DWD Synoptische Übersicht Kurzfrist

14-12-2019 17:30
SXEU31 DWAV 141800

S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Samstag, den 14.12.2019 um 18 UTC


Markante Wettererscheinungen:
Anfangs zyklonale Südwestlage mit Sturmböen, zum Wochenbeginn unter
Hochdruckeinfluss Wetterberuhigung. An den Alpen Föhn. Für die Jahreszeit
ungewöhnlich mild.

Synoptische Entwicklung bis Dienstag 12 UTC
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Aktuell ... liegt Deutschland am Rande eines umfangreichen Höhentiefkomplexes
südlich von Island in einer strammen zonalen Westströmung inmitten der
Frontalzone. Darin ist in 700 hPa ein flacher Kurzwellentrog eingelagert, den
man im ThetaFeld 850 hPa als schwache Pseudookklusion betiteln könnte. Auch das
Satellitenbild suggeriert eine gewisse frontenähnliche Wolkenspirale, deren
Struktur sich durch den strammen Oberwind von über 50 Knoten in 700 hPa aber
immer mehr verliert und unterm Strich daher keine Berücksichtigung in der
Bodenanalyse fand. Immerhin herrscht rückseitig ein Druckanstieg von mehr als 5
hPa in den letzten 3 Stunden, weshalb mit dieser Druckwelle nach Ableben des
Tagesgangs ein sekundäres Windmaximum verknüpft ist. In NRW wurden zum 17UTC
Termin verbreitet Sturmböen zwischen 70 und 83 km/h registriert (Bft 8 bis 9).
In den nächsten Stunden sind davon stromab noch die Gebiete über das südliche
Niedersachsen, Hessen, Thüringen bis nach Westsachsen betroffen.

Bedeutsamer für die 2. Nachthälfte wird eine Frontalwelle mit aktuellem Scheitel
über der Bretagne, deren zunehmende Wetteraktivität durch den südwärtigen
Vorstoß des Haupttroges Richtung Biskaya gestützt wird. Ein optimaler
hebungsfördernder Überlapp von differentieller positiver Vorticityadvektion und
Warmluftadvektion findet dabei um den Okklusionspunkt herum statt, wobei rasch
eine Verbindung zum Tief WILFIRED über der nördlichen Nordsee hergestellt wird.
Im Detail bedeutet das nach Abzug örtlicher Schauer in der Osthälfte einen neuen
Schwung skalig geprägter Niederschläge von Westen durch die Pseudookklusion,
bevor in der zweiten Nachthälfte mäßige Regenfälle der dynamisch gestützten
Fronten auf die Südwesthälfte übergreifen. Die Mengen bewegen sich dabei meist
zwischen 5 und 10 l/qm binnen 6 Stunden. Die Schneefallgrenze steigt dabei mit
Advektion subtropischer Meeresluft mit positiven Temperaturen in 850 hPa auf
über 1000 Meter bis in die Kammlagen an. Mit 2 bis 6 Grad verläuft die Nacht
mild und frostfrei. Lediglich in den Kammlagen der östlichen Mittelgebirge sowie
in den Alpen herrscht anfangs noch leichter Frost. Bei längeren Auflockerungen
ist Glätte durch überfrierende Nässe von Ostniedersachsen bis nach Vorpommern
nicht ausgeschlossen, aufgrund der Bewölkungs- und Windverhältnisse, die
momentan eher dagegensprechen, präventiv kaum abzuwarnen.

Der Wind lässt vorübergehend nach und Sturmböen ziehen sich auf höhere Berglagen
und die Küsten zurück. Mit Annäherung der Welle frischt der Wind in den
Frühstunden allerdings im Westen erneut stark böig auf, so dass zwischen Emsland
und Schwäbischer Alb wieder vermehrt Windböen 7 Bft, in freien Berg- und
exponierten Lagen (Raum Aachen) stürmische Böen aus Südwest auf.

