DWD Synoptische Übersicht Kurzfrist

30-10-2020 18:01
SXEU31 DWAV 301800

S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Freitag, den 30.10.2020 um 18 UTC


Markante Wettererscheinungen:
Nach kurzem Zwischenhocheinfluss am Samstag wieder wechselhafter und
gebietsweise windig.

Synoptische Entwicklung bis Montag 12 UTC
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Aktuell ... befindet sich Deutschland unter einem Höhenrücken, dessen Achse eine
Linie von den Balearen über Luxemburg und Dänemark bis zum Skagerrak einnimmt
und der über Schweden hinweg bis nach Hammerfest eine schmale Verlängerung
besitzt. Weiter westlich schließt sich auf dem Nordostatlantik ein Trog an, an
dem zwei Randtröge zu erkennen sind. Einer davon hat sich zwischen Island und
Schottland eingefunden und wandert bis morgen Früh nach Norden ins Nordmeer
weiter. Er führt das mit ihm korrespondierende Bodentief MAROLA nach Island. Der
andere Randtrog erreicht zum Morgen hin Irland, wobei er unter Verkürzung seiner
Wellenlänge eine Verstärkung von derzeit rund 993 hPa auf 978 hPa des mit ihm
ziehenden Tiefs NINA erwirkt. Die Warmfront dieses Tiefs ist aktuell noch mit
der Kaltfront von MAROLA verbunden, in der Nacht reißt die Verbindung aber ab.
Im Bereich der abreißenden Warmfront regnet es in Nord- und Ostdeutschland
zeitweise. 12-stündig gesehen sind 1 bis 10 l/qm zu erwarten. Am meisten Regen
fällt voraussichtlich in der Lausitz.
Der Wind flaut durch den aufweichenden Gradienten infolge Druckanstiegs durch
den Rücken von Süden her immer mehr ab. So ist morgen Früh allenfalls noch auf
dem Brocken mit starken Böen zu rechnen.
Durch das aufkommende Absinken unter dem Rücken gibt es von Süden her zögerlich
auch Auflockerungen. Die relativ feuchte Luftmasse neigt dann allerdings zur
Nebelbildung.
Die Temperaturen sinken nur auf 13 bis 7 Grad unter den dichten Wolken in der
Nordhälfte, sonst auf 9 Grad in der Mitte und bis 0 Grad im äußersten Süden.

Samstag ... schwenkt der Randtrog vor Irland in leichter Kreisbewegung bis nach
Schottland weiter. Tief NINA wird dadurch in das Seegebiet knapp nördlich von
Schottland gesteuert. Zwar vertieft es sich zunächst noch bis etwa 975 hPa, in
den Nachmittagsstunden ist der Höhepunkt der Entwicklung mit zunehmend
achsensenkrechter Position zum Drehzentrum des Randtroges aber überschritten.
Deutschland verbleibt im Warmsektor des Tiefs in einer südwestlichen Strömung,
mit der zunehmend milde Subtropikluft aus südlichen Breiten zu uns strömt. Die
T850hPa steigen entsprechend auf 6 Grad im Nordosten bis 13 Grad im Südwesten.
Am Boden sind ergo Höchstwerte von 13 bis 18 Grad zu erwarten.
Mit dem weiter zunehmenden Absinken ergeben sich von Südwesten her einige
Aufheiterungen, letzter Regen (1 bis 3 l/qm) am Vormittag im Nordosten lässt
bald nach. Im Nordosten halten sich die Wolken unter den Resten feuchter Luft am
längsten.
Der Wind spielt tagsüber keine große Rolle, da Tief NINA den Gradienten über
Deutschland noch nicht merklich erhöhen kann. Vielmehr hält Hoch PIT durch einen
Stopp über Serbien dagegen. Der Wind weht folglich meist nur schwach bis mäßig
um Süd. Erst zum Abend hin frischt er an der Nordsee wieder stärker auf mit
vereinzelt ersten starken Böen Bft 7.

In der Nacht zum Sonntag verlagert sich der Randtrog über die nördliche Nordsee
nach Südnorwegen. Tief NINA wird dadurch ins Nordmeer gelenkt. Weil nun auch der
Rücken unter Abflachung nach Südosten zurückweicht, zieht das okkludierende
Frontensystem von Nordwesten nach Deutschland hinein. Es erreicht bis zum Morgen
etwa eine Linie von der Pfalz über Hessen und den Harz bis nach Mecklenburg.
Damit verbunden regnet es zeitweise mit Mengen von 1 bis 10 l/qm in 12 Stunden.
Darüber hinaus frischt der Wind mit dem Frontensystem wieder etwas auf und sorgt
an der Nordsee und im höheren Bergland für starken Böen Bft 7. Exponiert sind
stürmische Böen Bft 8 dabei, auf dem Brocken kann es vereinzelt zu schweren
Sturmböen Bft 10 kommen.
Vor dem Frontensystem bleibt es im Osten und Süden noch trocken bei allmählich
zunehmender Bewölkung. Gebietsweise bildet sich Nebel, bevorzugt im südöstlichen
Bayern. Im Osten weht der Wind dafür meist schon wieder zu stark.
Die Temperaturen sinken auf 13 bis 7 Grad unter den Wolken und auf 9 bis 1 Grad
sonst.

