DWD Synoptische Übersicht Kurzfrist

20-10-2020 17:01
SXEU31 DWAV 201800

S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Dienstag, den 20.10.2020 um 18 UTC


Markante Wettererscheinungen:
An den Alpen Föhn, auf den Bergen Sturmböen, auf dem Brocken schwere Sturmböen,
später Orkanböen. Am Mittwoch im Westen und Norden starke, an der Nordsee
stürmische Böen. In der Nacht im Südosten örtlich Frost und Nebel.
Synoptische Entwicklung bis Freitag 12 UTC
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Aktuell ... und in der Nacht zum Mittwoch befindet sich Mitteleuropa auf der
Vorderseite eines Langwellentroges über dem Westen des Kontinents und dem nahen
Ostatlantik, der Höhenrücken verläuft vom westlichen Mittelmeer bis nach
Südosteuropa und wird bei seiner Ostverlagerung durch ein Höhentief über
Griechenland eingeschränkt. Damit befindet sich Deutschland in einer
südwestlichen Höhenströmung, die bei der Betrachtung der Isohypsen leicht
antizyklonal geprägt ist. Am Boden maßgeblich sind eine Frontalzone, die zum
Abendtermin ausgehend von einem Bodentief bei Irland über die Nordsee und
Nordwestfrankreich bis in den Nordwesten der Iberischen Halbinsel verläuft.
Kräftige WLA und leichte PVA induzieren dabei vom Westen bis in den Nordosten
leichten bis mäßigen Regen, dabei kommen vom Niederrhein bis nach Mecklenburg
bis 10 l/qm/12h zusammen (in Staulagen des westlichen Berglandes etwas mehr),
sonst sind die Mengen geringer. Im Süden dominiert dagegen eine föhnige
Überströmung der Alpen, die die Luft abtrocknen lässt. In manchen
Donauniederungen können während der Nacht einzelne Nebelfelder entstehen, im
Bayerischen Wald sinkt die Temperatur in den leichten Frostbereich. Der
entscheidende Warnparameter während der Nacht ist jedoch der Wind: Durch die
leichte Meridionalisierung der Höhenströmung dreht der Wind in 500 hPa zunehmend
auf SSW und sorgt dabei in Kombination mit einer leichten Zunahme der Stärke für
eine bessere Föhnkonfiguration. In den Hochlagen werden Sturmböen, auf den
exponierten Gipfeln einzelne schwere Sturmböen erwartet. In den prädestinierten
Föhntälern muss zunehmend mit einzelnen starken, vereinzelt auch stürmischen
Böen gerechnet werden (Druckgradient S-N um 6 hPa). In den sonstigen höheren
Lagen des Berglandes sind es meist stürmische Böen, auf exponierten Kuppen ist
die eine oder andere Sturmböen nicht ausgeschlossen, auf dem Brocken treten
zunehmend schwere Sturmböen aus Süd bis Südwest auf. Im Flachland ist der Wind
dagegen meist kein großen Warnthema, nur in Ostsachsen treten in
Süd-Nord-orientierten Tälern weiterhin starke Böen auf. An der Nordsee flaut der
Wind meist ab.

Mittwoch ... ändert sich an der grundlegenden Konfiguration des Langwellentroges
über Westeuropa nur wenig. Erwähnenswert ist aber die weiterhin leicht auf Süd
drehenden Höhenkonfiguration, damit bleibt die Föhnsituation an den Alpen in
ähnlicher Stärke wie in der Nacht bestehen. Der Druckgradient am Boden zwischen
der Alpensüd und -nordseite verstärkt sich jedoch um wenige hPa, womit sich die
Wahrscheinlichkeit für stürmische Böen in den dafür besonders anfälligen
Föhntälern erhöht. Im Norden wird die Warmfront des nun steuernden Tiefs über
dem Osten Englands über Norddeutschland hinweg nach Dänemark geführt. Der damit
in Verbindung stehende Regen betrifft damit am Vormittag noch den Norden des
Landes, am Nachmittag bleibt es dann meist trocken. Von den Niederschlägen geht
damit keine Warnrelevanz aus, denn die höchsten Mengen werden mit örtlich 15 bis
20 l/qm/24 Stunden begrenzt sein. Sehr wohl erwähnenswert ist aber die
Windentwicklung: Auch abseits der Alpen kommt es im Bergland zu stürmischen Böen
aus Süd bis Südwest, auf exponierten Kuppen zu vereinzelten Sturmböen, auf dem
Brocken zu schweren Sturmböen bis Orkanböen. Im Flachland treten die ersten
starken Böen am Vormittag im Saarland und in Rheinland-Pfalz auf und weiten sich
im Laufe des Tages auf die Nordwesthälfte aus. An der Nordsee steigt am späten
Nachmittag die Wahrscheinlichkeit für stürmische Böen, auf Helgoland sind
Sturmböen zu erwarten. Die starken Böen in Ostsachsen bleiben bestehen. In der
Nacht zum Donnerstag fächert der Druckgradient von Südwesten her leicht auf,
damit verliert der Wind dort meist seine Warnwürdigkeit. Im Norden werden
zunächst noch starke bis stürmische Böen erwartet, nach Mitternacht sind meist
nur mehr die Küstenregionen betroffen. Der Föhn an den Alpen schwächelt
ebenfalls etwas, in den Tälern kommt es nur noch ab und zu zu starken Böen, in
den höheren Lagen sind es meist noch einzelne stürmische Böen. In der Mitte
begrenzen sich die stürmischen Böen auf die Kammlagen der Mittelgebirge, auf den
Brocken ist die eine oder andere schwere Sturmböen denkbar. Zu leichtem Frost
kann es im Bayerischen Wald und in manchen windgeschützten Tälern der Alpen
kommen, Nebel ist wieder in den Donauniederungen möglich.

