DWD Synoptische Übersicht Mittelfrist

24-09-2019 10:01

S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T M I T T E L F R I S T
ausgegeben am Dienstag, den 24.09.2019 um 10.30 UTC



Insgesamt unbeständige Westwetterlage, häufige Niederschläge und windig, aber
kaum signifikante Wettererscheinungen.
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Synoptische Entwicklung bis zum Dienstag, den 01.10.2019


Der Beginn des Mittelfristzeitraumes (Freitag) markiert den Übergang von
Winkelwest hin zu einer zykonalen und recht weit nach Süden ausgreifenden
Südwest- bis Westlage über Mitteleuropa. Grund dafür ist ein hochreichendes und
zentralsteuerndes Tiefdruckgebiet, dessen Drehzentrum sich am Freitag in etwa
über Schottland bzw. knapp nördlich davon befindet. Das Frontensystem eines
vorlaufenden, über Südskandinavien zur mittleren Ostsee ziehenden Randtiefs
überquert dabei Deutschland rasch von West nach Ost, die Kaltfront erreicht am
Samstag, 00 UTC Süddeutschland und gerät dort aufgrund paralleler Exposition zur
Höhenströmung vorübergehend ins Schleifen. Innerhalb des Warmsektors wird nach
Süddeutschland noch einmal ein Schwall warmer Luftmassen aus Südwesteuropa
wetterwirksam, ansonsten gelangen weite Teile des Landes in den Einflussbereich
subpolarer Meeresluft. Vielerorts gibt es schauerartige Niederschläge, die in
Summe aber nicht allzu ergiebig ausfallen. Vor allem im Nordwesten reicht die
Labilität eventuell auch für einzelne Gewitter.
Am Samstag verlagert sich das Zentraltief allmählich über die nördliche Nordsee
hinweg Richtung Südskandinavien. Vor allem Norddeutschland gerät dabei
vorübergehend in den Einflussbereich des Höhentroges, wobei sich innerhalb der
recht hochreichend labil geschichteten Luftmasse Schauer und Gewitter entwickeln
können, dazu weht lebhafter Südwestwind mit stürmischen Böen oder Sturmböen an
der Nordsee, auf den Bergen und in Schauernähe. In Süddeutschland kann sich
vorderseitig eines flachen, bis Sonntag, 00 UTC nach England und Frankreich
schwenkenden Höhenrückens schwacher Hochdruckeinfluss durchsetzen, so dass es
zumindest südlich von Main und Mosel wohl überwiegend trocken bleibt. Von Westen
her wird erwärmte Polarluft ins Vorhersagegebiet advehiert, die Temperatur in
850 hPa sinkt auf 5 bis 8 Grad.
Sonntag schwenken das Zentraltief bzw. der zugehörige Höhentrog über
Skandinavien hinweg nach Ost- bzw. Nordosteuropa. Ein weiteres hochreichendes
Zentraltief greift vom nahen Ostatlantik bis Montag, 00 UTC auf die Britischen
Inseln über. Zwischen beiden Systemen kann sich der Höhenrücken über dem
westlichen Mitteleuropa etwas aufwölben und schwenkt in der Nacht zum Montag
über das Vorhersagegebiet hinweg ostwärts. Vor allem in der Südhälfte
Deutschlands sorgt er für weitgehend ruhiges Hochdruckwetter, während es im
Norden - im Einflussbereich einer schleifenden, in die Warmfront des Tiefs über
den Britischen Inseln übergehenden Kaltfront weitere Regenfälle geben kann. Nach
Süddeutschland wird dabei im Warmsektor warme Luft aus Südwesteuropa
eingesteuert (T 850 hPa zwischen 10 und 15 Grad), die eventuell auch instabil
geschichtet ist, so dass konvektive Umlagerungen nicht ausgeschlossen sind.
Zu Beginn kommender Woche zieht das Zentraltief nach Südskandinavien, wodurch
der Höhentrog über Nordeuropa regeneriert wird. Als Konterpart wölbt sich
westlich der Britischen Inseln ein breit angelegter Höhenrücken über Island bis
zur Grönland-See auf. Dabei bleibt ein Randtrog am Montag noch Richtung
Britische Inseln und Nordsee gerichtet und somit bleibt auch der
Vorhersagebereich noch unterhalb einer südwestlichen Höhenströmung.
Während die Warmfront des nach Südskandinavien ziehenden Tiefs rasch nach Osten
vorankommt, schleift die Kaltfront aufgrund paralleler Exposition zur
Höhenströmung zunächst noch über den Norden bzw. über der Mitte des Landes, so
dass es dort weitere schauerartige Niederschläge gibt, während es im Süden im
Einflussbereich warmer Luftassen subtropischen Ursprungs erneut einzelne
Gewitter entwickeln können.
Am Dienstag und Mittwoch schwenkt dann die Trogachse allmählich über
Mitteleuropa hinweg südostwärts, die Höhenströmung dreht zwischen dem am
Mittwoch, 00 UTC über die Britischen Inseln bis ins Nordpolarmeer gerichteten
Höhenrücken und dem Langwellentrog über Nordeuropa über dem Vorhersagegebiet
mehr und mehr auf Nord und macht den Weg frei für Polarluft, die über
Skandinavien hinweg nach Mitteleuropa vordringen kann.

