Thema des Tages

23-10-2019 08:20

Eine Frage der Zeit(-zone)

Die unterschiedlichen Zeitzonen der Welt und die darüber hinaus
regional gültigen Besonderheiten (z.B. Sommerzeitregelungen)
erfordern beim weltweiten Datenaustausch gewisse Konventionen.
Besonders die Meteorologie hat diesbezüglich eine lange Tradition
aufzuweisen.

Am kommenden Wochenende ist es wieder soweit: Auf unseren Uhren löst
die Mitteleuropäische Zeit (MEZ) die Mitteleuropäische Sommerzeit
(MESZ) ab, die seit dem letzten Sonntag im März Gültigkeit hatte.
Diese jährliche Sommerzeitregelung gilt in den Ländern der
Europäischen Union sowie in einigen weiteren Staaten (z.B. auch in
der Schweiz). Das bereits zur Tradition gewordene Prozedere sieht
dabei vor, dass die Zeit am Sonntag (27.10.2019) um 03:00 Uhr auf
02:00 Uhr zurückgestellt wird (nach 02:59 Uhr MESZ folgt 02:00 Uhr
MEZ).

Ein sehr großer Teil der zu dieser Zeit natürlich schlafenden
Bevölkerung bekommt von der Umstellung nur wenige Auswirkungen zu
spüren. Die unmittelbarste Folge ist aber, dass für den Schlaf eine
Stunde mehr zur Verfügung steht (bei der Umstellung auf Sommerzeit im
März natürlich eine Stunde weniger). Es gibt aber Wirtschafts- und
Dienstleistungsbereiche, die ihre Abläufe in diesen Nächten deutlich
anpassen müssen. Besonders beim Öffentlichen Verkehr sind
Sonderregelungen erforderlich. Bei der Umstellung auf MEZ im Oktober
gibt es beispielsweise die Stunde zwischen 2 und 3 Uhr doppelt.
Dementsprechend müssen Züge an einem Bahnhof diese eine Stunde
abwarten, um am Morgen nicht zu früh anzukommen. Außerdem muss
entschieden werden, ob eine Verbindung sogar doppelt bedient wird
(das erste Mal in der Stunde zwischen 02:00 und 02:59 Uhr MESZ und
das zweite Mal zwischen 02:00 und 02:59 Uhr MEZ). Für Nachtschwärmer
empfiehlt es sich daher, die regional unterschiedlichen Regelungen
nachzulesen.

Im Allgemeinen hat die Gesellschaft mittlerweile eine gewisse Routine
mit der Zeitumstellungsproblematik erreicht, sodass die
Zeitanpassungen meistens problemlos verlaufen. Eine lange Tradition
und Erfahrung mit dem Umgang mit unterschiedlichen Zeitzonen und
-formaten hat aber besonders auch die Meteorologie. Für eine
Wettervorhersage ist ein internationaler Datenaustauch unerlässlich,
immerhin ist Wetter ein globales Phänomen. Nun wäre es aber
unheimlich aufwändig und mit einem großen Fehlerrisiko behaftet,
würden die einzelnen internationalen Wetterbeobachtungen (zum
Beispiel Bodendaten, Radardaten oder Radiosondenaufstiege) in der
jeweiligen Lokalzeit in die Datenbank gespeichert. Der Datenempfänger
müsste jedes Mal die Zeitzone der Beobachtung berücksichtigen und
regionale Besonderheiten kennen (Stichwort Sommerzeit).

Aus diesen Gründen hat man sich im weltweiten Datenaustausch dazu
entschlossen, zum einen ein 24-Stunden-Zeitformat und zum anderen
einen einheitlichen Zeitbezug zu verwenden. Die Wahl fiel schon sehr
früh auf die "Greenwich Mean Time" (GMT), die im Jahr 1972 durch die
"Universal Time Coordinated" (UTC) abgelöst wurde. Ein anderer
Begriff dafür ist auch "Z-Zeit", die manche aus dem militärischen
Bereich kennen. So wie GMT, basiert auch UTC auf dem sogenannten
Nullmeridian (jenem Längengrad, der durch den Londoner Stadteile
Greenwich führt). Damit wird jedem globalen Datenwert ein eindeutiger
Zeitstempel beigefügt, der bei Bedarf ohne große Schwierigkeiten in
die eigene Lokalzeit umgerechnet werden kann (mittels
Berücksichtigung der Zeitdifferenz zu UTC). Ein weiterer
entscheidender Vorteil ist, dass es bei der UTC-Zeit keine Sommerzeit
gibt. Die Problematik einer doppelt vorhandenen oder fehlenden Stunde
entfällt, Zeitreihen können damit lückenlos geführt werden.
Allerdings muss bei der Umrechnung in UTC natürlich die Sommerzeit
beachtet werden, so ergibt sich für Deutschland im Winter eine
Abweichung von +1 Stunde zu UTC, im Sommer aber von +2 Stunden.

Diese Zeitkonvention betrifft aber nicht nur die reinen
Wetterbeobachtungen, sondern zieht sich durch die gesamte
meteorologische Produktpalette durch. Die Analysen der
Bodenbeobachtungen sowie die Eingangsdaten der Wettermodelle basieren
auf einheitlichen UTC-Zeitpunkten (beispielsweise 0 und 12 Uhr UTC).
Ersichtlich ist diese Tatsache zum Beispiel auch bei den auf unserer
Homepage im Bereich für Hobbymeteorologen verfügbaren Bodenanalysen
und Vorhersagekarten. Bei diesen wird in der linken unteren Ecke
nicht MEZ oder MESZ als Zeitbezug verwendet, sondern UTC. Es ist aber
immer im Hinterkopf zu behalten, dass die Karten von 12 UTC im Winter
für 13 Uhr MEZ gelten und im Sommer für 14 Uhr MESZ.

Wenn Sie also das nächste Mal über die Zeitangabe "UTC" stolpern -
zum Beispiel in unseren Synoptischen Übersichten - können Sie diese
nun etwas besser einordnen.

Mag.rer.nat. Florian Bilgeri
Deutscher Wetterdienst
Vorhersage- und Beratungszentrale
Offenbach, den 23.10.2019

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