DWD Synoptische Übersicht Kurzfrist

04-10-2020 07:01
SXEU31 DWAV 040800

S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Sonntag, den 04.10.2020 um 08 UTC


GWL und markante Wettererscheinungen:
TB bzw. TrW
Typisches Herbstwetter: Leicht unbeständig und verhältnismäßig mild; zeitweise
windig mit steifen, exponiert stürmischen Böen, auf den Gipfeln Sturm-,
exponiert schwere Sturmböen.

Synoptische Entwicklung bis Dienstag 24 UTC
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Sonntag... befindet sich Deutschland auf der Vorderseite eines umfangreichen und
hochreichenden Zentraltiefs mit Drehzentrum über England, das zunächst nur wenig
Verlagerungstendenz aufweist, unterhalb einer südsüdöstlichen Höhenströmung.
Dabei passieren im Tagesverlauf zwei flache und kurzwellige Randtröge das
Vorhersagegebiet nordwärts, wobei die Höhenströmung mehr auf südliche Richtungen
dreht. Der erste Randtrog hat inzwischen, begleitet von schauerartigen
Regenfällen, die westlichen und mittleren Landesteile erreicht und bis zum
frühen Nachmittag auch Norddeutschland überquert. Die Gradientverschärfung
vorderseitig eines korrespondierenden Bodentroges hat zu einer Windzunahme
geführt, so dass es vor allem vormittags und mittags im Westen, Südwesten sowie
in den mittleren Landesteilen recht verbreitet steife (Bft 7), exponiert bzw. in
freien Lagen auch stürmische Böen (Bft 8) aus südlichen, vorübergehend auch aus
südwestlichen Richtungen gibt. In den Kamm- und Gipfellagen der Mittelgebirge
muss auch mit Sturm-, auf exponierten Gipfeln vorübergehend mit schweren
Sturmböen (Bft 9 bis 10) gerechnet werden. Über der Nordsee macht sich
vorderseitig des Troges ebenfalls eine Windzunahme bemerkbar; dort kommt der
Wind mit Böen Bft 7, an exponierten Abschnitten Bft 8 aus Süd bis Südost. Am
Nachmittag und Abend fächert der Gradient allerdings bereits wieder auf und der
Wind flaut allmählich ab.
Der zweite kurzwellige Troganteil greift bereits am Vormittag von Südwesten her
auf das Vorhersagegebiet über und kommt bis zum Abend nach Norddeutschland
voran. Er wird verstärkt von KLA überlaufen, die die PVA-induzierte
vorderseitige Hebung dämpft und erweist sich als insgesamt weniger
wetterwirksam. Dennoch gelangt mit ihm etwas höhenkältere Luft in den Westen und
Südwesten des Landes (-22 bis -24 Grad in 500 hPa bei +3 bis +5 Grad in 850
hPa), die vor allem zum Abend hin zu einer Labilisierung der Luftmasse führt.
Insgesamt wird allerdings eine eher gedämpfte Schauertätigkeit simuliert, und ob
es auch für vereinzelte Gewitter reicht, ist mehr als fraglich. Die Konvektion
erlaubenden Modelle sind diesbezüglich sehr defensiv aufgestellt.
Mit dem leichten Rückdrehen der Höhenströmung setzt an den Alpen vorübergehend
leichter Föhn ein; zumindest in den Gipfellagen kann es Sturmböen, exponiert
auch schwere Sturmböen aus südlichen Richtungen geben. Ob der Föhn bis in höher
gelegene Täler durchgreifen kann, muss aber abgewartet werden.
Insgesamt hält sich auch im Westen sowie in den mittleren Landesteilen die
Schauertätigkeit in Grenzen, mehr als wenige mm kommen dort nicht zusammen. Im
Südosten und Osten sowie in weiten Teilen der Norddeutschen Tiefebene bleibt es
(nach Abzug einer Kaltfront, auf deren Rückseite es aktuell noch im Nordosten
regnet) meist trocken. Vor allem von Ostbayern bis zur Lausitz scheint im
Tagesverlauf häufig die Sonne. In 850 hPa steigen die Temperaturen innerhalb der
niedertroposphärischen Südsüdwestströmung auf 6 bis 8 Grad, am Alpenrand bis 10
Grad, was in Höchstwerte zwischen 17 und 21, vielleicht 22 Grad mündet. Auch
sonst bleibt es innerhalb der gut durchmischten Meeresluftmasse mit 13 bis 18
Grad verhältnismäßig mild.

