DWD Synoptische Übersicht Mittelfrist

28-05-2020 10:01

S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T M I T T E L F R I S T
ausgegeben am Donnerstag, den 28.05.2020 um 10.30 UTC



Im Mittelfristzeitraum insgesamt ruhiges und oft freundliches Wetter. Zunehmend
warm bis sehr warm. Erst am Donnerstag voraussichtlich Wetterumstellung und
damit wechselhafter, aber auch deutlich kühler.
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Synoptische Entwicklung bis zum Donnerstag, den 04.06.2020


Am Sonntag liegt Deutschland im Bereich eines Langwellentroges in 500 hPa, der
sich in einem weiten Bogen von Russland über die mittlere Donau bis nach
Süddeutschland erstreckt und damit, recht untypisch, von Osten bis Südosten nach
Deutschland hereinragt. Hohes Geopotential herrscht hingegen über Skandinavien,
und während über dem nahen Atlantik ein Langwellentrog mit abgetropftem
Cut-Off-Tief liegt, ragt vom nordwestlichen Afrika ein schwacher Rücken nach
Norden und beeinflusst sowohl die Iberische Halbinsel als auch die Biskaya. Der
für uns bedeutsame Langwellentrog verliert im Tagesverlauf und auch in der Nacht
zum Montag an Format, und da er zusätzlich nach Süden vorankommt und seine Achse
damit über die Alpen bis nach Norditalien vorankommt, lässt auch seine
Wetterwirksamkeit nach. Im Bodendruckfeld steht ein kräftiges Skandinavienhoch
tiefem Luftdruck über dem Mittelmeer gegenüber, wobei vor allem der Norden
ganztägig von hochdruckbedingtem Absinken profitiert. Dort weht durch
Ageostrophie allerdings auch ein lebhafter Nordostwind mit Böen Bft 7, wobei
einzelne Böen Bft 8 nicht ausgeschlossen sind. Von der Norddeutschen Tiefebene
bzw. den nördlichen Mittelgebirgen weist ein Bodenkeil zu den Alpen. In den
Gebieten, die rückseitig (also in diesem Fall östlich) des Keils, aber auch
vorderseitig (also in diesem Fall südlich) der Trogachse liegen, kommt es zu
schauerartig verstärkten Regenfällen, wobei auch einzelne Gewitter nicht
ausgeschlossen sind. Nach dem aktuellen deterministischen Lauf von IFS ist dies
der Osten Bayerns, und auch im Erzgebirge ist etwas Niederschlag nicht
ausgeschlossen. Dabei liegen die 850er Temperaturen meist zwischen 2 und 8 Grad
(bei einer zögerlichen Zunahme der Werte im Tagesverlauf), was Höchstwerte um 20
Grad erwarten lässt.

Am Montag wird der Langwellentrog über Oberitalien und den Seealpen weiter
abgebaut, als Residuum bleibt ein kleinräumiges Höhentief erhalten, dass am Tage
von der Seealpen in Richtung Korsika, in der Nacht dann bis ins Tyrrhenische
Meer zieht. Anstelle des Langwellentrogs steigt das Geopotential und von
Skandinavien zieht ein Höhenhoch allmählich nach Süden, so dass es am
Dienstagmorgen die südliche Nordsee erreicht. Zusammen mit dem weiterhin
vorhandenen, von Nordafrika nach Norden weisenden Rücken, ergibt sich eine
Geopotentialbrücke, die von Algerien und Marokko über Frankreich hinweg bis nach
Skandinavien reicht. Auf der Ostflanke des Rückens und damit auch über
Deutschland herrscht Absinken vor, wenngleich die nord-nordwestliche
Höhenströmung eher gradlinig denn antizyklonal ist und sich das Absinken auch
nicht in einer deutlichen Veränderung des Bodendrucks bemerkbar macht. Immerhin
zieht der Gradient etwas auseinander, so dass im Norden der Wind etwas
nachlässt. Die Restniederschläge im äußersten Südosten klingen rasch ab und
anschließend ist es trocken, wobei sich im Tagesverlauf auch im Südosten, wie
vorher schon im Norden und Westen, das Wetter sehr sonnig präsentiert. Die 850er
Temperaturen steigen bis zum Abend auf 8 bis 11 Grad, womit die Spanne der
Höchsttemperaturen von etwa 20 bis 27 Grad reicht, mit den höchsten Werten im
Westen.

Am Dienstag verbleibt Deutschland auf der Vorderseite des Höhenrückens, der
seine Lage kaum ändert und dessen Achse damit weiterhin etwa von Almeria über
Andorra, Antwerpen und Aarhus nach Archangelsk weist. Im Bodendruckfeld bleibt
die High-Over-Low-Situation weitgehend erhalten, so dass sich auch die
Wettersituation nicht durchgreifend ändert. Allenfalls im äußersten Osten und
Südosten können ein paar dichtere Wolkenfelder, induziert durch einen
osteuropäischen Langwellentrog, durchziehen. Sonst gibt es viel Sonne und bei
850er Temperaturen zwischen 7 und 12 Grad Höchstwerte von 22 bis 29 Grad,
eventuell fällt lokal auch die 30er Marke.

