DWD Synoptische Übersicht Kurzfrist

27-01-2020 19:01
SXEU31 DWAV 271800

S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Montag, den 27.01.2020 um 18 UTC


Markante Wettererscheinungen:
Ein Sturmtief zieht von der Nordsee nach Dänemark. Am Dienstag verbreite
Sturmböen, auf exponierten Orkanböen. Im Bergland Schneefall.

Synoptische Entwicklung bis Donnerstag 12 UTC
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Aktuell ... liegt Deutschland unter der Vorderseite eines sich vom nahen
Ostatlantik her nähernden Troges und somit unter einer allmählich aufsteilenden
südwestlichen Strömung. Dieser Trog bereitet dem ruhigen Winterwetter der
vergangenen Tage ein Ende. Ein Niederschlagsband, das zu einer sich auflösenden
Okklusion gehört, liegt derzeit über der Mitte Deutschlands und kommt ostwärts
voran. Weiter östlich ist es noch trocken und teilweise aufgelockert.
In der Nacht zum Dienstag kommt dann der Trog ostwärts voran und erreicht mit
seiner Achse Frankreich. Über England kommt es im linken Ausgang des Jets zur
Bildung eines Randtiefs, das unter leichter Verstärkung Richtung Nordsee zieht.
In dieses Tief wird eine Welle einbezogen, die in der ersten Nachthälfte noch
über Benelux zieht und deren Kaltfront den Westen in der 2. Nachthälfte mit
einem Regenband überquert. Vorderseitig der Welle nimmt der Gradient zu.
Aufgrund der stabilen Schichtung setzten starke Böen zunächst nur in den
Leelagen ein. Sturmböen bleiben erst mal auf das Bergland beschränkt. Erst
rückseitig zieht der Wind bei einem stärker werdenden Low-Level-Jet und
labilisierten Grenzschicht rasch an, sodass der Westen von ersten Sturmböen
erfasst wird. Vorlaufend erfassen die Niederschläge der sich auflösenden
Okklusion den Osten Deutschlands. Bei 850-hpa-Temperaturen von 0 °C fallen die
Niederschläge nur in den Gipfellagen der östlichen Mittelgebirge und oberhalb
von 900 -1000 m als Schnee.

Dienstag ... zieht das angesprochene Randtief weiter nach Dänemark. Dabei
überquert die Kaltfront Deutschland rasch ostwärts. Rückseitig fließt
hochreichend kalte Subpolarluft ein. Nachfolgend erfasst ein ausgeprägter Trog,
zu erkennen an einem starken IPV-Maximum Deutschland. Dabei fließt nochmals ein
Schwall hochreichender Kaltluft ein. Die 850-hPa-Temperatur sinkt auf bis zu -7
°C, die 500-hPa-Temperatur bis -36°C. Somit ergibt sich eine hochrechend labile
Schichtung. Zudem nimmt der Gradient deutlich zu und es erfasst ein gut
ausgeprägter Low-Level-Jet zunächst den Süden und die Mitte Deutschlands. Die
850-hPa-Winde erreichen Geschwindigkeiten von 40 bis 60 kt (925 hPa-Winde ~45
kt). An einer Bodenkonvergenz simulieren die hochaufgelösten Modelle allen voran
SuperHD eine kommaartige Struktur. Des Weiteren wird etwas CAPE simuliert,
sodass sich eine oder laut AROME sogar mehrere konvektive Linien bilden, in
Graupelgewitter eingelagert sind. Durch vertikalen Impulstransport kann in der
labilen Grenzschicht der Höhenwind in Schauern und Gewitter gut nach unten
transportiert werden. So sind in Gewittern schwere Sturmböen um 95 km/h zu
erwarten. Auch abseits der Konvektion treten Böen bis in den Sturmbereich aus.
Die höchsten Windgeschwindigkeiten werden dabei südlich der Donau erwartet.
Besondres dort sind mit Durchgang der Schauer und Gewitterlinie durch den
Leitplanken Effekt verstärkt auch orkanartige Böen nicht ausgeschlossen. In den
Mittelgebirgen sinkt die Schneefallgrenze auf etwa 600 - 400 m, wobei sich
oberhalb von 500 - 600 m eine geschlossene Schneedecke bildet. Dabei werden bis
Dienstagabend 3 bis 7 cm in den Staulagen über 10 cm Neuschnee erwartet. In den
Hochlagen des Schwarzwaldes und in den Staulagen der Alpen auch mehr. Dort ist
mit Schneeverwehungen zu rechnen.
Am späten Nachmittag erfasst der Trog dann den Nordosten, wobei es im Kopf des
Kommas zu etwas länger anhaltenden Niederschlägen kommen kann. In der sich
vorübergehend einstellenden isothermen Schichtung kann auch im Nordosten selbst
im Tiefland Schnee fallen. So simulieren es zumindest SuperHD und ansatzweise
auch COSMO-D2. Rückseitig des Troges nimmt dann auch im Norden der Wind zu,
sodass dort verbreitet stürmische Böen auftreten.
In der Nacht zum Mittwoch verlagert sich die Hauptachse des wetterbestimmenden
Troges nach Polen. Ihm folgt ein weiterer Kurzwellentrog. Die Höhenkaltluft von
-36 °C auf 500 hPa bleibt uns somit erhalten, sodass sich die Schauerintensität
besonders in der Südhälfte nach einem kurzen Minimum wieder verstärkt. Dabei
gibt es bis in tiefe Lagen Graupel und Schnee. An den Alpen stellt sich eine
Nordweststaulage ein, die besonders in den Allgäuer Alpen für größere
Neuschneemengen sorgt. Dort sind bis Mittwochnachmittag in Staulagen bis zu 40
cm Neuschnee möglich.
Der Wind lässt etwas nach, doch besonders im Norden, später auch beim Durchgang
des 2. Troges im Süden muss noch mit stürmischen Böen gerechnet werden. Durchweg
stürmisch bleibt es in den Hochlagen der Mittelgebirge und der Alpen.

