DWD Synoptische Übersicht Kurzfrist

07-09-2020 07:01
SXEU31 DWAV 070800

S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Montag, den 07.09.2020 um 08 UTC


GWL und markante Wettererscheinungen:
Wa
Im Norden viele Wolken, etwas Regen, an den Küsten windig, vor allem kommende
Nacht dort auch einzelne stürmische Böen. Im Süden zunehmend spätsommerlich.

Synoptische Entwicklung bis Mittwoch 24 UTC
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Montag... erstreckt sich ein Langwellentrog über Skandinavien hinweg bis ins
östliche Mitteleuropa und kommt mit seiner Achse allmählich ostwärts voran. Ein
aus diesem Trog abgetropftes Cut-Off-Tief verlagert sich von Südfrankreich bis
zur kommenden Nacht Richtung Balearen. Zwischen diesen beiden divergierenden
Systemen kann von Westen her ein Höhenkeil nach West-/Südwestdeutschland
vorstoßen, der durch kräftige WLA am Südrand der sich vom mittleren Nordatlantik
Richtung Norwegen vorstoßenden Frontalzone gestützt wird. Somit stellt sich eine
nördliche bzw. antizyklonale Westlage ein, die vor allem dem Süden des
Vorhersagegebietes zunehmend spätsommerliches Wetter beschert.
Im Einflussbereich des anfangs noch bis in den äußersten Osten Deutschlands
reichenden Trog ist die Luftmasse vor allem dort zunächst noch bis nahe 600 hPa
leicht labil geschichtet. Zwar lässt sich kaum mehr dynamischer Hebungsantrieb
ausmachen, dennoch reicht es innerhalb der einströmenden recht feuchten
Meeresluftmasse zumindest bis zu den Mittagsstunden im Nordosten und Osten,
vielleicht noch bis in den zentralen Mittelgebirgsraum für einzelne kurze
Schauer, Gewitter sind aber fast ausgeschlossen. Zum Nachmittag hin klingen
diese mit zunehmender WLA und damit einhergehender Stabilisierung ab. Auch im
Süden halten sich noch längere Zeit dichtere Wolkenfelder und anfangs fällt vor
allem an den Alpen auch noch etwas Regen. Dieser ist der über dem Alpenraum
verlaufenden Luftmassengrenze geschuldet, die aufgrund einer Zyklogenese über
dem Golf von Genua zurückgehalten wurde und erst im Tagesverlauf allmählich nach
Süden vorankommt bzw. bei zunehmendem Hochdruckeinfluss an Wetterwirksamkeit
verliert. Denn auch im Bodenfeld kann sich, gestützt durch den Höhenkeil, von
Frankreich her ein Keil des Hochs nördlich der Azoren über den Süden und die
Mitte des Vorhersagegebietes hinweg nach Osten ausweiten. Somit kann vor allem
dort (außer - wie weiter oben beschrieben - an den Alpen und im Alpenvorland)
die Luftmasse rasch abtrocknen und neben flachen Quellwolken, die sich an der
Absinkinversion in 750 hPa bzw. etwas darunter ausbreiten, scheint relativ
häufig die Sonne. Innerhalb der sich nur langsam erwärmenden Meeresluftmasse
(T850 hPa am Abend zwischen 4 Grad im Nordosten und 8 Grad an den Alpen) steigen
die Temperaturen auf Höchstwerte zwischen 17 Grad am Alpenrand bzw. im Nordosten
und 23, vielleicht knapp 24 Grad im südlichen Oberrheingraben.

In der Nacht zum Dienstag kann sich der Höhenkeil verstärken und nach Osten
ausweiten, wird aber mit Vordringen der Frontalzone Richtung Südskandinavien und
nördliches Mitteleuropa nach Süden abgedrängt. Morgens verläuft dessen
Divergenzachse über Süddeutschland hinweg ostwärts. Ähnliches gilt für den
Bodenhochkeil, der sich allerdings weiter verstärkt und in eine langgestreckte,
vom Seegebiet nördlich der Azoren über Frankreich und Süddeutschland bis nach
Südosteuropa reichende Hochdruckzone mündet. An dessen Nordflanke greift das
okkludierende Frontensystem eines Nordmeertiefs im Laufe der Nacht auf
Norddeutschland über. Kräftige WLA lässt hohe und mittelhohe Wolken rasch bis in
die mittleren Landesteile ausweiten, für leichte Regenfälle reicht es aber wohl
nur an den Küsten und in Schleswig-Holstein, nämlich im Vorfeld der Kaltfront,
die sich morgens noch knapp nördlich des Vorhersagegebietes befindet.
Mit Annäherung des Frontensystems und gleichzeitigem Druckanstieg über
Süddeutschland verschärft sich der Gradient allerdings deutlich. Aufgrund der
stabilen Schichtung reicht es aber lediglich an den Küsten für steife, exponiert
(vor allem in Nordfriesland) stürmische Böen aus Südwest bis West. Auf dem
Brocken kann es allerdings vor allem ausgangs der Nacht Sturmböen geben.
In der Südhälfte - auch an den Alpen lösen sich die Wolken allmählich auf -
bleibt es dagegen noch gering bewölkt bzw. wolkenlos und windschwach, so dass
sich gebietsweise Nebel bildet, am ehesten wohl im Alpenvorland. Während die
Nacht unter den dichten Wolken in der Nordhälfte mit 16 bis 10 Grad milder als
die vergangene ausfällt, kann es im Süden auf Werte zwischen 9 und 4 Grad
abkühlen, in einigen Mittelgebirgstälern auch darunter, Bodenfrost nicht
ausgeschlossen.