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Bewertung der Konsistenz des operationellen Laufs


Die großräumige Verteilung der Potenzialgebilde wurde vom Vorlauf zumindest
ähnlich gezeigt, zum 00 UTC-Lauf des gestrigen Tages ergeben sich da schon etwas
größere Differenzen.
Zunächst sind allerdings keine signifikanten Unterschiede auszumachen. Erste
gröbere Differenzen ergeben sich dann für den Sonntag, deren Ursache schon im
Vorfeld weit draußen über dem Nordatlantik auszumachen sind. Knackpunkt ist ein
Kurzwellentrog, der sich am Freitag und Samstag samt korrespondierenden
Bodentief vom Seegebiet östlich Neufundlands über den mittleren Nordatlantik
hinweg ostwärts verlagert. Am Sonntag wird dieser Trog nach den beiden gestrigen
Läufen als Randtrog in das sich Richtung Skandinavien verlagernde Zentraltief
eingebunden, das dadurch gegenüber dem aktuellen Lauf etwas langsamer nach Osten
vorankommt. Im heutigen 00 UTC-Lauf bleibt der Kurzwellentrog dagegen anfangs
noch eigenständig und wird erst zu Wochenbeginn in den nordeuropäischen
Höhentrog eingebunden. Der gestrige 12 UTC-Lauf lässt dagegen einen weiteren
Kurzwellentrog vom Atlantik kommend Richtung Britische Inseln ziehen, der
ebenfalls in den nordeuropäischen Trogkomplex eingebunden wird, dessen Achse
dann, ähnlich, wie im aktuellen Lauf, zu Wochenmitte über Mitteleuropa hinweg
nach Südosten zieht und den Weg frei macht für polare Luftmassen. Beiden Läufen
gemein ist nämlich der Aufbau eines markanten Höhenrückens über dem nahen
Ostatlantik bzw. über West- und Nordwesteuropa. Eben dieser blockierende Rücken
fehlt im 00 UTC-Lauf von gestern, der die Achse des nordeuropäischen Höhentroges
über Mitteleuropa hinweg mit verbreiteten Regenfällen nicht südost-, sondern
ostwärts schwenken lässt und in der erweiterten Mittelfrist eine mehr oder
weniger zyklonal konturierte Westlage auf der Karte hat.
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Vergleich mit anderen globalen Modellen


