DWD Synoptische Übersicht Kurzfrist

11-12-2019 08:30
SXEU31 DWAV 110800

S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Mittwoch, den 11.12.2019 um 08 UTC


GWL und markante Wettererscheinungen:
SWz, Übergang zu einer winkelförmigen Westlage
Unbeständig und vorübergehend nasskalt. Vorübergehend abflauender Wind, Freitag
zumindest auf den Gipfeln aber wieder Sturm- und schwere Sturmböen. Vor allem im
Bergland zeitweise leichte Schneefälle, am Freitag im Schwarzwald auch markant.
Bevorzugt im Südosten örtlich Glatteis.


Synoptische Entwicklung bis Freitag 24 UTC
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Mittwoch... greift von West- bzw. Nordwesteuropa her ein umfangreicher und mit
großer Amplitude ausgestatteter Langwellentrog mehr und mehr ins Wettergeschehen
über Mitteleuropa ein. Abends befindet sich dessen Drehzentrum als
hochreichendes Zentraltief im Seegebiet knapp östlich von Island, die Achse
erstreckt sich über die Britischen Inseln und Frankreich hinweg südwärts bis ins
westliche Mittelmeer.
Eingebettet in die daraus resultierende südwestliche Höhenströmung hat das
Frontensystem des Zentraltiefs unter fortschreitendem Okklusionsprozess auf
Deutschland übergegriffen. Mangels Schubkomponente kommt es nur allmählich
ostwärts voran, zudem wird es zunehmend von KLA überlaufen, so dass die
frontalen Hebungsprozesse kaum mehr dynamisch gestützt werden. Aktuell fallen
die Niederschläge im Warmsektor meist noch bis in höhere Lagen als Regen, in den
klassischen "Kältelöchern" der zentralen und westlichen Mittelgebirge muss vor
allem vormittags noch gebietsweise mit gefrierendem Regen gerechnet werden,
meist liegen die Belagstemperaturen inzwischen aber bereits über dem
Gefrierpunkt. Mit fortschreitendem Okklusionsprozess gehen die Niederschläge bis
in mittlere Lagen (300 bis 400 m) zunehmend in Schnee über, wobei sich oberhalb
von etwa 400 bis 600 m eine dünne Schneedecke ausbilden kann. Südöstlich etwa
einer Linie Bodensee-Nordbrandenburg bleibt es bis zum Abend noch trocken.
Mit leichter Wellenbildung entlang der Front fächert der Gradient mehr und mehr
auf. Entsprechend ist im Tagesverlauf im Großen und Ganzen mit einer Windabnahme
zu rechnen. Die anfangs noch steifen Böen im Westen bzw. Nordwesten sowie an den
Küsten dürften ab den Mittagsstunden der Vergangenheit angehören. Vielleicht
reicht es präfrontal im Erz- und Zittauer Gebirge in dafür prädestinierten
Tälern sowie in Ostsachsen noch für einzelne steife Böen aus Südost, ansonsten
gibt es lediglich in den Kamm- und Gipfellagen einiger Mittelgebirge noch
stürmische Böen, exponiert Sturmböen (Bft 8 bis 9) aus Süd bis Südwest, wobei
die Gipfel der Alpen und der ostbayerischen Mittelgebirge davon wohl nicht
betroffen sind.
Vor allem in Südostbayern und in der Oberlausitz scheint nochmals länger die
Sonne, wobei sich an der unteren Donau und in der Oberpfalz gebietsweise länger
Nebel/Hochnebel halten kann. Während dort dann die 0 Grad kaum überschritten
werden, liegen die Höchstwerte ansonsten zwischen 1 und 6 Grad, vom Niederrhein
bis zur Nordsee wird es etwas milder.

