DWD Synoptische Übersicht Kurzfrist

04-05-2020 07:30
SXEU31 DWAV 040800

S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Montag, den 04.05.2020 um 08 UTC


GWL und markante Wettererscheinungen:
Na

Im Süden einzelne Gewitter, dabei lokal Starkregen oder stürmische Böen nicht
ausgeschlossen. In der Mitte gebietsweise etwas Regen, im Norden meist trocken,
dort windig. Am Dienstag im äußersten Süden noch etwas Regen, im Nordosten
einzelne Schauer oder kurze Gewitter. Ansonsten zunehmend ruhige Hochdrucklage
mit zunehmender Nachtfrostgefahr.

Synoptische Entwicklung bis Mittwoch 24 UTC
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Montag... zeigt sich im Geopotentialfeld in 500 hPa ein Höhenrücken, der von
Algerien über die Biskaya hinweg nach Nordwesten weist. Auf seiner Ostflanke
erkennt man einen schwachen sekundären Rücken, der aktuell von den Seealpen über
Südostbayern zum Böhmischen Becken gerichtet ist. Im Tagesverlauf verlagert sich
der Rücken zögerlich nach Osten, seine Struktur bleibt dabei erhalten,
wenngleich der Sekundärrücken abflacht und nach Südosten in Richtung Balkan
läuft. Über Skandinavien liegt dagegen tiefes Geopotential, ein Langwellentrog
ist aktuell von Norwegen zur nördlichen Nordsee gerichtet. Dieser verlagert sich
ebenfalls nur recht zögerlich nach Osten, bis zum Abend hat seine Achse den
Nordwesten Deutschlands erreicht, so dass der gesamte Norden in seinem
Einflussbereich liegt. Zwischen bzw. leicht vorderseitig von Rücken und Trog
zeigt sich die Höhenströmung über Deutschlands hebungsbegünstigend leicht
diffluent, weitere Hebungsimpulse kommen aus dem Bodendruckfeld. In diesem ist
eine flache, mehrkernige Rinne zu erkennen, die aktuell von Nordfrankreich in
Richtung Brandenburg ausgerichtet ist. Diese fungiert auch als Luftmassengrenze,
die feuchtere, wärmere und labilere Luft im Süden von trockenerer und kälterer
Luft im Norden trennt. An ihrer Südflanke frischt der westliche Wind
vorübergehend auf, für eine Windwarnung sollte es aus dem Gradienten heraus aber
wohl nicht reichen, eher schon in Verbindung mit einzelnen Schauern. In die
Rinne sind einzelne kleinräumige Kerne eingelagert, wovon der markanteste
aktuell(!) etwa über dem Westerwald lokalisiert werden kann. Dieser verlagert
sich im Tagesverlauf ganz allmählich nach Südosten, wie überhaupt die gesamte
Rinne eine südliche Verlagerungsrichtung aufweist. Rückseitig der Rinne und des
Tiefs steigt im Tagesverlauf von Nordwesten der Druck, was auch einfließender
Kaltluft geschuldet ist, die an der Ostflanke eines kräftigen Hochs über dem
Nordatlantik von Norden her nach Deutschland geführt wird. Das kleinräumige Tief
bildet den Kopf einer Frontalwelle, deren Warmfront im Tagesverlauf über dem
Süden nach Osten zieht und auf deren Rückseite etwas feuchtere und damit
labilere Luft eingesteuert wird. Die von ICON-EU in diesem Zusammenhang
angebotenen Gewitterparameter deuten zumindest lokal auf starke Gewitter hin. So
liegen die PPW-Werte in der Spitze bei über 20mm und die CAPE-Werte erreichen
Maxima von etwa 350 J/kg. Dazu kommt ein beträchtliches Maß an Scherung, wobei
die überwiegend aus Geschwindigkeitsscherung bestehende Deep-Layer-Scherung mit
bis zu 38 m/s die Low-Level-Scherung mit einstelligen Maxima deutlich in den
Schatten stellt. Bezüglich der CAPE-Werte sind nicht alle Modelle so offensiv
aufgestellt wie ICON-EU. Während IFS ähnliche Spitzen anbietet, bleibt GFS mit
seinen Höchsten Werten unter 200 J/kg. Letzteres Modell simuliert dafür ähnliche
Werte des Niederschlagbaren Wassers wie ICON-EU. Letztendlich deuten aber alle
Modelle im Süden auf ein gewisses Gewitterpotential hin. Letztendlich dürften
sich zumindest örtlich Zellen entwickeln, die bei 850er-Höhenwinden von bis zu
25kn immerhin etwas Zug haben sollten. Ihre Ausdauer könnte durchaus länger
sein, was auf die hohen Scherungswerte zurückzuführen ist. Zwar spricht die
Verlagerung tendenziell gegen Starkregen, lokal ist dieser aber nicht
ausgeschlossen. Darüber hinaus mag es auch für die eine oder andere stürmische
Böe reichen, eventuell auch für kleinkörnigen Hagel. Neben den Gewittern im
Süden ist auch an der Nordflanke von Rinne/Luftmassengrenze durch Aufgleiten mit
leichtem bis mäßigem Regen zu rechnen. Am meisten Sonne dürfte man im Norden
Deutschlands zu Gesicht bekommen, wo der hohe Luftdruck und entsprechendes
Absinken die aus dem Trog induzierte Hebung überkompensiert. Außerdem ist die
Luft dort einfach trockener als in der Mitte und im Süden. In der kalten Luft
reicht es aber nur für Maxima um 13 Grad, am Hochrhein sollten die Spitzen bei
bis zu 22 Grad liegen.


