DWD Synoptische Übersicht Kurzfrist

29-09-2020 07:01
SXEU31 DWAV 290800

S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Dienstag, den 29.09.2020 um 08 UTC


GWL und markante Wettererscheinungen:
HFz
Wenig spektakulärer Septemberausklang ohne signifikante Wettererscheinungen.

Synoptische Entwicklung bis Donnerstag 24 UTC
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Dienstag... befindet sich Deutschland zwischen einem Höhentief über Südosteuropa
(dessen Drehzentrum sich von Ungarn bis zur kommenden Nacht nach Rumänien
verlagert) und einem umfangreichen Langwellentrog über dem mittleren
Nordatlantik mit Drehzentrum westlich von Island im Bereich schwacher
Potenzialgegensätze, wobei sich ein flacher Höhenrücken von Frankreich und
Benelux allmählich auf den Westen des Vorhersagegebietes übergreift.
Dieses wenig dynamische Umfeld korrespondiert im Bodenfeld - wie nicht anders zu
erwarten - mit einer sehr flachen Druckverteilung bei gleichzeitigem schwachen
Druckanstieg. An der Westflanke eines vom Höhentief bis nach Polen reichenden
flachen Höhentroges führen schwache WLA und Aufgleitprozesse vor allem am
Vormittag in der Lausitz noch zu leichten Regenfällen, die aber allmählich
südostwärts abziehen. Westlich daran anschließend macht sich vorderseitig des
Höhenrückens Absinken bemerkbar, vor allem von der Ostsee südwärts bis nach
Thüringen und nach Oberfranken bzw. die Oberpfalz bzw. westwärts bis nach
Ostholstein und ins östliche Niedersachsen reichend scheint häufig die Sonne und
es bleibt trocken, wobei sich die Auflockerungen am Nachmittag auch in der
Lausitz bemerkbar machen.
Die Westhälfte und der Südwesten befinden sich hingegen noch im Einflussbereich
eines Bodentroges, der aktuell von einem flachen Tiefdruckgebiet über der
mittleren Nordsee bis nach Baden-Württemberg reicht, etwas nach Osten vorankommt
und sich dabei im Einflussbereich des Höhenrückens nur langsam auffüllt. Ein
konvergentes Windfeld, niedertroposphärische WLA und eine bis etwa 600 hPa
hinauf feuchtegesättigte Luftmasse führen vor allem im Westen zu teils länger
anhaltenden Regenfällen meist leichter, am Vormittag vorübergehend aber auch
mäßiger Intensität. ICON-EU und auch der aktuelle GFS-Lauf simulieren im
Westmünsterland bzw. im westlichen Ruhrgebiet gebietsweise mehr als 10 mm in 6
Stunden zwischen 06 und 12 UTC, C-D2 hat geringere Mengen auf der Agenda, so
dass ein Überschreiten irgendwelcher Warnschwellen bzgl. Stark- oder Dauerregen
unwahrscheinlich erscheint.
Im Südwesten und Süden bleibt es innerhalb der feuchten Luftmasse ebenfalls
überwiegend stark bewölkt, wobei mit Übergreifen eines flachen Bodenhochkeils
auf Südwestdeutschland die Grundströmung dort auf Nordwest dreht und es aufgrund
von Staueffekten auch an den Alpen bzw. im südlichen Alpenvorland sowie im
Südschwarzwald einige mm regnen kann. Ansonsten fällt nur gebietsweise etwas
Regen oder Nieselregen ohne nennenswerte Mengen.
Bei schwacher niedertroposphärischer WLA steigen die Temperaturen in 850 hPa bis
zum Abend auf Werte zwischen 4 Grad im Südosten und 8 Grad im Nordwesten. Das
mündet in Höchstwerte zwischen knapp über 10 Grad am meist trüben Alpenrand und
bis nahe 20 Grad mit Sonne im Bereich Sachsen-Anhalt bis nach Westmecklenburg.
Meist liegen die Werte aber zwischen 13 und 17 Grad.

