DWD Synoptische Übersicht Kurzfrist

24-12-2019 09:30
SXEU31 DWAV 240800

S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Dienstag, den 24.12.2019 um 08 UTC


GWL und markante Wettererscheinungen:
TrM
Bis zum Mittwochvormittag Sturmlage mit gebietsweise starken bis stürmischen
Böen im Tiefland und schweren Sturmböen bis hin zu orkanartigen Böen im
Bergland. Darüber hinaus im südlichen Bergland Dauerregen denkbar. In den Alpen
teils markante Schneefälle.

Synoptische Entwicklung bis Donnerstag 24 UTC
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Dienstag... überdeckt ein umfangreiches Höhentief weite Teile Südosteuropas. Es
hat noch Verbindung zum nördlich gelegenen und breit aufgestellten Höhentrog,
der quasi den gesamten Nordostatlantik überdeckt. Ein erster Randtrog dient
dabei als Verbindung, dieser zieht über Deutschland aber bereits nach Osten ab.
Ihm folgt rasch ein weiterer Randtrog über den Britischen Inseln, der im
Tagesverlauf Deutschland nach Südosten hin überquert, das Höhentief mit neuer
höhenkalter Luft füttert und so die Verbindung aufrechterhält. Damit wird ein
Heiligabend eingestielt, der wettertechnisch zwar einiges zu bieten hat, für die
meisten aber wohl nicht in dem Sinne, den sie sich für den heutigen Abend
wünschen würden.
Mit dem zweiten Randtrog setzt sich von den Britischen Inseln Bodentief CEDRIC
II in Bewegung, der abends Benelux und Norddeutschland erreicht. Die Mehrzahl
der Modelle berechnet zu diesem Zeitpunkt zwei Kerne und ist sich von der Stärke
(Kerndruck bei rund 1002 hPa) und Lage recht einig. Mit dem Tief hat sich über
dem Westen Deutschlands ein okkludierendes Frontensystem eingefunden, das den
Zwischenhocheinfluss beendet und neue Niederschläge und einigen Wind bringt. Die
Niederschläge breiten sich bis mittags bis auf eine Linie Elbmündung - Harz -
Franken - Allgäu aus. Die Schneefallgrenze liegt mit Beginn des Niederschlags in
den zentralen Mittelgebirgen bei rund 600 bis 800 m. Oberhalb davon ist mit
Glätte zu rechnen. Bis zum Abend überziehen die Niederschläge auch die
restlichen Landesteile, während sie von Westen dann in Schauern übergehen. Die
Niederschlagsmengen liegen bis zum Abend bei 2 bis 10, in Staulagen örtlich um
15 mm. Die Schneefallgrenze steigt nach Einsetzen der Niederschläge etwas an,
abends liegt sie bei rund 1000 bis 1200 m. Neuschnee bleibt somit nur den
höchsten Gipfeln der Mittelgebirge vorbehalten (Brocken, Erzgebirge, Bayerischer
Wald, Schwarzwald), aber auch dort sollten höchstens wenige Zentimeter
zusammenkommen und eine Glättewarnung meist ausreichen. In den noch höher
gelegenen Alpen kann es dagegen ein paar Zentimeter Neuschnee geben.
Mit dem zweiten Randtrog wird zudem etwas Hebung durch PVA generiert und durch
höhenkalte Luft Labilität erzeugt (-30 Grad in 500 hPa, um 0 Grad in 850 hPa,
dadurch Lapse Rates von etwa -0,7 bis -0,8 K/100 m). Bei MU-CAPE-Werten bis etwa
100 J/kg, günstigen Scherungsbedingungen (sowohl zwischen 0 und 1 als auch
zwischen 0 und 6 km) und linkem Jetausgang sind bei möglicherweise organisierten
konvektiven Umlagerungen in der Mitte, im Süden und Südwesten am Nachmittag
vereinzelt kurze Gewitter mit von der Partie, bei Oberwinden von bis zu 50 kn in
850 hPa können dabei Sturmböen Bft 9 oder vereinzelt sogar schwere Sturmböen Bft
10 auftreten.
Der Wind ist auch außerhalb der Konvektion ein Thema, da sich mit dem Durchzug
des Tiefs der Gradient deutlich verschärft. Südlich des Kerns (der Kerne)
erfasst ein Windfeld die Mitte und den Süden des Landes. Es gibt daher starke
Böen Bft 7, im Westen gebietsweise stürmische Böen Bft 8 bis in tiefe Lagen. Im
Bergland weht der Wind zum Teil mit Sturmböen Bft 9, exponiert mit schweren
Sturmböen Bft 10. Auf den höchsten Gipfeln (Brocken, Feldberg, Alpen) sind
orkanartige Böen Bft 11 wahrscheinlich.
Die Temperaturen steigen auf 5 Grad im Südosten und bis 11 Grad im Westen, in
den höher gelegenen Mittelgebirgen auf 0 bis 5 Grad.