Die vorliegenden Globalmodelle zeigen für den Freitag und Samstag eine nicht
signifikant von der IFS-Variante abweichende Wetterentwicklung. Zünglein an der
Waage für die weitere Entwicklung ist aber - wie auch schon bei der
Konsistenzbetrachtung - ein Kurzwellentrog, der vom Seegebiet östlich
Neufundlands über den mittleren Nordatlantik hinweg ostwärts zieht und
letztendlich dem zentralsteuernden, von den Britischen Inseln nach Nordeuropa
ziehenden Trogkomplex interagiert. Dabei ähnelt die GFS-Variante dem gestrigen
12 UTC-Lauf des IFS mit zwei Kurzwellentrögen, die in das zentralsteuernde
System bis Dienstag integriert werden, wobei der daraus resultierende
Langwellentrog über Nordeuropa am Di/Mi breiter angelegt ist und sich die Achse
des Höhenrückens über West-/Nordwesteuropa weiter westlich als im IFS befindet,
so dass zu Wochenmitte die rückseitig des Troges nach Mitteleuropa vordringende
Polarluft einen weiteren Weg über das Nordmeer nehmen müsste.
Das ICON fährt bzgl. des Kurzwellentroges eine deutlich progressivere Variante
als das IFS und ähnelt am Ende des Prognosezeitraums (beim ICON bereits am
Dienstag, 12 UTC) eher dem GFS.
Das kanadische GEM tendiert zunächst Richtung GFS, allerdings kann sich
rückseitig des Troges über Nordeuropa über dem Ostatlantik kein blockierender
Rücken aufbauen, so dass zu Wochenmitte bereits ein neuer Trog Richtung
Britische Inseln vordringen kann. Es ähnelt also ein wenig dem gestrigen 00
UTC-Lauf des IFS.

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Bewertung der Ensemblevorhersagen


Die Kurvenschar der 850 hPa Temperatur der Rauchfahnen verschiedener
Gitterpunkte bzw. Orte im Vorhersagegebiet verläuft bis einschließlich Samstag
in einem relativ engen Spread, womit von einigermaßen verlässlichen Prognosen
ausgegangen werden kann. So gut wie alle Member haben auch - außer für den
Südosten des Landes, der zunächst noch im präfrontalen Bereich bleibt -
Niederschläge auf der Agenda.
Am Sonntag und Montag wird der Spread dann doch deutlich größer, je nachdem, wie
weit trogvorderseitig die warme Luft nordwärts vordringen kann. Bzgl. der 850
hPa-Temperatur für einen Gitterpunkt in Süddeutschland bewegen sich alle Member
am Montag, 00 UTC zwischen 7 und 16 Grad, im Norden (nahe Hamburg) ist der
Spread dagegen mit 4 bis 10 Grad geringer. In der erweiterten Mittelfrist, also
zu Wochenmitte, geht das Temperaturniveau dann insgesamt zwar zurück, allerdings
breit der Spread groß. Im den norddeutschen Gitterpunkt scharen sich die meisten
Member um die 0 Grad-Isotherme, einige aber auch um 5 Grad mit nur wenigen
Ausreißern nach oben und nach unten. Für Süddeutschland ergibt sich ein etwas
einheitlicheres Bild mit den meisten Membern um die 5 Grad-Isotherme und nur
wenigen um 0 Grad. Vor allem zu Beginn kommender Woche werden von der Mehrzahl
der Member verbreitete Niederschläge simuliert.
Das Cluster-Szenario zeigt im Zeitraum T+72...96 Stunden drei Cluster, die sich
allesamt für die Wetterentwicklung in Mitteleuropa nicht entscheidend
unterscheiden.
Im nächstfolgenden Zeitraum (T+120---168 Stunden) verteilen sich die 49
Ensemblemember, Haupt- und Kontrolllauf auf 2 Cluster (28 bzw. 23 Member, Haupt-
und Kontrolllauf in Cluster 2). So richtig einordnen lässt sich die Variante des
Hauptlaufes allerdings darin nicht. Cluster 1 simuliert den Kurzwellentrog am
Montag deutlich progressiver als der Hauptlauf und bereits am Montag, 00 UTC
wird der in den Nordeuropatrog integriert. Nach Lesart des zweiten Clusters
hängt er dagegen gegenüber dem Hauptlauf über dem nahen Ostatlantik deutlich
zurück. Insgesamt ähnelt diese Variante eher dem deterministischen GFS-Lauf als
dem des IFS.
In der erweiterten Mittelfrist (T+192...240) tauchen dann 3 Cluster auf (jeweils
23, 21 und 7 Member, Haupt- und Kontrolllauf in Cluster 1). Alle drei zeigen zu
Beginn den Höhenrücken über dem nahen Ost-/Nordostatlantik und den
Nordeuropatrog mit einer nach Mitteleuropa gerichteten Achse. Dabei gelangt auf
mehr (Cluster 1) oder weniger (Cluster 2 und 3) direktem Wege polare Meeresluft
ins Vorhersagegebiet. Cluster 1 lässt den weiterhin blockierend wirkenden
markanten Höhenrücken im weiteren Verlauf allmählich Richtung Mitteleuropa
schwenken, so dass im Vorhersagegebiet Hochdruckeinfluss mit allmählich wieder
etwas ansteigenden Temperaturen dominieren würde.
Auch nach Lesart des 2. Clusters verlagert sich der Rücken allmählich ostwärts,
allerdings etwas langsamer als nach Cluster 1. Cluster 3 fährt dagegen eine
etwas zyklonalere Variante, wonach der Rücken bereits knapp westlich des
Vorhersagegebietes allmählich wieder abgebaut wird und nach Durchschwenken eines
nur noch flachen Höhen- und Bodenkeiles bereits zum Freitag hin die Ausläufer
des nächsten Nordatlantiktiefs "ante portas" stünden.