In der Nacht zum Donnerstag kommt die inzwischen weitgehend okkludierte Front
allmählich weiter nach Osten voran, wird aber weiterhin von KLA überlaufen, die
frontolytisch wirkt. Dennoch weiten sich die Niederschläge von den mittleren
Landesteilen auch auf den Osten und Süden aus und gehen bei -3 Grad in 850 hPa
und recht stabiler Schichtung teilweise bis in tiefe Lagen in Schnee über.
Lediglich für das nördliche Alpenvorland sowie für die untere Donau und Richtung
ostbayerischen Mittelgebirgsraum haben einige Modelle (in erster Linie das
SuperHD) noch gebietsweise Signale für gefrierenden Regen auf der Agenda,
während nach Lesart des ICON-EU und des C-D2 eindeutig die feste Phase
(teilweise aber Schneeregen) überwiegt, ICON-EU lässt es bis 06 UTC im
Bayerischen Wald sogar noch trocken.
Während sich in den Niederungen Ostdeutschlands sowie Ost- und Südbayerns
lediglich gebietsweise eine dünne Nassschneedecke ausbildet, kommen oberhalb von
etwa 300 bis 500 m um 5 cm, im Hochschwarzwald und im Allgäu zumindest in
Staulagen gebietsweise mehr als 10 cm Neuschnee zusammen.
Im Laufe der Nacht greift die Achse des Langwellentroges auf Benelux uns auf den
äußersten Westen Deutschlands über, die Temperatur in 500 hPa sinkt dort auf -32
bis -34 Grad bei etwa -4 Grad in 850 hPa. Die Folge sind einzelne Schneeregen-,
Regen- und vielleicht auch Graupelschauer im Westen und Südwesten, vor allem ab
der zweiten Nachthälfte. Oberhalb von etwa 300 bis 400 m dominiert die feste
Phase und es reicht gebietsweise für eine dünne Schneedecke. Auf jeden Fall muss
im Bergland verbreitet mit Glätte gerechnet werden, örtlich auch in tieferen
Lagen. Für kurze Gewitter dürfte die Labilität nicht ausreichen.
Der Wind spielt warntechnisch wohl kaum mehr eine Rolle, lediglich auf dem
Brocken sowie anfangs im Hochschwarzwald kann es noch stürmische Böen geben. Mit
Frost ist allgemein oberhalb von etwa 400 m zu rechnen, im Südosten und Osten
gebietsweise auch in tieferen Lagen.

Donnerstag... schwenkt die Achse des Troges in die Mitte Deutschlands, während
von Nordwesten her ein Kurzwellentrog rasch Richtung GB vorstößt. Dazwischen
wölbt sich aufgrund kräftiger WLA bis zum Abend ein Höhenrücken über Benelux auf
und greift auf Westdeutschland über, womit der vorgelagerte Trog mehr und mehr
zugeschüttet wird.
Im Bodenfeld verlagert sich die Okklusion Richtung östliches Mitteleuropa und
löst sich dort auf. Die Schauer im Trogbereich kommen noch bis in die mittleren
Landesteile bzw. bis nach Südostbayern voran, klingen aber mehr und mehr ab,
nachmittags und abends beschränken sich die Niederschläge dann weitgehend nur
noch auf den Küstenbereich und den Südosten Bayerns. Dort fällt meist bis in
tiefe Lagen Schnee, wobei die Mengen zumindest in den Niederungen nicht für
nennenswerten Neuschneezuwachs reichen. Auch im Bergland dürften kaum mehr als 5
cm zusammenkommen.
Trogrückseitig lockern die Wolken vor allem in der Westhälfte und im Südwesten
zeitweise auf, dort bleibt es trocken. Derweil greift ein dem Kurzwellentrog
vorgelagertes Frontensystem auf die Britischen Inseln über. Im Vorfeld dreht der
Wind über dem Vorhersagegebiet wieder mehr auf südliche Richtungen und frischt
zum Abend hin ganz im Westen auf. Im Nordseeumfeld sowie im Lee von Hohem Venn
und Eifel reicht es dann eventuell für erste Böen Bft 7, auf dem Brocken auch
für Bft 8.
Ansonsten steht ein wettertechnisch ruhiger Tag ins Haus. Innerhalb der
eingeflossenen maritimen Polarluft (-3 bis -5 Grad in 850 hPa) steigen die
Temperaturen in höheren Mittelgebirgslagen kaum mehr über 0 Grad, so dass es
dort auch tagsüber gebietsweise glatt bleibt. Ansonsten werden Höchstwerte
zwischen 1 und 5 Grad erreicht, im Westen/Nordwesten mit etwas Sonne bis 7 Grad.


