DWD Synoptische Übersicht Kurzfrist

15-04-2020 07:01
SXEU31 DWAV 150800

S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Mittwoch, den 15.04.2020 um 08 UTC


GWL und markante Wettererscheinungen:
GWL: BM, Übergang zu HNa
Ruhiges Hochdruckwetter, Andauer der Trockenheit; im Nordosten heute böiger
Westwind, kommende Nacht im Süden nochmals leichter Frost.

Synoptische Entwicklung bis Freitag 24 UTC
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Mittwoch... befindet sich Deutschland am Ostrand einer Höhenantizyklone, die
sich aktuell von den Britischen Inseln bis nach Ostfrankreich erstreckt und sich
nach Südosten ausweitet. Im Tagesverlauf kommt es an deren Nordflanke zu einer
Austrogung über dem Nordmeer, wodurch das Höhenhoch von Norden her abgebaut
wird. Übrig bleibt zum Abend ein breit angelegter Höhenrücken, der sich von
Tunesien nordwärts über die Westalpen hinweg bis nach Westdeutschland bzw.
BeNeLux erstreckt, von dem aus aber nach wie vor ein Höhenkeil über die
Britischen Inseln hinweg nordwestwärts bis zum mittleren Nordatlantik reicht.
Mit der Südostverlagerung des Höhenhochs respektive -rückens fächert die
nordwestliche Höhenströmung auch über dem Osten Deutschlands mehr und mehr auf
und nimmt eine antiyzklonale Kontur an. Gestützt wird der Rücken durch WLA an
dessen Nordostflanke, die sich vor allem im Nordosten Deutschlands anhand hoher
und mittelhoher Bewölkung bemerkbar macht, es bleibt aber trocken.
Die mit dem Rücken korrespondierende Hochdruckzone im Bodenfeld erstreckt sich
aktuell vom Seegebiet südlich der Irminger See in etwa über die Mitte
Deutschlands hinweg bis nach Bulgarien/Rumänien. An deren Nordflanke ist der
Gradient über dem Nordosten Deutschlands anfangs noch recht scharf ausgeprägt,
so dass dort der Westwind mit tagesgangbedingt zunehmender turbulenter
Durchmischung wieder auffrischt. Bis ins Binnenland Schleswig-Holsteins und
Vorpommerns gibt es einzelne steife Böen (Bft 7), an exponierten Abschnitten der
vorpommerschen Ostseeküste auch stürmische Böen (Bft 8). Im Tagesverlauf kommt
die Achse der sich zudem noch abschwächenden Hochdruckzone ein wenig nach Norden
voran, so dass der Gradient auffächert und der Wind zum Abend hin nachlässt.
Ansonsten dominiert - wie nicht anders zu erwarten - ruhiges Hochdruckwetter.
Mit der vor allem im Süden und Westen ungehinderten Einstrahlung kann sich die
ehemals polare Luftmasse niedertroposphärisch kräftig erwärmen, auch in 850 hPa
steigt die Temperatur bis zum Abend auf 6 Grad an der Neiße und 10 Grad im
Südwesten, wobei dort auch die advektive Komponente etwas zum Tragen kommt.
Aufgrund des schwachen Gradienten und der vorausgegangenen kalten Nacht kann
sich die Erwärmung aber nicht bis zum Boden durchsetzen. Somit liegen die
Höchstwerte zwischen 14 Grad im Nordosten bzw. Südosten und knapp 20 Grad am
Oberrhein. Bei auflandigem Wind werden an den Küsten und im angrenzenden
Binnenland nur 10 bis 13 Grad erreicht.