Donnerstag ... befindet sich Deutschland weiterhin zwischen dem sich in seiner
Lage kaum veränderten Langwellentrog über Westeuropa und dem mächtigen
Höhenrücken über dem Südosten des Kontinents. Dabei gilt zu beachten, dass der
Rücken durch einen von der Nordsee nach Osten wandernden Kurzwellentrog etwas
abgeflacht wird. Am Boden steht dieser in Verbindung mit einem von
Großbritannien nach Südskandinavien ziehenden Bodentiefs (Kerndruck um 993 hPa),
das dazugehörende teilokkludierte Frontensystem erreicht dabei zum Mittagstermin
den Nordwesten des Landes und sorgt dort für den Zustrom kühlerer und feuchter
Luft. Der Süden bleibt dagegen noch in wärmerer Luft subtropischen Ursprungs.
Während sich die Föhnsituation an den Alpen aufgrund der etwas auf Südwest
drehenden Höhenströmung und der Abnahme des Druckgradienten zunehmend auflöst,
greift der Wind in der Nordwesthälfte wieder ins Warngeschehen ein. Durch die
Gradientverschärfung an der Flanke des Bodentiefs kommt es im Binnenland zu
starken Böen, an der Nordsee zunehmend zu stürmischen Böen. Eingangs der Nacht
zum Freitag zieht sich das Windfeld mit Auffächerung des Gradienten in den
äußersten Norden zurück. Auf den Bergen muss generell mit einzelne Sturmböen
gerechnet werden. Im Bereich der diagonal über Deutschland liegenden Kaltfront
kommt es gebietsweise zu schauerartigen Niederschlägen, die sich in der Nacht in
die Südhälfte verlagern. Hinweise auf die Überschreitung von Warnschwellen gibt
es aktuell nicht. Im Nordwesten besteht während der Nacht eine erhöhte
Wahrscheinlichkeit für teils dichten Nebel, wenn entsprechendes Aufklaren
stattfindet.

Freitag ... zieht der Höhenrücken endgültig nach Südosteuropa ab, die
Höhenströmung fächert etwas auf und dreht auf Südwest. Im Bereich des
schleifenden Frontenzuges über Süddeutschland fällt weiterhin zeit- und
gebietsweise leichter bis mäßiger Regen, der eventuell im Südschwarzwald zu
staubedingten etwas erhöhten Mengen führen kann. Im Norden kommt es dagegen im
Bereich der dort eingeflossenen frischen Meeresluft zu einzelnen Schauer, die
sich vor allem auf die Küste fokussieren werden. Neben den Schauern ist dort
auch der Wind ein Thema, mit einzelnen starken Böen an der See. In der Nacht zum
Samstag greift von Belgien und den Niederlanden ein Randtrog auf den Norden über
und facht dort die schauerartigen Niederschläge etwas an. Auch die schleifende
Luftmassengrenze um Süden kommt aufgrund einer Zyklogenese über dem westlichen
Mittelmeer nicht weiter nach Süden voran und sorgt entlang und südlich der Donau
für weiteren Regen. Auf den Bergen sowie an der Nordsee muss mit einzelnen
stürmischen Böen aus Südwest gerechnet werden.


Modellvergleich und -einschätzung
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Bei der Durchsicht der verschiedenen Modelle sind keine großen Abweichungen
festzustellen. Natürlich gibt es kleinere Diskrepanzen bei den Modelloutputs für
die genaue Regenverteilung, die aber aufgrund der fehlenden Warnrelevanz
vernachlässigt werden können. Bei den simulierten Böen ist ICON etwas offensiver
als die anderen Modelle, vor allem im Saarland und in Rheinland-Pfalz besteht
daher eine erhöhte Wahrscheinlichkeit für einzelne stürmische Böen.


Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Mag.rer.nat. Florian Bilgeri