DWD Synoptische Übersicht Mittelfrist

28-09-2020 10:30

S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T M I T T E L F R I S T
ausgegeben am Montag, den 28.09.2020 um 10.30 UTC



Wechselhafter, herbstlicher Wettercharakter, gebietsweise mit geringem
Dauerregen- und Sturmpotential.
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Synoptische Entwicklung bis zum Montag, den 05.10.2020


Am Donnerstag zu Beginn des mittelfristigen Zeitraums liegt nahezu ganz Europa
im Bereich eines breiten Langwellentroges. In diesem ist von Island über die
Britischen Inseln hinweg bis zur französischen Mittelmeerküste ein markanter
Kurzwellentrog eingebettet, der vorderseitig einen schwachen Rücken stützt,
dessen Achse sich von Italien bis nach Finnland erstreckt. Deutschland liegt
dabei auf der Vorderseite des markanten Kurzwellentroges in einer südwestlichen
Höhenströmung. Bodennah korreliert der Trog mit Tiefs nordöstlich von Schottland
sowie im Bereich der südwestlichen Nordsee. Von diesen ausgehend zieht sich ein
Frontenzug südwärts und greift im Tagesverlauf auf die Westhälfte Deutschlands
über. Einhergehend setzen im Westen schauerartige Niederschläge ein, die sich
langsam ostwärts ausbreiten. Auf der Vorderseite des Frontenzuges wird dabei
nochmals warme Luft subtropischen Ursprungs ins Land geführt, sodass die
Temperaturen in 850 hPa im Norden und der Mitte auf Werte zwischen 7 und 10
Grad, im Süden bis 14 Grad steigen.

Am Freitag verlagert sich der markante Kurzwellentrog bei nahezu gleicher
Amplitude nur unwesentlich nach Osten. Mit der Strömung werden jedoch wiederholt
kurzwellige Anteile um den Trog herum nach Norden geführt, die einerseits den
schwachen Rücken komplett auflösen und anderseits am Boden mit kleinräumigen
Tiefs einhergehen. Das kleine Tief über der südwestlichen Nordsee verlagert sich
dabei nach Dänemark. Der dazu gehörende Frontenzug liegt mit seinem
Niederschlagsfeld zunächst noch über der Osthälfte Deutschlands, bevor er
hierzulande an Kontur und somit auch Wetteraktivität verliert. Gleichzeitig
nähert sich jedoch der markante Haupttrog, der bodennah mit einem Tief über den
Beneluxstaaten in Verbindung steht. Auf der Vorderseite wird erneut warme Luft
subtropischen Ursprungs ins Land transportiert, während über Frankreich schon
die Atlantikluft polaren Ursprungs wartet. Entsprechend groß sind die
Temperaturgegensätze, die in 850 hPa Werte zwischen 13 Grad im Südosten
Deutschlands und 1 Grad in Belgien aufweisen. Die Strömung über Deutschland
dreht damit auf Süd bis Südwest. Direkt an den Alpen kann bereits Föhn
einsetzen, wenngleich ein Föhndurchbruch in die Täler noch unwahrscheinlich ist.


Am Samstag kann der markante Kurzwellentrog seine Amplitude, bei weiter nur
schwachen ostwärtigen Verlagerung nach Süden vergrößern und weist über
Ostfrankreich ein eigenständiges Höhentiefzentrum auf. Zusammen mit dem
Höhentief südwestlich von Island stellt sich zunehmend eine dipolartige Struktur
ein. Bodennah korreliert das südliche Höhentief mit einem Tiefdruckkomplex über
West- und Mitteleuropa, wobei ein Drehzentrum im Bereich des Ärmelkanals und
eines über Deutschland gezeigt wird. Das Tief über Deutschland ist dabei auch
mit einem Frontenzug verknüpft, der die Luft subtropischen Ursprungs im Osten
mit Werten bis 11 Grad in 850 hPa von der in den Westen und Südwesten
einfließende Atlantikluft polaren Ursprungs mit Werten zwischen 0 und 3 Grad
trennt. Entsprechende Hebungsprozesse sorgen schließlich für schauerartig
verstärkte Regenfälle. In den Alpen herrscht vorübergehend Föhnsturm, der
zeitweise auch bis zum Boden durchbrechen kann.

