DWD Synoptische Übersicht Kurzfrist

04-10-2019 17:30
SXEU31 DWAV 041800

S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Freitag, den 04.10.2019 um 18 UTC


Markante Wettererscheinungen:
Hoch Nordmeer-Venoskandien über Mitteleuropa zyklonal. Regnerisch, an den Alpen
Dauerregen.

Synoptische Entwicklung bis Montag 12 UTC
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Aktuell ... liegt ein kräftige Hoch über dem Nordmeer und weitet sich nach
Skandinavien aus. An der Ostflanke stößt ein Langwellentrog bis nach
Mitteleuropa vor und beeinflusst auch Deutschland. An der südwestlichen Flanke
zieht gerade ein kurzwellentrog über Deutschland. In diesem Trog wurde der
Ex-Hurrikan LORRENZO eingebunden, deren Reste im Bodendruckfeld sich gerade über
England auflösen. Von ihm hat sich ein Teiltief abgespalten, das derzeit mit
seinem Zentrum über dem Nordwesten Deutschlands liegt und sich an den Trog
gelkoppelt im Weiteren Verlauf über die Mitte Deutschlands ostwärts verlagert.
In den Süden Deutschlands dringt eine erwärmte Meeresluftmasse ein
(850-hPa-Temperatur 5 °C), während im Norden erwärmte Polarluft
(850-hPa-Temperatur 0 °C) liegt. Durch den stärker gewordenen Temperaturkontrast
wird das bereits vorher okkludierte Frontensystem wieder aktiviert und nimmt
wieder einen klassischen Warm-Kaltfrontcharakter an. Entlang der schleifenden
Front fällt verbreitet Regen. In den Staulagen des Harzes rechnen die
Lokalmodelle mit bis zu 30 mm Regen bis Samstagfrüh. Weiter nach Osten zu
Richtung Brandenburg dringt die "Warmluft" in den Trogbereich, der mit
höhenkalter Luft angefüllt ist vor. Dies führt zu Labilisierung, sodass dort die
Niederschläge konvektiv durchsetzt sind und sich eine Schauerstraße gebildet
hat. Einzelne Gewitter sind bereits aufgetreten. Starkregen sollte aber die
Ausnahme sein.
Südlich des Bodendtiefs verschärft sich der Gradient. Wegen der stabilen
Schichtung reichen die warnrelevanten Böen an der Südostflanke des Tiefs trotz
40 kn in 850 hPa wohl nicht bis nach "ganz unten". Lediglich in höher gelegenen
und freien Regionen kann es einzelne steife Böen (Bft 7), zunächst aus
südlichen, später westlichen Richtungen geben. Anders schaut es natürlich in den
Kamm- und Gipfellagen der Mittelgebirge und später auch der Alpen aus, wo mit
stürmischen Böen oder Sturmböen, auf exponierten Gipfeln eventuell auch mit
einzelnen schweren Sturmböen zu rechnen ist.

In der Nacht verlagert sich der Tief und die zugehörige Achse des Höhentroges
Richtung Oberlausitz, wodurch an seinem Südwestflanke Hebungsprozesse verstärkt
werden. Somit intensivieren sich dort die Niederschläge. An den Alpen und am
Erzgebirge setzt eine Nordweststaulage ein. Während die Lokalmodelle im
Erzgebirge in Staulagen 30 - 40 mm bis Samstagabend rechnen, sollen an den Alpen
in Extremstaulagen bis 50 mm fallen.
Im Westen und Norden lassen die Regenfälle mit Abzug des Tiefs rasch nach. Im
Bodenfeld weitet sich ein Keil des Hochs über dem Nordmeer bzw. Skandinavien bis
nach Nordwestdeutschland aus. Allerdings gelangen der Norden und Nordosten des
Landes trogrückseitig zunehmend in den Einflussbereich hochreichend kalter
Polarluft. In 850 hPa sinkt die Temperatur auf -1 Grad, in 500 hPa entlang der
vorpommerschen Ostseeküste auf nahe -30 Grad. Über dem verhältnismäßig warmen
Wasser der Ostsee dürfte das mit Hilfe der diabatischen Komponente für einzelne
Schauer reichen.
Der Wind lässt mit Abzug des Tiefs von Westen her wieder nach. In den süd- und
ostdeutschen Mittelgebirgen gibt es aber noch stürmische Böen oder Sturmböen aus
West, später von Norden her aus Nordwest bis Nord. Auch im Ostseeumfeld kann es
nun für steife Böen reichen, allerdings aus Ost bis Nordost.