In der Nacht zum Dienstag verlagert sich die Hauptachse des Troges etwas nach
Osten, sie bleibt aber westlich von Deutschland. Die Sekundärachse erreicht
Griechenland, und zwischen den Achsen glättet die 500-hPa-Höhenströmung über
Süddeutschland durch bzw. sie wird sogar leicht zyklonal. Über Südskandinavien
tropft der südliche Teil des Langwellentroges ab und erreicht in der zweiten
Nachthälfte den Nordosten. Durch die mit ihm herangeführte Höhenkaltluft (T500
unter -30 Grad) geht eine Labilisierung vonstatten, die an der Ostsee für erste
Schauer sorgt, für Gewitter sollte es zu diesem Zeitpunkt aber noch nicht
reichen. Im Bodendruckfeld sorgt der Cut-Off-Prozess für einen im Vergleich zur
Nordsee verzögerten Druckanstieg über der Ostsee, was den Gradienten über dem
Norden etwas anziehen lässt und eventuell für steife Böen an der Nordsee sorgt.
Die Rinne wandert nach Südosten aus, anfangs kommt es im Südosten noch zu
Schauern und letzten Gewittern, die aber rasch nachlassen. In der zweiten
Nachthälfte fällt dann an den Alpen noch etwas Regen, was der dort ankommenden
Kaltfront der Welle und einer entsprechenden Staukomponente geschuldet ist. Bei
850er Temperaturen, die im Süden zum Dienstagmorgen um 6 Grad liegen, bleibt die
Schneefallgrenze aber um 2000m hängen. Im Norden sinken die 850er-Werte dagegen
auf etwa -4 Grad, was lokal Frost und gebietsweise Frost in Bodennähe bedeutet.
Abgesehen von den geschilderten Niederschlägen im Süden, Südosten sowie im
Nordosten ist es praktisch überall trocken, entlang des Oberrhein liegen die
Minima bei etwa 10 Grad.


Dienstag... wandelt sich das Höhentief endgültig in einen Kaltlufttropfen um.
Dieser zieht weiter südostwärts und erreicht am Abend den Südwesten Polens,
wobei er auf seinem Weg über den Nordosten Deutschlands zieht. Dort kommt es
Nordöstlich der Elbe sowie am Erzgebirge durch die entsprechende Labilisierung
(T500 bei bis zu -33 Grad) zu Schauern und auch kurzen Gewittern. Diese fallen
als Kaltluftgewitter meist kurz aus, die Luft ist mit PPWs von etwa 12mm
insgesamt sehr trocken und die Gesamtlage eher gradientschwach. Über dem Westen
steigt das Geopotential (und die Temperatur in 500 hPa, was für eine
Stabilisierung sorgt), wenngleich die Achse des nunmehr die Form einer
Geopotentialbrücke aufweisenden Rückens, der mit einem Höhenhoch über dem
Nordatlantik verbunden ist, immer noch nicht auf das Bundesgebiet übergreift.
Von hohem Druck ist auch die bodennahe Atmosphäre geprägt. Deutschland liegt an
der Südostflanke des ehemaligen Nordatlantikhochs PAUL, das nunmehr schon als
Nordseehoch bezeichnet werden muss. Diesem steht tiefer Luftdruck über Osteuropa
gegenüber, was landesweit mäßige nördliche Winde zur Folge hat, die nach
Nordosten auch mal stärker auffrischen und dort in Schauern und Gewittern
durchaus die Warnschwelle zur Bft 7 durchbrechen können. Trotzdem kann sich die
kalte Luftmasse im äußersten Süden nicht durchsetzen, sprich, die
Luftmassengrenze wird nicht über die Alpen gedrückt, sondern verbleibt an der
Südgrenze Deutschlands, wo es im äußersten Süden auch weiterhin etwas Regen
gibt. Trotz der, zusammen mit dem Vortag, längeren Andauer der Regenfälle an
Alpen und Hochrhein wird es für (konvektiv durchsetzten) Dauerregen wohl nicht
reichen. Während nördlich des Mains die Temperatur in 850 hPa allgemein bei 0
bis -3 Grad liegt, sind es im äußersten Südwesten immer noch bis zu +6 Grad.
Abgesehen vom angesprochenen äußersten Süden ist die Atmosphäre sehr trocken und
sehr stabil geschichtet, was verbreitet auch für viel Sonne sorgt. Die
Höchsttemperaturen liegen insgesamt wieder etwas niedriger: In der Nordosthälfte
sind es meist nur 10 bis 15 Grad, sonst meist 15 bis 19 Grad.