In der Nacht zum Montag verlagert das Zentraltief sein Drehzentrum in 500 hPa,
aber auch im Bodenfeld ganz allmählich zur südwestlichen Nordsee. Der Randtrog
über der südlichen Nordsee und Norddeutschland zieht nach Norden ab, ein
weiterer greift in der zweiten Nachthälfte von Frankreich her auf den Südwesten
des Landes über.
Im Bodenfeld verstärkt sich am ostbayerischen Alpenrand durch den Föhn ein
Lee-Tief und zieht über Böhmen bis Montagfrüh nach Sachsen. Rückseitig stößt ein
Hochkeil ins Alpenvorland vor, so dass der Föhn rasch zusammenbricht. An der
Westflanke des Tiefs stellt sich eine Gegenstromlage ein (Nordwest am Boden, Süd
in der Höhe), somit setzt zunächst im Südwesten leichter Regen ein, der sich im
Laufe der Nacht über weite Teile Bayerns (hauptsächlich Franken) und Thüringen
bis ins westliche Sachsen bzw. nach Sachsen-Anhalt ausweitet. Vor allem vom
Hochrhein über Oberschwaben bis ins Allgäu fallen teilweise mehr als 5 mm in 12
Stunden, sonst meist weniger.
Insgesamt weicht der Gradient mit dieser Tiefentwicklung weiter auf, so dass es
auch in den Hochlagen kaum mehr warnrelevante Böen gibt. Lediglich ganz im
Westen und im Nordwesten bleibt er noch recht scharf ausgeprägt; dort reicht es
in exponierten Hochlagen, vor allem aber über der Deutschen Bucht weiterhin für
Böen Bft 7, exponiert Bft 8 aus Süd bis Südost. Mit Annäherung des Zentraltiefs
und eines weiteren Bodentroges lebt ausgangs der Nacht ganz im Westen auch
wieder die Schauertätigkeit etwas auf.
Da es vielerorts bewölkt bleibt, ist Nebel nur gebietsweise Thema. Die
Tiefstwerte liegen meist zwischen 11 und 5 Grad, an den Küsten etwas darüber.

