DWD Synoptische Übersicht Kurzfrist

29-01-2020 17:30
SXEU31 DWAV 291800

S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Mittwoch, den 29.01.2020 um 18 UTC


Markante Wettererscheinungen:
Nacht zum Donnerstag im Bergland etwas Schnee, ausgangs der Nacht auch im Osten.
Glätte durch überfrierende Nässe und Schneematsch! Nachfolgend deutlich milder,
wechselhaft und windig. Bergland/Küsten stürmisch, exponiertes Bergland teils
schwerer Sturm.

Synoptische Entwicklung bis Samstag 12 UTC
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Aktuell ... liegt Deutschland in einer strammen Nordwestströmung, in der eine
flache/breite Welle in 500 hPa südostwärts in Richtung Österreich zieht.
Begleitet von höhenkalter Luft sowie mäßiger Hebung dauert die rege
Schaueraktivität über weiten Bereichen Deutschlands an, wobei der Schwerpunkt
abends zunehmend im Südosten (Bayern) zu finden sein dürfte (Scheitel der
Welle). Allerdings sind auch in einem Streifen von Hamburg bis ins Vogtland
ebenfalls noch zahlreiche Schauer unterwegs (forciert durch labile Verhältnisse
in höhenkalter Luftmasse und Hebung entlang einer sich verstärkenden
Höhenfront). Die Schneefallgrenze pendelt dabei zwischen 300 und 500 m, in
kräftigen Schauern fällt bis in tiefste Lagen vorübergehend Graupel oder Schnee.
Besonders im Alpenvorland, im östlichen Bayern sowie entlang der zentralen
Mittelgebirge und im Bergland muss dank etwas Neuschnee mit winterlichen
Straßenverhältnissen (Schneeglätte) gerechnet werden. Im direkten Alpenstau
schneit es mit mäßiger Intensität weiter. Ansonsten lässt die Schauerneigung von
Westen nach, da sich höhenmildere Luft weiter nach Deutschland voran arbeitet
und die Wolkendecke lockert zeitweise auf. Der böige Westwind vom Tag schwächt
sich im Verlauf des Abends im Tiefland rasch ab und bleibt nur im Osten bis in
die erste Nachthälfte noch zeitweise warnwürdig (Bft 7). Der stürmische Wind im
Bergland mit exponiert stärkeren Böen (je nach Höhenlage Bft 9-11) dauert
hingegen weiter an. Die abendlichen Werte liegen zwischen +7 und +1 Grad, im
Stauniederschlag/unter kräftigen Schauern hingegen um 0 Grad und im oberen
Bergland Süddeutschlands um -5 Grad.

In der kommenden Nacht (Nacht zum Donnerstag) zieht die Welle zügig nach
Südosten ab, während stromauf ein breiter aber relativ schwacher Keil nach
Mitteleuropa wandert. Eine den Keil polwärts umrundende Warmfrontwelle erfasst
im Verlauf der Nacht Norddeutschland und bringt dem Norden eine nasse Nacht.
Somit ergeben sich mehrere Foci bezüglich warnwürdiger Wetterereignisse. Da wäre
zunächst einmal der Südosten Deutschlands und da besonders die Regionen südlich
der Donau sowie die Oberpfalz und Oberfranken zu nennen, wo sich stromauf der
Welle die Schauer vom Tage zunehmend entlang der Orografie stauen. Mit der
schwachen Keilaufwölbung kippt die Höhenströmung sogar etwas mehr auf Nordwest,
sodass die Feuchte im Alpenstau weiter "ausgequetscht" wird. Dass die 12-std.
Mengen im Stau mit 10-15 l/qm überschaubar bleiben liegt an der von Nordwesten
abebbenden Labilität (Höhenmilderung) sowie einem von der Schweiz nach
Süddeutschland wandernden schwachen Bodenhoch, dass ebenfalls für eine
Beruhigung sorgt. Dennoch können in den genannten Bereichen die Nacht über
wenige Zentimeter und im direkten Stau der Alpen nochmal 10-20 cm Neuschnee
fallen. Mit winterlichen Straßenverhältnisse und Glätte muss gerechnet werden.

Der nächste Warnparameter ist die Glätte (überfrierende Nässe), denn rückseitig
der Welle lockert die Bewölkung zeitweise auf. Die Numerik malt insgesamt ein
eher pessimistisches (Wolken)Bild mit vielerorts vorherrschender tiefer
Bewölkung, jedoch zeigt ein Blick auf das Satellitenbild, dass über Benelux und
Westdeutschland die Bewölkung doch recht zügig aufreißt. Bei gleichzeitig
nachlassendem niedertrop. Wind und 5 cm Temperaturwerten um 0 Grad muss in der
gesamten Mitte und im Süden mindestens regional mit Glätte durch überfrierende
Nässe gerechnet werden. Eine Grundwarnung oberhalb von 400 m erscheint
angebracht und wurde ausgegeben, allerdings kann lokal auch in tieferen Lagen
Glätte nicht ausgeschlossen werden.