Am Sonntag kann sich über Nordwesteuropa und der Nordsee die Dipolstruktur der
Höhentiefzentren weiter festigen. Um den Höhentiefkomplex herum werden zudem
wiederholt kurzwellige Anteile geführt. Bodennah korreliert das System mit einem
kräftigen Tief über der Nordsee sowie mehr oder weniger stark ausgeprägten
Randtiefs, die mit der Strömung herum nordwärts verlagert werden. Deutschland
verbleibt dabei weitgehend in einer westlichen bis südwestlichen Grundströmung.
Im Einflussbereich der Höhen- und Bodentiefs ist zudem anhaltend ein
unbeständiger Wettercharakter Trumpf.

Auch am Montag eiert der Höhentiefkomplex sowie das korrelierende
Bodentiefsystem weiter über den Britischen Inseln und der Nordsee rum.
Kurzwellige Anteile sorgen dabei auf der Süd- und Südostseite weiter für
ausreichend Hebung, um das Wetter in Deutschland wechselhaft zu gestalten.
Größere Temperaturadvektionen sind im Trogbereich nicht zu verzeichnen.
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Bewertung der Konsistenz des operationellen Laufs


Die großskaligen Strukturen werden recht konsistent wiedergeben. Allerdings
weicht der aktuelle 00-UTC-Lauf ab Freitag im Detail signifikant von den
Vorläufen ab, was sich auch bei Wetter in Deutschland bemerkbar macht. Demnach
wird das hochreichende Tief im Vergleich nun weiter östlich simuliert. Der
Höhentrog lieg dabei anstatt über dem westlichen bei den neusten Berechnungen
über dem zentralen Mittelmeerraum. Entsprechend sind auch die potentiellen
Niederschlagsfelder zunächst leicht, ab Sonntag deutlich vorlaufend, also nach
Osten verschoben.
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Vergleich mit anderen globalen Modellen


Die weiteren zusätzlich zum IFS betrachteten Globalmodelle (ICON, GFS, UKMO,
GEM) simulieren die großskaligen Strukturen insgesamt vergleichbar. Am
Donnerstag sind auch im Detail kaum Unterschiede zu erkennen. Im weiteren
Verlauf zeigt auch das ICON in der Höhe zunehmend dipolartige Strukturen, wobei
die Entwicklung etwas langsamer als beim IFS vonstattengeht. Zudem ist das
Höhentief über Frankreich im Vergleich zum IFS zunächst etwas nach Südwesten
verschoben, im Verlauf wird der Höhentiefkomplex jedoch etwas nördlicher genau
über den Britischen Inseln lokalisiert. Beim GFS wird die Entwicklung der
Dipolstruktur nur angedeutet, überwiegend bleibt das südliche Höhentief prägend.
Im Vergleich zum IFS ist der Höhentiefkomplex leicht südwestlich verschoben. Das
GEM zeigt die Dipolstruktur analog zum GFS ebenfalls nur schwach bis gar nicht.
Zudem lässt es das Höhentief deutlich weiter westlich über Nordwestfrankreich
bzw. Südwestengland wirbeln. Das UKMO zeigt eine zum GEM vergleichbare Lage plus
zeitweise dipolartige Strukturen.

Insgesamt zeigen alle Modelle die Großwetterlage Trog Westeuropa inklusive
kurzwelligen Anteile und korrelierender Randtiefs am Boden. Entsprechend wird
auch für Deutschland überwiegend ein unbeständiger Wettercharakter simuliert.
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Bewertung der Ensemblevorhersagen


Die Rauchfahnen zeigen bei einem geringen Spread bis Donnerstag eine hohe
Vorhersagegüte. Auch ab Montag zeigt das IFS-ENS bei der Temperatur in 850 hPa
vor allem im Norden und der Mitte wieder eine recht gute Prognosegüte. Von
Freitag bis Sonntag spannen mehrere Ausreißer sowohl bei der Temperatur als auch
beim Geopotential den ENS-Raum signifikant auf. Verantwortlich dafür ist der
eiernde Höhentiefkomplex sowie herumgeführte kurzwellige Anteile. Je nach
Strömungsausrichtung fallen die thermischen Advektionen schwächer oder stärker
aus. Vor allem im Süden und Osten ist dies durch die Achterbahnfahrt der
prognostizierten 850 hPa Temperaturen auch vom Haupt- und Kontrolllauf sichtbar
gekennzeichnet. Zudem schlagen sich auch die Unsicherheiten in der genauen Lage
des Höhentiefs sowie korrelierendem Bodentief nieder, indem auch beim
Geopotential der ENS-Raum deutlich gespreizt wird.

