DWD Synoptische Übersicht Kurzfrist

21-10-2019 17:01
SXEU31 DWAV 211800

S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Montag, den 21.10.2019 um 18 UTC


Markante Wettererscheinungen:
Druckanstieg und Bildung einer Hochdruckbrücke => ruhiges und z.T. sehr mildes
bis warmes Herbstwetter. Ab Mittwoch in den Alpen wieder Südföhn.

Synoptische Entwicklung bis Donnerstag 12 UTC
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Aktuell ... dümpelt das Wetter bei uns mehr oder weniger lustlos vor sich hin,
meint, die ganz großen Offensivaktionen bleiben bei sehr geringen
Luftdruckgegensätzen aus. Während die Frontalzone west-ost-orientiert über
Nordeuropa verläuft, befinden wir uns innerhalb eines stark meridional
aufgestellten Strömungsregimes. Bei genauem Hinschauen kann man sogar von einer
inversen Omega-Lage sprechen mit einem elliptisch konfigurierten Höhentief über
West-Südwesteuropa mit Drehzentrum unweit von Kap Finisterre (18 UTC) sowie
flankierenden Rücken über dem Ostatlantik bzw. Süd-Südosteuropa. Zwar zieht das
Drehzentrum vor der portugiesischen Westküste nach Süden, es bleibt aber ein
schmaler, bis zur südwestlichen Nordsee gerichteter Resttrog übrig, der es den
Rücken schwermacht, eine Potenzialbrücke zu schlagen. Klingt kompliziert, ist es
auch, spielt aber für die Entwicklung vor Ort eine gar nicht mal so große Rolle.

Wichtig ist, dass der Luftdruck weiter steigt, was in eine breite, vom leicht
nach Norden verschobenen Azorenhoch bis nach Russland reichende Hochdruckbrücke
mündet. Dabei fällt auch das inzwischen am Ostausgang des Ärmelkanals
angekommene flache Tief URBAN dem Druckanstieg zum Opfer, so dass am Ende bleibt
nur noch ein Resttrog über der südwestlichen Nordsee übrigbleibt.
Während das Tief also klein bei gibt, entpuppt sich die weiterhin diagonal von
Südwest nach Nordost über Deutschland exponierte Luftmassengrenze als extrem
widerspenstig. Sie trennt nach wie vor föhnmodifizierte Warmluft im Südosten
(T850 10 bis 15°C) von erwärmter Meeresluft subpolaren Ursprungs im Nordwesten
(T850 3 bis 8°C). Zwar werden die Hebungsprozesse an der Front immer schwächer,
eine flache, von der Schweiz übergreifende Welle lässt es vor allem in der
ersten Nachthälfte im Südwesten gebietsweise weiterhin leicht regnen (meist
unter 5 mm).
Ansonsten präsentiert sich der Himmel über Deutschland unterschiedlich bewölkt.
Im Osten und Süden, wo der Wolkenanteil tendenziell eher unterdurchschnittlich
ist, ist die Nebelwahrscheinlichkeit am höchsten. Gleichzeitig schwächt sich der
Wind auf Deutschlands windreichsten Berge, dem Brocken, mehr und mehr ab.

