DWD Synoptische Übersicht Kurzfrist

27-09-2020 08:01
SXEU31 DWAV 270800

S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Sonntag, den 27.09.2020 um 08 UTC


GWL und markante Wettererscheinungen:
GWL: Tief Mitteleuropa (TM)
Unbeständig, aber recht ruhig und langsam wieder etwas wärmer. In den Nächten
Nebelneigung.

Synoptische Entwicklung bis Dienstag 24 UTC
--------------------------------------------------------------
Sonntag... ist die Wetterlage von einem umfangreichen Höhentiefkomplex geprägt,
dessen Mittelpunkt in etwa über den Alpen liegt, der aber tatsächlich mehrere
Höhentiefkerne aufweist, die um diesen Mittelpunkt kreisen. Einer davon schwenkt
heute von Südwestdeutschland Richtung Burgund und dann weiter Richtung Provence.
An diesen gebunden ist auch ein Bodentief (Xyla), welches in der Nacht
Deutschland westsüdwestwärts überquert hat und jetzt über Frankreich weiter
südwestwärts zieht und sich weiter abschwächt. An der Nordflanke des Höhentiefs
schwenkt von Osten her ein Trog in den Norden Deutschlands. Damit verbunden
zieht auch ein neues Bodentief (Youngme) von Polen entlang der Ostseeküste
Richtung Schleswig-Holstein. Es weist zumindest anfangs an seiner Nordflanke
noch einen recht starken Gradienten auf, wobei allenfalls die Nordspitze Rügens
in diese Nordflanke gerät, so dass dort mal starke Böen aus Nordost auftreten
können. Im weiteren Verlauf, wenn das Tief auf Schleswig-Holstein trifft, ist
der Wind schon etwas abgeschwächt, so dass allenfalls noch an der Küste einzelne
Windböen auftreten. In der ersten Tageshälfte befindet sich der Südwesten
Deutschlands ebenso noch in einer kräftigen Südwestströmung, die zumindest in
den Schwarzwaldhöhenlagen noch für stürmische Böen sorgt. Mit dem Abzug von Tief
Xyla schwächt sich aber dort der Gradient ab. Ansonsten nimmt der Druck über
Deutschland nach Südosten hin leicht zu, was meist Wind aus südwestlicher
Richtung zur Folge hat. Die an das Tief Xyla gebundenen kräftigen Regenfälle
ziehen rasch nach Südwesten ab, allerdings kommen an der Westflanke von Youngme
schon wieder neue Regenfälle auf, die sich von der Oder her westwärts ausbreiten
und heute den Norden westwärts überqueren, wobei es im Norden
Schleswig-Holsteins weitgehend trocken bleibt. Die Niederschlagssummen sind aber
deutlich geringer als am Vortag, in der Spitze werden maximal noch 10 bis 15
l/qm erreicht, so dass Warnungen kein Thema mehr sind. Auch abseits des Regens
dominiert meist starke Bewölkung, lediglich im Südosten reißen die Wolken immer
mehr auf und dort stellt sich teils ein sonniger Tag ein. Die Luftmasse ist in
der Mitte Deutschlands am kühlsten mit nur um 2 Grad in 850 hPa. Nach Süden zu
steigt sie leicht an auf bis zu 6 Grad an den Alpen, wo vorübergehend schwacher
Föhn aufkommt. An der Nordflanke des Tiefs Youngme wird dagegen sehr warme Luft
westwärts geführt, so dass über den Norden Schleswig-Holsteins die 12-Grad-Marke
geführt wird. Dort wird es dann heute trotz Wolken mit bis zu 19 Grad am
wärmsten, auch im Nordwesten und im Südosten bei Sonne werden wieder über 15
Grad erreicht. In einem breiten Streifen vom Osten bis in den Südwesten werden
es wieder nur 10 bis 14 Grad.