Am Mittwoch herrschen nur geringe Luftdruck- und Geopotentialgegensätze vor.
Dabei wird aber insgesamt Geopotential abgebaut und der Höhenrücken wandert
allmählich nach Südosten, so dass erst der Norden, später auch der Süden auf
seine Rückseite gelangen. In der Folge zeigt sich die Geopotentialkonfiguration
deutlich zyklonaler, die entsprechenden Hebungsprozesse sorgen für mehr Wolken,
es bleibt aber noch trocken. Die 850er Temperaturen liegen durchweg über 10
Grad, was erneut Höchstwerte zwischen knapp 25 und etwa 30 Grad erwarten lässt.


Am Donnerstag greift von Norden ein Langwellentrog auf Deutschland über. Das
Frontensystem des korrespondierenden Tiefdruckgebietes über Südskandinavien
überquert Deutschland von Nordwest nach Südost und dabei kommt es zu teils
konvektiven und auch gewittrigen Regenfällen. Die 850er Temperaturen sinkend
deutlich ab, zum Freitagmorgen sollen sie um null Grad liegen, was einem
Rückgang von etwa 10 Grad in 24 Stunden entsprechen würde.

Am Freitag und Samstag bleiben das Tief über Südskandinavien und tiefes
Geopotential wetterbestimmend. Dabei ist es wechselhaft und insbesondere über
dem Norden verbreitet regnerisch, auch mit Schauern oder Gewittern. Dazu weht
dort ein teils kräftiger Westwind, der an den Küsten auch Sturmböen bringen
kann.
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Bewertung der Konsistenz des operationellen Laufs


Bis zum Sonntag zeigen sich zwischen dem aktuellen Lauf und seinen Vorläufen
keine wesentlichen Unterschiede.

Am Montag deutet der gestrige 12-UTC-Lauf einen noch deutlich weiter nach Westen
ausgreifenden Langwellentrog an (der ja von Osten hereinragt), als dies der
aktuelle, aber auch der gestrige 00-UTC-Lauf simulieren. Darüber hinaus wird vom
gestrigen 12-UTC-Lauf auch die südwärtige Verlagerung des Troges zögerlicher
gerechnet als dies bei den beiden letzten 00-UTC-Läufen der Fall ist. So gesehen
stellt der gestrige 12-UTC-Lauf in gewisser Weise einen Ausreißer dar.

Am Dienstag nehmen die Unterschiede zu. Einheitlich ist, dass die Modellläufe
eine High-Over-Low-Situation vorhersagen, wobei Schwerpunkt und Intensität der
Druckgebilde durchaus unterschiedlich gesehen werden. Damit ergibt sich auch
allgemein ein westliches Zirkulationsmuster. Bezüglich des Geopotentials haben
die Vorläufe aber nicht den langgestreckten Höhenrücken (Iberische Halbinsel -
Nordsee - Finnland) herausgearbeitet, den der jüngste Lauf so persistent zeigt.
Die Vorläufe zeigen eine noch flachere Geopotentialverteilung über Mitteleuropa
als der aktuelle Lauf, Niederschläge haben die Modellläufe aber alle nicht im
Programm.

Am Mittwoch lassen die Vorläufe schon den Langwellentrog von Norden
hereinschwenken, der den deutlichen Wetterumschwung mit zurückgehenden
Temperaturen bringen soll. Dieser Wetterwechsel steht laut aktuellstem Lauf erst
am Donnerstag an, und während die Vorläufe, insbesondere der gestrige
12-UTC-Lauf, den Trog eher über Westeuropa gesehen haben, lässt der aktuelle
Lauf den Trog von Skandinavien nach Mitteleuropa übergreifen.
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Vergleich mit anderen globalen Modellen


Bis zum Sonntag ist die Übereinstimmung auf internationaler Ebene gut
(High-Over-Low, Geopotentialbrücke Westeuropa (bzw. Spanien - Finnland), letzte
Feuchtefelder über Ost- und Südostdeutschland - alles bei allen vorhanden.

Die High-Over-Low-Situation bleibt auch am Montag das Maß der Dinge, bezüglich
des Geopotentials zeigen sich aber Unterschiede. So simuliert GFS ein kleines
Höhentief über Zentralfrankreich, welches mit seiner Lage etwas an die gestrige
12-UTC-Lösung von IFS erinnert. Die Geopotentialbrücke über Westeuropa wird
somit bei GFS von dem Höhentief unterbrochen, was bei IFS oder ICON nicht der
Fall ist. Im Vergleich zu IFS liegt die Geopotentialbrücke bei ICON über der
Iberischen Halbinsel weiter westlich, etwa über Portugal, um von dort über die
westliche Biskaya und den Süden Englands zur westlichen Nordsee zu verlaufen,
was bedeutet, dass sie in ihrem nördlichen Teil, im Gegensatz zur IFS-Lösung,
mehr von West nach Ost verläuft. Es gilt aber, und zwar auch für den Dienstag,
dass es laut der hier betrachteten Modelle (ICON, GFS, IFS) allgemein trocken
bleiben soll.

