DWD Synoptische Übersicht Kurzfrist

15-11-2019 17:30
SXEU31 DWAV 151800

S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Freitag, den 15.11.2019 um 18 UTC


Markante Wettererscheinungen:
In den Alpen weiter Föhn mit Sturmböen auf den Gipfeln. Ansonsten meist eher
ruhige, zum Sonntag unsichere Entwicklung.

Synoptische Entwicklung bis Montag 12 UTC
-------------------------------------------------------------
Aktuell ... liegen wir an der Nordostflanke eines Höhentroges mit Kern über
Frankreich in einer südöstlichen Höhenströmung. Damit wird zunächst milde Luft
in der unteren Troposphäre zu uns geführt, die nach Überströmen der Alpen
teilweise abgetrocknet ist.
Dabei hat sich an den Alpen ein Leetief gebildet, welches nordwärts zieht und
zum Morgen Mecklenburg-Vorpommern erreicht. Es nimmt mehr und mehr die Form
eines rinnenartigen Tiefs an, wobei südlich davon der Wind auf westliche
Richtungen dreht. Nur im äußersten Nordosten bleibt es bei Ostwind, aber auch
dort fächert der nur anfangs starke Gradient mit Tiefannäherung auf und die
laufenden Warnungen können auslaufen.
In der Südhälfte ist der Wind lediglich schwach, teilweise umlaufend unterwegs
bei geringen Druckunterschieden. Auf der Rückseite der Rinne flutet subpolare
Meereskaltluft (T850 um 0°C) einen Großteil des Vorhersageraums.

Die südliche Höhenströmung nimmt vorübergehend ab, was auch mit dem Abzug eines
Kurzwellentroges zusammenhängt, und führt zu einer Abschwächung des Föhns auch
Richtung Ostalpen, bevor im Laufe der Nacht die südliche Höhenströmung und damit
der Föhn wieder aufleben, ohne die vorangegangene Stärke zu erreichen.

Dafür breitet sich Niederschlag vom Grenzbereich Österreich/Schweiz nach Norden
aus und erfasst auch die mittleren Landesteile, bzw. breitet sich darüber hinaus
nach Norden aus. Grund dafür ist die Ausbildung einer schwachen
Gegenstromsituation und der o.e. Kurzwellentrog. Je nach Intensität, die aber
eher überschaubar bleiben dürfte, sinkt die Schneefallgrenze auf 1000 bis 800 m,
etwas Neuschnee dürfte es (besonders in der ersten Nachthälfte) eher in den
Alpen geben oberhalb 1000 m. In den vom Niederschlag betroffenen zentralen
Mittelgebirgen dürfte eine Glättewarnung für die Hochlagen ausreichen.

Ansonsten reißt die Wolkendecke im Süden und Westen teilweise auf, was in den
Gebieten mit vorheriger Feuchtezufuhr durch Regen Nebel zur Folge hat. Außerdem
geht die Temperatur dort bis in die Nähe des Gefrierpunkts oder in den leichten
Frostbereich zurück, was stellenweise Glätte durch gefrierende Nässe, lokal aber
auch durch Reif bedeutet.