Montag... schwenkt die vom Zentraltief ausgehende Haupttrogachse bis zum Abend
nach West- bzw. Südwestdeutschland, ein vorlaufender Randtrog zieht von den
mittleren Landesteilen über Nord- und Nordostdeutschland hinweg nordwärts.
Drehzentrum des Troges und Bodentief kommen bis zum Abend allmählich zur
mittleren Nordsee voran, wobei sich das Bodentief aufgrund achsensenkrechter
Position etwas auffüllt.
Das Bodentief über Sachsen zieht bis zum Abend nordwärts Richtung Ostsee. An
dessen west- und Südwestflanke fällt nach wie vor Regen, der sich noch auf das
östliche Niedersachsen, eventuell Ostholstein und nach Mecklenburg-Vorpommern
ausweitet und mittags bzw. nachmittags zumindest in Bayern wieder nachlässt.
Dabei werden meist 1 bis 5 mm simuliert, in der Osthälfte gebietsweise auch bis
nahe 10 m in 12 Stunden.
Vorderseitig des Tiefs kann vor allem nach Vorpommern und Nordbrandenburg um die
Mittagszeit bzw. am Nachmittag von Polen her vorübergehend eine bis etwa 450 hPa
potenziell instabil geschichtete Luftmasse vordringen, ICON-EU simuliert dort
sogar etwas Cape. Einzelne Gewitter sind unter diesen Bedingungen (PPW-Werte
immerhin über 25 mm) nicht ausgeschlossen, wenngleich die konvektiven Modelle
aktuell (noch?) keine auf der Agenda haben.
Mit Annäherung der Haupttrogachse setzen im Tagesverlauf auch im Südwesten und
Westen schauerartige Regenfälle ein, die sich auch noch auf den südlichen
zentralen Mittelgebirgsraum ausweiten. Dort dürfte die Labilität aber kaum für
Gewitter reichen. Bis zum Abend können im Schwarzwald in einigen Staulagen mehr
als 10 mm fallen, sonst sind es oft weniger als 5 mm.
Allerdings verschärft sich mit Annäherung eines mit dem Trog korrespondierenden
Bodentroges der Gradient und der Wind frischt - unterstützt auch durch den
Tagesgang - wieder auf. Vor allem von Baden-Württemberg ausgreifend bis nach
Unter- bzw. Mittelfranken sowie nach Hessen, Thüringen und Süd-NRW gibt es
erneut steife Böen (Bft 7), exponiert bzw. in Schauern auch stürmische Böen (Bft
8) aus Süd bis Südwest, auf exponierten Gipfeln einiger Mittelgebirge Sturmböen
(Bft 9). Auch über der Nordsee kann es nach wie vor steife, exponiert stürmische
Böen aus südlichen Richtungen geben.
Die Sonne zeigt sich am ehesten noch im Norden, auch im Südosten lockern die
Wolken nach Abzug des leichten Regens wieder auf. Bis zum Abend werden weite
Teile des Landes von Meeresluft subpolaren Ursprungs geflutet (T850 hPa zwischen
3 und 6 Grad), die Höchstwerte liegen meist zwischen 12 und 18 Grad.

In der Nacht zum Dienstag schwenkt die Haupttrogachse über das Vorhersagegebiet
hinweg nordwärts und erreicht morgens bereits den Süden Dänemarks bzw. die
Ostsee. Dahinter stellt sich eine leicht mäandrierende westsüdwestliche
Höhenströmung ein, innerhalb derer kurzwellige Troganteile in Verbindung mit WLA
immer wieder dynamischen Hebungsantrieb liefern, so dass sich die schauerartigen
Regenfälle im Westen und Südwesten allmählich auf weite Teile Bayerns (außer
Süd- bzw. Südostbayern) und auf die mittleren Landesteile ausweiten. Gewitter
kann man nie vollständig ausschließen, die Wahrscheinlichkeit dafür ist aber
weiterhin sehr gering.
Im Nordosten lässt der Regen dagegen nach Abzug des Bodentiefs nach.
In den Staulagen des Schwarzwaldes können dabei gebietsweise mehr als 25 mm in
12 Stunden fallen (Dauerregen), sonst sind es meist weniger als 10 mm, lediglich
in Staulagen auch mal etwas mehr.
Dazu weht vor allem im Südwesten, Westen und in der Mitte weiterhin lebhafter
Südwestwind, der in den Niederungen zwar vorübergehend etwas nachlässt, mit
Durchzug von Bodentrögen aber auch nachts zwischendurch immer wieder auffrischen
und dann auch Warnrelevanz (Bft 7) aufweisen kann. In den Kamm- und Gipfellagen
der Mittelgebirge gibt es stürmische Böen, auf exponierten Gipfeln Sturmböen.

