigenständiges Drehzentrum über die Slowakei und
Tschechien hinweg bis in den Süden Deutschlands wandern, wo es sich am Samstag
und Sonntag sogar weiter aufplustern kann. Damit simuliert das GFS ab Freitag
zum IFS und ICON völlig konträre Verhältnisse über Mitteleuropa. Mit seinem Weg
steht das GFS aber bislang alleine da.
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Bewertung der Ensemblevorhersagen


Die Rauchfahnen diverser Städte in Deutschland zeigen bis zum Wochenende
überwiegend eine gute Vorhersagegüte. Vor allem in der Mitte und im Westen ist
bis einschließlich Freitag ein recht geringer Spread bei der Temperatur und auch
beim Geopotential zu verzeichnen. Im Norden, Osten und Süden spannt sich dagegen
schon ab Donnerstag der ENS-Raum auf. Verantwortlich sind Unsicherheiten hin zu
niedrigerem Geopotential und tieferen Temperaturen in 850 hPa. Am Wochenende
zeigen zwar über alle Städte hinweg die Mehrzahl der Member weiter einen
einheitlichen Verlauf der Temperatur oder des Geopotentials, einige Ausreißer
lassen den Spread allerdings auf bis zu 17 Grad oder 35 hPa anwachsen. Die
Meteogramme stützen die Rauchfahnen mit einer entsprechenden Box-Plot-Spanne.

Die Analyse der großskaligen Strukturen des Geopotentials und des Luftdrucks
bringt zu den gestrigen Ausführungen im Zeitraum von +72 bis +96h keine neuen
Erkenntnisse. Es werden weiterhin fünf Cluster präsentiert, die zunächst alle in
das Schema einer positiven NAO eingeordnet werden können, zum Ende des Zeitraums
aber überwiegend in ein blockierendes Schema übergehen. Die Unterschiede der
ersten drei nahezu gleichverteilten Cluster sind dabei sehr gering und betreffen
bevorzugt die Intensität des Troges und des vorderseitigen Rückens. Sowohl
Haupt- als auch Kontrolllauf befinden sich in Cluster 2. Das vierte und fünfte
Cluster lassen den Rücken über dem Atlantik nicht soweit nach Norden vorstoßen,
sodass über dem Atlantik die zonalen Strömungsverhältnisse aufrecht gehalten
werden. Gleichzeitig reicht der Trog im Vergleich zu den ersten Clustern weniger
weit nach Süden.

Im Zeitraum +120 bis +168h werden am heutigen Samstag sogar sechs Cluster
benötigt um die Unsicherheiten ausreichend zu beschreiben. Dabei zeigen die
ersten vier Cluster über den gesamten Zeitraum blockierende Verhältnisse, indem
sich das kräftige Höhenhoch von den britischen Inseln kommende über Mitteleuropa
einnistet. Abweichungen unter diesen Interpretationen gibt es bei der genauen
Lage des Schwerpunktes sowie auch der Intensität. Cluster 1 und 2 sind mit 14
bzw. 11 Member am stärksten vertreten und enthalten auch den Haupt- (Cluster 1)
und Kontrolllauf (Cluster 2). Die letzten beiden Cluster gehen einen eigenen
Weg, indem sie einen atlantischen Rücken bzw. weiter Verhältnisse einer pos. NAO
zeigen. Gestützt wird diese Außenseiterrolle von jeweils 6 Modellläufen.
Festzuhalten ist aber, dass auch sie für Deutschland überwiegend ruhiges
Herbstwetter im Programm haben.

In der erweiterten Mittelfrist im Zeitraum von +192 bis +240 reichen zwei
Cluster, um die Unsicherheiten im ENS-Raum zu erklären. Bei diesen beiden
Clustern ist weiter Blocking Trumpf. Allerdings kann sich ein Trog über
Westeuropa langsam an den deutschen Raum annähern. Wie stark dieser Trog
ausgeprägt ist und über welche Amplitude er verfügt, ist derzeit aber noch nicht
abschließend geklärt. Auch über dem Atlantik unterscheiden sich die Cluster
deutlich. Während Cluster 2 nahezu geschlossen von Neufundland bis zu den
Britischen Inseln und Frankreich hohes Geopotential zeigt, können sich bei
Cluster 1 mit Haupt- und Kontrolllauf immer wieder mehr oder weniger starke
Tröge zwischen das hohe Geopotential mischen.

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Wahrscheinlichkeiten für signifikante Wettererscheinungen


Vom EWI gibt es im mittelfristigen Zeitraum keine Hinweise bezüglich des
Modellklimas für überdurchschnittliche Wetterereignisse. Auch die Probabilsitik
ist recht schwach aufgestellt, was wiederum auf der prognostizierten ruhigen
Hochdruckwetterlage basiert.

Am Dienstag weht vor allem im Norden und Nordwesten noch ein teils kräftiger
Südwest- bis Westwind. Dabei muss vor allem im Küstenumfeld sowie auf
exponierten Berggipfeln noch mit stürmischen Böen (Bft 8) gerechnet werden. Am
Dienstag zeigen EZ-EPS, LEPS und ICON EPS im Norden 5 bis 30%, an der
nordfriesischen Küste auch bis 70% der Member stürmische Böen bis hin zu
einzelnen Sturmböen. Das EZ-EPS zeigt entgegen der anderen Modelle sogar geringe
Wahrscheinlichkeiten bis 15% im Emsland und Münsterland. An den Folgetagen
werden von den ENS für die direkten Küstengebiete weiterhin geringe Werte bis
20% für stürmische Böen präsentiert. EZ greift zudem am Donnerstag im Osten mit
ähnlichen Werten im Osten weiter ins Binnenland aus.

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Basis für Mittelfristvorhersage
EZ-EPS, ICON-EPS, anfangs auch det. EZ/ICON. Bei den Temperaturen auch MosMix,
aber Vorsicht mit dem Nebel oder Hochnebellotto.
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VBZ Offenbach / Dipl. Met. Lars Kirchhübel