Dienstag ... intensiviert sich der Höhenrücken über Südosteuropa derart, dass
schlussendlich eine abgeschlossene Höhenantizyklone mit Schwerpunkt über dem
Balkan herausspringt. Von ihr aus erstreckt sich ein Keil in westlicher
Richtung, der via Deutschland bis in den Westen Frankreichs reicht und sich
durch WLA nördlich des über Südwesteuropa positionierten Höhentiefs ebenfalls
verstärkt.
So verwundert es auch nicht, dass sich die Bodenhochdruckbrücke ebenfalls
kräftigt, was der o.e. Luftmassengrenze gar nicht gut bekommt. So kommt es wie
es kommen muss, das gute Stück unterliegt am Ende den frontolytischen Angriffen
und verschwindet von den Wetterkarten. Gleiches gilt übrigens für den am Morgen
über der südwestlichen Nordsee noch erkennbaren Bodentrog (sozusagen ExURBAN),
der trotz Abdankens aber noch reichlich Bewölkung in Nordwestdeutschland
generiert, aus der es hin und wieder sogar leicht regnen oder nieseln kann.
Relativ viel Hochnebel respektive Stratocumulusbewölkung wird von den meisten
Modellen auch in Teilen Süddeutschlands (ausgenommen der leicht föhnige
Alpenrand) simuliert. Dort verschärft sich die zwischen 900 und 850 hPa
positionierte Absinkinversion, an der es zu einer Feuchteakkumulation kommt.
Ansonsten scheint nach z.T. nur schleppender Nebelauflösung zumindest teilweise
die Sonne, wobei neben dem unmittelbaren Alpenrand vor allem das nördliche
Bayern sowie die östliche Mitte am prädestinierten sind. Trotz geringer
Durchmischung und teils nur wenig Einstrahlung bleibt es mit 13 bis 19°C
ziemlich mild. 20°C oder etwas mehr wird es wohl aber nur noch unmittelbar am
Alpenrand geben und vielleicht mit etwas Glück am Fuße des Bayerischen Waldes
und des Fichtelgebirges.

In der Nacht zum Mittwoch ändert sich nichts Weltbewegendes an der
Großwetterlage. Die Hochdruckbrücke zeigt in ihrem Westteil leichte
Abschwächungstendenzen, was für uns aber kaum Auswirkungen hat. Die Inversion im
Süden manifestiert sich auf etwa 900 hPa, wobei sie sich durch
niedertroposphärische WLA (durch Überströmung der Alpen; Anstieg T850 auf bis zu
18°C) noch etwas verschärft.
Schlussendlich läuft es vielerorts auf Nebel oder Hochnebel hinaus, auch dort,
wo die SC-Bewölkung vom Tage auflockert oder sich vielleicht auflöst. In den
Regionen, wo es für längere Zeit aufklart und nicht gleich zunebelt, kühlt es
auf 5°C oder etwas darunter ab. Trotzdem dürfte leichter Frost in Bodennähe die
absolute Ausnahme bleiben.

Mittwoch ... streckt das inzwischen über der Iberischen Halbinsel angelandete
Höhentief seine Fühler wieder etwas nach Norden aus. Dadurch fällt der Luftdruck
über Westeuropa und über der Biscaya bildet sich sogar ein kleines Bodentief.
Bei uns bleibt das Setup trotz bröckelnder Hochdruckbrücke (der Hochschwerpunkt
verlagert sich ostwärts) antizyklonal aufgestellt, wobei sich durch die etwas
aufsteilende Höhenströmung in den Alpen eine neuerliche Föhnsituation einstellt.
Diese greift zuerst vor allem inneralpin bei unseren schweizer und
österreichischen Nachbarn, arbeitet sich peu á peu aber auch bis zu den
Bayerischen Alpen vor (Böen 8-9 Bft in exponierten Hochlagen).
Aber nicht nur der Wind, auch die Temperatur reagiert auf den Föhn. So steigt
die 850-hPa-Temperatur im Süden auf bis zu 20°C, während es an der
deutsch-dänischen Grenze gerade mal 8/9°C sind (18 UTC). Somit verschärft sich
die Inversion im Süden weiter, wird aber auch etwas nach unten gedrückt. Dadurch
steigen die Chancen, dass zumindest im höheren Alpenvorland Nebel und/oder
Hochnebel keine Chance haben, was freilich allgemein für die Hochlagen der
Mittelgebirge und der Alpen sowieso gilt. Gute Karten in Sachen Sonne haben bei
ost-südöstlicher Grundanströmung auch die Leeseiten der ostbayerischen und
zentralen Mittelgebirge, was z.B. die Herrschaften in NRW sehr freuen wird.
Ansonsten ist es mit der Sonne etwas Glückssache, es dürfte aber einige Regionen
geben, in denen sich Nebel und Hochnebel nur zögerlich oder - Ende Oktober
klimatologisch durchaus opportun - gar nicht auflösen. Es soll nicht
verschwiegen werden, dass mit der über Nordfrankreich und Benelux nach Norden
schwenkenden Warmfront des kleinen "Biscayatiefs" ein paar hohe oder mittelhohe
für die westlichen Landesteile abfallen, die mit der ansonsten bei uns
vorherrschenden Grenzschichtmeteorologie nichts zu tun haben.
Das Temperaturniveau bleibt unverändert hoch: am kältesten wird es in den
Gebieten mit Dauernebel, allerdings dürfte selbst dort die 10°C-Marke erreicht
oder knapp überschritten werden. Ansonsten stehen je nach Bewölkung 14 bis 20°C
auf der Karte, im südlichen Alpenvorland sowie am Fuße des Bajuwarischen Waldes
kann es sogar auf bis zu 23 oder 24°C hochgehen.

