DWD Synoptische Übersicht Kurzfrist

24-03-2020 18:01
SXEU31 DWAV 241800

S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Dienstag, den 24.03.2020 um 18 UTC


Markante Wettererscheinungen:
Ruhige Hochdruckrandlage. Vor allem im Süden und Südosten frischer Ostwind.
Kommende Nacht auf den Schwarzwaldgipfeln, ab morgen dann in den östlichen und
ostbayerischen Mittelgebirgen Sturmböen wahrscheinlich. In den Nächten weiterhin
verbreitet Frost.

Synoptische Entwicklung bis Freitag 12 UTC
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Aktuell ... befindet sich Deutschland an der Südflanke eines von den Azoren bis
nach Nordwestrussland reichenden Höhenkeils, wobei sich über der Nordsee ein
abgeschlossenes Höhenhoch etabliert hat, welches seinen Schwerpunkt bis
Donnerstagfrüh allmählich nach Südschweden verlagert. Flankiert wird dieses
Höhenhoch nach wie vor von einem Höhentief über der Adria bzw. Mittelitalien,
das sein Drehzentrum ein wenig nach Norden verlagert. Daraus ergibt sich eine
recht kräftige ostnordöstliche Höhenströmung vor allem über der Südhälfte des
Vorhersagegebietes. Das mit dem Keil korrespondierende Bodenhoch mit Schwerpunkt
über Weißrussland bleibt quasistationär und kann sich "tagesgangbedingt"
(nächtliche Ausstrahlung) ein wenig verstärken. An dessen Südwestflanke dauert
die Advektion sehr trockener kontinentaler Polarluft ins Vorhersagegebiet an.
Somit verläuft auch die Nacht überwiegend gering bewölkt oder wolkenlos,
lediglich im äußersten Norden macht sich die mitteltroposphärische WLA an der
Nordflanke des Höhenkeils in Form einiger weniger mittelhoher bzw. hoher
Wolkenfelder bemerkbar.
Somit kann es erneut verbreitet in den Frostbereich abkühlen, außer an
Küstenabschnitten mit auflandigem Wind bzw. in einigen Ballungszentren
Westdeutschlands. Im Süden und Osten sowie im zentralen Mittelgebirgsraum gibt
es vielerorts auch mäßigen, in einigen Senken und Tälern der östlichen und
ostbayerischen Mittelgebirge und der Alpen auch strengen Frost.
Von Warnrelevanz bleibt auch noch der Wind. In den Niederungen
Südwestdeutschlands schwächt er sich zwar tagesgangbedingt ab, dafür frischt er,
sobald sich die Grundschicht abgekoppelt hat, vor allem im Hochschwarzwald
wieder auf mit stürmischen Böen aus östlichen Richtungen, auf exponierten
Gipfeln auch mit Sturmböen, schwere Sturmböen nicht ausgeschlossen. Im Südwesten
setzt mit Annäherung des Höhentief schwacher Druckfall ein, wodurch der Gradient
dort ein wenig auffächert, sich dagegen im Südosten etwas verschärft. Somit kann
es vor allem ausgangs der Nacht auch im ostbayerischen Mittelgebirgsraum
einzelne steife, exponiert auch stürmische Böen aus Ost geben.

Mittwoch ... verlagert sich das Drehzentrum des Höhentiefs allmählich nach
Korsika. Insgesamt weitet es seinen Einflussbereich mehr und mehr Richtung
Mitteleuropa aus, ein kurzwelliger Randtrog, der sich an dessen Ostflanke
nordwestwärts verlagert, erreicht abends Ostösterreich und die Slowakei. Auf
dessen Vorderseite verschärft sich die Höhenströmung an der Südflanke des von
Südskandinavien über das Baltikum bis nach Russland reichenden und unverändert
kräftigen Höhenhochs vor allem über dem mittleren Deutschland und dreht mehr auf
Ostnordost. Mit zunehmender Hebung und Annäherung des Troges labilisiert die
Luftmasse über dem Südosten des Landes, die Temperatur in 500 hPa sinkt am
ostbayerischen Alpenrand auf unter -30 Grad, in 850 hPa verharrt sie bei etwa
-6/-7 Grad. Aufgrund des geringen Feuchtegehaltes der Polarluftmasse reicht es
aber maximal für ein paar flache Quellwolken, von Südosten her driften zudem
auch einige mittelhohe Wolkenfelder nach Südostbayern. Insgesamt sollte es aber
trocken bleiben und auch die Sonne zeigt sich immer wieder.
An Lage und Intensität des Bodenhochs ändert sich gegenüber dem Vortag nur
wenig, allerdings setzt im Südwesten und äußersten Süden Deutschlands schwacher
Druckfall ein, wodurch sich der Gradient im Südosten weiter verschärft. Vor
allem im Alpenvorland bis nach Oberschwaben sowie im ostbayerischen und
östlichen Mittelgebirgsraum, vielleicht auch noch im Harz dürfte das im
Tagesverlauf für steife Böen aus Ost reichen, in einigen Mittelgebirgskammlagen
bzw. in für diese Windrichtung prädestinierten Tälern und im ostbayerischen
Alpenvorland in freien Lagen auch für stürmische Böen. Im Südwesten nimmt der
Wind dagegen gegenüber den Vortagen eher ab.
Ansonsten ändert sich am Wetterablauf nur wenig. Außer im Südosten und abgesehen
von dünnen mittelhohen/hohen Wolkenfeldern im Nordwesten bleibt es überwiegend
sonnig bei Höchstwerten zwischen 3 Grad im ostbayerischen Alpenvorland und 12
Grad an Rhein und Ems.

