DWD Synoptische Übersicht Kurzfrist

18-11-2019 17:01
SXEU31 DWAV 181800

S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Montag, den 18.11.2019 um 18 UTC


Markante Wettererscheinungen:
Im Westen anfangs örtlich Dauerregen, in höheren Lagen Schneefall. Bis
Dienstagnachmittag in den Gipfellagen der Mittelgebirge Sturm- vereinzelt
schwere Sturmböen, an der Nordsee vorübergehend stürmische Böen.

Synoptische Entwicklung bis Donnerstag 12 UTC
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Aktuell ... ist die großräumige Verteilung der Geopotenzialgebilde über Europa
nach wie vor geprägt durch ein klassisches Blockademuster mit einem
umfangreichen Höhenrücken über Ost- bzw. Südosteuropa, von dem aus ein Höhenkeil
bis nach Nordskandinavien reicht. Auch im Bodenfeld erstreckt sich eine
Hochdruckzone über Ost- und Nordosteuropa mit Schwerpunkten über dem nördlichen
Ural (Kerndruck über 1045 hPa) bzw. knapp nördlich des Kaspischen Meeres. Als
Gegenpart fungiert ein Langwellentrog, der sich von der Norwegischen See über
das westliche Mitteleuropa bis in den westlichen Mittelmeerraum erstreckt, der
etwas nach Osten vorankommt, aber zunehmend in mehrere kleinräumige Höhentiefs
zerfällt und somit deutlich an Kontur verliert. Weiter westlich reicht ein
schmaler Höhenrücken über die Britischen Inseln hinweg nordwärts bis ins
Seegebiet östlich von Island.
Für das Wetter im Vorhersagegebiet von Relevanz ist aktuell eines der weiter
oben erwähnten kleinräumigen Höhentiefs, das sich aktuell mit seinem Drehzentrum
(in 300 bzw. 500 hPa) in etwa über Hessen befindet und sich bis Dienstagfrüh ins
Seegebiet knapp nördlich von Rügen verlagert. Ein korrespondierendes Bodentief
über Schleswig-Holstein kommt dagegen nur wenig nordnordwestwärts voran und
erreicht morgens die östliche Nordsee, wobei es sich noch etwas vertiefen kann.
Vor allem über Westdeutschland hat sich an der Südflanke des Tiefs eine
Gegenstromlage eingestellt (Nord bis Nordost in der Höhe, Südwest in der
niederen Troposphäre) und entsprechend haben dort länger anhaltende
Aufgleitniederschläge eingesetzt. Die Kaltfront des Tiefs überquert aktuell den
Nordosten des Landes, so dass sich landesweit maritime Polarluft durchsetzt mit
850 hPa-Temperaturen zwischen 0 Grad im Nordseeumfeld (nahe des Tiefkerns) und
-4 Grad im zentralen Mittelgebirgsraum. Entsprechend sinkt die Schneefallgrenze
vor allem in den westlichen Mittelgebirgen - auch abhängig von der Intensität
der Niederschläge - gebietsweise vorübergehend auf etwa 400 m oder gar darunter
(selbst "ganz unten" sind abends, wenn die intensivsten Niederschläge noch mit
hinreichend kalter Luft überlappen, nasse Schneeflocken nicht ganz
ausgeschlossen). Vor allem in der Eifel können in den höchsten Lagen
gebietsweise über 10 cm Schnee fallen. Im Laufe der Nacht kommen die
Niederschläge hauptsächlich nord- aber auch noch etwas ostwärts voran, dann kann
es auch in den zentralen Mittelgebirgen, im Harz und eventuell im Thüringer Wald
oberhalb von 400 bis 600 m etwas schneien, für eine nennenswerte Schneedecke
sollte es dort aber nur selten reichen.
Am intensivsten fallen die Niederschläge wohl in einem Streifen vom Nordrand der
Eifel über das Westmünsterland und das Emsland bis nach Ostfriesland aus. Dort
werden - aufsummiert von heute Mittag bis Dienstagfrüh (dann ziehen die
Niederschläge allmählich nordwärts ab) - gebietsweise mehr als 30 mm in 12 bis
18 Stunden simuliert (entsprechend wurde eine markante Dauerregenwarnung
ausgegeben).
Von Warnrelevanz ist auch der Wind. Aktuell treten die stärksten Böen noch in
den Kamm- und Gipfellagen des Schwarzwaldes und der Alpen auf. Im Laufe der
Nacht verschiebt sich das Hauptwindfeld allmählich nach Norden, wobei sich der
Gradient noch etwas verschärft. Vor allem in den zentralen, etwas abgeschwächt
auch in den östlichen Mittelgebirgen gibt es in den Gipfellagen zunehmend
stürmische Böen und Sturmböen (Bft 8 bis 9) aus Süd, im Westen und in der Mitte
mehr und mehr aus Südwest bis West, auf exponierten Gipfeln auch schwere
Sturmböen (Bft 10), auf dem Brocken sind ausgangs der Nacht vorübergehend
orkanartige Böen (Bft 11) nicht ausgeschlossen. Mit Durchzug des Bodentroges
frischt der Wind im Westen/Nordwesten in der zweiten Nachthälfte und morgens
auch in tiefen Lagen böig aus West bis Nordwest auf, ob es für warnrelevante
Böen reicht, ist aber noch fraglich. Im Nordseeumfeld gibt es dagegen steife,
auf den Ostfriesischen Inseln vielleicht auch stürmische Böen.
In der Südhälfte lässt dagegen der Wind auch auf den Bergen nach. Dorthin
schiebt sich von Frankreich her ein flacher Hochkeil, so dass es dort vielerorts
aufgelockert bis gering bewölkt ist. Verbreitet tritt dann leichter Frost auf,
stellenweise auch Glätte und örtlich bildet sich Nebel. Leichten Frost und
Glätte durch Überfrieren kann es auch in den Hochlagen der Mittelgebirge geben.

