DWD Synoptische Übersicht Mittelfrist

01-05-2020 10:30

S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T M I T T E L F R I S T
ausgegeben am Freitag, den 01.05.2020 um 10.30 UTC



Nur wenige Niederschläge und relativ kühl. In klaren Nächten in ungünstigen
Lagen leichter Frost nicht ausgeschlossen.
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Synoptische Entwicklung bis zum Freitag, den 08.05.2020


Der Wetterablauf im Mittelfristzeitraum gestaltet sich (zumindest aus aktueller
Modellsicht) nicht wirklich spektakulär und leicht untertemperiert. Wir sitzen
sozusagen "zwischen den Stühlen", soll grob gesagt heißen: An der kalten
Schulter, respektive an der Ostflanke eines umfangreichen Höhenrückens, der sich
über West- bzw. Nordwesteuropa immer wieder regenerieren kann und der flankiert
wird von einem Höhentrog über Skandinavien und einem Höhentief über dem
Ostatlantik.
Doch der Reihe nach:
Am Montag, dem Beginn des Mittelfristzeitraumes, verlagert sich der oben
angesprochene Höhentrog unter Amplitudengewinn vom Nordmeer nach Skandinavien
und streift somit auch den Norden bzw. Osten des Landes. Das hochreichende
Tiefdruckgebiet über dem Ostatlantik mit Drehzentrum nordwestlich der Azoren
kommt dagegen ein wenig nach Nordosten voran. Auf dessen Vorderseite wölbt sich
aufgrund kräftiger WLA ein Höhenkeil über dem westlichen Mittelmeer Richtung
Westeuropa auf, während sich ein Höhenrücken über dem Seegebiet zwischen Island
und den Britischen Inseln verstärkt. Beide Geopotenzialgebilde sind verbunden
durch eine sich intensivierende Potenzialbrücke über den Britischen Inseln.
Dadurch dreht die Höhenströmung über Deutschland von West mehr und mehr auf
Nordwest, wodurch zunehmend Meeresluft polaren Ursprungs (T850 hPa am Di, 00 UTC
zwischen -5 Grad über der Deutschen Bucht und +7 Grad am Hochrhein) ins
Vorhersagegebiet advehiert wird.
Im Bodenfeld verstärkt sich ein nach Mitteleuropa gerichteter Keil eines Hochs
mit Schwerpunkt nördlich der Britischen Inseln, wobei das Druckfeld vor allem im
Nordosten noch leicht zyklonal konturiert bleibt. Im Einflussbereich der von
Nordwesten einströmenden, teils auch recht feuchten Meeresluftmasse gibt es vor
allem im Norden und Osten sowie im Süden noch einzelne Schauer.
Am Dienstag und Mittwoch verstärkt sich der vom westlichen Mittelmeer über die
Britischen Inseln bzw. der Nordsee bis nach Island und am Donnerstag, 00 UTC zur
Irminger See reichende umfangreiche Höhenrücken, woraus sich in Kombination mit
den flankierenden Höhentiefs bzw. -trögen über dem Ostatlantik und über Nord-
bzw. in weiterer Folge über Osteuropa ein klassisches Omega-Muster ergibt. Das
korrespondierende Bodenhoch verlagert dabei seinen Schwerpunkt zur Nordsee,
wobei sich der nach Mitteleuropa gerichtete Keil ein wenig verstärkt. Im Zuge
eines Abtropfprozesses aus dem Höhentief über dem nahen Ostatlantik verlagert
sich ein kleinräumiges Höhentief bis Mittwoch nach Nordwestfrankreich und füllt
sich dort auf. Von ihm ausgehend kann sich eine flache Tiefdruckrinne mit
schauerartigen Regenfällen bis nach Süd- und Südwestdeutschland ausweiten. Im
übrigen Vorhersagegebiet bleibt es, abgesehen von einzelnen Schauern am Dienstag
in der Osthälfte, überwiegend trocken, wobei an der Ostflanke des Hochs von
Norden her weiterhin kühle Luftmassen (T850 hPa am Mittwochabend zwischen -2
Grad im Nordosten und +6 Grad im Südwesten) gelangen. Nachts kann es in
ungünstigen Lagen leichten Frost geben.
Am Donnerstag und Freitag verlagert sich der Höhenrücken allmählich Richtung
Mitteleuropa, wird aber von Norden her etwas "abgehobelt".
Das Hoch über der Nordsee schwächt sich etwas ab und verlagert seinen
Schwerpunkt ein wenig nach Süden bzw. nach Mitteleuropa. Somit dauert das ruhige
Hochdruckwetter in weiten Teilen des Vorhersagegebietes an, auch im Süden gibt
es ab Donnerstag keine nennenswerten Niederschläge mehr. Nach wie vor gelangen
an der Ostflanke des Hochs nur mäßig warme Luftmassen uns Vorhersagegebiet und
innerhalb der im Tagesverlauf leicht labil geschichteten Grundschicht bilden
sich vor allem im Osten und Süden auch häufig Quellwolken.