In der Nacht zum Donnerstag setzt sich die Austrogung über Nordeuropa bzw.
Skandinavien fort, die kräftige Frontalzone verläuft, von der Grönlandsee
kommend, über das Europäische Nordmeer und Südskandinavien bis zum Baltikum bzw.
nach Osteuropa. Der Höhenrücken wird dadurch über Mitteleuropa weiter abgebaut,
wobei nach wie vor ein Höhenkeil über die Britischen Inseln nordwestwärts
reicht. Daraus resultiert eine sich wieder verstärkende, aber glatte
westnordwestliche Höhenströmung über dem Norden und Osten Deutschlands. Ein sich
im Lee des Norwegischen Küstengebirges verstärkender Kurzwellentrog verlagert
sich bis Donnerstagfrüh rasch nach Südfinnland. Auch im Bodenfeld wird über
Mittelschweden eine Lee-Zyklogenese in Gang gesetzt, dass daraus resultierende
Tiefdruckgebiet erreicht morgens Lettland. Dessen Kaltfront greift dann auf das
nördliche Mitteleuropa über.
Im Vorfeld der Kaltfront gelangt bodennah noch verhältnismäßig kühle und auch
etwas feuchtere Nordseeluft nach Norddeutschland, während oberhalb einer sich
noch verstärkenden, in etwa 950 hPa gelegenen Inversion die Luftmasse mit der
Überströmung des Norwegischen Küstengebirges kräftig erwärmen und vor allem
abtrocknen kann. Mit Annäherung der Kaltfront wird die bodennah feuchtere
Luftmasse angehoben und es bildet sich recht dichter Stratus, der im Laufe der
Nacht auch auf Norddeutschland übergreift. Anzusprechen bleibt noch der Wind.
Vor allem auf Fehmarn und entlang der vorpommerschen Ostseeküste kann es
weiterhin steife Böen, auf Rügen eventuell auch stürmische Böen aus West geben,
insgesamt nimmt der Wind aber eher ab.
Im übrigen Land verläuft die Nacht dagegen im Einflussbereich der sich weiter
abschwächenden und sich nach Südosten zurückziehenden Hochdruckzone aber
überwiegend gering bewölkt oder wolkenlos. Vor allem in der Südhälfte gibt es
nochmals vielerorts leichten Frost, wenn aufgrund der wärmeren Vorgeschichte
wohl nicht mehr ganz so verbreitet wie in der Nacht davor.

Donnerstag... wird der Höhenrücken weiter abgebaut und verlagert sich Richtung
Balkan, nach wie vor reicht aber ein Höhenkeil über die Alpen und
Südwestdeutschland hinweg bis zu den Britischen Inseln bzw. zum mittleren
Nordatlantik. Der Kurzwellentrog über Südfinnland zieht rasch weiter nach
Nordwestrussland, rückseitig dreht die Höhenströmung mehr auf Nordwest und
fächert nur zögernd auf.
Die Kaltfront des nach Nordwestrussland ziehenden Tiefs greift zögernd auf
Norddeutschland über, macht sich aber nach wie vor nur in Form anfangs recht
dichter, im Tagesverlauf allmählich auflockernder Sc-Bewölkung bemerkbar, die
noch etwas weiter in die Norddeutsche Tiefebene vordringen kann, aber keine
Niederschläge bringt.
Die Hochdruckzone hat sich endgültig Richtung Mittelmeer/Südosteuropa
zurückgezogen, ein Keil reicht noch bis zu den Alpen bzw. nach Süddeutschland.
Dagegen hat sich über dem mittleren Nordatlantik ein breit angelegter
Höhenrücken aufgebaut, der ein Bodenhoch südlich von Island stützt, das sich zum
Nordmeer ausweitet und von dem aus sich ein Hochkeil über der Nordsee verstärkt.
Somit weht im Nordosten an der Ostflanke des Keils nach wie vor lebhafter West-
bis Nordwestwind, für warnrelevante Böen dürfte es aber nur noch rund um Rügen
reichen.
Zwischen beiden Druckgebilden befindet sich Deutschland im Bereich schwacher
Druckgegensätzen, wobei sich eine flache Tiefdruckrinne von Frankreich her über
den Westen und die Mitte Deutschlands hinweg nach Osten ausweiten kann.
Vorderseitig eines Tiefs nordwestlich der Iberischen Halbinsel kann somit
allmählich eine etwas instabilere und feuchtere Luftmasse in den Südwesten und
Westen des Landes gelangen, was sich aber wohl nur anhand des Aufzuges einzelner
hoher und mittelhoher Wolkenfelder bemerkbar macht. Vielleicht reicht es noch
für Quellwolken über den Mittelgebirgen, aber wohl nicht für Schauer.
Somit scheint - abgesehen von der Norddeutschen Tiefebene - in weiten Teilen des
Landes weiterhin die Sonne. Der Kaltfront folgt ein Schwall kühlerer Luft aus
Skandinavien (0 bis 3 Grad in 850 hPa), so dass die Höchsttemperaturen dort
sowie im Vorfeld der Front unter den dichteren Wolken "nur" Höchstwerte zwischen
10 und 16 Grad erreichen. Sonst wird es mit 18 bis 23 Grad, im Südwesten bis 25
Grad allgemein wieder deutlich wärmer als an den Vortagen.

