DWD Synoptische Übersicht Kurzfrist

15-05-2020 07:30
SXEU31 DWAV 150800

S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Freitag, den 15.05.2020 um 08 UTC


GWL und markante Wettererscheinungen:
GWL: TrM

Norden leicht wechselhaft, Küsten böiger West-/Nordwestwind, exponiert zeitweise
stürmisch. Mitte durchweg freundlich oder sonnig und trocken, hier in den
Nächten nur zögernd abnehmende Frostgefahr. Alpenrand häufig bedeckt und
zeitweise Regen.


Synoptische Entwicklung bis Sonntag 24 UTC
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Freitag... erstreckt sich ein umfangreicher Langwellentrog von Frankreich bis
nach Marokko. Stromab konnte in den vergangenen Tagen ein ebenso kräftiger Keil
über dem östlichen Mittelmeer aufgebaut werden, dessen "inflow" Trajektorien
direkt aus Nordafrika stammen. Daher weist dieser Keil dank üppiger WLA eine
hohe Schichtdicke auf und sorgt mit dem dadurch hervorgerufenen hohen
Geopotentialgradienten zum Trog für aklimatologisch hohe Windgeschwindigkeiten
in 200-300 hPa über dem westlichen und nördlichen Mittelmeer sowie dem zentralen
Osteuropa mit den höchsten (supergeostrophisch forcierten) Spitzen von
Norditalien bis ins nördliche Rumänien. Entlang dieses Troges zieht heute zudem
eine markante und auch im WV-Satbild gut erkennbare Kurzwelle über den Alpenraum
ostwärts weiter und interagiert mit einer südlich des Alpenhauptkamms gelegenen
Warmfront.
Dadurch kommt es heute Vormittag im Umfeld der Alpen zu hochreichender Hebung
(plus dynamischem Input im linken Auszug des Höhenjets) mit einem Maximum in der
Hauptentwicklungszone des Niederschlags (Bergeron-Findeisen-Prozess) inklusive
dem vorübergehenden Einbinden etwas labilerer Luftmassen durch etwas
rückdrehende Winde stromab der Welle (750 hPa aufwärts). Daraus resultiert gar
etwas abgehobene Labilität, jedoch sorgt das zumeist nur für eine (nicht
gewittrig) konvektiv verstärkte Natur des Niederschlags mit 6-std.
Niederschlagsmengen von 10 bis 20 l/qm zwischen den Bayerischen Alpen und dem
Bayerischen Wald. Der Schwerpunkt des Niederschlags ist numerisch noch schwer
auszumachen und liegt dank der abgehobenen Labilität nicht notwendigerweise in
den Staulagen. Extrapolation der aktuellen Radarbilder deutet einen Streifen vom
Starnberger See bis ins südliche und westliche Niederbayern mit den höchsten
Mengen an, deren ermittelte Spitzen aktuell durch eine breite isotherme 0-Grad
Schichtung inkl. bright banding jedoch deutlich zu hoch erscheinen und auch
durch Realmessungen nicht gestützt werden. Auf jeden Fall sollte das Erreichen
der markanten Starkregenschwelle großflächig als unwahrscheinlich angesehen
werden, zumal auch kräftige Konvektion über der Lombardei und dem Trentino den
polwärtigen Feuchtetransport mindert (weshalb nun auch ICON auf die warnfreie
Variante geschwenkt ist).
Zum Nachmittag und mit Abzug der Welle nach Osten klingen die
niederschlagsförderlichen Bedingungen auch schon wieder rasch ab mit nur noch
unbedeutenden Niederschlägen südlich der Donau. Die Sonne zeigt sich hier kaum,
sodass die Höchstwerte bei überaus bescheidenen 9 bis 12 Grad verbleiben.
Springen wir in den Norden Deutschlands, wo ebenfalls kein störungsfreies Wetter
zu erwarten ist. Hier bringt eine Welle, die am Südrand einer umfangreichen
Zyklone über Nordskandinavien von Südnorwegen zur Ostsee zieht, eine
teilokkludierte Kaltfront über die Nordsee in den Grenzbereich zu Dänemark und
Deutschland. Um genauer zu sein handelt es sich sogar eher um eine beständige
Leetiefentwicklung mit einem Schwerpunkt von Götaland bis Mittelschweden,
hervorgerufen durch eine normal ausgerichtete Anströmung auf die dortige
Orografie. Unabhängig dieser Differenzierung wird mit frontaler Hebung nicht nur
ein ausgedehntes Stratusfeld nach Norddeutschland gedrückt, es findet auch mit
Passage des Bodentroges (mit eingebetteter Kaltfront) eine
Luftdruckgradientzunahme über Norddeutschland statt, die im Küstenumfeld
(östliche Deutsche Bucht und allgemein die Ostsee) für einen böigen und wohl
auch warnwürdigen West- bis Nordwestwind gut sein sollte (Bft 7, exponiert
einzelne Bft 8). Zwar bricht die Stratusdecke über Norddeutschland im
Tagesverlauf etwas auf, es können jedoch hier und da einzelne schwache Schauer
mit verstärktem Tagesgang nicht ausgeschlossen werden. Dabei erreicht die
Bewölkung bis zum Abend eine Linie Eifel-Harz-Berlin und die Schauertätigkeit
eine Linie Münster-Altmark-Mecklenburgische Seenplatte. Die Folge dieser
Entwicklung sind auch hier verminderte bzw. gedämpfte Sonnenanteile und
Höchstwerte, die auf Helgoland bei rund 9 Grad und sonst zwischen 11 und 14 Grad
verbleiben.
Kommen wir aber zuletzt noch zur guten Nachricht, denn ein Bodenhochkeil erfasst
die Mitte Deutschlands, wo neben der tageszeitenbedingten Thermikbewölkung
häufig die Sonne scheint und kein Niederschlag erwartet wird bei Höchstwerten
von 14 bis 19 Grad (mit den höchsten Werten im Saarland). Der Nordwind weht
dabei nur schwach bis mäßig.