Sonntag ... zieht das okkludierende Frontensystem von Tief Nina, das sich kaum
verlagert und damit immer noch knapp östlich vor Irland befindet, in der nun
westlichen Höhenströmung über Deutschland nach Osten und noch etwas nach Süden
weiter. Erneut fallen 1 bis 10, in einigen Staulagen der Mittelgebirge um 12
l/qm in 12 Stunden. Südlich des Frontensystems überwiegt der Hochdruckeinfluss,
dort regnet es kaum. Meist dichte Wolken lockern dort jedoch nur selten mal auf.
Im Nordwesten stellt sich postfrontal eine kurze Regenpause ein, die allerdings
nicht von langer Dauer zu sein scheint. Durch einen neuen Randtrogvorstoß, der
in das Seegebiet zwischen Island und Schottland gerichtet ist, verstärkt sich
ein über dem Nordostatlantik liegendes drittes für uns relevantes Tief, in dem
auch Reste des ehemaligen Tropensturms ZETA involviert sind. Dieses Tief kann
sich bis auf einen Kerndruck von nahe 950 hPa verstärken. Es gelangt bis abends
ins Seegebiet südlich von Island bzw. nordwestlich von Schottland. Ausläufer des
Tiefs greifen nachmittags auf den Nordwesten über und bringen ebenfalls
zeitweise Regen mit Mengen von 1 bis 5 l/m bis zum Abend.
Mit den beiden Frontensystemen nimmt der Tiefdruckeinfluss insgesamt zu, sodass
der Hochdruckeinfluss immer mehr zurückweicht und der Gradient sich wieder
verstärkt. Im Tiefland weht mäßiger, in der Nordhälfte teils frischer und böiger
Südwestwind. An der Nordsee, im nördlichen Schleswig-Holstein sowie auf den
Bergen treten starke bis stürmische Böen Bft 7 bis 8 auf. Auf den höheren
Gipfeln gibt es Sturmböen Bft 9, auf dem Brocken wieder schwere Sturmböen Bft
10.
Mit Höchsttemperaturen von 13 bis 19 Grad bleibt es mild.

In der Nacht zum Montag wird der Langwellentrog über dem Nordostatlantik durch
einen Kaltluftvorstoß über der Labradorsee regeneriert. Der Randtrog zwischen
Island und Schottland mit eigenem Drehzentrum muss infolgedessen ein wenig nach
Osten weichen.
Das Frontensystem von Tief NINA zieht aus Deutschland heraus, das Frontensystem
des dritten Tiefs dagegen weiter zu uns hinein. Von Nordwesten her breitet sich
also neuer Regen aus, der bis auf die mittleren Landesteile übergreift. Dann
fallen 1 bis 5, im Norden 5 bis 15 l/qm Regen in 12 Stunden. Im Osten und Süden
ist es hinter dem abziehenden ersten Frontensystem vorübergehend trocken.
Es sei erwähnt, dass sich die Modelle uneinig sind über das recht komplexe
Geflecht von Tiefdruckgebieten und ihren Ausläufer sowie den zugehörigen
Feuchtefeldern am Sonntag. So deutet beispielsweise die deutsche Modellkette an,
dass das zweite Frontensystem schneller auf den Osten übergreift.
Wie auch immer bleibt der Gradient in dieser Situation stark, sodass auch nachts
an der Nordsee und in den Bergen starke bis stürmische Böen aus Südwest
vorkommen. Exponiert sind weiterhin stürmische Böen, auf dem Brocken vereinzelt
orkanartige Böen Bft 11 mit von der Partie.
Im Süden ist, sofern dort kein Regen fällt und vielleicht die eine oder andere
Auflockerung vorkommt, bei etwas schwächerem Wind Nebel möglich.
Die Tiefsttemperaturen liegen unter den meist vielen Wolken zwischen 15 und 7
Grad, im Südosten örtlich bei 5 Grad.

Montag ... nähert sich der Langwellentrog nur langsam Mitteleuropa an. Die
südwestliche Strömung, in der auch die Frontalzone eingebettet ist, bleibt
erhalten. Deutschland befindet sich weiterhin im breiten Warmsektor des dritten
Tiefs, das sich mit einem vierten Tief zusammenschließt und bis abends nach
Nord-Norwegen zieht.
Im Warmsektor fällt nur gelegentlich Regen. Nach Süden hin, wo zusätzlich
höherer Luftdruck anzutreffen ist, bleibt es zum Teil ganz trocken. Vor allem
dort lockert es örtlich auf.
Am Abend greift dann die Kaltfront des dritten Tiefs auf den Nordwesten von
Deutschland über, sodass dort neue Regenfälle ausgelöst werden.
Der Gradient ist im Warmsektor allerdings weiterhin beachtlich und der Wind
spielt eine prominente Rolle. Im Westen und Südwesten sowie an der Ostsee kommt
es zu starken Böen bis ins Tiefland. An der Nordsee und im Bergland sind
stürmische Böen dabei, auf exponierten Berggipfeln gibt es Sturmböen, auf dem
Brocken orkanartige Böen.
Die Temperaturen steigen bei Zufuhr milder Luftmassen auf 15 bis 23 Grad.



Modellvergleich und -einschätzung
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Vor allem am Sonntag gibt es noch einige Diskrepanzen zwischen den Modellen. Für
das Warngeschäft sind sie allerdings nur untergeordnet relevant. Am Montag
zeigen die Modelle wieder größere Übereinstimmungen.


Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Simon Trippler