DWD Synoptische Übersicht Kurzfrist

14-10-2019 17:01
SXEU31 DWAV 141800

S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Montag, den 14.10.2019 um 18 UTC


Markante Wettererscheinungen:
An den Alpen zunächst schwacher Föhn mit Böen Bft 8 bis 9 auf dafür anfälligen
Gipfeln und Kuppen.
Am Dienstag und in der Nacht zum Mittwoch Passage einer schleifenden Kaltfront
dabei vereinzelt Gewitter und gebietsweise Starkregen.

Synoptische Entwicklung bis Donnerstag 12 UTC
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Aktuell ... befindet sich Deutschland auf der Vorderseite eines Höhentroges mit
Drehzentrum südlich von Irland, der sich bis zur Iberischen Halbinsel erstreckt,
unterhalb einer leicht antiyzklonal konturierten südwestlichen Höhenströmung.
Vor allem mit seinem Südteil kommt der Trog im Laufe der Nacht allmählich nach
Osten voran, so dass dessen Achse eine leicht negative Neigung einnimmt. Morgens
erstreckt sie sich von den Pyrenäen bis zum Westausgang des Ärmelkanals. Durch
kräftige trogvorderseitige WLA wölbt sich über Mitteleuropa ein flacher
Höhenrücken auf, der über das Vorhersagegebiet und die Nordsee hinweg
nordostwärts zieht und sich in den Frühstunden über das östliche Mitteleuropa
bis nach Südnorwegen erstreckt.
Somit herrscht in weiten Teilen des Landes unter schwach antizyklonaler Dominanz
zumindest warntechnisch verhältnismäßig ruhiges Wetter.
Der Höhentrog interagiert im Bodenfeld mit einem Dipol-Tief, wobei sich der
westliche Dipol aktuell ziemlich genau achsensenkrecht unterhalb des Höhentiefs
befindet und sich allmählich auffüllt. Der östliche Part verlagert sich vom
Süden Englands bis Dienstagfrüh allmählich zur mittleren Nordsee. Er resultiert
aus einer Frontalwelle, kann, entwicklungstechnisch günstig trogvorderseitig
gelegen, von etwas PVA-induzierter Hebung profitieren und vertieft sich noch ein
wenig. Dessen Warmfront über Norddeutschland kommt im Laufe der Nacht weiter
nach Norden voran, so dass das gesamte Vorhersagegebiet in den Warmsektor gerät.
Die Kaltfront kommt mangels Schubkomponente aufgrund höhenströmungsparalleler
Exposition nur wenig nach Osten voran. Sie erstreckt sich morgens über die
Niederlande, Belgien und Ostfrankreich südwärts bis in den westlichen
Mittelmeerraum, wobei die frontale Hebung vor allem im Bereich des
Zentralmassivs und später der Westalpen zunehmend dynamisch und natürlich auch
orographisch gestützt bzw. verstärkt wird und die Front in etwa über dem
Löwengolf verwellt.
Die Luftmasse im Vorhersagegebiet ist subtropischen Ursprungs und oberhalb der
Grundschicht nach wie vor labil geschichtet. Mit Annäherung der Kaltfront kann
über dem äußersten Westen des Landes eventuell auch etwas frontale Hebung
wirksam werden, die sich in Form einzelner Schauer im Laufe der zweiten
Nachthälfte ausdrückt. Ein kurzes Gewitter ist dabei nicht ausgeschlossen, dass
ein oder andere Modell hat auch zumindest etwas MU-Cape auf der Agenda.
Nach Durchschwenken des Höhenrückens (was in 700 hPa bereits aktuell der Fall
ist) steilt die Strömung etwas auf und verschärft sich, so dass an den Alpen
schwacher Föhn aufkommt. Ob es für warnrelevante Böen auf entsprechend
anfälligen Gipfeln und Kuppen reicht, bleibt abzuwarten, MOSMIX simuliert
jedenfalls häufiger Böen Bft 8 bis 9. Auch über der Nordsee und der westlichen
Ostsee frischt der Wind mit Annäherung des Tiefs auf und dreht auf Südost. Dabei
kann es über der offenen Nordsee (Helgoland) und an auflandigen Abschnitten der
Ostseeküste Schleswig-Holsteins einzelne steife Böen geben.
Ansonsten verläuft die Nacht im Norden und zunehmend auch ganz im Westen
überwiegend bewölkt, im Osten und Süden bleibt es dagegen oft klar. Vor allem
entlang der Donau sowie in Ostbayern, gebietsweise aber auch in den mittleren
Landesteilen kann sich erneut Nebel bilden.