In der kommenden Nacht, der Nacht zum Samstag, bleibt diese Dreiteilung
erhalten. Vielerorts dichte Stratusbewölkung mit geringer Schauerneigung im
Norden mit einem Schwerpunkt zwischen Schleswig-Holstein und
Mecklenburg-Vorpommern sowie dichte Aufgleitbewölkung am Alpenrand, die zum Ende
der Nacht erneut bis zur Donau ausgreift. Abgesehen von etwas Regen im
Berchtesgadener Land bleibt es aber trocken. Trocken und überwiegend klar wird
die Nacht vom Schwarzwald bis zum Niederrhein ostwärts bis in die Lausitz
verlaufen. Dadurch bleibt es im Norden mit 8 bis 5 Grad auch frostfrei, während
es im Süden mit 4 bis 1 Grad deutlich kälter und über der Mitte lokal bis -1
Grad gar teils frostig wird. Leichter Frost in Bodennähe muss allerdings
abgesehen vom Norden vielerorts erwartet werden. Der Westwind weht im
Küstenumfeld stark böig, exponiert auch stürmisch mit einem Schwerpunkt im
Ostseeumfeld (dank der quasi-stationären Lage und mäßigen Intensivierung des
Leetiefs über Südschweden), sonst jedoch nur schwach, im Süden aus Nordost, über
der Mitte aus Nordwest.