Der nächste Fokus liegt im Umfeld der Warmfrontwelle, die Norddeutschland im
Verlauf der Nacht erfasst und für skalige Niederschläge im gesamten Norden
sorgt. Dabei erreicht sie den Osten im Verlauf der zweiten Nachthälfte, wo
unterhalb von 900 hPa eine vergleichsweise kalte isotherme Schicht um 0 Grad zu
finden ist. Bedeutet, dass der Niederschlag hier entweder gleich als nasser
Schnee/Schneeregen einsetzt, oder aber als Regen beginnt und sich durch die
benötigte minimale Niederschlagsabkühlung in der unteren Grenzschicht
nachfolgend in nassen Schneefall umwandelt. Davon betroffen wären
Mecklenburg-Vorpommern und Brandenburg sowie Sachsen. Bei vorherrschenden
geringen zeitlichen Unterschieden beim Einsetzen des Niederschlags (dt.
Modellkette ein Tick schneller als z.B. IFS/GFS) und der Frage, wann der
kräftigste Niederschlag auf die Gebiete übergreift, ist die Ausgabe einer
Glätte-/Schneefallwarnung in den Abendstunden noch nicht möglich. Unter
Umständen verschiebt sich der Schwerpunkt des Schneefalls auch in die
Frühstunden des Folgetages, wo jedoch zunehmend die tageszeitliche Erwärmung
gegen eine pot. Schneedecke arbeiten würde (zudem nur minimale/regional
auftretender leichter Frost in den untersten 1-2 cm des Erdbodens). Summa
summarum ist die Phasenumwandlung ein temporäres Phänomen, denn nach
Durchschwenken der Warmfront frischt der Wind niedertrop. stark auf, sodass die
Durchmischung rasch die flüssige Phase ermöglichen sollte. In den Bereichen
können wenige Zentimeter Nassschnee nicht ausgeschlossen werden und es sollte
Glätte bei Fahrten in den Regionen mit einkalkuliert werden. Die vergleichsweise
höchsten Neuschneemengen bis 5 cm dürften im Erzgebirgsvorland sowie im Zittauer
Gebirge erwartet werden.

Am Südrand der Warmfrontwelle kann vorübergehend und regional entlang der
zentralen Mittelgebirge (Rhön und Thüringer Wald) gefrierender Niederschlag mit
Glätte nicht ausgeschlossen werden. Auch hier sollte die Windverschärfung bald
für eine ausreichende Durchmischung sorgen.

Bleibt noch der Wind postfrontal der Warmfrontwelle zu nennen, der im Verlauf
der zweiten Nachthälfte im gesamten Norden böig aus Südwest auffrischt. Im
Umfeld der Deutschen Bucht sowie über Schleswig-Holstein sind wiederholt
stürmische Böen zu erwarten. Im Bergland weht der Südwestwind durchweg stark
böig bis stürmisch (Bft 7-8), exponiert je nach Höhenlage teils deutlich stärker
(Bft 9-12).
Abseits all dieser Warngeschehen bleibt es im Westen und Süden abgesehen von den
Staulagen und nach Abklingen der abendlichen Schauer meist trocken und die
Wolkendecke reißt zeitweise auf (siehe Glättegefahr durch überfrierende Nässe).

Die Tiefstwerte liegen um 6 Grad auf den Inseln und sonst zwischen +4 und -1
Grad (mit häufigem leichten Frost in Bodennähe entlang und südlich der zentralen
Mittelgebirge).


Donnerstag ... entspannt sich dieses rege Warngeschehen wenigstens teilweise,
denn das Geopotential über Deutschland steigt von Südwesten geringfügig an und
die Phase positiver Schichtdickenadvektion setzt sich auch am Donnerstag
tagsüber deutschlandweit fort. Die Warmfrontwelle über Norddeutschland setzt
ihren Weg nach Polen fort, sodass die kräftigsten Niederschläge bis zur
Mittagszeit nach Polen abgezogen sein sollten, allerdings sorgt eine den Keil
umrundende seichte Welle in 500 hPa rückseitig für so viel Hebung (inkl. der
andauernden WLA), dass die Niederschläge von Schleswig-Holstein bis zur Oder
wohl nur sehr zögernd (wenn überhaupt) nachlassen. Die feste Phase ausgangs der
Nacht sollte im Vormittagsverlauf mit fortschreitender Durchmischung (35-40 kn
in 950 hPa) Geschichte sein, sodass es ein nasser und trüber Tag wird. Die
Ausnahme bildet wohl das Zittauer Gebirge, wo nicht selten bei solchen Lagen die
Phasenumwandlung am zähesten verläuft und dort bis zum Mittag noch wenige
Zentimeter Neuschnee hinzukommen können.