Dienstag ... kann der Trog bei gleichzeitigem Amplitudenverlust etwas an Fahrt
aufnehmen und erstreckt sich abends mit seiner Achse vom Südosten Englands bis
zu den Seealpen. Zwar wird er bereits von KLA überlaufen, dennoch bieten sich
verstärkende PVA im Zusammenspiel mit der orographischen Komponente
(Überströmung des Zentralmassivs und vor allem der Alpen) relativ markanten
Hebungsantrieb.
Die Kaltfront kommt nach wie vor zögernd nach Osten voran, eingebremst vor allem
durch das flache Wellentief über dem Löwengolf, das sich allmählich zum Golf von
Genua verlagert und auch von einer überströmungsbedingten Leetiefentwicklung im
Alpenvorland, das sich allmählich nordwärts verlagert und abends das
Erzgebirgsvorland erreicht. Sie greift mittags bzw. am frühen Nachmittag auf den
Westen Deutschlands über und kommt nur sehr zögernd ostwärts voran. Mit der
weiterhin leicht negativen Achsneigung des Troges, vor allem aber auch
föhnbedingt nehmen die Niederschläge eher Anafrontcharakter an, finden also
hauptsächlich rückseitig der Front statt. Somit greifen auf den Westen im
Vormittagsverlauf schauerartige Regenfälle über und kommen allmählich ostwärts
voran. Vorderseitig der Front bleibt die Luftmasse weiterhin potenziell instabil
geschichtet, dabei können im unmittelbaren Vorfeld zur Front auch einzelne
Gewitter nicht ausgeschlossen werden. Vor allem von der Pfalz bis nach
Nordrhein-Westfalen und allmählich auf den zentralen Mittelgebirgsraum
übergreifend haben die Konvektion erlaubenden Modelle auch entsprechende Signale
auf der Agenda. Bei PPW-Werten um oder gar knapp über 30 mm, einer Cape von
gebietsweise mehreren 100 J/kg und einer nicht allzu hohen
Verlagerungsgeschwindigkeit muss lokal eng begrenzt vor allem Starkregen in
Betracht gezogen werden, aufgrund mäßiger hochreichender Scherung (um 20 m/s 0
bis 6 km) kann bei etwas organisierteren Strukturen auch die ein oder andere
Sturmböe nicht ausgeschlossen werden, wobei die Gewitter häufig von der
Grundschicht entkoppelt auslösen, was wiederum eher dagegen spricht.
Ansonsten fallen die simulierten Regenmengen nicht allzu ergiebig aus, nur
gebietsweise sind mehr als 10 mm in 6 bis 12 Stunden zu erwarten.
Der Föhn an den Alpen erreicht wohl ausgangs der Nacht bis zum Vormittag seinen
"Höhepunkt", schwächt sich dann mit "Loslösung" des Leetiefs vom Alpenvorland
ab. Allerdings verbinden einige Modelle den Durchzug der Kaltfront über
Südwestdeutschland aufgrund eines recht markanten, von Frankreich her zum Abend
auf Südwestdeutschland übergreifenden Hochkeils mit dem Durchzug einer kräftigen
Druckwelle, so dass der von Ost auf West drehende Wind ab dem Nachmittag
zunächst im Südwesten, abends und nachts dann aber vor allem auch im südlichen
Bayern deutlich auffrischt und es Böen Bft 7, exponiert und im Alpenvorland
(dort eher in der Nacht zum Mittwoch) auch stürmische Böen (Bft 8) geben kann.
In den Kamm- und Gipfellagen der süddeutschen Mittelgebirge und der Alpen treten
vor allem ab den Abendstunden vermehrt stürmische Böen oder Sturmböen aus
Südwest bis West auf.
Während der Tag in der Westhälfte überwiegend stark bewölkt verläuft, scheint im
Osten und Südosten noch einmal länger die Sonne. Dort werden im Zustrom
subtropischer Luftmassen nochmals warme 21 bis 26 Grad erreicht, aber auch im
Frontbereich bzw. postfrontal fällt die Abkühlung moderat aus und es reicht
immer noch für 16 bis 20 Grad.