In der Nacht zum Donnerstag geraten wir in den Einflussbereich des Randtroges,
der bis Donnerstagfrüh den Süden und die Mitte Deutschlands westwärts überquert
und sich dann über dem äußersten Westen befindet. Trogrückseitig setzt von Osten
her mitteltroposphärisch WLA ein, die sich aber lediglich anhand mittelhoher
Wolkenfelder über dem Südosten des Landes bemerkbar macht. In 850 hPa geht die
Temperatur mit Passage des Troges aber auch in der Mitte und im Westen
Deutschlands erst einmal etwas zurück. Zugleich feuchtet die Luftmasse in der
Grundschicht von Südosten her ein wenig an, vor allem ICON-EU simuliert in der
Südhälfte bis in den zentralen Mittelgebirgsraum gebietsweise aufgelockerte
Sc-Bewölkung, die sich an den Nordosthängen einiger Mittelgebirge staut. GFS und
IFS haben dagegen so gut wie keine tiefen Wolken auf der Agenda.
Das Bodenhoch bleibt mit seinem Schwerpunkt in etwa über Weißrussland, so dass
sich am Druckgradienten kaum etwas ändert. Aus den schon weiter oben genannten
Gründen nimmt der Wind in den Niederungen im Laufe der Nacht somit eher etwas
ab, während er auf den Bergen dagegen ein wenig zulegt. Auf exponierten Gipfeln
süd- und ostdeutschen Mittelgebirge und auf dem Brocken kann es Sturmböen aus
Südost bis Ost geben, in einigen Ost-West ausgerichteten Tälern vor allem der
ostbayerischen Mittelgebirge steife bis stürmische Böen.
Mit den etwas dichteren Wolkenfeldern und dem lebhafteren Wind wird es im Süden
und Südosten nicht mehr ganz so kalt wie in den Vornächten, dennoch muss
verbreitet - mal abgesehen von einigen Küstenregionen mit auflandigem Wind und
von den Ballungszentren im Westen - mit leichtem, in ungünstigen Lagen auch mit
mäßigem Frost gerechnet werden.

Donnerstag ... verlagert sich der kurzwellige Randtrog von Westdeutschland bis
zum Abend nach Südwestfrankreich. Damit dreht die Höhenströmung über dem Süden
des Vorhersagegebiet an der Nordflanke des nach wie vor umfangreichen Höhentiefs
auf Südost bis Ost. Über der Nordhälfte des Landes fächert der Gradient dagegen
deutlich auf.
Die WLA verstärkt sich noch etwas und wird von Osten her zunehmend auch
niedertroposphärisch wirksam, die Temperatur in 850 hPa steigt bis zum Abend auf
Werte zwischen -2 Grad am Rhein und +2 Grad an der Oder.
Im Bodenfeld weitet sich die flache Tiefdruckrinne etwas weiter nach Südwest-
und Süddeutschland aus, während sich an Lage und Intensität des Hochs nur wenig
ändert. Somit verschärft sich der Gradient neben dem äußersten Südosten vor
allem auch in den mittleren Landesteilen etwas; ob es dort auch in den
Niederungen für warnrelevante Böen (Bft 7) aus Ost reicht, ist aber noch
unsicher. Am ehesten wohl im Osten und Südosten Bayerns, für diese Regionen
haben ICON-EU und GFS auch einzelne stürmische Böen auf der Agenda. In den Kamm-
und Gipfellagen der ostbayerischen und östlichen Mittelgebirge sowie des Harzes
gibt es aber wohl verbreiteter stürmische Böen, exponiert auch Sturmböen. In
West-Ost ausgerichteten Tälern der oben genannten Mittelgebirge ist mit steifen,
vereinzelt auch stürmischen Böen zu rechnen.
Mit der WLA nimmt auch die Tendenz zu mittelhoher Bewölkung etwas zu, vor allem
im Südosten, ansonsten scheint aber nach wie vor die Sonne. Niederschläge werden
keine simuliert.
Insgesamt wird es auch bodennah etwas milder mit Höchstwerten zwischen 6 und 13
Grad, die höchsten Werte im Lee einiger Mittelgebirge.