In der Nacht zum Mittwoch zieht der Kaltlufttropfen rasch ostwärts zur Ukraine.
Damit steigt auch im östlichen Deutschland in der mittleren Troposphäre die
Temperatur rasch an. Nicht nur in der Höhe setzt sich zunehmend eine
antizyklonale Strömung durch, auch das Bodenhoch weitet sich weiter nach
Deutschland aus. Das hat neben Druckanstieg auch Windabnahme zu Folge. Ganz im
Südwesten hält sich noch dichte Bewölkung, aus der es anfangs auch noch etwas
regnen kann. Im Nordosten sorgt WLA auf der Rückseite des Kaltlufttropfens für
Schichtbewölkung in höheren Niveaus. Ansonsten ist der Himmel vielfach klar.
Damit sinkt die Temperatur stark ab und gebietsweise kommt es zu leichtem Frost
bis -3 Grad, sehr verbreitet muss bei klarem Himmel mit Frost in Bodennähe
gerechnet werden, der in ungünstigen Lagen teils sogar um -5 Grad erreicht.

Mittwoch... und in der Nacht zum Donnerstag setzt sich der Hochdruckeinfluss
weiter durch. Das abgeschlossene Höhenhoch über England verlagert sich zur
Nordsee, womit die dort verlaufende Hochdruckbrücke weiter gestärkt wird. Da
sich damit auch die Achse der Brücke und des Rückens weiter nach Osten
voranschiebt, gelangt Deutschland noch stärker unter hohes Geopotential, als
dies schon am Vortag der Fall ist, wenngleich die Achse des Höhenkeils weiterhin
knapp westlich unseres Landes liegt. Die Divergenzachse des Bodenhochs erstreckt
sich vom Nordwesten in den Südosten Deutschlands. Damit weht der Wind im
Nordosten mäßig bis frisch aus Nordwest, wobei mit ageostrophischer
Unterstützung dort vielleicht auch mal eine steife Böe auftritt. Im Südwesten
weht der Wind meist schwach aus Nordost. In allen Landesteilen sorgen Absinken
und Einstrahlung für eine leichte Zunahme des Temperaturniveaus. Mitunter können
im Osten noch einzelne Wolkenfelder über den Himmel ziehen, und auch von der See
kann hier und da etwas tiefer Stratus (900 hPa) hereindriften. Über den
Mittelgebirgen kann etwas flache Quellbewölkung ein Thema sein, die den sonnigen
Wettercharakter aber kaum trüben sollte. Insgesamt wird der Tag erneut viel
Sonne bringen und die Nacht wird oft klar, was erneut für Temperaturen um den
Gefrierpunkt zur Folge haben wird. Allerdings sinken die Werte nicht mehr ganz
so stark ab wie in der Vornacht, bis -1 geht es in ungünstig gelegenen
Mittelgebirgslagen herunter, in Bodennähe werden im Süden und in der Mitte
Tiefstwerte um -2 Grad erwartet.

Modellvergleich und -einschätzung
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Die Modelle simulieren die Situation der kommenden Tage recht ähnlich. Es zeigen
sich kleinere Unterschiede in den Gewitterparametern am heutigen Montag (siehe
Text), die letztendendes aber nicht warnrelevant sind. Dies gilt auch für die
übrigen (kleinen) Modellunterschiede, beispielsweise bezüglich der Regenmengen
an den Alpen (GFS defensiver als ICON oder IFS), der zu erwartenden maximalen
Windböen (IFS mit höheren Böen als ICON) oder der Temperaturminima in der Nacht
zum Mittwoch, wo IFS insbesondere im Norden etwas tiefere Temperaturen simuliert
als ICON.

Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Martin Jonas