Sonst beginnt der Tag im Westen und Süden neben teils dichter hochnebelartiger
Bewölkung (Mittelgebirge und Bayerischer Wald) teils stark, teils aufgelockert
bewölkt und besonders südlich der Donau können sich einige Sonnenstunden
ausgehen. Allerdings nähert sich von Frankreich her eine auf der antizyklonalen
Seite der Frontalzone gelegene Welle, die dem Südwesten im Nachmittagsverlauf
und zum Abend mit beginnender synoptisch-skaliger Hebung leichte Niederschläge
bringt. Über der Mitte und dem Südosten bleibt es jedoch bis zum Abend trocken.

Das Windmaximum liegt zunächst im Umfeld der Warmfrontwelle (35/50 kn in 950/850
hPa), wobei dank von Westen fortschreitender Grenzschichtstabilisierung im
Tiefland meist nur ein stark böiger West-/Südwestwind zu erwarten sein dürfte.
Orografisch forciert können am Nordrand des Thüringer Waldes und Erzgebirges
sowie im Harzumfeld einzelne stürmische Böen nicht ausgeschlossen werden (auch
wenn z.B. im Erzgebirgsvorland die mögliche dünne Schneedecke für eine längere
Entkopplung der Grenzschicht sorgen könnte, als momentan von der Numerik
erwartet). Im Bergland weht der Wind weiterhin in Sturmstärke und mit
orkanartigen Böen auf dem Brocken. Im Verlauf des Nachmittags schwächt sich der
Höhenwind ab, sodass die Böen im Tiefland spätestens zum Abend Geschichte sein
sollten, während die stürmischen Böen (Brocken schwere Sturmböen) weiter
anhalten.
Dann richtet sich der Blick zunehmend auf den Westen und Südwesten Deutschlands,
wo der Wind in den genannten Höhenniveaus vorderseitig der franz-. Welle auf
ähnliche Werte zulegt. Daher treten zum Abend im Eifelumfeld, Saarland und
Oberrhein erste Böen Bft 7 aus Südwest auf und im Hochschwarzwald werden
zunehmend Sturmböen, exponiert schwere Sturmböen erwartet.
Mit von Westen fortschreitender Milderung steigt die Schneefallgrenze bis zum
Abend im Südwesten auf über 1500 m an und liegt auch sonst um/über 1000 m,
sodass im Bergland zunehmend mit Tauwetter zu rechnen ist. Die Höchstwerte
liegen zwischen 7 Grad im Nordosten und +13 Grad im Südwesten.

In der Nacht zum Freitag wird Deutschland von mehreren Wellen in 500 hPa in die
Zange genommen. Eine polseitig der Frontalzone gelegene Welle wird über die
Deutsche Bucht nach Nordwestpolen geführt und lenkt eine neue Warmfront in den
Norden Deutschlands. Im gesamten Norden und Nordosten muss dabei mit leichten
Regenfällen gerechnet werden, die jedoch in der Summe keine großen Mengen
hervorrufen. Dann nähert sich auch noch die Welle über der Mitte Frankreichs
allmählich der Schweiz und Südwestdeutschlands und sorgt dort für etwas Hebung.
Da diese Welle jedoch in einen sich rasch abschwächenden kurzwelligen Anteil
über Südwestdeutschland und in eine rasch nach Italien ziehende Sekundärwelle
gespalten wird, sind die Hebungsimpulse, die aus dieser Wellenpassage über dem
Südwesten hervorgehen, nicht sehr imposant. Dennoch arbeitet diese Welle mit
recht energiereicher Luft (eine modifizierte subtropische Luftmasse), sodass die
Regenfälle orografisch forciert besonders im Schwarzwald und Allgäu zeitweise
kräftiger Natur sind (wenngleich die Numerik bei solchen Luftmassen mit geringer
synoptischer Hebung entlang der Orografie nicht selten übertreibt). In Staulagen
fallen dabei 12-std. 10-20 l/qm, lokal auch etwas mehr. In Verbindung mit der
durchgreifenden Erwärmung dauert in den süddeutschen Berglagen das Tauwetter
weiter an, jedoch sollte es aus heutiger Sicht nicht für eine Warnausgabe
reichen.

