DWD Synoptische Übersicht Kurzfrist

10-03-2020 18:30
SXEU31 DWAV 101800

S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Dienstag, den 10.03.2020 um 18 UTC


Markante Wettererscheinungen:
In den Weststaulagen der Mittelgebirge teils bis Donnerstagmittag Dauerregen.
Häufig steife, zeit- und Gebietsweise auch stürmische Böen, an der See
Sturmböen, ab Donnerstagfrüh auch schwere Sturmböen.
Erst Freitagnachmittag deutlich abnehmender Wind. Dabei mild, im Süden sehr
mild.

Synoptische Entwicklung bis Freitag 12 UTC
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Aktuell ... Deutschland liegt in einer lebhaften westlichen, nach Süden hin
nordwestlichen Höhenströmung, die anfangs leicht antizyklonal geprägt ist. Die
anfangs noch vorhandene WLA lässt in der Mitte nach und im Norden setzt
Kaltluftadvektion ein. Die Kaltfront/Okklusion liegt morgen früh bereits über
Polen und in Norden strömt etwas kältere Meeresluft ein mit 850-hPa-Temperaturen
bei -1 bis -2 Grad. In der Mitte schleift die Kaltfront, wobei sich um 06 UTC
ein Wellenscheitel über Belgien zeigt. So regnet es vor allem im nördlichen
Mittelgebirgsraum längere Zeit und in Staulagen werden 20 bis gut 30 mm, zum
Teil auch nur 8 bis 20 mm simuliert.

Im Nordwesten und Norden lassen die Niederschläge dagegen postfrontal im Laufe
der Nacht nach und teils klart es auf. Nach Frontdurchgang schwächt sich der
Wind ab und ist nur noch an der Küste mit 7er und 8er Böen warnrelevant. Südlich
der Front bleibt der Wind kräftig mit steifen bis stürmischen Böen. Auf den
Bergen sind 9er und 10er Böen, exponiert 11er Böen angesagt. Es bleibt abgesehen
von den Alpenhochlagen frostfrei bei 5 bis 10 Grad.

Mittwoch ... wölbt sich vorderseitig eines weiteren Trogvorstoßes auf den
nahen Ostatlantik über Mitteleuropa durch WLA erneut ein flacher Höhenrücken
auf, wobei sich Deutschland weiterhin an der Südflanke des Jetstreams befindet.
Die weiterhin an der Mainlinie schleifende Front kommt mangels Schubkomponente
nicht weiter nach Süden voran, eine weitere frontale Welle greift abends auf
Frankreich über. Mangels dynamischer Unterstützung wird der Regen im
Frontbereich schwächer und vor allem in den Staulagen der westlichen und
zentralen Mittelgebirge kommen bis zum Abend nochmal 10 bis 20 mm zusammen (nach
GFS befindet sich die Front etwas weiter nördlich mit geringeren Mengen).
Während es in Norddeutschland meist trocken ist, gibt es im Warmsektor im Süden
örtlich etwas Sprühregen.
Das zentralsteuernde Tief bleibt südsüdwestlich von Island liegen und ein
weiteres bildet sich über der Norwegischen See. Nach wie vor bleibt ein flacher
Hochkeil nach Süddeutschland gerichtet, in dessen Bereich sich der Gradient
auffächert. Vielerorts reicht es aber weiterhin für steife Böen (Bft 7) aus West
bis Südwest, an den Küsten und anfangs auch ganz im Süden auch für stürmische
Böen. Auf den Berggipfeln gibt es Sturm-, exponiert schwere Sturmböen. Zum Abend
hin schwächt sich der Wind allerdings etwas ab. Im Warmsektor gelangt weiterhin
Meeresluft subtropischen Ursprungs (3 bis 6 Grad in 850 hPa) nach
Süddeutschland, der Norden bleibt im Einflussbereich subpolarer Meeresluftmassen
(-2 bis +2 Grad in 850 hPa). Somit bleibt es allgemein sehr mild mit
Höchstwerten zwischen 9 und 14 Grad in der Mitte und im Norden bzw. zwischen 13
und 18 Grad in der Südhälfte. Die meisten Chancen für Sonnenschein gibt es im
Lee des Schwarzwalds in Südwürttemberg.