In der Nacht zum Freitag zieht sich das Höhentief über dem westlichen
Mittelmeerraum allmählich etwas nach Süden zurück, so dass der Gradient auch
über Süddeutschland auffächert. Dabei verlagert sich mit der östlichen
Höhenströmung ein weiterer kurzwelliger Randtrog über das Vorhersagegebiet
hinweg ostwärts. Zwar nimmt der Gehalt an Flüssigwasser innerhalb der Luftmasse
vor allem in Süddeutschland insgesamt etwas zu, das Ganze reicht aber nach wie
vor - nicht zuletzt auch mangels dynamischen Hebungsantriebes - maximal für
lockere mittelhohe Wolkenfelder, die von Osten her über das Vorhersagegebiet
hinweg westwärts ziehen, die meisten wohl im Osten und Südosten. Mit der
leichten Anfeuchtung der Luftmasse und den lockeren Wolkenfeldern schwächt sich
der Nachtfrost weiter ab. Je nach Bewölkung bleibt es in einigen Regionen auch
frostfrei. Dort, wo es länger klar bleibt, muss aber nach wie vor mit leichtem,
in ungünstigen Lagen auch mäßigem Frost gerechnet werden.
Am bodennahen Druckgradienten ändert sich nur wenig. In den Niederungen schwächt
sich der Wind somit wieder ab, während er in den Kamm- und Gipfellagen der
ostbayerischen, östlichen und zentralen Mittelgebirge zulegt. Dort gibt es
erneut stürmische Böen, exponiert Sturm- oder gar vereinzelt schwere Sturmböen
aus östlichen Richtungen.

Freitag ... verlagert sich das Höhentief Richtung Sizilien, der über das
Vorhersagegebiet hinweggezogene Randtrog zieht nach Zentralfrankreich. Dadurch
kommt es über Deutschland zu leichtem Potenzialgewinn, abends erstreckt sich
eine mit mehreren Schwerpunkten bzw. kleinräumigen Höhenhochs ausgestattete
Potenzialbrücke von den Britischen Inseln über Norddeutschland hinweg bis nach
Westrussland.
Im Bodenfeld schwächt sich das Hochdruckgebiet mit Schwerpunkt über Weißrussland
ab und zieht sich etwas nach Osten zurück. Rückseitig eines zur nördlichen
Norwegischen See bzw. Nordskandinavien gerichteten Trogvorstoßes kann sich
dagegen ein Hochdruckgebiet südlich von Island verstärken. Beide Gebilde sind
mit einer Hochdruckbrücke verbunden, die sich über Schottland, die nördliche
Nordsee und Südskandinavien hinweg ostwärts erstreckt. An deren Südflanke
fächert der Gradient über Deutschland allmählich auf, so dass es in den
Niederungen - mit Ausnahme einiger prädestinierter Täler in den östlichen und
zentralen Mittelgebirgen sowie in Südostbayern - wohl kaum mehr für
warnrelevante Böen aus östlichen Richtungen reicht. In den Kamm- und Gipfellagen
kann es aber durchaus noch stürmische Böen geben.
Vor allem niedertroposphärisch verstärkt sich die WLA etwas, die Temperatur in
850 hPa steigt auf etwa +5 Grad im Südosten und auf 0 Grad rückseitig des
abziehenden Randtroges im Westen. Vor allem in der Südhälfte bleibt es locker
bewölkt, aber trocken, im Norden scheint dagegen weiterhin die Sonne. Bevorzugt
in den Lee-Lagen einzelne Mittelgebirge kann sich die milde Luft auch bis in
Bodennähe durchsetzen, so dass es mit Höchstwerten zwischen 11 und 17 Grad
milder als bisher wird. Lediglich an den Küsten bleibt es etwas frischer.


Modellvergleich und -einschätzung
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Alle Modelle simulieren im Kurzfristzeitraum eine sehr ähnliche
Wetterentwicklung, warn- und prognoserelevante Unterschiede sind so gut wie
keine auszumachen.


Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Jens Winninghoff