In der Nacht zum Mittwoch greift der zunehmend kurzwellige Trog auf den Westen
und Süden Deutschlands über. Da sich die Kaltfront nur langsam ost- und das
flache Bodentief über der Osthälfte des Landes nordwärts (zur südlichen Ostsee)
verlagern, können Trog bzw. die markante Hebung vorderseitig der recht scharfen
Trogspitze und Front in der ersten Nachthälfte vorübergehend besser miteinander
interagieren und die nach wie vor Anafrontcharakter aufweisenden Niederschläge
verstärken sich vor allem über den mittleren und nördlichen Landesteilen. Dabei
können gebietsweise die Warnschwellen für Stark- oder Dauerregen überschritten
werden - wo genau, ist aber noch unklar. Aktuell simulieren ICON-EU (20 bis 30
mm in 6 bzw. 25 bis 40 mm in 12 Stunden) und EURO 4 (von 06 UTC und sogar mit
mehr als 50 mm in 12 Stunden) die höchsten Mengen im östlichen NRW bzw. im
südöstlichen Niedersachsen und damit etwas weiter östlich als GFS bzw. IFS (von
00 UTC). Nach wie vor sind im unmittelbar präfrontalen Bereich auch einzelne
kurze Gewitter nicht ausgeschlossen. Im Laufe der zweiten Nachthälfte entfernt
sich das Bodentief etwas rascher von der Trogspitze und die dann auf die
Nordosthälfte Deutschlands übergreifenden Niederschläge verlieren zögernd an
Intensität.
Von Warnrelevanz ist - wie weiter oben angesprochen - auch der Wind in
Süddeutschland; mit der nur langsamen Verlagerung der Kaltfront hält er vor
allem in Teilen Bayerns noch länger an, auch im Erzgebirgsvorland kann es
vorübergehend warnrelevante Böen geben. Ausgangs der Nacht nimmt er dann aber
allmählich ab.
Im Westen und Südwesten lockern die Wolken postfrontal mit Durchschwenken eines
flachen Bodenhochkeils auf, vor allem nach Süden zu kann sich dort Nebel bilden.


Mittwoch ... schwenkt der Kurzwellentrog über die Mitte und den Norden
Deutschlands hinweg nordostwärts, abends erreicht er die westliche Ostsee.
Dahinter geraten wir zunehmend in den Einflussbereich eines hochreichenden,
umfangreichen und zentralsteuernden Sturmtiefs mit Drehzentrum südlich von
Island. Dabei schwenkt nach Abzug des Kurzwellentroges ein flacher, durch die
trogvorderseitige WLA gestützter Rücken von Westen her nach Westdeutschland.
Das Bodentief über der südlichen Ostsee zieht rasch weiter nordostwärts, die
Kaltfront überquert am frühen Vormittag auch den Nordosten des Landes,
postfrontal klingen die schauerartigen Regenfälle bis zum frühen Nachmittag auch
an der Ostsee ab. Der dem Höhenrücken vorlaufende flache Bodenhochkeil kommt
ebenfalls rasch ostwärts voran und erreicht am Abend bereits den Nordosten des
Vorhersagegebietes. Das Frontensystem des nordatlantischen Sturmtiefs überquert
mit fortschreitendem Okklusionsprozess die Britischen Inseln und erreicht abends
die westliche Nordsee, wobei sich entlang der Okklusion entlang der schottischen
Nordseeküste ein Teiltief entwickelt. Aufgrund der kräftigen WLA lockern die
Wolken im Norden und in der Mitte mit Durchschwenken des Hochkeils kaum auf und
bereits weit im Vorfeld der Okklusion setzen im Laufe des Nachmittags im Westen
und Nordwesten Deutschlands erneut leichte Niederschläge ein.
Der rückseitig der abziehenden Kaltfront noch lebhafte West- bis Südwestwind
frischt am Vormittag tagesgangbedingt noch einmal vorübergehend auf, reicht aber
nur in exponierten Lagen für einzelne Böen Bft 7, in den Gipfellagen der
Mittelgebirge Bft 8, ehe er mit Durchzug des Hochkeiles wieder abnimmt.
Nachmittags und abends hin verschärft sich der Gradient und vor allem in den
exponierten Gipfellagen der zentralen Mittelgebirge kann es stürmische Böen aus
südlichen Richtungen geben (Brocken: Bft 9), im Nordseeumfeld eventuell einzelne
steife Böen. In den Niederungen bzw. im Binnenland dürfte es aufgrund der
stabilen Schichtung nicht für Böen mit Warnrelevanz reichen.
Vom Hochkeil am meisten profitiert Süddeutschland, wo erneut ein recht sonniger
Tag ins Haus steht, vor allem südlich der Donau. Der Kaltfront folgt ein Schwall
erwärmter subpolarer Meeresluft, die Temperatur in 850 hPa geht vorübergehend
auf etwa 3 bis 5 Grad zurück. Bereits am Nachmittag und Abend steigt sie im
Westen und Süden wieder auf 6 bis 9 Grad. Das lässt Höchstwerte zwischen 14 Grad
im Nordosten und knapp über 20 Grad im südlichen Oberrheingraben erwarten.