In der Nacht zum Donnerstag überquert ein markanter Kurzwellentrog vom
Ostatlantik her den Norden der Britischen Inseln rasch ostwärts und erreicht
morgens die mittlere Nordsee. Markante, hauptsächlich PVA geschuldeter Hebung
auf dessen diffluenter Vorderseite führt zu einer kräftigen Zyklogenese über der
Nordsee und das resultierende Tief erreicht den Westausgang des Skagerraks. Die
frontale Welle über Frankreich kann mit diesem Tief interagieren, verstärkt sich
und greift auf die (nördliche) Mitte des Vorhersagegebietes über. Erneut werden
in einigen Staulagen (insbesondere Bergisches Land und Sauerland) zumindest nach
Lesart des ICON-EU mehr als 15 mm in 12 Stunden simuliert. Somit ergeben sich
für die Dauerregenregionen im westlichen und zentralen Mittelgebirgsraum bis
Donnerstagvormittag 48-stündige Mengen zwischen 40 und 60 mm, nach Lesart von
ICON-EU exponiert bis 67 mm, nach Euro4 über 90 mm (Bergisches Land/Sauerland).
Die Annäherung des sich deutlich verstärkenden Tiefs führt zu einer markanten
Gradientverschärfung, so dass der Wind an dessen Südflanke donnerstagfrüh auch
im Nordwesten zulegt. Dort gibt es dann bereits verbreitet stürmische Böen aus
Südwest, im Nordseeumfeld Sturmböen und zunehmend schwere Sturmböen. Im Osten
und Süden spielt der Wind - außer auf den Bergen - warntechnisch vorübergehend
mal keine Rolle.
Zwar klart der Himmel ganz im Süden vorübergehend mal auf, aber außer in höher
gelegenen Alpentälern ist es frostfrei.

Donnerstag ... zieht der Kurzwellentrog über Südschweden rasch ins Baltikum,
ein weiterer erreicht abends die nordwestliche Nordsee. Dazwischen stellt sich
über dem Vorhersagegebiet eine recht glatte, aber kräftige westliche
Höhenströmung ein.
Das mit dem Trog korrespondierende Bodentief zieht rasch weiter nach Estland und
beginnt sich allmählich aufzufüllen. Die frontale Welle über der Mitte geht als
Okklusionspunkt in dieses Tief auf und seine Kaltfront kommt rasch nach Südosten
voran und erreicht abends etwa die Donau. Somit lassen die Dauerregenfälle in
der Mitte des Landes nach, postfrontal bleibt es sogar vorübergehend mal
trocken. Mit Kaltfrontpassage kann es bei Temperaturen um -2 Grad in 850 hPa in
den höchsten Kammlagen vorübergehend etwas Schnee geben.
Die Nordhälfte gerät mit Trogdurchgang zunehmend in den Einflussbereich
höhenkalter Meeresluft. Die Temperatur in 500 hPa sinkt auf etwa -35 Grad, in
850 hPa bis zum Abend auf -5 Grad. Somit lebt dort im Tagesverlauf die
Schauertätigkeit auf, auch kurze Graupelgewitter sind möglich.
Im Fokus der Warntätigkeit steht aber weiterhin eindeutig der Wind. Mit Passage
des Tiefs verschärft sich deutschlandweit der Gradient vorübergehend deutlich,
vor allem aber im Norden und Nordosten. Dort gibt es im Laufe des Vormittags und
mittags auch im Binnenland wohl verbreitet 8er und 9er Böen und an der Küste in
Schauer- bzw. Gewitternähe schwere Sturmböen (Bft 10) aus West. Dort sind nach
ICON-EU verbreitet, nach IFS-EPS nur vereinzelt orkanartige Böen (Bft 11)
möglich. Weiter südlich gestaltet sich die Windentwicklung etwas entspannter mit
(nach Südwesten zu abnehmend) Böen Bft 7 bis 8, in den Niederungen
Südwestdeutschlands gibt es wohl gebietsweise keine warnrelevanten Böen. In den
Kamm- und Gipfellagen der Mittelgebirge und der Alpen muss aber verbreitet mit
Böen Bft 9 bis 10 gerechnet werden, nach Osten zu eher mit Bft 10 bis 12. Mit
Abzug des Tiefs schwächt sich der Wind im Laufe des nachmittags und abends von
Südwesten her allmählich wieder ab.
Insgesamt gibt es, die Windentwicklung betreffend, noch Modellunsicherheiten;
die schärfsten Böen simulieren IFS und ICON-EU. GFS simuliert dagegen im Mittel
etwa 1,5 bis 2 Bft weniger.
Präfrontal kann sich im äußersten Süden, vor allem an den Alpen, nochmal
zeitweise die Sonne durchsetzen und dort wird es mit 15 bis 19 Grad erneut sehr
mild. Auch postfrontal lockern die Wolken auf. In der Mitte und im Norden liegen
die Höchstwerte zwischen 8 und 14 Grad.