Dienstag ... zieht das Höhentief rasch weiter nach Mittelschweden. Dabei spaltet
sich bereits in der Nacht ein kleinräumiges Höhentief über der südlichen Nordsee
ab und zieht über BeNeLux im wahrsten Sinne des Wortes seine Kreise. Mit Abzug
des Höhentiefs füllt sich das korrespondierende Bodentief über dem Skagerrak
mehr und mehr auf. Die Höhenströmung über dem Vorhersagegebiet dreht wieder
zunehmend auf Süd und ist im Tagesverlauf zunehmend antizyklonal konturiert,
wobei sich an den Alpen erneut eine leichte (und nicht warnrelevante)
Föhnsituation einstellt.
Mit Abzug des Tiefs lassen die Regenfälle im Nordwesten und Norden vormittags
rasch nach, kommen aber nicht ganz zum Erliegen, vorderseitig des oben erwähnten
kleinräumigen Höhentiefs (das tagsüber meist über Belgien "herumeiert") sorgen
schwache dynamische Hebungsprozesse (hauptsächlich aus etwas DPVA resultierend)
im Westen und Norden, bis in die mittleren Landesteile reichend, für meist
dichte Bewölkung, aus denen es gebietsweise auch leicht regnet (IFS von 00 UTC
simuliert im Münsterland bis 5 mm, EURO 4 von 06 UTC sogar bis an die 10 mm,
ICON und GFS aber deutlich weniger).
Mit dem Auffüllen des Tiefs flaut auch der Wind im Tagesverlauf von Süden her
allmählich ab. Bis in den Nachmittag hinein kann es aber auf einigen Bergen noch
Sturmböen aus West bis Südwest geben, an den Küsten steife, vormittags
vorübergehend auch stürmische Böen aus Nordwest (Nordsee) bis Südwest (Ostsee).
Abend sollte der Wind aber warntechnisch kein Thema mehr sein.
Mit der föhnigen Südströmung wird vor allem in den Südosten wieder deutlich
mildere Luft eingesteuert (über 5 Grad in 850 hPa) während im Westen/Südwesten
die kühlere Meeresluft (0 bis -4 Grad in 850 hPa) wetterbestimmend bleibt. Zudem
kann sich vor allem in der Lausitz und in Südostbayern auch gebietsweise länger
die Sonne durchsetzen. Dann werden dort knapp zweistellige Höchstwerte erreicht,
ansonsten liegen sie zwischen 5 und 10 Grad, in den Mittelgebirgen West- und
Südwestdeutschlands bei 3 Grad.

In der Nacht zum Mittwoch dominiert im Großen und Ganzen schwacher
Hochdruckeinfluss. Unsicher ist allerdings noch die genaue Zugbahn des
kleinräumigen Höhentiefs respektive Kaltlufttropfens über BeNeLux, auf dessen
Vorderseite weiterhin schwache dynamische Hebung wirksam werden kann. Nach
Lesart von ICON befindet es sich Mittwochfrüh über den Niederlanden und seine
Wirksamkeit beschränkt sich auf dichte Bewölkung, aus der es ganz im
Westen/Nordwesten des Landes etwas regnen oder nieseln kann. IFS von 00 UTC
lässt den Kaltlufttropfen dagegen nach Nordwestdeutschland ziehen, wobei die
Hebungsprozesse vor allem vom Thüringer Wald bis nach Mecklenburg etwas
markanter ausfallen und dort bis zu 5 mm Niederschlag simuliert werden.
Wie auch immer - warnrelevant dürften die Niederschläge nicht ausfallen und
somit steht die Grenzschichtproblematik im Vordergrund. Dort, wo es länger
auflockert, kann es leichten Frost, eventuell auch etwas Glätte und dichten
Nebel bilden, allerdings fällt eine genaue räumliche Zuordnung nach aktuellem
Modellstand noch schwer.