Die Geopotentialmuster laufen aber am Dienstag noch weiter auseinander. Bei GFS
und ICON zeigen sich Langwellentröge über Westeuropa, die ein wenig an die
Lösungen der "alten" IFS-Modellläufe für den Mittwoch erinnern. Dabei soll sich
der ICON-Trog am Mittwoch über England festsetzen (und von Westen eine Front auf
Deutschland übergreifen), der GFS-Trog soll hingegen abtropfen und rasch nach
Süden abziehen. Wohlgemerkt: zu einer Zeit, zu der IFS noch immer am Höhenrücken
festhält.

Somit ist ab Mitte der kommenden Woche keine zufriedenstellende Übereinstimmung
zwischen den Modellen zu erkennen.
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Bewertung der Ensemblevorhersagen


Die IFS-Ensembles zeigen im Zeitraum +72 bis +96 h zwei Cluster (mit 27 bzw. 24
Modellläufen), die beide durchweg eine "Blockierungslage" anzeigen. Diese weisen
in den repräsentativen Läufen sogar beide zwei Höhenrücken auf, einen über dem
zentralen Nordatlantik und einen weiteren über West- und Nordeuropa.

Im Weiteren (+120 bis +168 h) erscheint die Clusteranalyse stark fragmentiert.
Insgesamt wird das Ensemble in 6 Cluster unterteilt, die zwischen 14 und 4
Mitglieder haben. Alle Cluster beginnen dabei in der Wetterlage "Blocking",
allerdings halten diese Lage nur die beiden kleinsten Cluster bis zum Ende
durch, die anderen wechseln in die Kategorie "Atlantischer Rücken". Zwar liegen
der Haupt- und Kontrolllauf in den Clustern 2 und 4 und damit weder im gleichen
noch im größten Cluster, sie machen aber beide den Wechsel von der
"Blockierungslage" zur Lage "Atlantischer Rücken" mit.

In der erweiterten Mittelfrist (+192 bis +240 h) werden weiterhin 6 Cluster mit
4 bis 14 Mitgliedern angeboten, wobei diesmal der Haupt- und der Kontrolllauf im
Cluster 1 liegen. Aus der Reihe tanzt der Cluster 4 (7 Mitglieder), der als
einziger, dafür aber durchweg in der Kategorie "Negative NAO" liegt. Die übrigen
Cluster wechseln zwischen den oder bleiben in den Kategorien "Positive NAO"
sowie "Atlantischer Rücken". Dabei behält der größte Cluster den "Atlantischen
Rücken" durchweg bei. Bemerkenswert ist, dass in den meisten Clustern (z.B.
Cluster 2,3 und 5; insgesamt 26 Lösungen) der am Donnerstag hereinschwenkende
Langwellentrog eher über Westeuropa gesehen wird (ähnlich den Lösungen von GFS
oder ICON oder der "alten" Lösungen von IFS). Von Norden nach Mitteleuropa
hereinschwenken soll der Trog nur bei Cluster 1 und 6 (insgesamt 18 Lösungen).

Die Rauchfahnen des IFS sehen im Mittelfristzeitraum bis zum Mittwoch hohes
Geopotential und ansteigende 850er Temperaturen, beides bei vergleichsweise
geringer Streuung. Ab Donnerstag wird die Streuung schlagartig größer (bei der
850er Temperatur beispielsweise von etwa 10 auf etwa 17 Grad), wobei der Haupt-
und Kontrolllauf zu den Ausreißern nach unten gehören, also innerhalb des
Ensembles mit die stärksten Rückgänge bei 850er Temperatur und beim Geopotential
zu verzeichnen haben. Demgegenüber bleibt ein Großteil der Ensemblelösungen auch
am Donnerstag und Freitag bei hohem Geopotential und hohen 850er Temperaturen.

Die GFS-Ensembles scheinen eine Kopie der IFS-Ensembles zu liefern. Sie zeigen
bis zum Mittwoch unter geringer Streuung ansteigende 850er Temperaturen. Dann
wird die Streuung deutlich größer, und auch hier ist der deterministische Lauf
ein Ausreißer nach unten, der mit die niedrigsten 850er Temperaturen für den
Donnerstag/Freitag andeutet.

Fazit: Es bleibt spannend!
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Wahrscheinlichkeiten für signifikante Wettererscheinungen


WIND:

Der EFI zeigt am Sonntag im Nordosten lokal Signale für signifikant erhöhte
Windgeschwindigkeiten. Diese sind auch bei COSMO-LEPS zu finden mit
Wahrscheinlichkeiten bis 100% für Windböen und bis 40% für stürmische Böen im
erweiterten Ostseeumfeld.

Temperatur:

Am Dienstag und Mittwoch zeigt der EFI im Westen Signale für signifikant über
dem Klimamittel liegende Temperaturen.
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Basis für Mittelfristvorhersage
IFS, IFS-EPS, MOSMIX
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VBZ Offenbach / Dipl. Met. Martin Jonas