In der Nacht zum Montag verlagert sich das Zentrum des Höhentiefs etwas ostwärts
nach Slowenien. Auf seiner Vorderseite zieht ein kräftiges Bodentief über die
Adria nordwärts und erreicht in den Frühstunden Istrien. Vor allem im
dinarischen Gebirge und in der oberen Adria kommt es dabei zu einem kräftigen
Herbststurm. In Deutschland bekommen wir davon ab der zweiten Nachthälfte von
Südosten her zunächst Aufgleitbewölkung zu sehen. Zudem regnet es von der Adria
bis zu den Südalpen kräftig. Gegen Morgen zieht dann auch in Südostbayern Regen
auf. Die Schneefallgrenze liegt etwas höher als gestern, dennoch kann nicht ganz
ausgeschlossen werden, dass im Berchtesgadener Land auf 1000 m herab etwas
Schnee fällt, da die Windverhältnisse schwach sind. Das zweite Tief, das uns
beschäftigt, nämlich Youngme, zieht weiter nach Westsüdwest und erreicht in den
Frühstunden Flandern. In seinem Bereich fallen im Norden und Nordwesten
Deutschlands meist nur noch weniger als 5 l/qm, örtlich vielleicht noch um 10
l/qm. Ansonsten bleibt es überwiegend trocken und zwischen den Tiefs sorgt
kompensierendes Absinken für größere Wolkenauflockerungen. Da sich auch eine
schwache Hochdruckbrücke über Deutschland legt, ist es vor allem vom Südwesten
bis in den Osten schwachwindig, so dass bei der nassen Vorgeschichte ausgedehnte
Nebelfelder entstehen können. Zudem haben die teils klaren Verhältnisse in der
gesamten Südosthälfte auch recht kühle Temperaturen zur Folge mit Tiefstwerten
zwischen 6 und 1 Grad. Gebietsweise ist auch mit leichtem Bodenfrost zu rechnen.
Viel milder bleibt es unter den Wolken nach Nordwesten hin mit Tiefstwerten
zwischen 15 und 10 Grad ganz im Norden und Nordwesten.

Montag... schwächt sich das Höhentief etwas ab. Sein mittlerweile einziger Kern
zieht noch etwas nordwärts nach Österreich. Damit bleiben die Verhältnisse bei
uns prinzipiell zyklonal geprägt. Nordwestlich unseres Landes, über der Nordsee,
besteht eine Geopotentialbrücke zwischen einem Höhenkeil über Südwesteuropa und
einem Keil über Skandinavien. Das Adriatief zieht unter deutlicher Abschwächung
nordwärts und ist am Abend in der Region Wien/Bratislava zu finden. An der
Nordwestflanke des Höhentiefs zieht dagegen Youngme langsam weiter westwärts auf
die Nordsee. Damit bleibt über Deutschland im Bodendruckfeld die schwache Brücke
bestehen. Im Westen ziehen die letzten Regenfälle nach Westen ab, dagegen
greifen von Südosten die Regenfälle noch etwas weiter auf Bayern und Sachsen
über, schwächen sich aber ab. Vielleicht kommen an den Alpen mit leichtem Stau
mal 10 bis 15 l/qm zusammen, nach Nordwesten hin wird es deutlich weniger. Die
Schneefallgrenze sollte tagsüber wieder steigen, so dass unter 1500 m kein
Schnee mehr liegen bleibt. Am meisten Sonne darf man weiterhin in einem Streifen
von Südwesten bis Nordosten erwarten, wenn sich die Nebelfelder aufgelöst haben.
Dort sind dann auch wieder Temperaturen zwischen 15 und 19 Grad geplant, ebenso
wie im Nordwesten, wo allerdings die warme Luftmasse allmählich verdrängt wird.
Am kühlsten bleibt es unter den Wolken am Südosten, wo vor allem am östlichen
Alpenrand einmal mehr die 10-Grad-Marke nicht erreicht wird. Die Winde sind
allgemein schwach und wehen im Westen meist um Süd, im Südosten um Nordost und
im Nordosten um Südost.