Dienstag... verlagert das (ehemalige) Zentraltief sein Drehzentrum zusammen mit
dem sich weiterhin zögernd auffüllenden Bodentief allmählich zur nördlichen
Nordsee, wobei es mehr und mehr in die Zirkulation eines Höhentroges über dem
mittleren Nordatlantik (Drehzentrum westlich von Island) eingebunden wird und
eher als Randtrog fungiert. An dessen Südflanke vollzieht sich eine allmähliche
Umstellung auf eine recht weit südlich verlaufende zyklonale Westlage. In die
westsüdwestliche Höhenströmung eingebettet, verlagert sich ein kurzwelliger
Randtrog am Vormittag und Mittag über das Vorhersagegebiet hinweg ostwärts, ein
weiterer greift abends auf den Südwesten über.
Die schauerartigen Regenfälle kommen somit über die Mitte des Landes noch etwas
nach Nordosten voran, schwächen sich aber mit Abzug des ersten Kurzwellentroges
dabei deutlich ab. Bereits am späten Vormittag bzw. um die Mittagszeit greifen
vorderseitig der nächsten Kurzwelle in Verbindung mit einem okkludierten
Frontensystem erneut Schauer auf den Südwesten und Westen Deutschlands über und
kommen rasch bis in die mittleren Landesteile voran. Dabei ist die Luftmasse bis
über 500 hPa leicht labil geschichtet und es wird auch etwas Cape simuliert, so
dass kurze Gewitter wahrscheinlicher werden. Vor allem im Südwesten werden recht
verbreitet mehr als 5 mm, gebietsweise auch mehr als 10 mm in 12 Stunden
simuliert.
Obwohl der Gradient eher ein wenig auffächert, frischt der Wind mit dem
Tagesgang und der zunehmenden turbulenten Durchmischung eher noch etwas auf und
es gibt vor allem im Südwesten, Westen sowie in der "breiten" Mitte häufiger
steife, in Schauer- und Gewitternähe vereinzelt auch mal stürmische Böen aus
Südwest. In den Kamm- und Gipfellagen der Mittelgebirge und der Alpen muss
weiterhin mit Sturm- exponiert vereinzelt auch mit schweren Sturmböen gerechnet
werden.
Im Norden und Nordosten fällt die Windentwicklung insgesamt etwas schwächer aus,
steife Böen gibt es lediglich an den Küsten sowie in Schauern bzw. Gewittern.
Die Sonne zeigt sich ab und zu mal zwischen den Schauern, vor allem im Osten und
Südosten, an den Alpen stellt sich leichter "Westföhn" ein. Dort und im
angrenzenden Vorland werden gebietsweise 20 Grad erreicht, sonst liegen die
Höchstwerte meist zwischen 12 und 18 Grad.

In der Nacht zum Mittwoch greift ein etwas breiter angelegter Trog auf das
Vorhersagegebiet über. In 500 hPa sinkt die Temperatur dabei auf etwa -22 bis
-25 Grad, in 850 hPa auf 1 bis 4 Grad. Die Folge sind weitere Schauer, eventuell
auch kurze Gewitter, vor allem im Süden sowie im Nordseeumfeld gebietsweise auch
schauerartige Regenfälle (mit Mengen kleinräumig über 10 mm in 12 Stunden).
Insgesamt sind die Niederschläge recht inhomogen verteilt und es gibt auch noch
kleinere Modelldifferenzen, tendenziell fallen die Mengen im Norden und
Nordosten (außer an der Nordsee) aber nur gering aus, gebietsweise kann es vor
allem dort auch trocken bleiben.
Bei nur wenig auffächernden Gradienten nimmt der Wind vor allem tagesgangbedingt
in den Niederungen wieder ab und ist meist nicht mehr warnrelevant. In den Kamm-
und Gipfellagen der Mittelgebirge und der Alpen kann es aber nach wie vor
Sturmböen aus Südwest bis West geben.


Modellvergleich und -einschätzung
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Anhand der synoptischen Basisfelder lassen sich im Kurzfristzeitraum keine
signifikanten Unterschiede ausmachen. Mit kleineren Differenzen behaftet sind
noch die simulierten Niederschläge. Bzgl. Dauerregen im Schwarzwald ist dabei
das ICON-EU noch am offensivsten aufgestellt, ansonsten lassen sich keine
warnrelevanten Modellunterschiede ausmachen.

Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Jens Winninghoff