Bei der Clusteranalyse werden allerdings im Zeitraum von +72 bis +96h insgesamt
sechs Cluster benötigt, um die die Unsicherheiten des Geopotential- und
Luftdruckfeldes im Detail erklären. Da alle Cluster (bis auf eine kleine
Ausnahme) dem Schema einer negativen NAO zugeordnet werden können, sind die
Abweichungen der Cluster untereinander als gering anzusehen. Blöd nur, dass die
Unsicherheiten, welche die sechs Cluster hervorrufen, genau den
mitteleuropäischen Raum betreffen. Denn dort muss im Detail noch die Frage
geklärt werden, wie weit der markante Kurzwellentrog schon nach Osten vorankommt
und wie stark der konkurrierende Rücken ausgeprägt ist, der den Kurzwellentrog
und das Höhentief über Südosteuropa trennt. Zudem weist der markante
Kurzwellentrog bei den verschiedenen Interpretationen geringfügig verschiedene
Wellenlängen und Amplifizierungen auf. Das größte Gewicht hat das erste Cluster,
welches von 17 Mitgliedern sowie Kontrolllauf gestützt wird. Alle weiteren
Cluster werden nur von einer einstelligen Anzahl an Member repräsentiert.
Im Zeitraum von +120 bis +168h bleibt das großskalige Schema einer negativen NAO
bestehen, da sich die Verhältnisse über dem Atlantik kaum ändern. Die Spielwiese
der Geopotential- und Luftdruckgegensätze ist dagegen auf über West- und
Mitteleuropa, sodass auch in diesem Zeitraum fünf Cluster zum Beschreiben der
Unsicherheiten benötigt werden. Alle Cluster zeigen dabei mehr oder weniger
stark ausgeprägt einen eiernden Höhentiefkomplex, der die Vorhersage erschwert.
Sicher scheint bei der Troglage nur ein wechselhafter Witterungsabschnitt. Die
Entwicklungen des Hauptlaufes werden dabei im ersten Cluster vom Kontrolllauf
sowie weiteren 17 ENS-Mitgliedern wiedergegeben.
In der erweiterten Mittelfrist von +192 bis 240h reicht ein Cluster aus, um die
Abweichungen innerhalb des ENS ausreichend zu beschreiben. Dabei bleibt auf dem
Atlantik Zonalität und über Westeuropa der Trog Trumpf.
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Wahrscheinlichkeiten für signifikante Wettererscheinungen


Am Donnerstag und Freitag sind allenfalls auf exponierten Berggipfeln sowie bei
ablandigem Wind auf einigen Nordseeinseln einzelne stürmische Böen zu erwarten.
Von der Probabilitik werden diese mit Wahrscheinlichkeiten bis 15% gestützt. Am
Freitag gibt es zudem geringe Hinweise bis 30% für stürmische Böen in der Eifel
und bis 15% in exponierten Tieflagen Westdeutschlands.

Am Samstag wird der Föhnsturm in den Alpen je nach EPS mit 10 bis 60%
abgebildet. Zusätzlich sind geringe Hinweise auf markante Böen bis 15% im
Küstenumfeld sowie Teilen Sachsens zu verzeichnen. Am Samstag soll es dann von
Westen windiger werden. Stürmische Böen oder Sturmböen werden vom IFS-EPS mit 15
bis 30%, im Bergland bis 60% gekennzeichnet.

Auch beim Niederschlag wird es ab Freitag wieder spannend. Zunächst gibt es bis
Samstag geringe Hinweise bis 20% für Dauerregen im Südwesten und dort speziell
im Südschwarzwald. Dieser wird auch vom EFI gestützt, der im Vergleich zum
Modellklima auf überdurchschnittliche Regenmengen hinweist. Auf Sonntag soll
sich der Regenschwerpunkt in den Nordwesten verlagern, wobei derzeit aber nur
noch Wahrscheinlichkeiten bis 5% das Erreichen der Dauerregenschwelle stützen.
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Basis für Mittelfristvorhersage
IFS-EPS, ICON-EPS, für TT auch MosMix
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VBZ Offenbach / Dipl. Met. Lars Kirchhübel