Dienstag... weitet sich die recht glatt verlaufende und nur wenig mäandrierende
Frontalzone bis weit nach Osteuropa aus. Das ehemalige Cut-Off-Tief bleibt
quasistationär über den Balearen. Dazwischen erstreckt sich eine Potenzialbrücke
über Frankreich und Süddeutschland hinweg bis zum Balkan bzw. dem zentralen
Mittelmeerraum. Trotz allmählich abnehmender WLA bleibt die westliche
Höhenströmung über dem Vorhersagegebiet leicht antizyklonal konturiert und die
Potenzialbrücke stützt die Hochdruckzone über Süddeutschland, die sich im
Tagesverlauf etwas nach Norden ausweiten kann. Das Frontensystem des
Nordmeertiefs kann zwar noch etwas nach Norddeutschland vordringen, schwächt
sich aber aufgrund des zunehmenden Hochdruckeinflusses rasch ab; die
strömungsparallel eingebettete Kaltfront kommt über Norddeutschland nicht weiter
nach Süden voran, sondern geht über in die Warmfront einer Frontalwelle, deren
Scheitelpunkt sich abends über Schottland befindet.
Somit dringen die Wolkenfelder nur noch wenig landeinwärts vor, bleiben aber vor
allem in der Norddeutschen Tiefebene recht dicht. Dabei fällt nur gebietsweise
etwas Regen oder Nieselregen. Postfrontal lockern die Wolken im Nordseeumfeld
später wieder auf.
Der Kaltfront folgt ein flacher Bodenhochkeil, so dass der Gradient postfrontal
vor allem im Nordwesten rasch auffächert. Somit nimmt der Wind im Nordseeumfeld
bereits um die Mittagszeit wieder ab. In Schleswig-Holstein und im Nordosten
frischt er dagegen vorübergehend aus West auf mit steifen, an exponierten
Ostseeküstenabschnitten auch stürmischen Böen. Erst zum späten Nachmittag und
Abend hin nimmt er auch dort ab. Auch auf dem Brocken kann es noch Böen Bft 8
bis 9 geben.
Etwa südlich einer Linie Mosel-Mittelhessen-Niederlausitz scheint dagegen häufig
die Sonne, vor allem vom Oberrhein bis nach Mittelfranken bleibt es gebietsweise
auch komplett wolkenlos. Von Westen her wird es auch advektiv deutlich wärmer,
die Temperatur in 850 hPa steigt auf 8 Grad im Bereich der sich mehr und mehr
auflösenden Kaltfront über der Norddeutschen Tiefebene und bis 14 Grad im
Westen. Somit wird es allgemein wieder wärmer; während unter den dichten Wolken
im Norden und Nordosten knapp 20 Grad erreicht werden, wird es im Südwesten mit
bis zu 26, vielleicht 27 Grad spätsommerlich warm.

In der Nacht zum Mittwoch verlagert sich ein in die kräftige Frontalzone
eingebetteter flacher Kurzwellentrog rasch vom mittleren Nordatlantik zu den
Britischen Inseln. Dieser kann mit der Frontalwelle über Schottland
interagieren, so dass sich ein Wellentief bildet, das bis Mittwochfrüh über die
nördliche Nordsee zum Skagerrak zieht. Die Warmfront des Tiefs überquert dabei
Norddeutschland rasch ostwärts, so dass die dichten Wolkenfelder auch über der
Mitte des Landes etwas weiter nach Süden vorankommen. Regen fällt aber nach wie
vor kaum, am ehesten vielleicht noch an den Küsten. Die Kaltfront erreicht in
den Frühstunden erst die mittlere Nordsee.
Mit Übergreifen der Warmfront setzt Druckfall ein, der im Norden etwas stärker
ausfällt als über Süddeutschland, so dass sich der Gradient verschärft und der
auf Südwest zurückdrehende Wind vor allem im Nordwesten wieder etwas auffrischt.
Für warnrelevante Böen (Bft 7) reicht es aber wohl nur an exponierten
Küstenabschnitten der Nordsee.
In Süddeutschland bleibt es überwiegend gering bewölkt, allerdings kann sich
stellenweise wieder Nebel bilden. Dort wird die Nacht wieder recht frisch (Tmin
etwa 10 bis 5 Grad), während es sonst mit 17 bis 10 Grad - die höheren Werte im
Westen - recht mild bleibt.