Mittwoch ... zieht die Achse des Haupttroges ostwärts ab, sodass wir auf dessen
Rückseite zum Liegen kommen. Bei einer immer noch starken Nordwestströmung
fließt weiterhin Subpolarluft ein. In der Höhe zieht ein weiterer Randtrog
angefüllt mit Höhenkaltluft mit -36 °C auf 850 hPa in die Mitte Deutschlands,
sodass die Schaueraktivität anhält. Dabei sind die Schauer bis in tiefe Lagen
mit Schnee und Graupel vermischt. Die Gewitteraktivität ist jedoch deutlich
geringer als am Vortag. Bei 850-hPa-Winden von 30 - 40 kt kommt es verbreitet zu
starken besonders in Schauernähe auch zu stürmischen Böen.
Im weiteren Tagesverlauf nähert sich ein flacher Keil von Frankreich, sodass die
Schaueraktivität im Westen durch Absinken und WLA im Tagesverlauf deutlich
nachlässt.
In der Nacht zum Donnerstag weitet sich der Keil weiter bis Deutschland aus,
wodurch auch im Osten die Schauer in sich zusammenfallen. Der Norden wird von
einer Warmfront erfasst, wodurch Aufgleitniederschläge übergreifen. Ansonsten
verläuft die Nacht unter Zwischenhocheinfluss ruhig. Die Wolkendecke bleibt aber
zumeist dicht.

Donnerstag ... ist der Trog nach Osteuropa abgezogen. Über dem Atlantik
erstreckt sich ein flacher, aber lang gestreckter Keil bis nach Mitteleuropa.
Seine Achse liegt etwa über Groß-Britannien. Gestützt wird dieser Keil durch
eine neue Tiefdruckentwicklung über dem Atlantik. Die Bodenströmung hat über
Deutschland auf Südwest gedreht, sodass sich die WLA weiter verstärkt und die
850-hPa-Temperatur wieder über 0 °C steigt. Im Nordosten zieht die Warmfront mit
Regen ostwärts ab. Wohingegen auf den Südwesten gegen Abend kräftigere
Aufgleitniederschläge ziehen.
In der Nacht zum Freitag zonalisiert die Lage. Südlich eines Tiefdruckgebietes
über der Nordsee gelangen wir in einen weit geöffneten Warmsektor, wobei die
850-hPa-Temperatur in einer subtropischen Meeresluftmasse weiterhin bis über 5
°C ansteigt. Bei bedecktem Himmel kommt es zu leichtem Regen. ECMWF zeigt eine
etwas andere Variante: Eine Randtiefentwicklung über Dänemark sorgt verbreitet
für stürmische Böen und Regen. Eine ähnliche Variante zeigten die gestrigen
Mittagsläufe von GFS und ICON, dies wurde allerdings in den neuen Läufen
verworfen. Die Lage in der Nacht zum Freitag bleibt aber äußerst unsicher, denn
die Ensembles zeigen eine erhebliche Streuung.


Modellvergleich und -einschätzung
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Die vorliegenden Modelle stützen weitgehend die oben beschriebene Entwicklung.


Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Christian Herold