In der Nacht zum Donnerstag schwenkt der flache Höhenrücken rasch weiter
nordostwärts und vorderseitig des hochreichenden Sturmtiefs, das sein
Drehzentrum in 500 hPa (und auch im Bodenfeld) allmählich südwärts Richtung
Irland verlagert stellt sich über dem Vorhersagegebiet eine relativ glatt
konturierte südwestliche Höhenströmung ein.
Im Bodenfeld kommt die Okklusion allmählich nach Osten voran und greift morgens
auf den Westen und Nordwesten Deutschlands über. Dabei fällt verbreitet Regen,
allerdings meist nur mit leichter Intensität, lediglich in einigen Staulagen
werden vom ICON-EU mehr als 10 mm in 12 Stunden simuliert, GFS hat generell
weniger, meist sogar unter 5 mm auf der Agenda.
Der Wind legt zwar noch etwas zu, bleibt aber wohl lediglich in den Kamm- und
Gipfellagen der zentralen Mittelgebirge warnrelevant, wobei auf dem Brocken
vermehrt auch schwere Sturmböen auftreten können. Lediglich im Nordseeumfeld
reicht es eventuell für einzelne steife Böen aus Südwest, am ehesten mit
Frontpassage.
Im Süden und Südosten verläuft die Nacht aufgelockert, vor allem südlich der
Donau und in Ostbayern auch gering bewölkt, so dass sich dort erneut Nebel
bilden kann.

Donnerstag ... bleibt das Vorhersagebiet unterhalb einer mäßig starken und
relativ glatt konturierten südwestlichen Höhenströmung. Das Zentraltief nördlich
von Irland verlagert sein Drehzentrum kaum mehr nach Süden, das
korrespondierende Bodentief befindet sich nahezu achsensenkrecht unterhalb des
Höhentiefs und beginnt sich zögernd aufzufüllen.
Die zunehmend parallel zur Höhenströmung positionierte Okklusion kommt nur noch
wenig nach Osten voran und erreicht abends etwa eine Linie Pfalz -
Nordbrandenburg, weiter westlich, über Frankreich, verwellt sie. Dabei wird der
frontale Hebungsantrieb kaum mehr dynamisch unterstützt und die Niederschläge
verlieren weiter an Intensität, auch zwölfstündig kommen nur noch wenige mm
zusammen.
Auch der Wind weist nach wie vor kaum Warnrelevanz auf. Lediglich in einigen
Hochlagen in erster Linie der westlichen und zentralen Mittelgebirge gibt es
steife bis stürmische Böen, auf dem Brocken nach wie vor Sturm- oder gar schwere
Sturmböen aus Südwest.
Präfrontal scheint vor allem im Südosten zumindest zeitweise die Sonne und im
Einflussbereich sehr milder Biskayaluft (7 bis 10 Grad in 850 hPa) werden in der
Südhälfte erneut Höchstwerte zwischen 17 und örtlich 22 Grad erreicht. In der
Mitte und im Norden wird es innerhalb der gut durchmischten subpolaren
Meeresluft (3 bis 7 Grad in 850 hPa) mit Höchstwerten zwischen 14 und 18 Grad
aber ebenfalls recht mild.



Modellvergleich und -einschätzung
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Alle vorliegenden Modelle unterscheiden sich bezüglich der Wetterentwicklung im
Kurzfristzeitraum nur unwesentlich. Die kleineren Differenzen, die räumliche
Verteilung der Starkregenfälle in der Nacht zum Mittwoch betreffend, wurden
bereits im Text angesprochen.


Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Jens Winninghoff