In der Nacht zum Mittwoch zieht der zweite Randtrog nach Südosten ab und wandert
zum Balkan. Das zugehörige Bodentief CEDRIC II wird dadurch nach Westpolen
geführt, wobei es sich langsam auffüllt (Kerndruck steigt auf 1005 bis 1006
hPa). Im Norden und Nordosten gibt es im Frontbereich weitere eher skalige
Niederschläge, während die Niederschläge sonst weiterhin vorwiegend
schauerartigen Charakter haben. Ein dritter von den Britischen Inseln
hereinkommender, wenn auch nur schwacher Randtrog hält die Niederschläge bei
etwas PVA am Leben. Einzelne Gewitter sind weiterhin nicht ausgeschlossen, da
immer noch Labilität und Scherung vorhanden sind. Bei abnehmenden Oberwinden
sollten die Böen nicht mehr so stark ausfallen, 35 kn in 850 hPa können aber
immer noch für stürmische Böen Bft 8 ausreichen.
Ansonsten lässt der Wind her von Westen nur zögerlich wieder nach. Zunächst
reicht er noch für starke Bft 7 in der Mitte, im Süden und Südosten vereinzelt
für stürmische Böen Bft 8. Die Berge sind mit Sturmböen Bft 9 und exponiert mit
schweren Sturmböen Bft 10 dabei, auf den höchsten Gipfel bleiben orkanartige
Böen Bft 11 wahrscheinlich. In der zweiten Nachthälfte fächert der Gradient von
Westen her auf, sodass sich der Wind dann vor allem in der Mitte und im Westen
abschwächt.
Die Niederschlagsmengen liegen 12-stündig erneut zwischen 1 und 10, in Staulagen
lokal bei 15 mm. 24-stündig gesehen reicht es den Ensembles nach im südlichen
Schwarzwald und im Allgäu für Dauerregenmengen von über 30 mm, wobei die
Schneefallgrenze allerdings wichtig ist. Diese liegt zum Morgen hin in der Mitte
bei etwa 900 bis 1100 m, im Süden bei etwa 1000 bis 1200 m (in kräftigen
Schauern vorübergehend auch darunter). Da der Schnee erst weiter oben liegen
bleibt, käme für den südlichen Schwarzwald eine Dauerregenwarnung in Frage, an
den Alpen eher eine Schneefallwarnung. Die Neuschneemengen dort betragen 5 bis
10 cm, in Staulagen bis zu 20 cm bis zum Morgen.
Die Temperaturen sinken auf 7 bis 1 Grad, im höheren Bergland bis auf 0 Grad, in
den Alpen darunter.