In der Nacht zum Freitag überquert ein weiterer Kurzwellentrog die Nordsee
südostwärts und erreicht morgens bereits den Nordosten. Der zugehörige Bodentrog
greift morgens auf Nordwestdeutschland über. Nach Vorübergehender Abnahme dreht
der Wind im Vorfeld des Troges auf Südwest zurück und frischt ausgangs der Nacht
wieder deutlich auf. Morgens dreht er auf Nordwest, dann gibt es im Nordwesten
und Westen auch im Binnenland verbreitet steife, vereinzelt stürmische Böen, im
Nordseeumfeld, vor allem im Bereich der Ostfriesischen Inseln, Sturm-, exponiert
schwere Sturmböen. ICON-EU hat die markanteste Windentwicklung auf der Karte,
GFS und IFS simulieren nur an den Küsten markante Böen.
Weiter landeinwärts ist der Wind wohl nur auf den Bergen warnrelevant.
Die Kaltfront erreicht im Laufe der Nacht die Alpen. Vor allem im südlichen
Alpenvorland und später auch an den Alpen gibt es teils länger anhaltende
Niederschläge (10 bis 15 mm, gebietsweise mehr), wobei die Schneefallgrenze in
den Frühstunden auf unter 1000 m sinken könnte.
Mit Übergreifen des Troges auf Nordwestdeutschland verstärkt sich dort die
Schauertätigkeit erneut, bei -34 Grad in 500 hPa und -4 Grad in 850 hPa kann es
auch kurze Graupelgewitter geben. Zwischen dem Regen im Süden und den Schauern
im Nordwesten gibt es kaum Niederschläge; wenn, dann fallen diese oberhalb von
etwa 400 bis 500 m als Schnee, sind aber nur schwach. Vor allem im höheren
Bergland gibt es leichten Frost und Glätte.

Freitag ... Zieht der o. e. Boden- und Höhentrog nach Osteuropa ab und von
Westen nähert sich ein flacher Höhenrücken, der den Azorehochkeil über
Süddeutschland stützt, wobei sich abends im Süden ein abgeschlossenes Hoch
entwickelt. Von diesem erstreckt sich dann ein Keil nach Nordwestdeutschland.
Durch die Nähe zum Höhentrog entwickeln sich aber in der Nordhälfte noch weitere
Regen- oder Graupelschauer, im nördlichen Mittelgebirgsraum oberhalb von 400 bis
500 m Schneeschauer. Im Süden ist es bei einer Mischung aus Sonne und Wolken
meist trocken. Den meisten Sonnenschein gibt es dabei nicht nur im südlichen
Baden-Württemberg sondern auch an der Nordsee (Mosmix Sonnenanteile knapp über
50 Prozent). Die Temperaturen liegen nur noch zwischen 7 Grad an der Nordsee und
12 bis vereinzelt 13 Grad am Oberrhein.

Der Wind ist anfangs auf der Bodentrogrückseite in der Mitte und im Norden sowie
Osten noch kräftig mit stürmischen Böen, an der Ostsee mit Sturmböen. Gegen
Abend schwächt sich der Wind im Bereich des Bodenkeils ab und ist allenfalls an
der Ostsee noch warnrelevant.

In der Nacht zum Samstag gibt es bei teils klarem Himmel zumindest in Bodennähe
recht verbreitet, in 2 Meter Höhe vor allem im Nordosten und im Südosten
leichten Frost.


Modellvergleich und -einschätzung
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Einige Modellunterschiede wurden bereits oben erwähnt.


Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Olaf Pels Leusden