In der Nacht zum Mittwoch schwenkt der flache Höhenkeil ins Vorhersagegebiet,
wird aber vor allem über der Mitte mehr und mehr abgebaut und wir gelangen
vorübergehend in einen Sattelpunktsbereich ohne jedwede dynamische Antriebe. Der
umfangreiche Langwellentrog über dem mittleren Nordatlantik kommt unter
Amplifizierung nur langsam nach Osten voran und erreicht morgens mit seiner
Achse das Seegebiet westlich von Irland, vorlaufend weitet sich ein flacher
Randtrog im Laufe der zweiten Nachthälfte von der Nordsee nach
Nordwestdeutschland aus.
Der Bodentrog über Nordwestdeutschland füllt sich weiter auf und ist später als
solcher kaum mehr auszumachen. Die korrespondierenden, sich weiter
abschwächenden Regenfälle greifen auf die mittleren Landesteile über, wobei nur
noch gebietsweise wenige mm zusammenkommen, ebenso an den Alpen. Vorderseitig
des weiter oben erwähnten Randtroges gibt es auch im Westen noch gebietsweise
schauerartigen Regen. Insgesamt werden die Wolkenlücken auch im Osten/Nordosten
kleiner, dort, wo es gering bewölkt bleibt, kann sich aber gebietsweise dichter
Nebel bilden. Im Nordwesten verläuft die Nacht im Einflussbereich der dorthin
advehierten Meeresluft mit Minima zwischen 15 und 10 Grad mild, sonst wird es
mit 10 bis 5 Grad recht frisch, vor allem dort, wo es längere Zeit gering
bewölkt bleibt.

Mittwoch... nimmt der Höhentrog über Nordwest- bzw. Westeuropa mit Vorstoß eines
kurzwelligen Troganteiles von Nordwesten her etwas an Fahrt auf und greift unter
Wellenlängenverkürzung und weiterer Amplifizierung auf Irland und die Biskaya
über. Vorderseitig dreht die Höhenströmung über dem Westen und Nordwesten des
Landes im Tagesverlauf auf Südwest bis Süd und durch WLA kann sich der
vorgelagerte Höhenrücken über Süddeutschland wieder etwas aufwölben.
Im Bodenfeld korrespondiert der Trog mit einer langgestreckten Tiefdruckzone,
die von Island bis zu den Hebriden reicht und im Tagesverlauf auf Schottland
übergreift, wobei sich dort aus einer Welle heraus ein Teiltief bildet. Mit
Annäherung der Tiefdruckzone setzt auch im Vorhersagegebiet Druckfall ein. Die
noch gebietsweise auftretenden leichten Regenfälle über den mittleren
Landesteilen lassen mangels Konfluenz im Bodenfeld weiter nach, allerdings
bleibt es bei leichter WLA meist stark bewölkt und auch im Westen kann es
gebietsweise etwas regnen oder nieseln.
Somit lässt sich die Sonne am ehesten im Osten bzw. Nordosten blicken, im
Tagesverlauf aber auch zunehmend im Südwesten und an den Alpen. Die 850
hPa-Temperatur steigt etwas an (auf 6 bis 9 Grad), somit sind Höchstwerte
zwischen 14 und 19 Grad, mit etwas Sonne vor allem am Oberrhein bis 21 Grad zu
erwarten.
Mit der Gradientzunahme frischt im Nordwesten der Wind aus Südost am Nachmittag
und Abend auf, warnrelevanten Böen gibt es aber auch über der Deutschen Bucht
noch keine.

In der Nacht zum Donnerstag nimmt der Höhentrog über Westeuropa aufgrund der
Blockadewirkung eines umfangreichen Höhenhochs über dem Fennoskandischen Raum
eine leicht negative Achsneigung an und greift auf die Britischen Inseln bzw.
Westfrankreich über. Somit verschärft sich die südsüdwestliche Höhenströmung
über dem Westen und Nordwesten Deutschland und ist leicht zyklonal konturiert.
Im Bodenfeld kommt das Teiltief über Schottland etwas nach Nordosten voran, das
teilokkludierte Frontensystem überquert England und erreicht morgens den
Ärmelkanal bzw. die mittlere Nordsee. Die daran gekoppelten Niederschläge
greifen auf Frankreich und Benelux über, eventuell gibt es in den Frühstunden
auch im äußersten Westen des Vorhersagegebietes die ersten Tropfen.
Mit Annäherung der Front verschärft sich der Druckgradient vor allem im
Nordwesten weiter und der Südostwind frischt auf, eventuell reicht es ausgangs
der Nacht auf Helgoland für erste steife Böen (Bft 7).
Ansonsten verläuft die Nacht im Vorhersagegebiet nur wenig spektakulär. Oft
bleibt es trüb durch Nebel oder Hochnebel und nur gebietsweise bekommt die
Wolkendecke größere Lücken, am ehesten vielleicht noch im Osten und Südosten. Je
nach Bewölkung bewegen sich die Minima zwischen 13 und 5 Grad.