Ansonsten verläuft die Nacht über der Mitte und dem Südosten wolkenverhangen und
zeitweise fällt etwas Regen. Die Schneefallgrenze liegt unverändert zwischen
1000 und 1800 m (von Nord nach Süd) und das bei Tiefstwerten von +4 bis +1 Grad
im Osten (Bayerischer Wald um 0 Grad) und sonst zwischen +10 und +5 Grad im
Westen und Südwesten.
Der Südwestwind weht im Tiefland mäßig, zeitweise auch stark böig mit Sturmböen
im Bergland (exponiert je nach Höhenlage Bft 9-12) und auch über der Deutsche
Bucht weht ein stürmischer südwestlicher Wind.


Freitag ... wölbt sich über Mitteleuropa ein vergleichsweise kräftigerer Keil
auf (kräftiger als sein Vorgänger), allerdings wird dessen Schwachpunkt (die
nördliche Keilachse) weiterhin von Kurzwellen durchlaufen, die eine weitere
atlantische Front in abgeschwächter Form nach Norddeutschland führt. Dort bleibt
es daher wolkenverhangen und es regnet zeitweise leicht. Ansonsten lockert die
dichte Wolkendecke in Deutschland nur zeitweise auf, besonders in
Südweststaulagen der zentralen Mittelgebirge kann es immer wieder leicht regnen.
Der im Tiefland böig wehende Südwest- bis Westwind schwächt sich im Tagesverlauf
von Westen her vorübergehend ab, bevor er zum Abend im Nordwesten wieder an
Kraft gewinnt. Im Bergland treten weiterhin Sturmböen, exponiert je nach
Höhenlage schwere bis orkanartige Böen auf. Die Höchstwerte liegen dank Zufuhr
subtropischer Luftmassen bei sehr milden +8 bis +15 Grad.

In der Nacht zum Samstag wandert die Keilachse zügig ostwärts ab und von Westen
nähert sich bereits der nächste Trog, der jedoch im Vergleich zu seinen
Vorgängern umfangreicher und kräftiger ausfällt. Über Deutschland wird ein
breiter Warmsektor aufgespannt (T850 zwischen +3 und +6 Grad), der besonders im
Norden und Westen von synoptisch-skaliger Hebung überlaufen wird, sodass es hier
wiederholt regnet. Nach Süden zu überwiegt noch leichter Hochdruckeinfluss und
hier kann die dichte Wolkendecke zeitweise auflockern. Niederschlag wird bis zum
Abend keiner erwartet. Der Südwestwind weht im Tiefland mäßig, in bei
Südwestwind favorisierten Regionen zeitweise auch böig (Bft 7) mit stürmischen
Böen im Bergland. Exponiert sind Sturmböen bis orkanartige Böen zu erwarten. Die
Tiefstwerte liegen für die Jahreszeit ungewöhnlich hoch und gehen dank guter
Durchmischung, starker Bewölkung und WLA nur auf +11 (!) bis +7 Grad zurück.


Samstag ... Der Textlänge dieser Übersicht entsprechend wird der Samstag nur
kurz und knapp beschrieben, zumal sich an dem wechselhaften, milden und windigen
Charakter nicht viel ändert. Mit Hereinschwenken des Troges und einer Kaltfront
aus Nordwest muss deutschlandweit aus dichter Bewölkung mit skaligen,
postfrontal mit konvektiven Niederschlägen gerechnet werden. Postfrontal gehen
die T850 Werte auf -2 bis -4 Grad zurück, was durchmischt eine Schneefallgrenze
im Nordwesten bei rund 700-800 m bedeutet, während sie im Süden bei 1200-1500 m
verbleibt. Ein strammer bis stürmischer Südwestwind tritt besonders im Norden
und Westen auf mit Sturm-, exponiert Orkanböen im Bergland. Besonders im Süden
werden verbreitet sehr milde +10 bis +16 Grad erwartet, während die Werte
postfrontal nur mit Mühe auf rund 8 Grad zurückgehen. Von Winter (abgesehen vom
Beginn im Bergland) die Kurzfrist über also keine Spur!


Modellvergleich und -einschätzung
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Die Numerik hat die Kurzfrist gut im Griff. Erst zum Samstag nehmen mit dem
kräftigen Höhentrog über Nordwesteuropa die Unterschiede etwas zu (ICON
schneller als GFS und IFS), allerdings machen sich diese Unsicherheiten
wettertechnisch nicht weiter bemerkbar.


Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Helge Tuschy