In der Nacht zum Freitag kommt die Kaltfront noch etwas landeinwärts voran, löst
sich aber von Westen her mehr und mehr auf, da sie von Druckanstieg an der
Südostflanke des sich zum Nordmeer verlagernden und sich verstärkenden Hochs
überlaufen wird. Somit lockern auch im Frontbereich bzw. im Vorfeld der Front
die Wolken mehr und mehr auf. An der Absinkinversion, die im postfrontalen
Bereich vor allem über der Nordsee kräftig ausgeprägt ist, bildet sich
allerdings im Bereich der Deutschen Bucht wieder SC-Bewölkung, die eventuell
auch bis ins Küstengebiet vordringen kann.
Mit dem sich über Norddeutschland verstärkenden Hochdruckeinfluss wird die
flache Tiefdruckrinne nach Süddeutschland gedrückt. Abgesehen von einzelnen
hohen Wolkenfeldern macht sie sich wettertechnisch aber nicht weiter bemerkbar.
Allerdings dürfte die Wahrscheinlichkeit für Frost in der Südhälfte insgesamt
weiter abnehmen und beschränkt sich wohl auf die klassischen "Kältelöcher" im
Bereich der Mittelgebirge und der Alpen. Leichten Frost oder zumindest
Bodenfrost kann es dagegen gebietsweise postfrontal im Nordosten des Landes
geben.

Freitag... befinden wir uns nach wie vor an der Westflanke eines vom westlichen
Mittelmeer über Ostfrankreich und die Britischen Inseln bis ins Seegebiet
südlich von Island reichenden Höhenkeiles. Dieser wird gestützt einerseits durch
WLA auf der Vorderseite eines Höhentiefs mit Drehzentrum südwestlich von Irland,
andererseits aber auch durch kräftige WLA vorderseitig eines Höhentroges über
der Labradorsee, so dass er sich vor allem über dem Nordmeer noch etwas
verstärkt. Der umfangreiche Höhentrog über Nord- und Nordosteuropa ändert sich
in Lage und Intensität dagegen kaum, so dass der Nordosten Deutschlands
unterhalb einer nordöstlichen Höhenströmung bleibt.
Im Bodenfeld kann sich das Hochdruckgebiet mit Schwerpunkt über der Norwegischen
See ebenso verstärken wie der nach Norddeutschland gerichtete Hochkeil. Nach wie
vor bleibt an dessen Südflanke eine flache Tiefdruckrinne von Frankreich her
nach Süddeutschland gerichtet. Während an der Ostflanke des Hochkeils von
Skandinavien her weiterhin recht kühle, aber trockene Luftmassen nach Nord- und
Ostdeutschland vordringen können (-2 bis +4 Grad in 850 hPa), gelangt in den
Süden und Westen nach wie vor etwas feuchtere und vor allem auch wärmere Luft (T
850 hPa zwischen 7 und 11 Grad). Die Luftmassengrenze erweist sich aber unter
Hochdruckeinfluss als wenig wetterwirksam und macht sich wohl nur anhand
aufgelockerter SC-Bewölkung bemerkbar. Auch der Stratocumulus über der Nordsee
wird mit etwas auffrischendem Nordostwind wieder vom Küstenbereich mehr auf die
See getrieben. Somit scheint vor allem im Nordosten oft ungehindert die Sonne.
Im Süden und Westen scheint zwar neben einigen hohen und mittelhohen
Wolkenfeldern auch häufig die Sonne, allerdings können sich innerhalb der etwas
feuchteren Luftmasse einige Quellwolken bilden. Für Schauer oder gar Gewitter
dürfte es aber kaum reichen, lediglich GFS simuliert als einziges Modell in
erster Linie über dem Bergland Niederschläge, aber der positive Feuchtebias des
Modells ist ja bekannt.
Nach wie vor bleibt der Temperaturgradient zwischen Nord und Südwest erhalten.
In Nord- und Nordostdeutschland werden bei etwas auffrischendem Wind aus Nord
bis Nordost nur Höchstwerte zwischen 12 und 17 Grad erreicht (an den Küsten bei
auflandigem Wind um 10 Grad), sonst liegen die Höchstwerte zwischen 18 und 24
Grad, im Südwesten stellenweise um 26 Grad.

In der Nacht zum Samstag ändert sich an der Konstellation der
Geopotenzialgebilde nur wenig, das Bodenhoch und der nach Nordostdeutschland
gerichtete Keil können sich noch etwas verstärken. Vorderseitig des Höhentiefs
über Südwesteuropa verstärkt sich die WLA noch etwas und kann
mitteltroposphärisch den Höhenrücken überlaufen, was sich im Südwesten des
Landes wohl in Form vermehrt auftretender hoher und mittelhoher Bewölkung
bemerkbar macht. Ansonsten bleibt die Nacht aber gering bewölkt oder wolkenlos.
Im Nordosten kann es dabei erneut leichten Frost geben, Bodenfrost tritt dort
verbreitet auf.



Modellvergleich und -einschätzung
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Alle Modelle simulieren im Kurzfristzeitraum eine sehr ähnliche
Wetterentwicklung. Warn- und prognoserelevante Unterschiede sind keine
auszumachen.

Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Jens Winninghoff