In der erweiterten Mittelfrist verlagert sich der Höhenrücken weiter nach
Osteuropa und von den Britischen Inseln her weitet sich eine Tiefdruckrinne nach
Mitteleuropa aus, so dass bei ähnlichem Temperaturniveau wieder unbeständigeres
Wetter ins Haus steht.
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Bewertung der Konsistenz des operationellen Laufs


Im Großen und Ganzen erweist sich der aktuelle Lauf des IFS als einigermaßen
konsistent zu seinen beiden Vorgängern. Allerdings waren beide Vorläufe am
Montag und Dienstag etwas zyklonaler aufgestellt als der aktuelle Lauf mit
verbreiteteren Schauern insbesondere im Osten und Nordostend es Landes. Die
flache Tiefdruckrinne, die vor allem am Mittwoch dem äußersten
Südwesten/Südwesten schauerartige Niederschläge bescheren soll, wurde dagegen in
beiden Läufen weiter südlich simuliert.
Für den Donnerstag und Freitag ergeben sich dann keine signifikant
prognoserelevanten Unterschiede mehr. Nach Lesart des gestrigen 00 UTC-Laufes
kommt die Achse des Höhenrückens bis Freitag aber nicht nach Mitteleuropa voran,
sondern bleibt knapp westlich des Vorhersagegebietes, wodurch an der Ostflanke
des Bodenhochs, dessen Schwerpunkt weiter nördlich simuliert wird als im
gestrigen 12 UTC bzw. heutigen 00 UTC-Laufes etwas kühlere Luftmassen in die
Osthälfte advehiert werden können.
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Vergleich mit anderen globalen Modellen


Die großräumige Verteilung der Potenzialgebilde ist über weite Teile des
Mittelfritzeitraumes hinweg bei allen vorliegenden Globalmodellen ähnlich.
Allerdings erweist sich das ICON am Montag und Dienstag - ähnlich übrigens den
IFS-Vorgängerläufen - gegenüber den meisten anderen Modellen als zyklonaler
aufgestellt. Der Höhentrog über Skandinavien kann weiter nach Südwesten
ausgreifen und auch im Bodenfeld ist die zyklonale Kontur in Form eines
Tiefdruckgebiets, das sich über die Mitte Deutschlands hinweg bis Dienstag nach
Polen verlagert, deutlicher ausgeprägt. Am Mittwoch hat das ICON eine markante
Zyklogenese über Osteuropa auf der Agenda, an deren Westflanke über dem
Nordosten Deutschlands das Bodenfeld weiterhin zyklonal konturiert bleibt,
während nach GFS und IFS ein Keil des kräftigen Hochs über der Nordsee dorthin
gerichtet ist. Dieser Keil reicht nach Lesart des ICON dagegen nach
Süddeutschland, infolgedessen bleibt die flache Tiefdruckrinne, die GFS übrigens
ähnlich simuliert wie das IFS, nach Lesart des ICON südlich des
Vorhersagegebietes.
Während sich der Höhenrücken am Donnerstag und Freitag nach Lesart des IFS und
auch des GEM von West-/Nordwesteuropa bzw. von der Nordsee her allmählich nach
Mitteleuropa verlagert, bleibt dessen Achse im ICON über Westeuropa und im Zuge
eines erneuten Trogvorstoßes Richtung Skandinavien und später Osteuropa dreht
die Höhenströmung am Freitag wieder auf Nordnordwest, wodurch erneut ein Schwall
polarer Meeresluft nach Mitteleuropa vordringen kann.
Nach Lesart des GFS wird der sich allmählich Richtung Mitteleuropa verlagernde
Höhenrücken mit einem beginnenden Trogvorstoß über dem Nordmeer und dem
skandinavischen Raum von Norden her abgebaut und es stellt sich eine
westnordwestliche, allerdings noch eher antizyklonal konturierte Höhenströmung
ein.
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Bewertung der Ensemblevorhersagen