Samstag ... zieht der Trog südostwärts über Tschechien und der Slowakei ab.
Während der Südosten noch zyklonal beeinflusst wird, setzt sich im Nordosten
mehr und mehr Hochdruckeinfluss durch. Dadurch stellt sich eine nördliche, bis
nordöstliche Strömung ein, wobei polare Kaltluft wieder etwas weiter südwärts
vordringt. So dringt die -4°C-Isotherme auf 850h hPa- bis an die Nordostgrenze
Deutschlands vor. In der einfließenden Höhenkaltluft (-26 °C auf 500 hPa) können
sich im Norden und im Nordosten Schauer entwickeln. Ansonsten hält der Stau am
Erzgebirge und an den Alpenweiter an. An der Westflanke des abziehenden Tiefs.

Größere Auflockerungen gibt es im Nordosten unter Hochdruckeinfluss.
An der Westflanke des abziehenden Tiefs gibt es immer noch einen starken
Druckgradienten, wobei der 850-hPa-wind von 30-35 kt in der etwas labileren
Grenzschicht besser herunter gemischt werden kann, sodass im Südosten einzelne
starke Böen auch in tiefen Lagen auftreten. In den Kamm- und Gipfellagen der
östlichen und ostbayerischen Mittelgebirge sowie auf den Alpengipfeln gibt es
zunächst noch Böen Bft 8 bis 9, auf exponierten Alpengipfeln auch Bft 10 aus
Nordwest, auch im Bereich der vorpommerschen Ostseeküste kann es noch
warnrelevante Böen geben. Im Laufe des Nachmittags und abends nimmt der Wind
allmählich ab.
In der Nacht zum Sonntag schwenkt ein Höhenrücken der von Groß-Britannien kommt
über die Nordsee, wobei dieser eine Potentialbrücke zum Höhenhoch über dem
Nordmeer bildet. Dieser Hochdruckbrücke folgt ein Kurzwellentrog, dessen Achse
auf Groß-Britannien übergreift. Die zugehörige Tiefdruckrinne schwenkt ostwärts
über Nordostfrankreich und erfasst mit etwas Regen den Südwesten Deutschlands.

Des Weiteren bewegt sich ein Kurzwellentrog an der Westflanke des nach Osteuropa
abgezogenen Troges von Südskandinavien nach Dänemark. Schauer sind aber nur in
ostseenähe zu erwarten.
Ansonsten verläuft die Nacht unter Hochdruckeinfluss und leichtem Absinken
ruhig. Dabei kommt es im Osten zu größeren Auflockerungen, die in der polaren
Kaltluft zu Frost führen.

