Thema des Tages

07-07-2020 07:50

Örtlich, zeitweise oder doch nur vereinzelt?

Unsere Standardvorhersagetexte sollen die erwartete Wetterlage
möglichst präzise und objektiv beschreiben. Um dieses Ziel erreichen
zu können, benutzen wir klar definierte meteorologische Begriffe.
Einen kleinen Auszug aus diesen Regularien gibt es im heutigen Thema
des Tages.

Ab und zu kommt es vor, dass sich aufmerksame Leserinnen und Leser
unserer Wetterberichte melden und dabei auf Fehler in den Texten
hinweisen oder Verbesserungsvorschläge mancher Formulierung liefern.
Einige dieser Anmerkungen gehen nach einer internen Diskussion
durchaus in unsere alltägliche Arbeit ein, andere können dagegen
nicht so einfach umgesetzt werden bzw. der vermeintliche Fehler
basiert auf einer Fehlinterpretation des Prognosetextes. Auch Wünsche
nach "blumigeren" Formulierungen müssen wir zurückweisen, da die
Vorhersagen einer standardisierten Form unterliegen und die zur
Verfügung stehenden Begriffe klar definiert sind.

Die Rahmenvorschriften unserer Standardgebietswettervorhersagen,
sowohl auf nationaler als auch auf regionaler Ebene, sollen eine
einheitliche Form gewährleisten, den erwarteten Wetterablauf
möglichst kompakt darlegen, aber auch alle wichtigen
Vorhersageparameter regelmäßig beinhalten. Für ausschweifende
Formulierungen bleibt daher kein Platz, denn die
Informationsvermittlung steht im Vordergrund. Nun ist es aber oft so,
dass einfach "zu viel Wetter" passiert, um den Ablauf in den zur
Verfügung stehenden Zeilen beschreiben zu können. Daher wird in der
Meteorologie versucht, in möglichst jede Wortfolge so viel
Information wie möglich hineinzupacken. Damit dieses Verfahren etwas
plastischer wird, dienen im Folgenden die Vorhersagebestandteile
"Schlagzeile", "Wetterlage" und "Niederschlag" als Beispiele.

Die erste Informationsvermittlung geschieht bereits mit einer
kompakten Schlagzeile. Diese darf eine gewisse Länge natürlich nicht
überschreiten und soll das zentrale Wettergeschehen in aller Kürze
darlegen. Priorität werden dabei unseren möglichen Wetter- und
Unwetterwarnungen eingeräumt. Die heutige Schlagzeile lautet
beispielsweise: "Vor allem an der Küste Windböen, in exponierten
Lagen einzelne stürmische Böen. Ganz im Norden einzelne kurze
Gewitter". Damit ist bereits nach den ersten Sätzen klar, dass der
Wind am heutigen Tag vor allem im Norden eine gewisse Rolle spielen
wird. Außerdem sei auf die einschränkenden Worte "einzelne"
hingewiesen, die hier die möglichen stürmischen Böen oder die
Gewitter zeitlich und räumlich stark eingrenzt.

In vielen Berichten ist außerdem die Beschreibung der Wetterlage ein
integraler Bestandteil. Diese wird leider oft überlesen bzw. der
Informationsgehalt unterschätzt, da man sich daraus nur wenig
Zusatzinfo erhofft. Dem ist aber eindeutig nicht so, denn den
subjektiven Wettercharakter kann man daraus oft gut ableiten. Die
Wetterlagenbeschreibung besteht immer aus den entscheidenden
Druckgebilden (vereinfacht gesagt: Hoch oder Tief), den
Tiefausläufern und den wetterbestimmenden Luftmassen. Der
Beschreibung der Luftmasse liegt dabei ein vorgegebenes Raster zu
Grunde, das die erwarteten Höchstwerte mit der aktuellen Jahreszeit
in Verbindung bringt. Der Begriff "kühl" umschreibt daher im Monat
Juli Höchstwerte zwischen 14 und 17 Grad, die beispielweise im
Oktober als "mild" und im Januar als "ungewöhnlich mild"
klassifiziert würden. Die gesamte Palette reicht von "sehr kalt" über
"kühl", "mild", "warm" bis hin zu "sehr heiß" und ist unter
https://bit.ly/3f5zX61 zu finden.

Von höherer Relevanz sind auch die zeitlichen und räumlichen
Beschreibungen von Niederschlägen. Besonders diese führen in den
Sommermonaten oft zu entsprechenden Fehlinterpretationen unserer
Texte. In räumlicher Hinsicht unterscheiden wir die Begriffe
"vereinzelt bzw. einzelne", "örtlich", "gebietsweise" und
"verbreitet". Während bei "einzelnen Schauern" Niederschlag nur auf
kleinstem Gebiet erwartet wird, muss beim Begriff "örtlich" dieses
schon etwas größer sein. Wenn wir die Definition von "gebietsweise"
verwenden, benennen wir meistens auch die betroffene Region. Ist mit
"verbreiteten" Niederschlägen zu rechnen, müssen mehr als 50 % der
beschriebenen Region betroffen sein.

Die zeitliche Betrachtungsweise unterliegt einem ähnlichen Muster.
Die Palette der möglichen Adjektive reicht dabei von "gelegentlich"
(in größeren zeitlichen Abständen, Dauer jeweils kurz) über
"wiederholt" (in häufiger zeitlicher Abfolge) und "länger andauernd"
(Niederschlag über längere Zeit hinweg) bis hin zu "überwiegend" bzw.
"meist". So ergeben sich aus der Kombination von zeitlicher und
räumlicher Betrachtungsweise beispielweise Wortkombinationen von
"verbreitet länger andauernder Regen" oder "gelegentlich einzelne
Schauer". Während nun bei ersterer Wortfolge die Mitnahme eines
Schirms doch sehr empfohlen wird, kann auf diesen bei der zweiten
Beschreibung und vorhandener geringer Risikobereitschaft auch
verzichtet werden - die Chance trocken durch den Tag zu kommen ist
nämlich sehr groß (wenn man sich im ungünstigsten Falle kurz
unterstellen kann).

Selbstverständlich gibt es solche Vorgaben auch für die restlichen
Wetterelemente, diese werden aber im Mittelpunkt eines anderen Thema
des Tages stehen.

Mag.rer.nat. Florian Bilgeri
Deutscher Wetterdienst
Vorhersage- und Beratungszentrale
Offenbach, den 07.07.2020

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