Die Clusteranalyse des IFS-EPS zeigt zum Übergang von der Kurz- in die
Mittelfrist (T+72-96h) 4 Cluster, die sich für Mitteleuropa aber so gut wie gar
nicht unterscheiden. Die zyklonaler konturierte ICON-Variante dürften, wenn
überhaupt, nur wenige Einzelläufe auf der Agenda haben.
Das ändert sich im nächstfolgenden Zeitraum (T+120-168h). Dabei verteilen sich
die Einzelmember, Haupt- und Kontrolllauf auf zwei Cluster (jeweils 26 und 25
Member).
Cluster 1 (inkl. Kontrolllauf) ähnelt der ICON-Variante: Der Höhentrog über
Osteuropa erweiset sich als persistent und wird vor allem zum Freitag hin von
Norden her wieder regeneriert, so dass der Höhenrücken immer über West- bzw.
Nordwesteuropa bleibt und sich dem mitteleuropäischen Raum nur vorübergehend
etwas annähert. Von Norden her gelangen dann zwar meist trockene, aber eher
kühle Luftmassen ins Vorhersagegebiet.
Cluster 2 dagegen repräsentiert ganz gut die vom Hauptlauf (der sich auch im
selbigen befindet) simulierte Wetterentwicklung mit einem sich allmählich unter
Abschwächung von West- nach Mitteleuropa vorarbeitenden Höhenrücken und
zögernder Milderung. Den Feuchteeinschub von Frankreich her nach Südwest- und
Süddeutschland am Mittwoch scheinen aber nur wenige Einzelmember auf der Agenda
zu haben, im Gegensatz zum GFS, nach dessen Lesart neben dem Hauptlauf
mindestens die Hälfte der Member beispielsweise für den Gitterpunkt Freiburg
Niederschlagssignale zeigen.
In der erweiterten Mittelfrist (T+192-240h) bleibt es bei zwei Clustern (jeweils
35 und 16 Member). In Cluster 1 setzt die Entwicklung vom Zeitraum davor fort
mit einem von Nord- nach Osteuropa gerichteten Höhentrog und einem Höhenrücken
über West- bzw. Nordwesteuropa, woraus über dem Vorhersagegebiet eine eher kühle
und vorübergehend auch mal zyklonal konturierte nordwestliche Höhenströmung
resultiert.
Nach Lesart des Cluster 2 (16 Member, inklusive Haupt- und Kontrolllauf)
schwenkt der sich abschwächende Höhenrücken über Mitteleuropa hinweg nach
Osteuropa, wodurch sich von Westen her ein flacher Trog und eine
Bodentiefdruckrinne nach Mitteleuropa ausweiten kann.

Beim Blick auf die Kurvenschar der 850 hPa-Temperatur der Rauschfahnen der im
Süden bzw. in der Mitte Deutschlands gelegenen Gitterpunkte fällt der relativ
breite Spread gleich zu Beginn der Mittelfrist, vor allem am Dienstag, ins Auge.
Der Hauptlauf befindet sich etwas oberhalb des Medians, d.h., das Gros der
Member verläuft von der Nacht zum Dienstag bis Donnerstagfrüh im
Temperaturbereich zwischen +2 und -3 Grad mit Ausreißern nach oben bis +8 Grad.
Im Norden und Nordosten verläuft die Temperatur dagegen in einem recht engen
Spread zwischen 0 und -6 Grad.
Einige wenige Member lassen die Niederschlagssignale am Mittwoch bis weit in die
Mitte Deutschlands ausweiten.
Zum Ende der Mittelfrist, d.h. Richtung zweites Maiwochenende, nehmen die
Niederschlagssignale generell zu.

FAZIT:
Insgesamt stellt sich im Mittelfristzeitraum ein eher niederschlagsarmer und
leicht untertemperierter Witterungsabschnitt ein mit einer überwiegend
antizyklonal geprägten Nordlage (Na bzw. HNa). Ob diese dann in der erweiterten
Mittelfrist wieder regeneriert wird und vielleicht sogar vorübergehend zyklonal
konturiert ist (GFS 00 und auch 06 UTC Hauptlauf, Cluster 1 der IFS-EPS) oder ob
sich eher eine Art südliche Westlage bzw. Trog Westeuropa einstellt (Cluster 2,
IFS Hauptlauf, mit Verzögerung auch GEM), ist noch unsicher.
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Wahrscheinlichkeiten für signifikante Wettererscheinungen


Signifikante Wettergefahren sind im Mittelfristzeitraum so gut wie keine
auszumachen. Je nach Zyklonalität des Wettergeschehens am Montag und Dienstag
kann es in den Kamm- und Gipfellagen der östlichen Mittelgebirge eventuell für
stürmische Böen aus Nordwest reichen.
Nachts kann es bei klarem oder gering bewölktem Himmel in windgeschützten Lagen
gebietsweise leichten Frost geben.
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Basis für Mittelfristvorhersage
IFS, IFS-EPS, MOSMIX
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VBZ Offenbach / Dipl. Met. Jens Winninghoff