Samstag ... verlagert sich der Trog über Westeuropa, bzw. das eingelagerte
Drehzentrum langsam nach Süden, wobei ein davon ausgehender Trog ins westliche
Mittelmeer zieht. Vorderseitig bleibt uns die (nun wieder) südliche
Höhenströmung erhalten, die mit der erneuten Passage eines Kurzwellentroges
vorübergehend noch etwas zulegt.
Entsprechend wird der Föhn in den Alpen regeneriert und in exponierten Kamm- und
Gipfellagen reicht es für Sturmböen 8-10 Bft.
Die Tiefdruckrinne im Norden positioniert sich nahezu küstenparallel, von
Dänemark ausgehend in die südliche Nordsee, wo sie von dem aus Süden
heranschwenkenden KW-Trog "eingefangen" wird.
Dadurch vertieft sie sich, was den Südwestwind an der Küste sowie in Teilen SHs
auffrischen lässt mit Böen 7-8 Bft. Ansonsten bleibt der Wind nachrangig und ist
meist nur schwach unterwegs.
Das Regengebiet zieht unterdessen über Norddeutschland weiter nordwärts, wobei
es in Teilen Schleswig-Holsteins bis in die Abendstunden regnen kann. Dahinter
lockert die Wolkendecke insbesondere in der Mitte vorübergehend auf, während
sich im Süden gebietsweise hochnebelartige Bewölkung hält. Am Vormittag kann es
zudem im Bereich von Schwarzwald und Schwäbischer Alb einzelne Schauer, in
höheren Lagen geringen Schnee geben.
Grund dafür ist ein in die südliche Höhenströmung eingebetteter, nordwärts
schwenkender flacher Sekundärtrog.
Die höchste Tagestemperatur liegt zwischen 2 und 8°C, nach Osten hin bei rund
10°C.

In der Nacht zum Sonntag verlagert sich das Höhentief mit Kern nach
Zentralfrankreich. Der zugehörige Trog reicht bis nach Algerien und Tunesien,
wodurch auf der Vorderseite ein über tausende km langer Südfetch erzeugt wird,
der von Nordafrika bis nach Nordeuropa reicht.

Dabei wird über dem Ostalpenraum wieder eine Leezyklogenese induziert, nördlich
eines nach Oberitalien ziehenden Bodentiefs, auf dessen Nord- bzw.
Nordwestflanke Hebungsprozesse, durch eine Gegenstromlage und Warmluftadvektion,
auf den Süden und Osten des Vorhersageraums übergreifen. Die dadurch ausgelösten
Niederschläge erfassen bis zum Morgen weite Teile Bayerns und Sachsens sowie das
südliche Brandenburg.
Die Modelle sind hinsichtlich Intensität und räumlicher Verteilung nicht einig,
was es schwierig macht, die Schneefallgrenze abzuschätzen. Allerdings wird von
Osten her niedertroposphärische Warmluft angezapft (T850 teils um 5°C) was für
eine hohe Schneefallgrenze spricht. Auf der West-Nordwestflanke des
Niederschlags, also auf der kalten Seite, könnte sie aber durchaus in den
Bereich 1000 bis 800 m absinken.

Das der Wind an der See abnimmt, scheint dagegen sicher und ist dem nordwärts
abziehenden, sich auffüllenden Tief geschuldet. Außerdem geht die
Temperatur im Norden und Westen sowie in der Mitte häufig in den leichten
Frostbereich zurück, während Nebel wohl eine sehr lokale Angelegenheit bleibt.
Dort, wo noch Restnässe vom Tag vorhanden ist, kann es glatt werden durch
gefrierende Nässe.

Sonntag ... zieht das Höhentief weiter in den Westalpenraum, was bei uns ein
Rückdrehen der Höhenströmung auf Südost zur Folge hat. Die WLA verlagert sich
schwerpunktmäßig in den Norden und Westen des Landes. Das Bodentief zieht
derweil von Oberösterreich nach Sachsen, während die zugehörigen Niederschläge
aus dem Südosten und Osten bis in den Norden und Westen vorankommen. Dahinter
kann es im Osten und Südosten wieder abtrocknen, aber nur selten auflockern.
Trocken bleibt es am ehesten ganz im Westen und auch im äußersten Osten und
Südosten regnet es tagsüber wohl nur wenig.
Die Zufuhr milder Luft macht weitere Fortschritte, nahe Oder und Neiße klopfen
wohl die 10 Grad in 850 hPa an. Reste subpolarer Meereskaltluft (-3 Grad in 850
hPa) bleiben im Westen und Südwesten übrig, wo es auf 800 bis 600 m hinab
schneien kann.