Sonntag ... tropft der Randtrog über Irland aus und das daraus resultierende
Cut-Off-Tief zieht bis zum Abend nach Nordwestfrankreich bzw. Belgien. Der
vorgelagerte flache Höhenrücken verlagert sich nach Süddeutschland, wird aber
zunehmend "abgehobelt". Vor allem über dem Südwesten des Landes wird neben WLA
jetzt auch PVA als Hebungsantrieb wirksam, so dass sich auch das mit dem
Cut-Off-Tief korrespondierende Bodentief etwas verstärken kann. Es befindet sich
zum Abend nahezu achsensenkrecht unterhalb des Höhentiefs, die Tiefdruckrinne
weitet sich weiter nach Süddeutschland aus. Von ihm ausgehend weiten sich die
Regenfälle über dem Westen und Südwesten des Landes im Tagesverlauf
Ost-südostwärts aus und erfassen auch weite Teile Süddeutschlands. Erneut hat
ICON-EU die höchsten Mengen auf der Karte und lässt den Regen auch am weitesten
nach Osten vorankommen. In einem breiten Streifen vom westlichen
Mittelgebirgsraum (Eifel, Hunsrück, Pfalz) bis ins Alpenrand werden bis zum
Abend 10 bis 20 mm in 12 Stunden simuliert, in Staulagen (ICON-EU bis 30 mm im
Nordschwarzwald) auch mehr. Der Wind frischt an der Südflanke der Tiefdruckrinne
im Südwesten Deutschlands aus Südwest bis West, ansonsten aus Ost bis Südost
auf. Dabei kann es in den Gipfellagen des Schwarzwaldes, zum Abend hin auch auf
den Alpengipfeln Sturmböen geben, im zentralen Mittelgebirgsraum sind in den
Gipfellagen steife bis stürmische Böen denkbar, im Nordseeumfeld kann es an
exponierten Küstenabschnitten ebenfalls Böen Bft 7 geben.
Der Norden und Osten Deutschlands befinden sich weiterhin im Einflussbereich des
über das nördliche bis weit ins östliche Mitteleuropa reichenden Hochkeils, der
nur zögernd abgebaut wird. Dort wechseln sich Sonne und lockere Quellbewölkung
ab, eventuell reicht es im Ostseeumfeld nochmals für einen kurzen Schauer (die
Luftmasse ist bis etwa 700 hPa leicht labil geschichtet). Während dorthin
weiterhin kalte Festlandsluft advehiert wird (0 bis -3 Grad in 850 hPa), wird in
den Süden und Westen etwas mildere Luft eingesteuert (2 bis 6 Grad in 850 hPa).
Da es dort überwiegend stark bewölkt bleibt, erreichen die Höchsttemperaturen
recht einheitlich Werte zwischen 9 und 14 Grad, lediglich im südlichen
Oberrheingraben werden gebietsweise bis zu 16 Grad erreicht.
In der Nacht zum Montag zieht das Cut-Off-Tief zum Golf von Genua und induziert
dort eine kräftige Zyklogenese, während sich das Bodentief über Ostfrankreich
allmählich auffüllt. Von Norden her weitet sich, ausgehend vom umfangreichen
Nordmeer- bzw. Skandinavienhoch erneut ein Keil nach Norden und zunehmend auch
in die Mitte Deutschlands aus. Die sich allmählich auffüllende Tiefdruckrinne
verlagert sich zusammen mit dem Regen allmählich südwärts, wobei es im
Oberallgäu - zumindest nach Lesart des ICON-EU - Dauerregen (in Staulagen sogar
unwetterartig) geben kann. GFS und IFS simulieren allerdings Mengen unterhalb
der Warnschwellen für Dauerregen.
Mit Auffüllen des Tiefs bzw. der Rinne schwächt sich der Wind mehr und mehr ab
und ist ausgangs der Nacht wohl auch auf den Gipfeln nicht mehr warnrelevant.
Vor allem im Norden und Osten ist es vielerorts gering bewölkt, so dass recht
verbreitet mit Boden- und in ungünstigen lagen auch mit leichtem Luftfrost zu
rechnen ist.

Montag ... zieht ein weiterer atlantischer Langwellentrog ostwärts. Vorderseitig
steilt die Strömung über Westeuropa auf, wobei sich der Keil über Westeuropa
regeneriert und wieder weit bis ins Nordmeer vorstößt. Das zugehörige Bodenhoch
weitet sich bis nach Deutschland aus. Deutschland befindet sich dann zwischen
dem Höhenkeil und dem Osteuropatrog in einer nördlichen Höhenströmung. Bodennah
wird kühle Subpolarluft in den Osten gelenkt, während im Westen noch eine
wärmere und feuchtere Meeresluftmasse wirksam ist.
Absinken sorgt im Nordosten für Wolkenauflockerungen, während sich im Südosten
in einer schwachen tiefdruckrinne längere Zeit Wolken halten. Signifikantes
Wetter ist nicht mehr zu erwarten.



Modellvergleich und -einschätzung
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In der Kurzfrist unterscheiden sich die Modelle nur unwesentlich. Bezüglich der
Zugbahn des Tiefs am Sonntag gibt es jedoch noch größere Unterschiede, wodurch
sie die Niederschlagsschwerpunkte kaum festlegen lassen.


Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Christian Herold