Mittwoch... (1. Weihnachtsfeiertag) bleibt die nordwestliche Höhenströmung über
uns noch zyklonal deformiert, wobei der dritte Randtrog nach Südosten abzieht.
Über den Britischen Inseln wölbt sich ein Rücken auf, der ein Bodenhoch über
Frankreich generiert. Dieses gewinnt jedoch nur allmählich Einfluss auf unser
Wetter. Vielmehr dürfen wir uns noch mit den Resten des abziehenden dritten
Randtrogs und des Bodentiefs beschäftigen. Diese sorgen für weitere
Niederschläge, die von Nordwesten und Westen her im Tagesverlauf weniger werden.
Während die Niederschläge im Osten weiterhin eher skalig sind, bleiben sie in
der Mitte und im Süden schauerartig und können noch vereinzelt von Blitz und
Donner begleitet sein. In der Fläche fallen 1 bis 5, in Staulagen örtlich um 10
mm. Im Berchtesgadener Land kommen in 24 Stunden um 30 mm zusammen, sodass auch
dort eine Dauerregenwarnung notwendig werden könnte. Die Schneefallgrenze liegt
bei 800 bis 1000 m. An den Alpen gibt es darüber nennenswerten Neuschnee mit
Mengen von erneut 5 bis 10, in Staulagen um 20 cm bis zum Abend.
Der Wind weht im Süden in Böen noch stark, auf den Bergen in Böen stürmisch,
exponiert mit Sturmböen bis hin zu schweren Sturmböen. Am Abend gibt es auf den
Alpengipfel durch eine Druckanstiegswelle vorübergehend eine Verschärfung auf
orkanartige Böen, bevor der Wind danach rasch deutlich nachlässt.
Die Höchsttemperaturen bewegen sich zwischen 4 Grad am Alpenrand und bis 10 Grad
am Oberrhein.

In der Nacht zum Donnerstag setzt sich der Rücken über Frankreich nach
Deutschland in Bewegung. Die Achse liegt ausgangs der Nacht über den Pyrenäen,
der Mitte Frankreichs und der westlichen Nordsee. Der Rücken stützt das
Bodenhoch über Frankreich, das seinen Schwerpunkt bis zum Morgen in die Mitte
Deutschlands verlegt. Damit fächert der Gradient vollends auf, sodass der Wind
überall nachlässt.
Auch die Niederschläge lassen weitgehend nach, letzte Regen- und Schneeschauer
konzentrieren sich auf das Erzgebirge, den Bayerischen Wald und die Alpen
(Schneefallgrenze bei 600 bis 800 m). Bei den prognostizierten
Niederschlagsmengen von 1 bis 3, örtlich bis 5 mm sind keine größeren
Neuschneezuwächse zu erwarten.
Ansonsten lockern die Wolken zum Teil auf und örtlich bildet sich Nebel,
vornehmlich im Westen.
Die Tiefsttemperaturen liegen zwischen 6 und 0 Grad, im Bergland und im Süden
gibt es leichten Frost. Entsprechend muss mit Glätte durch Überfrieren gerechnet
werden.

Donnerstag... (2. Weihnachtsfeiertag) schwenkt der Rücken nach Deutschland,
wird jedoch durch einen neuen von den Britischen Inseln kommenden vierten
Randtrog zugeschüttet. Zuvor hält der Hochdruckeinfluss noch an, auch wenn sich
das Hoch bereits wieder auflöst.
Unter Hochdruckeinfluss verläuft der Tag weitgehend trocken und ruhig, aber mit
vielen Wolken und nur zeitweilig kurzem Sonnenschein. Nebel aus der Nacht hält
sich meist nicht den ganzen Tag.
Die Ausläufer eines Tiefs, das mit dem neuen Randtrog in Verbindung steht,
greifen erst abends auf den Westen und Nordwesten über, sodass dort dann erste
Tropfen fallen.
Die Höchstwerte liegen bei aus Nordwest einfließender kühlerer Meeresluft nur
noch zwischen 2 und 7 Grad.

Modellvergleich und -einschätzung
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Die Modelle simulieren die Wetterlage sehr ähnlich. Auch beim Tief zum heutigen
Heiligabend erzielen sie nach den Diskrepanzen der Vortage nun weitgehend
Einigkeit.

Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Simon Trippler