Sonntag ... schwenkt der Randtrog, der im Boden an die Okklusion gekoppelt ist,
rasch nordostwärts ab. Durch die o.e. beginnende Austrogung Richtung Biskaya
steilt die Strömung etwas auf und dreht auf Südwest. Insofern verwundert es
nicht, dass die sich anschließende Kaltfront, die sich zum Mittag in etwa von
der Pfalz bis zum Erzgebirge erstreckt, ins Schleifen gerät. Dementsprechend
ergibt sich wettertechnisch eine Dreiteilung am 03. Advent über Deutschland:

Zone 1: Nordhälfte
Der Vormittag gestaltet sich durch die durchschwenkende Okklusion noch
größtenteils regnerisch, bevor sich postfrontal Auflockerungen durchsetzen.
Durch überlagerte Kaltluftadvektion wird die Schaueraktivität unterdrückt. In
Küstennähe strömt aber Höhenkaltluft mit unter -30 Grad in 500 hPa ein, in
dessen Niveau sich auch die Wolkenobergrenzen in etwa befinden sollten.
Demzufolge sind auch kurze Graupelgewitter nicht unwahrscheinlich. Die
Höchstwerte liegen zwischen 6 und 10 Grad.

Zone 2: Streifen Raum Karlsruhe-Erzgebirge
Im Bereich der schleifenden Kaltfront fällt bei meist bedecktem Himmel länger
anhaltender Regen. Bis zum Abend kommen verbreitet um 10 l/qm, in Staulagen bis
20 l/qm binnen 12h zusammen. Mit 7 bis 13 Grad ist es trotzdem mild.

Zone 3: Südlich der Donau
Durch das leichte Rückdrehen der Strömung kommt eine föhnige Komponente ins
Spiel. Je nach südlicher Ausweitung der frontalen Bewölkung, wo es in der
Modellwelt aktuell noch geringe Unschärfen gibt, stellen sich vor allem am
Alpenrand föhnige Auflockerungen ein. Infolge der guten Durchmischung in der
subtropischen Luftmasse mit 850 hPa Temperaturen bis 5 Grad sind spielerisch für
die Jahreszeit ungewöhnlich milde Temperaturen um 15 Grad, lokal auch noch 1-2
Grad darüber möglich. Da schmeißt man wohl eher den Gartengrill nochmal an, als
sich auf den Weihnachtsmärkten zu verlustieren.

Dem Wind wird weiterhin ein separater Abschnitt gewidmet. Postfrontal schwenkt
ein netter Bodentrog an der Küste ostwärts und fächert erst zum Abend hin
langsam wieder auf, wenn das verantwortliche Tief WILFRIED über Südschweden
angelangt ist. An der See kommt es in diesem Zusammenhang verbreitet zu
Sturmböen, exponiert (Helgoland, Nordfriesland) schweren Sturmböen Bft 10. PEPS
ist hier sehr offensiv mit Wahrscheinlichkeiten für schwere Sturmböen von 70%,
COSMO-LEPS und IFS-EPS sind da mit 20-30% konservativer. Wie auch immer,
letztlich muss man vereinzelt und kurzzeitig schwere Sturmböen einplanen. Weiter
landeinwärts treten im Binnenland mit Ausnahme des äußersten Ostens und
Südostens häufig noch Windböen Bft 7, exponiert und in Schauernähe Sturmböen
auf. Im höheren Bergland bleibt es ohnehin stürmisch.

In der Nacht zum Montag weitet sich der ostatlantische Trog unter Verkürzung
seiner Wellenlänge bis ins Seegebiet westlich von Portugal aus. trogvorderseitig
setzt großräumige Warmluftadvektion ein, die einen sich kräftigen Rücken über
dem zentralen Mittelmeer stützt. Deutschland gelangt dabei in den Randbereich
der Keilachse, weshalb die Front langsam in ein frontolytisches Umfeld gelangt.
Auch im Bodenfeld nimmt die Krümmung der Isobaren deutlich antizyklonale Formen
an und die Strömung dreht weiter rück auf Süd.

Entsprechend kommt es im Frontbereich, der sich in etwa auf die Regionen entlang
von Mosel und Main konzentriert, nur noch zu leichten Regenfällen und auch in
Nordseenähe klingen Schauer und Gewitter ab. Abgesehen von vielfach kompakter
hoher und mittelhoher Bewölkung, die der WLA geschuldet ist, gibt es
gebietsweise größere Auflockerungen mit potentieller Nebelneigung. Vor allem
eingangs der Nacht kommt aus auf den Gipfeln und Inseln noch anhaltend zu
Sturmböen, sonst weht der Wind oft nur noch schwach. Die Tiefstwerte liegen
zwischen 7 und 2 Grad, am Alpenvorland in der trockensten Luftmasse lokal um -1
Grad.