Die Entwicklung auch für diesen Tag ist, dank Modellunterschieden, bei weitem
noch nicht in trockenen Tüchern. Bliebe noch der Wind, der auf einigen höheren
Alpengipfeln stürmisch (Bft 8 bi 9) unterwegs ist, sonst aber keine große
Relevanz hat.
Erst wenn sich das Tief der Küste nähert, könnte der östliche Wind dort wieder
stärker auffrischen, zum Abend Bft 7 an der Ostsee.
Temperaturmäßig stehen bei längerem Niederschlag nur 1 bis 6°C auf der Karte,
während es im äußersten Osten sogar für zweistellige Höchstwerte um 11/12°C
reicht. MosMix hat an der Neiße sogar 14 Grad auf der Karte.

In der Nacht zum Montag kommt der Trog etwas nach Osten voran und ein
Drehzentrum verlagert sich nordwärts in den Westen Deutschlands. Das Bodentief
zieht unter leichter Intensivierung mit dem Kern nach Dänemark wobei an der
seiner Südflanke die subpolare Meeresluft wieder Boden nach Osten gutmachen kann
und die warme Luft zu großen Teilen aus Deutschland wieder verdrängt.
Teilweise geht die Temperatur in 850 hPa über dem Westen und der Mitte bis nahe
-5 Grad zurück, während im Nordosten dort noch bis +5 Grad erwartet werden.
Der Niederschlagsschwerpunkt verschiebt sich in die westlichen Landesteile, wo
es teilweise bis in tiefe Lagen schneien kann. Dort sind oberhalb ca. 300/400m 1
bis 5 cm Neuschnee möglich, in höheren Lagen oberhalb 600 bis 800m auch bis 10
cm.
Der Wind dreht auch an der See nach Passage des Tiefs wieder auf Südwest mit
einzelnen 7er Böen. Auch im Bergland gibt es auf Gipfeln Bft 7 bis 8, die aber
nicht wirklich warnrelevant sind. Auf einigen Alpengipfeln stehen weiter Bft 8
bis 9 aus südlichen Richtungen an.

Montag ... liegen wir an der Ostflanke eines von der Nordsee ins westliche
Mittelmeer reichenden Troges. Im Zentrum ergibt sich ein Dipol, mit einem von
Westdeutschland in die Nordsee ziehenden Kern, während der Zweite von England
nach Benelux steuert.
Das Bodentief entfernt sich über die Nordsee weiter nach Norden, so dass wir in
der südwestlichen Strömung verbleiben mit der die frische Meeresluft (T850 -1
bis -4 Grad) subpolaren Ursprungs erneut auch den Nordosten und Osten unseren
Landes flutet.
Dort bremst allerdings kräftige Kaltluftadvektion etwaige Hebungsantriebe aus,
im Süden setzt sich der leicht föhnige Einschlag fort, was dort zumindest am
Alpenrand einige Aufheiterungen zur Folge hat. Ansonsten sind in der SE-Hälfte
Auflockerungen zu erwarten, während sonst nahe dem Trog starke Bewölkung
überwiegt und über dem Westen und Teilen der Mitte leichte, meist schauerartige
Niederschläge auftreten. Die Mengen bleiben aber überschaubar, maximal 1 bis 5
mm in 6 Stunden sollten zu holen sein. In Lagen oberhalb von ca. 600m ist auch
etwas Neuschnee in Aussicht, am ehesten in den westlichen Mittelgebirgen.

Die Temperaturen liegen nachmittags meist zwischen 4 und 8 Grad. Der Wind
frischt an der Nordsee teilweise böig auf, Bft 6 bis 7 in Spitzen; die
Gipfellagen der Mittelgebirge und Alpen sehen kaum mehr als Bft 8.


Modellvergleich und -einschätzung
----------------------------------------------------------------
Die Modelle simulieren ab der Nacht zum Sonntag mit unterschiedlichen
Ergebnissen, wie so oft, wenn Leetiefs über Norddeutschland nordwärts ziehen
sollen. Gerade die Niederschlagsentwicklung wird heterogen gerechnet, so dass
die Entwicklung unsicher wird.


Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Bernd Zeuschner