DWD Synoptische Übersicht Mittelfrist

15-11-2019 11:30

S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T M I T T E L F R I S T
ausgegeben am Freitag, den 15.11.2019 um 10.30 UTC



Anfangs ruhiges, später zunehmend wechselhaftes Herbstwetter.
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Synoptische Entwicklung bis zum Freitag, den 22.11.2019


Am Montag liegt Deutschland unter einem Langwellentrog in 500 hPa, dessen Achse
von der Nordsee über Benelux bis zum westlichen Mittelmeer reicht. Da in die
Rückseite des Troges Kaltluft gesteuert wird, regeneriert er sich im
Tagesverlauf, so dass eine nennenswerte Verlagerung seiner Achse nicht zu
beobachten ist. Damit liegt der Vorhersagebereich durchweg vorderseitig der
Achse, allerdings überquert im Tagesverlauf nach dem deterministischen Lauf des
EZ ein kurzwelliger Troganteil diesen von Süd nach Nord. Mit dem Trog
korrespondiert ein Tiefdruckgebiet über dem Skagerrak, das sich zögerlich nach
Südnorwegen verlagert und auf dessen Südflanke der Gradient so konfiguriert ist,
dass es an der Nordsee zumindest einzelne Böen Bft 7, eventuell auch Bft 8 geben
könnte (und auf Alpengipfeln Föhnsturm). Dabei tangiert die Okklusion des Tiefs,
die sich über in süd-südwestlicher Richtung über die Nordsee nach Nordfrankreich
erstreckt, mit geringfügigen Niederschlägen das Nordseeumfeld, die Kaltfront des
Tief dagegen sorgt anfangs noch an Oder und Neiße für ein paar Tropfen,
allerdings verlagern sich diese schon im Verlauf des Tages mit dem Frontenzug
nach Polen, so dass die Niederschläge dort nachlassen. Somit liegt der Großteil
Deutschlands bezüglich der Kaltfront postfrontal unter moderat erwärmter
Meeresluft subpolaren Ursprungs. Eine gewisse thermische Labilität ist der
Luftmasse nicht abzusprechen, liegen doch die Temperaturen im 500 hPa bei etwa
-30 Grad, wogegen sie im 850er Niveau um 2 Grad liegen. Einzelne Schauer
scheinen dementsprechend nicht ausgeschlossen, der EZ-Hauptlauf hält sich
diesbezüglich aber, trotz der durch den angesprochenen Kurzwellentrog
induzierten Hebung, sehr bedeckt. Mit anderen Worten: Von einzelnen Schauern
abgesehen bleibt es wohl weitgehend trocken. Da allerdings im Süden und in der
Mitte die Tiefstwerte in der Nacht um null Grad liegen, kann es bei eventuellen
Schauern am Tage durchaus glatt werden, darüber hinaus reicht die Feuchte der
Luftmasse für das eine oder andere Nebelfeld.

Am Dienstag wird der Langwellentrog durch einen Rücken bzw. eine Zone hohen
Geopotentials, der/die von der Biskaya über die Britischen Inseln nach Norden
verläuft, von weiterer Kaltluftzufuhr und somit einer neuerlichen Regeneration
abgeschnitten. Damit beginnt das Trog-Rücken-Gespann allmählich mit einer
progressiven Verlagerung, so dass die Trogachse über Deutschland am Abend etwa
den Rhein und am Morgen etwa die Weser erreicht. Dabei ist über der Mitte
Deutschlands in den Trog ein abgeschlossenes Höhentief eingebettet, auf dessen
Vorderseite durch Hebungsprozesse Druckfall herrscht, was in der Nacht zum
Mittwoch zur Ausbildung eines flachen Tiefs führt, dass über den Osten
Deutschlands nach Norden geführt wird. Verglichen mit dem nördlichen Trogbereich
kommt der Trog über dem Mittelmeer sehr rasch nach Osten voran (morgens
tunesisch-algerisches Grenzgebiet, ausgangs der Nacht Italien/Adria), so dass
auf seiner Vorderseite vermehrt feucht-warme Mittelmeerluft in den Süden und
Osten Deutschlands gesteuert wird. Dies führt, im Süden einsetzend und in den
Osten ausgreifend, zu Aufgleitprozessen, die das EZ anfangs mit leichten, in der
Nacht durch die zusätzliche Hebung im flachen Tief mit etwas kräftigeren
Niederschlägen quittiert. Da an den Alpen und im Erzgebirge durch die
einsickernde Warmluft (850er Temperaturen um 3 Grad) die Schneefallgrenze um
1400 m, sonst aber bei 800-1000 m liegt, kann es in höchsten Lagen auch etwas
Schnee geben. Schon zu diesem Zeitpunkt zeigen die Modelle deutliche
Unterschiede, so liegen die 850er Temperaturen im Südosten bei ICON teils 4 Grad
höher als bei EZ-deterministisch. Unabhängig von der 850er Temperatur sind der
Süden und die Mitte wieder Frostgefährdet, der Norden sollte dagegen frostfrei
bleiben.