In der Nacht zum Freitag überquert der Kurzwellentrog von Nordwesten her die
Britischen Inseln und erreicht Freitagfrüh als hochreichendes, zwar recht
kleinräumiges, aber kräftiges Tiefdruckgebiet (Kerndruck nach ICON-EU etwa 965
hPa, nach Lesart von IFS und GFS befindet es sich mit ähnlichem Kerndruck etwas
weiter nördlich) die südwestliche Nordsee. Das inzwischen okkludierte
Frontensystem greift in der zweiten Nachthälfte auf den Westen bzw. Südwesten
Deutschlands über. Dabei setzen dort Niederschläge teils mäßiger Intensität ein,
die anfangs wohl vielerorts - mit Ausnahme entlang des Rheins - bis in tiefe
Lagen als Schnee fallen und erst mit Frontpassage und daraus resultierender
besserer Durchmischung bei dann nur noch etwa -1 Grad in 850 hPa bis in höhere
Lagen in Regen übergehen. Vorher können aber vor allem in den westlichen
Mittelgebirgen gebietsweise mehr als 5 cm Schnee in kurzer Zeit in Staulagen
auch mehr als 10 cm in 6 Stunden fallen (markant). Mit Glätte durch Schnee bzw.
Schneematsch ist somit bis in tiefe Lagen zu rechnen.
Die Schneefälle greifen in den Frühstunden allmählich auch auf den zentralen
Mittelgebirgsraum über, weiter nordöstlich bzw. südöstlich bleibt es trocken.
Mit Annäherung des Frontensystems frischt der Wind deutlich auf und dreht auf
Südost. In den Kamm- und Gipfellagen der Mittelgebirge gibt es Sturmböen, auf
exponierten Gipfeln (außer im Südosten) auch schwere Sturmböen, in einigen
Leelagen Westdeutschlands kann es exponiert bis in tiefe Lagen stürmische Böen
geben. Im Nordseeumfeld reicht es ebenfalls für Bft 8 bis 9. In den östlichen
Mittelgebirgen kann es aufgrund des Böhmischen Windes bis in Tallagen steife bis
stürmische Böen geben. Mit Schneeverwehungen ist somit in den Gipfellagen der
west- und südwestdeutschen Mittelgebirge zu rechnen, eventuell sogar mit
Unwetterpotenzial.
Im äußersten Westen und Nordwesten sowie entlang des Rheins bleibt es wohl
weitgehend frostfrei, sonst muss verbreitet mit leichtem, im Südosten auch mit
mäßigem Frost gerechnet werden.

Freitag... kommt der Höhentrog kaum mehr nach Osten voran und verliert aufgrund
kräftiger rückseitiger WLA sowie im Zuge eines beginnenden Abtropfprozesses
zunehmend an Kontur. Abends befinden sich Höhen- und Bodentief nahezu
achsensenkrecht noch immer knapp westlich der Deutschen Bucht, nach Lesart von
GFS und IFS spaltet sich sogar ein flaches Teiltief über Nordwestdeutschland ab.
Das Cut-Off-Tief erreicht dann Norditalien.
Das okkludierte Frontensystem kommt mit allmählich abklingenden Niederschlägen
nur noch langsam nordostwärts voran, im Nordosten bleibt es wohl bis zum Abend
trocken. Ansonsten fällt präfrontal teils bis in tiefere Lagen noch Schnee, zum
Teil auch gefrierender Regen (SuperHD im nördlichen Alpenvorland), mit
Frontpassage steigt die Schneefallgrenze auf 600 bis 800 m. Postfrontal ist mit
Übergreifen der Trogachse in höhenkalter Luft (bis -32 Grad im Westen/Südwesten)
mit weiteren Regen- und Graupelschauern zu rechnen, die Schneefallgrenze liegt
nach wie vor bei etwa 600 bis 800 m. Vor allem im Hochschwarzwald können
durchaus markante Neuschneemengen zusammenkommen. GFS und IFS simulieren am
Südrand des Teiltiefs ein kleines Niederschlagsmaximum über dem westlichen und
zentralen Mittelgebirgsraum (bis 20 mm in 12 Stunden), bei -2 Grad in 850 hPa
dürfte es aber wohl nur auf den höchsten Erhebungen für die feste Phase reichen.