Samstag... rutscht das steuernde Zentraltief über das östliche Europäische
Nordmeer südwärts und hält den Luftdruckgradienten über dem äußersten Norden
Deutschlands zu dem beständigen Hochdruckkeil über der Mitte aufrecht bzw.
verstärkt ihn gar etwas. Daraus resultiert eine im Vergleich zu heute etwas
ausgeprägtere Windlage mit verbreitet Böen Bft 7 zwischen Schleswig-Holstein und
Mecklenburg-Vorpommern, sowie Bft 8, exponiert Bft 9 Böen auf Rügen. Weiterhin
strömt feuchte Nordseeluft in den Norden Deutschlands, sodass neben teils
dichter, tiefer Bewölkung kurzzeitig die Sonne scheint mit einem meist geringen
Schauerrisiko. Etwas organisierter könnte eine Schauerstaffel ausfallen, die
mittags und nachmittags von West nach Ost über Norddeutschland zieht und in
Verbindung mit einer Kurzwellenpassage gebracht werden kann.
Den äußersten Süden bzw. Südosten von Deutschland beeinflusst dichte
Aufgleitbewölkung, da noch immer trogvorderseitig des umfangreichen
südwesteuropäischen Langwellentroges gelegen. Mit etwas Niederschlag muss aber
nur im Alpenvorland gerechnet werden, wobei die Intensität vom Einschub
feuchterer Mittelmeerluft abhängt. IFS und Euro4 deuten mit 10-15 l/qm/12h etwas
stärkere Niederschläge im Alpenvorland an, die anderen Modelle zeigen den
Schwerpunkt eher inneralpin. Warnschwellen sollten aber keine erreicht werden.
Zwischen der Donau und den zentralen Mittelgebirgen sorgt hoher Luftdruck für
viel Sonnenschein neben tageszeitlicher Konvektion. Etwas dichter könnte die
Bewölkung allerdings entlang der zentralen Mittelgebirge ausfallen, wo feuchtere
Luft von Norden einsickert. Unter dichter Bewölkung liegen die Höchstwerte am
östlichen Alpenrand sowie im Norden zwischen 12 und 15 Grad und sonst zwischen
16 und 21 Grad mit den höchsten Werten am Oberrhein. Abgesehen vom Norden weht
der Wind schwach bis mäßig aus Nord bis Nordwest, südlich der Donau überwiegend
aus Ost.

In der Nacht zum Sonntag ändert sich auf der synoptisch-skaligen Ebene wenig,
einzig ein Kurzwellentrog schwingt die Nacht über von West nach Ost über
Deutschland hinweg und verdrängt die etwas feucht-labilere Luftmasse im
äußersten Südosten nach Süden. Somit ist es abgesehen vom Norden überwiegend
klar und in der feuchten Grenzschicht im Südosten können sich teils dichte
Nebelfelder bilden. Im Norden hingegen ziehen weiterhin teils dichte
Wolkenfelder vorüber, Schauer sollten sich aber auf die Küstenbereiche bzw. in
der ersten Nachthälfte noch auf den Nordosten beschränken. Die Tiefstwerte
verbleiben im meist frostfreien Bereich zwischen 9 Grad im Küstenumfeld und 4
bis 1 Grad über der Mitte. Entlang der zentralen Mittelgebirge kann lokal in
ungünstigen Lagen noch einmal leichter Luftfrost nicht ausgeschlossen werden,
der leichte Frost in Bodennähe fällt jedoch nicht mehr so verbreitet wie in der
vorherigen Nacht aus. Der Wind weht im Ostseeumfeld zwar noch böig aus West,
dreht jedoch im Verlauf der Nacht noch etwas mehr auf Westsüdwest, was das
Böenpotential reibungsbedingt etwas mindern sollte. Ansonsten weht der Wind nur
schwach aus variablen Richtungen.


Sonntag... zonalisiert die Höhenströmung über Südskandinavien und unterstützt
einen Geopotentialanstieg über der Mitte und dem Süden von Deutschland. Daher
verläuft hier der Tag teils sonnig, teils locker bewölkt, inwieweit
Aufgleitbewölkung den Alpenrand tangiert muss noch abgewartet werden. Mit 19 bis
24 Grad wird es noch etwas milder und das bei einem schwachen Wind aus Nord bis
Nordwest. Wechselhafter, da näher an der Frontalzone gelegen, verläuft der Tag
im Norden, wo teils dichte Wolkenfelder und ein geringes Schauerrisiko
wetterbestimmend bleiben. Dabei weht der Westwind im Küstenumfeld böig,
exponiert auch stürmisch und das bei 15 bis 18 Grad.
Und ebenso verläuft die Wetter- und Windverteilung in der Nacht zum Montag,
wobei nur noch örtlich leichter Frost in Bodennähe im Umfeld der zentralen
Mittelgebirge erwartet wird.

Modellvergleich und -einschätzung
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Die einzigen geringen Unsicherheiten bestehen bei den Kurzwellenpassagen im
Norden und Südosten, die jedoch nur akademischer Natur sind
(Niederschlagsschwerpunkte). Insgesamt gestaltet sich die Entwicklung als
überschaubar und sicher.

Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Helge Tuschy