Am Mittwoch ziehen sowohl das kleinräumige Höhentief wie auch sein Bodenpendant
auf die Ostsee ab, in der Nacht zum Donnerstag erreichen sie Südschweden. Damit
sind im Osten und Nordosten am Tage noch Regenfälle verbunden, die aber schon am
Nachmittag nur noch das Ostseeumfeld betreffen. Da dem Tiefkomplex ein flacher
und kurzwelliger Rücken mit entsprechendem Absinken folgt, kann es von Südwesten
am Tage Auflockerungen geben. Während die Achse des Rückens schon in Nacht die
Ostsee erreichen soll, greift von Südwesten ein neuer Langwellentrog auf
Deutschland über. Damit steigen auch (nochmals) die 850er Temperaturen im Süden
etwas an (hier wieder die Werte von EZ-deterministisch), sie sollen im
Voralpenland am Donnerstagmorgen bei knapp 7 Grad liegen, während frostige
850er-Werte zu diesem Zeitpunkt nur noch im äußersten Norden auftreten sollen.
Laut des EZ-Hauptlaufs reichen die Hebungsprozesse des neuen Langwellentroges
noch nicht für Niederschläge im Südwesten, allerdings für den Aufzug hoher und
mittelhoher Bewölkung. Dort wo die neuerliche Bewölkung erst spät hereinzieht
(oder dort, wo sie noch nicht ankommt), kann sich in der Nacht wieder Nebel
bilden.

Am Donnerstag und Freitag dominiert unser Wettergeschehen laut EZ-Hauptlauf ein
hochreichender Tiefkomplex, der weitgehend ortsfest vor der Südwestküste Irlands
liegen soll. Er führt als steuerndes Drehzentrum von Südwesten und Süden
kurzwellige Tröge und Rücken über Deutschland hinweg, was zu zeit- und
gebietsweisen Niederschlägen führt, die aber von trockenen und teils
freundlichen Phasen unterbrochen sind. Mit der prognostizierten südlichen
Strömung wird wieder deutlich mildere Luft herangeführt, so sollen die 850er
Temperaturen am Freitagmorgen zwischen 2 und 8 Grad (Nord-Süd) liegen, am
Samstagmorgen sogar zwischen 7 und 11 Grad!

Im erweiterten Mittelfristzeitraum liegt Deutschland unter einer zunehmend
antizyklonalen Höhenströmung, die für eine Wetterberuhigung sorgt. Gleichzeitig
hält in der Grundschicht mit einer südlichen Strömung der Zustrom sehr milder
Mittelmeerluft an.
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Bewertung der Konsistenz des operationellen Laufs


Bis in den Montag hinein lassen sich die großräumigen synoptischen Strukturen im
aktuellen Lauf wie in den Vorläufen wiederfinden. Allerdings deuten sich schon
Unterschiede in der Lage das kleinräumigen Tiefs über der Nordsee oder im
Geopotentialfeld an, wo die beiden jüngsten Läufe in der Nacht zum Dienstag über
Ostdeutschland einen flachen Rücken simulieren, während z.B. der gestrige
00-UTC-Lauf dort noch einen Trog prognostizierte.

Am Dienstag zeigen die Modellläufe alle einen Langwellentrog über Westeuropa,
der im gestrigen 00-UTC-Lauf aber sehr deutliche Abtropftendenzen zeigt, die die
jüngeren Läufe gänzlich herausgerechnet haben. Dort wo nach aktuellem
Modellstand um 12 UTC ein kleines abgeschlossenes Höhentief liegen soll, war
beim gestrigen 00-UTC-Lauf noch die Sollbruchstelle des Cut-Offs positioniert.

Am Mittwoch um 12 UTC simulieren die beiden jüngsten Läufe ein kleinräumiges,
recht flaches Tief über Nordostdeutschland und der westlichen Ostsee, das mit
einem kurzwelligen Trog korrespondiert. Diese Muster kennt der gestrige
00-UTC-Lauf überhaupt nicht, laut dieses Laufes soll der Druck zwischen dem
Nordatlantiktief und dem Russlandhoch mehr oder weniger kontinuierlich
ansteigen.

Im weiteren Verlauf zeigen alle Modelle ein großräumiges Tiefdruckgebiet
südwestlich der Britischen Inseln und als Gegenspieler ein kräftiges Hoch über
Russland. Die Positionierung des Tiefs und die Struktur, sowohl bodennah als
auch in der Höhe, unterscheiden sich aber deutlich. Dennoch muss man
konstatieren, dass im Vergleich zum Vortag mit dem kleinräumigen Tief die
Modelle tendenziell wieder zusammenlaufen.
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Vergleich mit anderen globalen Modellen


Zwar zeigen am Sonntag (12 UTC) z.B. GFS, EZMW, LFPW oder ICON über Westeuropa
unisono einen Langwellentrog, allerdings wird dessen Abtropfen schon stark
unterschiedlich simuliert (GFS sehr schnell, EZMW sehr zögerlich). Auch im
Bodendruckfeld zeigen sich schon zu diesem frühen Zeitpunkt deutliche
Unterschiede. Während ICON und GFS einen deutlichen Bodentrog von den Alpen in
Richtung Biskaya simulieren, fällt dieser bei EZMW oder LFPW deutlich schwächer
aus.