Montag ... wölbt sich stromab des immer schärfer ausgeprägten Troges westlich
der Iberischen Halbinsel der Rücken bis nach Mitteleuropa auf. So kommt es, dass
die zuvor noch über der Mitte des Landes befindliche Luftmassengrenze unter
verstärktes Absinken gerät, damit weiter an Wetteraktivität einbüßt und
sukzessive nordwärts verfrachtet wird. Sie trennt erwärmte subpolare Meeresluft
im Norden mit 850 hPa Temperaturen um den Gefrierpunkt von milder und
kontinental geprägter Subtropikluft mit Theta Werten um 30 Grad und 850 hPa
Temps über 5 Grad, südlich der Donau sogar von 10 Grad. Im Bereich der zentralen
Mittelgebirge fallen in diesem Zusammenhang maximal noch wenige Tropfen Regen
und von der Lausitz bis zu den Alpen setzt sich im Tagesverlauf immer mehr die
Sonne durch. Der Wind ist in der ersten Tageshälfte noch lebhaft und erreicht in
Böen an der See und im höheren Bergland Sturmstärke. Auf den Alpengipfeln
herrscht Föhn. Die Druckdifferenz zwischen Bozen und Innsbruck steigt im
Vergleich zum Vortag von 4 hPa auf 8 hPa an, so dass ein Durchbruch in die Täler
deutlich wahrscheinlicher ist mit Wind- exponiert stürmischen Böen. Auf den
Gipfeln treten Orkanböen auf. Föhnbedingt stiegen die Temperaturen im
Alpenvorland auf 15 Grad an, aber auch unter den Wolken im Norden werden milde 8
bis 11 Grad erreicht.

In der Nacht zum Dienstag erreicht die Trogachse die Iberische Halbinsel. Auf
dessen Vorderseite bildet sich eine flache Welle, die zum Morgen laut ICON12z
über der Normandie liegen soll. Damit gelangt auch der Norden nach Durchzug der
Warmfront mit leichten Regenfällen (<5 l/qm binnen 6 Stunden) vollends in den
breit angelegten Warmsektor. Die Nacht verläuft mit 8 bis 3 Grad vielerorts
ruhig und mild. Geringe Frostgefahr beschränkt sich auf exponierte Tal- und
Muldenlagen des Bayerischen Waldes und nach Abheben des Föhns auch in den Alpen.


Dienstag ... tropft der Trog über Algerien ab. Die vorderseitige WLA stützt
zunächst noch den Rücken über Mitteleuropa. Das Tief über der Normandie zieht
nach Benelux, wobei es bezüglich der weiteren Entwicklung noch größere
Unsicherheiten gibt.

Durch die andauernde südliche Anströmung dehnt sich die 10 Grad-Isotherme in 850
hPa bis in die Lausitz aus (ein für die Jahreszeit außergewöhnlich hoher Wert
soweit nördlich!). Bei so einer mächtigen Inversion stellt sich zwangsläufig die
Frage nach zähen Nebel- und Hochnebelfeldern. Denen wird aber durch eine
bodennah ausgetrockneten Luftmasse (Überströmen der Berge) und einem seichten
Gradienten entgegengewirkt. So verläuft der Tag recht freundlich mit viel
Sonnenschein - vor allem an den Nordrändern der Mittelgebirge mit Höchstwerten
teils über 15 Grad. Lediglich im Nordwesten sind im Randbereich des Tiefs noch
ein paar Spritzer möglich.


Modellvergleich und -einschätzung
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Im Wesentlichen ergeben sich keine markanten Modellunterschiede. AROME und Super
HD simulieren für den Sonntag Vormittag nochmal ziemlich verbreitet Sturmböen im
Westen und Norden, was COSMO-D2 und IFS eher mit 1-2 Windstärken geringer
rechnen. Da es sich in den Gebieten konvektiv durchsetzte Niederschläge
auftreten (insbesondere im Nordwesten und Norden), sollte eher den Lokalmodellen
der Zuschlag erteilt werden.

Bezüglich der Tiefentwicklung am Dienstag zeigt IFS 0z die Position über der
Doggerbank am westlichsten und das Tief recht intensiv - steht damit aber
ziemlich alleine da.


Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Robert Hausen