In der Nacht zum Dienstag verschieben sich die Höhenmuster leicht südostwärts.
Im Bodendruckfeld ändert sich nur wenig. Im Südosten, namentlich in Bayern und
Sachsen, ziehen sich die dichten Wolken und der Regen wieder etwas südostwärts
zurück. Die Niederschlagssummen sind aber sowieso gering. Das Regenband von
Youngme kommt dagegen aus dem Südwesten wieder zurück und erreicht in der
zweiten Nachthälfte den äußersten Südwesten mit aber ebenso nur leichten
Regenfällen. Weiterhin sind die Druckgradienten schwach, so dass es allgemein
schwachwindig bleibt. In den wolkenarmen Regionen vom Norden über den Nordwesten
bis zur Mitte kann sich dann im Nachtverlauf wieder teils dichter Nebel bilden.
Die Luftmasse ist aber insgesamt etwas milder als in der Nacht zuvor, so dass
die Tiefstwerte meist zwischen 9 und 4 Grad liegen, ganz im Nordwesten bleibt es
teils sogar noch etwas milder.



Dienstag... kommt das Höhentief weiter nach Südosten voran und von Westen greift
der Höhenrücken über. Das dadurch generierte Absinken reicht aber nicht aus, um
den Regengebieten endgültig den Garaus zu machen. Deswegen kann sich Gebiet 1
von Südwesten her noch etwas in den Westen ausdehnen und dort leichten Regen
bringen. Auch Gebiet 2 bringt ganz im Osten noch leichten Regen. Auch an den
Alpen kann es bei leichtem Stau etwas regnen. Zwischen den Regen darf auch
teilweise mit aufgelockerter Bewölkung gerechnet werden, wobei sich natürlich
auch der Nebel erst einmal auflösen muss. Die Luftmasse wird geringfügig wärmer
und pendelt sich in 850 hPa bei 4 bis 7 Grad ein. Das reicht dann wieder für
Höchstwerte zwischen 14 und 19 Grad. Nach wie vor gibt es im Druckfeld eine
schwache Hochdruckbrücke bei uns, so dass der Wind im Nordwesten um Süd weht, im
Süden um Westen und im Osten um Nord. Windwarnungen sind aber weiterhin kein
Thema.

In der Nacht zum Mittwoch schwächt sich der Höhenkeil bei uns etwas ab,
gleichzeitig nähert sich sehr langsam ein Langwellentrog von Westen her, dessen
Achse aber die Britischen Inseln noch nicht erreicht. Da sich dort aber auch ein
umfangreiches Tiefdrucksystem befindet, geraten wir allmählich in dessen
Zirkulation. Während sich in Bodennähe also der höchste Druck etwa nach Osten
verschiebt, dominieren zunehmend die südlichen und südöstlichen Windrichtungen.
Weiterhin weht der Wind aber nur schwach. Die Reste des oben erwähnten
Regengebiets 1 kommen noch etwas nach Osten voran und bringen teils
geringfügigen Regen. Auch ganz im Osten kann es noch etwas tröpfeln. Dazwischen
gibt es auch Wolkenauflockerungen und in Folge dann auch wieder zunehmend
neblige Verhältnisse, so dass die Nacht überwiegend einen feuchtmilden Charakter
haben wird. Allzu kühl wird es nämlich auch nicht, die Tiefstwerte pendeln sich
meist bei 12 bis 7 Grad ein.


Modellvergleich und -einschätzung
--------------------------------------------------------------
Die Unterschiede zwischen den Modellen sind erheblich, nämlich was die
Entwicklung von Tief Youngme angeht. Dies betrifft im Prinzip schon den heutigen
Tag. ICON lässt (wie oben beschrieben) dieses Tief sehr schnell westwärts
ziehen, GFS ist etwas langsamer und IFS deutlich langsamer. Dies hat zur Folge,
dass das Tief in der Folge am Montag und im Prinzip auch noch als Rinne am
Dienstag bei ICON weiter westlich als bei GFS und vor allem IFS simuliert wird.
Demzufolge ziehen insbesondere nach IFS die Regenfälle nie ganz nach Westen raus
und kommen auch wieder schneller zurück. Demzufolge sind auch eventuelle
Dauerregenwarnungen im Westen Deutschlands aktuell noch nicht ganz vom Tisch.

Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Peter Hartmann