Donnerstag... kommt die Haupttrogachse allmählich bis Benelux und Ostfrankreich
voran, im Tagesverlauf wird der Höhentrog von Nordnordwest her regeneriert und
es deutet sich zu Tagesende ein Cut-Off-Prozess über Irland an. Trogvorderseitig
ist die südsüdöstliche Höhenströmung über der Nordsee zunehmend diffluent
konturiert, wodurch sich die PVA-induzierten Hebungsprozesse vorübergehend
verstärken, ehe KLA später leicht kompensierend wirkt.
Parallel zur Höhenströmung positioniert kommt die langgestreckte teilokkludierte
Kaltfront über der Nordsee und Benelux nur langsam nach Osten voran und wird
durch Teiltiefbildung vor der schottischen Ostküste am Nachmittag und Abend noch
zusätzlich eingebremst. Somit erreicht sie erst am späten Nachmittag oder Abend
den Westen Deutschlands. Im Vorfeld setzen am Vormittag schauerartige Regenfälle
ein, die bis zum Abend auf den zentralen Mittelgebirgsraum, auf den Schwarzwald
und das Oberallgäu übergreifen. Die Luftmasse ist lediglich bis etwa 600 hPa
leicht labil geschichtet, so dass es wohl kaum für Gewitter reichen dürfte.
Insgesamt werden bis zum Abend im Westen 5 bis 10 mm, im westlichen Bergland
gebietsweise etwas mehr, sonst aber nur wenige mm simuliert. Der aktuelle
GFS-Lauf hat etwas geringere Mengen auf der Agenda.
Vor allem präfrontal frischt der Wind noch etwas aus Südost auf, postfrontal
nimmt er im Nordwesten eher wieder ab, frischt dagegen aber im Südwesten aus
Südwest auf. Für warnrelevante Böen reicht es aber wohl nur über der Deutschen
Bucht (Bft 7 aus Südost) bzw. im Hochschwarzwald (Bft 8, exponiert 9 aus
Südwest).
Mit der auf südliche Richtungen drehenden Grundströmung kann sich vor allem am
östlichen Alpenrand wieder häufiger die Sonne durchsetzen, auch im östlichen
Bayern und vom Erzgebirge nordwärts bis nach Mecklenburg scheint häufig die
Sonne. Das Höhentief über Südosteuropa hat wieder einen leichten
Nordnordwestkurs eingeschlagen und greift im Tagesverlauf auf Südostpolen über.
Von dort aus können zeitweise Wolkenfelder auf den äußersten Osten des Landes
übergreifen, es bleibt aber trocken.
Vor allem nach Südosten zu steigt die Temperatur in 850 hPa noch etwas an und
erreicht abends Werte zwischen 5 Grad im äußersten Westen (wo sich postfrontal
bereits erwärmte Meeresluft bemerkbar macht) und 11 Grad am ostbayerischen
Alpenrand. Das mündet in Höchstwerte zwischen 15 und 22 Grad, die höhen Werte im
Lee der Mittelgebirge und der Alpen.

In der Nacht zum Freitag verlagert sich das Cut-Off-Tief von Irland zur
Bretagne. Es korrespondiert mit einer vom Ostatlantik ostwärts schwenkenden
Warmfrontwelle, die sich deutlich vertiefen kann und morgens als kräftiges Tief
mit warmem Kern nach Lesart des aktuellen ICON-Laufes etwa Zentralfrankreich
erreicht (bzgl. der Entwicklung und Zugbahn des Tiefs bestehen noch größere
Modelldifferenzen).
Die ehemalige Haupttrogachse schwenkt als Randtrog von Frankreich her nach West-
bzw. Nordwestdeutschland. Im Bodenfeld kommt die Kaltfront innerhalb der
südlichen Höhenströmung zumindest über Norddeutschland rascher nach Nordosten
voran, wird aber von KLA überlaufen und weist mehr und mehr Auflösungstendenzen
auf. Nach Süden zu hängt sie dagegen deutlich zurück. Die Niederschläge kommen
somit über Norddeutschland nach Nordosten voran, klingen dabei aber ab, vor
allem über den mittleren Landesteilen bleibt kaum mehr was übrig. Im Südwesten
macht sich auf der Vorderseite des Cut-Off-Tiefs wieder verstärkt WLA bemerkbar;
die Kaltfront verwellt dort und wird wieder ein wenig aktiviert, so dass es dort
auch in der zweiten Nachthälfte noch leicht regnet.
Der Gradient fächert allgemein wieder etwas auf, so dass der Wind warntechnisch
kaum mehr eine Rolle spielen sollte. Die Nacht verläuft vielerorts trüb bzw.
stark bewölkt bis bedeckt. Dort, wo die Wolken stärker auflockern, kann sich
Nebel bilden.


Modellvergleich und -einschätzung
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Anhand der synoptischen Basisfelder lassen sich keine signifikanten
Modellunterschiede ausmachen, auch im Detail ergeben sich zumindest keine warn-
und kaum prognoserelevante Unterschiede.
Erst in der Nacht zum Freitag beginnen die Modelle - was die
Sturmtiefentwicklung über Frankreich angeht - auseinanderzulaufen. Davon wird
das Vorhersagegebiet allerdings zunächst kaum tangiert.

Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Jens Winninghoff