Mittwoch ... zieht das kleinräumige Höhentief bis zum Abend zur mittleren
Nordsee. Auch dieser Prozess vollzieht sich nach IFS 00 UTC deutlich langsamer
als nach ICON, über Schleswig-Holstein simuliert das Modell teilweise mehr als 5
mm in 12 Stunden, ICON dagegen nur 1 bis 3 mm im Emsland. Der aktuelle Lauf des
GFS hat sich der Version des IFS angenähert.
Währenddessen wird der Langwellentrog über dem nahen Ostatlantik wieder
regeneriert, über Ost- und Nordosteuropa befindet sich weiterhin ein
blockierender Höhenrücken. Daraus resultiert über Mitteleuropa eine recht
schwachgradientige südliche Höhenströmung und nieder- bzw. mitteltroposphärisch
schwache WLA. Außer im Nordwesten (im Einflussbereich des Höhentiefs liegt sie
zwischen 0 und -4 Grad) steigt die Temperatur in 850 hPa wieder auf +2 bis +5
Grad. Auch im Bodenfeld dominiert eine schwachgradientige Druckverteilung mit
schwachen, im Nordosten auch mäßigen östlichen Winden (exponierte auflandige
Küstenabschnitte der Ostsee mit Böen Bft 6 bis 7). Somit kann sich die mildere
Luftmasse nicht bis in die Grundschicht durchsetzen, die Inversion befindet sich
in der Mitte und im Osten meist bei etwa 850 hPa, im Süden dagegen um 900 hPa.
Dabei hält sich im Bereich der Inversion vielerorts dichte hochnebelartige
Bewölkung, aus der es gebietsweise - vor allem nach Osten zu - etwas nieseln
kann und die nur örtlich Lücken bekommt. Die Gipfellagen der süddeutschen
Mittelgebirge befinden sich zumeist oberhalb der Inversion und auch an den Alpen
bzw. im südlichen Alpenvorland kann sich länger die Sonne durchsetzen. Auch
innerhalb der besser durchmischten Luftmasse im Westen kann es an der Südflanke
des Höhentiefs größere Auflockerungen geben.
An den Höchstwerten ändert sich nur wenig, meist bewegen sie sich zwischen 4 und
10 Grad, in Regionen, in denen sich nach frostiger Nacht eine Hochnebeldecke
ausgebildet hat, was am ehesten in Teilen Süddeutschlands der Fall ist, geht es
dann nur noch auf knapp über 0 Grad.

In der Nacht zum Donnerstag ändert sich an der Gesamtkonstellation nur wenig.
Das Höhentief über der Nordsee zieht weiter nach Norden, so dass die leichten
Regenfälle bzw. -schauer im Nordwesten bzw. Norden nachlassen. Ansonsten bleibt
es vielerorts stark bewölkt oder nebligtrüb, Auflockerungen gibt es wohl am
ehesten im Westen und Südwesten sowie Richtung Alpen, wobei dann mit leichtem
Frost zu rechnen ist, örtlich kann sich auch dichter Nebel bilden. Nach Osten zu
ist die Bewölkung allgemein kompakter und teilweise auch mehrschichtig, was wohl
auf schwache Hebungsprozesse an der Nordflanke eines vom Balkan nach Ungarn
ziehenden Höhentroges zurückzuführen ist. Von Tschechien her kann es dabei vor
allem in Sachsen, vielleicht auch im thüringischen Vogtland sowie im
ostbayerischen Mittelgebirgsraum etwas regnen.

Donnerstag ... nimmt der Trog über Westeuropa eine zunehmend negative
Achsneigung ein, dessen Drehzentrum befindet sich abends knapp westlich von
Irland. Als Gegenpart fungiert nach wie vor das Blockadehoch über Russland, das
im Bodenfeld inzwischen mit einer 1050 hPa-Kernisobare ausgestattet ist.
Die Höhenströmung über dem Vorhersagegebiet kippt somit mehr auf Südost, wobei
sich das kleinräumige Höhentief über Ungarn bis zum Abend allmählich zur Hohen
Tatra verlagert. Die Aufgleit- und Hebungsprozesse an dessen Nord- bzw.
Nordwestflanke weiten sich somit weiter in den Nordosten/Osten und in die Mitte
Deutschlands aus, wo es leicht regnen kann. Bzgl. der räumlichen Verteilung der
Niederschläge gibt es aber noch kleinere Modelldifferenzen, die aktuellen Läufe
von GFS und ICON lassen die Regenfälle etwas weiter nach Westen vorankommen als
IFS (von 00 UTC), nämlich bis ins östliche Niedersachsen bzw. nach Nordhessen.
Im übrigen Land tritt bei schwachen Luftdruckgegensätzen weiterhin die
Grenzschichtproblematik in den Vordergrund. Dabei kann vor allem im Westen sowie
in höheren Lagen Süddeutschlands (Inversion dort um oder knapp oberhalb von 900
hPa) länger die Sonne durchkommen, ansonsten dominiert meist dichte
hochnebelartige Bewölkung. An den Höchsttemperaturen ändert sich nur wenig.



Modellvergleich und -einschätzung
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Im Großen und Ganzen simulieren alle vorliegenden Modelle im Kurzfristzeitraum
eine ähnliche Wetterentwicklung. Unterschiede ergeben sich im Detail, vor allem,
was die genaue Zugbahn des kleinräumigen Höhentiefs in der Nacht zum und am
Mittwoch angeht. Die dadurch verursachten Differenzen in den
Niederschlagsprognosen sind allerdings nicht warnrelevant.


Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Jens Winninghoff