Am Montag um 12 UTC bleiben die Unterschiede in der Kontur des Langwellentroges
über Westeuropa erhalten. Zwar simulieren alle Modelle in der erweiterten
Umgebung Dänemarks tiefen Luftdruck, aber während der Kern des Tiefs laut GFS im
Bereich der Ostfriesischen Inseln liegt (südlichste Lösung), sieht EZMW das Tief
vor der Südküste Norwegens (nördlichste Lösung). Dies hat auch Auswirkungen auf
das Druckfeld über den Alpen, dass die Modelle sehr unterschiedlich darstellen.


Das Auseinanderdriften der Modelle setzt sich am Dienstag fort. ICON simuliert
(12 UTC) ein abgeschlossenes Höhentief über der Nordsee, EZMW dagegen eines ab
dem Nachmittag eines über NRW. Dagegen verzichtet GFS auf das abgeschlossene
Höhentief, stattdessen setzen die Amerikaner auf ein schnelleres Verlagern des
Troges, die Trogachse erreicht bei diesem Modell schon am Mittag Dänemark.

Am Mittwoch simuliert EZMW dass schon angesprochene nordwärts ziehende Tief über
der westlichen Ostsee, also in einem Gebiet, in dem GFS einen Bodenrücken
annimmt. ICON liefert mit einer recht glatten Isobarenkontur eine
Zwischenlösung. Bei allen Unterschieden der Modelle in den für uns
entscheidenden Gebieten muss man sagen, dass eine Grundkonstellation, nämlich
der tiefe Luftdruck über dem Nordatlantik und hoher Luftdruck über Russland, bei
allen Modellen zu finden ist.
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Bewertung der Ensemblevorhersagen


Blockierungslage lautet das Zauberwort: In den Clustern taucht genau zweimal
(Vorhersagezeitpunkte +120 und +168 Stunden, jeweils im drittgrößten Cluster des
Zeitraums +120 bis +168 Stunden) die Wetterkategorie negative NAO auf.
Ansonsten: Blockierungslage durch die gesamte Mittelfrist, mit 3 Clustern in den
Zeitfenstern +72 bis +96 Stunden und +192 bis +240 Stunden. Der Zeitraum +120
bis +168 Stunden bietet immerhin 6 Cluster, aber bezüglich der Wetterkategorie
keine neuen Erkenntnisse. Dabei bildet das Clusterszenario die für Deutschland
bedeutsamen, kleiräumigeren Modellunterschiede (insbesondere Trog und
kleinräumiges Tief am Dienstag) nicht entsprechend ab.

Die Rauchfahnen des EZMW zeigen unter geringer Streuung bis zum Montag einen
Rückgang der 850er Temperaturen von anfangs etwa 6 Grad auf etwa -2 Grad, wobei
die Streuung leicht zunimmt. Ab Montag, insbesondere aber ab Dienstag zeigt dann
die Mehrheit der Ensemblemitglieder unter deutlicher Streuungszunahme einen
Temperaturanstieg, den aber interessanter Weise der Haupt- und Kontrolllauf
nicht mitmachen. Diese beiden setzen auf einen weiteren Rückgang der 850er
Temperatur bis Mittwoch bis auf -5 Grad, um erst dann mit einem
Temperaturanstieg zu beginnen.

Die Ensembles des GFS zeigen am Sonntag und in der Nacht zu Montag einen kurzen,
aber sehr markanten Anstieg der 850er Temperaturen, den EZMW so nicht zeigt. Den
Temperaturanstieg ab Montag, den die EZMW-Ensembles liefern, geht GFS in seinen
Ensembles mit.
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Wahrscheinlichkeiten für signifikante Wettererscheinungen


Der EFI zeigt im Mittelfristzeitraum keine Signale für markante
Wettererscheinungen.

Am Montag und Dienstag zeigt COSMO-LEPS geringe Wahrscheinlichkeiten (bis 20%)
für Böen ab Bft 8 an Nord- und Ostsee, auf den Inseln liegen die entsprechenden
Wahrscheinlichkeiten etwas höher. Für Böen Bft 7 liegen die entsprechenden
Wahrscheinlichkeiten im Nordseeumfeld bei bis zu 40%, unmittelbar an der Küste
bei bis zu 60%. Die entsprechenden Ergebnisse erscheinen aber im Umfeld der
Ergebnisse anderer Modelle als recht hoch gegriffen.

COSMO-LEPS zeigt Signale für leichten Schneefall an den Alpen und im Erzgebirge
am Montag (Wahrscheinlichkeiten von bis zu 30% für mehr als 5 cm Neuschnee in 12
Stunden.
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Basis für Mittelfristvorhersage
EZMW, EZMW-MOS, MOSMIX
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VBZ Offenbach / Dipl. Met. Martin Jonas