Die Nacht zum Donnerstag bleibt das Wetter bei uns antizyklonal geprägt.
Synoptisch relevante Änderungen finden am ehesten über Südwest- und Westeuropa
statt, spielen für uns aber keine oder nur eine sehr mittelbare Rolle. So bleibt
es in den Alpen föhnig mit Sturm in den Hochlagen (8-10 Bft). Ob es auch in den
anfälligen Tälern für spürbaren Wind reicht, gilt es abzuwarten. Ansonsten wird
die Nacht abgesehen von einigen weiterhin durchziehenden hohen und mittelhohen
Wolken teils bedeckt oder neblig, teils auch aufgelockert oder klar. In einigen
höher gelegenen Tälern Süddeutschlands ist punktuell leichter Bodenfrost drin.


Donnerstag ... verbleibt der Vorhersageraum am westlichen Rande des inzwischen
etwas abgeflachten Höhenrückens über Süd-Südosteuropa. Zwischen dem Hoch über
dem nahen Osteuropa und einem sich vertiefenden Tief nördlich von Schottland
wird zumindest in der Nordhälfte eine südliche Bodenströmung generiert, die an
und auf der Nordsee sogar einen mäßigen bis frischen Wind zustande bringt.
Niedertroposphärisch bleibt es sehr mild bis warm, wobei das nach wie vor
vorhandene Temperaturgefälle nicht mehr von Süd nach Nord sondern von Ost nach
West reicht (T850 um 12 UTC zwischen 19°C an der Neiße und 11°C an der Grenze zu
Frankreich).
Wettermäßig läuft es auf "teils-teils" hinaus: teils setzt sich die Sonne durch,
teils ist es bewölkt oder neblig trüb aber meist niederschlagsfrei. Nur im
äußersten Südwesten BWs ist eine geringe Wahrscheinlichkeit für ein paar Tropfen
Regen gegeben. Die besten Karten in puncto Sonne haben die östliche Mitte, der
Osten und Südosten Bayerns sowie der Nordrand der zentralen Mittelgebirge. Dort
erwärmt sich die Luft auf 20°C oder etwas darüber (am Alpenrand bei andauerndem
Föhn vielleicht bis 23 oder 24°C). Aber auch sonst bleibt es weiterhin mild mit
14 bis 19°C. Einzig im Falle richtig fetten und zähen Nebels stehen etwas
niedrigere Maxima auf dem Programm, aber kaum unter 10°C.


Modellvergleich und -einschätzung
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Der Generalkurs steht, die Grenzschichtmeteorologie hingegen birgt traditionell
ein gewisses Überraschungspotenzial, auch wenn die Modelle diesbezüglich
deutliche Fortschritte gemacht haben.


Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Jens Hoffmann