Mittwoch... greift der Kurzwellentrog von den Britischen Inseln auf die Nordsee
und in weiterer Folge abgeschwächt auch auf Südskandinavien bzw.
Nordwestdeutschland über, wird aber durch einen weiteren Trogvorstoß über der
Nordsee regeneriert. Das korrespondierende Wellentief schwenkt weiter zur
mittleren Ostsee, kann nicht mehr so gut mit dem Trog interagieren und füllt
sich ein wenig auf. Die Kaltfront erreicht abends die deutsche Nordseeküste. Ihr
folgt ein Schwall Meeresluft polaren Ursprungs, so dass sie sich als
wetteraktiver erweist als ihr Vorgänger vom Vortag. Somit setzen präfrontal an
den Küsten von Nord- und Ostsee sowie in Schleswig-Holstein schauerartige
Regenfälle ein, die sich bis zum Abend noch ins angrenzende Binnenland
ausbreiten können. Dabei werden allerdings auch in Schleswig-Holstein kaum mehr
als 5 mm simuliert. Mit Frontannäherung verschärft sich der Gradient noch etwas
und der Wind frischt aus Südwest bis West auf, an den Küsten gibt es steife Böen
(Bft 7).
Die Potenzialbrücke über Süddeutschland wird zwar abgebaut und auch die
Hochdruckzone verlagert sich etwas nach Süden, bleibt dort aber dennoch
wetterwirksam. Somit scheint von der Pfalz bis zur Lausitz und weiter südlich
erneut überwiegend die Sonne, während es weiter nördlich meist wolkig bis stark
bewölkt, im Nordwesten und Norden mancherorts sogar bedeckt bleibt. Mäßig warm
bis warm bleibt es nahezu überall (T850 hPa zwischen 10 Grad im Norden und 14
Grad im Süden). Unter den dichten Wolken im Norden werden allerdings weiterhin
kaum 20 Grad erreicht, während im Süden mit 24 bis 28 Grad ein Spätsommertag ins
Haus steht.

In der Nacht zum Donnerstag überquert der Trog den Norden und Osten Deutschlands
rasch ostsüdostwärts. Dabei ist die Kaltfront vorübergehend mit einer besseren
Schubkomponente ausgestattet und kommt im Laufe der Nacht etwa bis zur
"nördlichen Mitte" voran. Da sie zunehmend aus dem Wirkungsbereich des Troges
herausläuft und erneut ein Bodenhochkeil nach west- und Südwestdeutschland
vordringen kann, verliert sie an Wetterwirksamkeit und die bis in die mittleren
Landesteile vordringenden schauerartigen Regenfälle schwächen sich im Laufe der
Nacht ab, so dass lediglich wenige mm übrigbleiben bzw. im Lee einiger
Mittelgebirge fast gar nichts mehr ankommt. Postfrontal lockern die Wolken mit
vordringender maritimer Polarluft (T850 hPa morgens zwischen 1 und 4 Grad) im
Nordwesten und Norden wieder auf.
Mit Vordringen des Bodenhochkeils verschärft sich der Gradient vor allem im
Norden und Nordosten noch etwas und der Wind frischt postfrontal aus Nordwest
auf. An den Küsten und auf dem Brocken gibt es steife bis stürmische Böen (Bft 7
bis 8).
Präfrontal bleibt es südlich des Mains, auf jeden Fall aber südlich der Donau
trocken und Richtung Alpen auch aufgelockert bis gering bewölkt. Nebel dürfte
warntechnisch aber kaum mehr eine Rolle spielen.



Modellvergleich und -einschätzung
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Anhand der synoptischen Basisfelder lassen sich keine signifikanten
Modellunterschiede ausmachen. Auch im Detail ähneln sich die Modelle; bzgl. des
Vorankommens der dichten Bewölkung bzw. der räumliche Verteilung und Intensität
der Niederschläge gibt es nur geringe Differenzen (GFS lässt die Niederschläge
bereits am Mittwoch tagsüber etwas weiter landeinwärts vordringen als ICON-EU).

Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Jens Winninghoff