Der Wind weht präfrontal lebhaft aus Südost mit stürmischen Böen im
Nordseeumfeld sowie Sturmböen in den Kamm- und Gipfellagen und einzelnen steifen
Böen an der Ostsee bzw. im Lee einiger Mittelgebirge. Postfrontal dreht er im
Westen und Süden auf Südwest, dabei bleibt es auf den Berggipfeln stürmisch und
auch im Alpenvorland kann es vorübergehend steife Böen geben. Mit der IFS- bzw.
GFS-Lösung könnte es in den mittleren Landesteilen am Südrand des Teiltiefs
aufgrund des schärferen Gradienten auch in den Niederungen vorübergehend
verbreitet Böen Bft 7, vielleicht sogar Bft 8 aus Südwest geben.
Die Sonne zeigt sich nur selten und am ehesten im Nordosten bzw. zwischen den
Schauern im Westen. Dabei liegen die Höchstwerte meist zwischen 2 Grad im Süd-
bzw. Nordosten und 7 Grad ganz im Westen.

In der Nacht zum Samstag weitet sich die kräftig ausgeprägte und vom nahen
Ostatlantik bis nach Frankreich reichende Frontalzone rasch Richtung
Vorhersagegebiet aus, wodurch der kurzwellige, von der Nordsee bis in die Mitte
des Landes reichende Resttrog ordentlich an Fahrt aufnimmt und den Nordosten
Deutschlands, ebenso wie das korrespondierende okkludierte Frontensystem rasch
überquert. Ein weiterer kurzwelliger Troganteil erreicht morgens die westliche
Nordsee. Daran gekoppelt, verlagert ich südlich des Bodentiefs über der
mittleren Nordsee eine frontale Welle rasch von Südirland bis Samstagfrüh zum
Niederrhein.
Somit greifen die Niederschläge auch auf den Nordosten des Landes über, lassen
postfrontal nur kurz nach, verstärken sich aber mit Annäherung der Frontalwelle
im Westen und Südwesten sowie in den mittleren Landesteilen vor allem im Laufe
der zweiten Nachthälfte wieder. Bei Temperaturen um -2 Grad in 850 hPa, die im
Bereich der Welle auf etwa 0 Grad steigt, befindet sich die Schneefallgrenze
meist zwischen 700 und 1000 m. Somit steht die Windentwicklung im Fokus der
Warntätigkeit. Dieser schwächt sich zwar vorübergehend ab, mit Annäherung der
Frontalwelle legt er aber im Westen, Südwesten und in der Mitte im Laufe der
Nacht wieder deutlich zu mit Sturm- und schweren Sturmböen in den Kamm- und
Gipfellagen der Mittelgebirge und auf exponierten Alpengipfeln und steifen, in
freien Lagen auch stürmischen Böen in den Niederungen West- und
Südwestdeutschlands.
Der Südosten bekommt vom zyklonalen Geschehen erst einmal nur wenig mit, dort
lockern die Wolken vorübergehend auf und es kann auch in den Niederungen
gebietsweise leichten Frost geben, ansonsten beschränkt sich leichter Frost wohl
nur auf die Hochlagen der Mittelgebirge.


Modellvergleich und -einschätzung
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Im Großen und Ganzen simulieren alle vorliegenden Modelle im Kurzfristzeitraum
eine sehr ähnliche Wetterentwicklung. Im Detail ergeben sich aber noch kleinere
Differenzen, die lediglich kleinräumig warnrelevant sind, wie z.B. die
Teiltiefentwicklung am Freitag über Nordwestdeutschland (GFS, IFS). Die frontale
Welle in der Nacht zum Samstag hat das IFS ähnlich auf der Agenda wie das
ICON-EU, im GFS taucht sie dagegen nicht auf, stattdessen wird das Nordseetief
etwas kräftiger simuliert und von ihm ausgehend auf ganz Westdeutschland (nicht
nur auf den Westen und Südwesten) übergreifende Niederschläge.

Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Jens Winninghoff