FAZIT:
Bei allen Unsicherheiten im Detail lässt sich konstatieren, dass zumindest bis
Dienstag eine eher unbeständige Witterungsphase mit häufigen, aber wohl nicht
allzu ergiebigen Niederschlägen (die in einigen Regionen auch sehnlichst
erwartet werden) ins Haus steht. Zum Ausgleichen des vielerorts vorhandenen
Niederschlagsdefizites reicht das Ganze natürlich (noch?) nicht. Mitte kommender
Woche deutet sich dann durchaus ein kleiner Kaltlufteinbruch von Norden her an.
Wie kräftig dieser ausfällt (abhängig davon, ob die Polarluft auf direktem Wege
über Skandinavien oder auf dem Umweg über das wärmere Nordmeer zu uns gelangt),
ist noch unsicher, dennoch ist in klaren Nächten dann durchaus etwas
verbreiteter mit Frost zu rechnen.

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Wahrscheinlichkeiten für signifikante Wettererscheinungen


EFI gibt keine Signale für außergewöhnliche Wettererscheinungen im
Mittelfristzeitraum.
Vor allem zu Beginn kommender Woche werden verbreitet Niederschläge simuliert.
Die Wahrscheinlichkeiten für ein Überschreiten der Warnschwellen für Dauerregen
bleiben aber nur sehr gering, am ehesten könnte das noch in Weststaulagen
einiger Mittelgebirge der Fall sein.
Zu Beginn kommender Woche kann sich vor allem in der Mitte und im Norden des
Landes eine Sturmlage einstellen, die von den vorliegenden Modellen aber noch
mit gewissen Unsicherheiten behaftet simuliert wird. ECMWF-EPS zeigt dort auch
im Binnenland bzw. in den Niederungen geringe Wahrscheinlichkeiten für
stürmische Böen. Der deterministische Lauf des ICON hat die markanteste
Entwicklung auf der Karte mit (außer in der Südhälfte) verbreiteten Böen Bft 8,
Richtung Norddeutschland auch Bft 9 am Montag. GFS simuliert die stärksten Böen
bereits in der Nacht zum Montag und am Montagvormittag in der Mitte des Landes,
die deterministischen Läufe des GEM und IFS haben dagegen eine schwächere
Windentwicklung auf der Karte.
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Basis für Mittelfristvorhersage
MODELMIX, ECMWF-EPS, MOSMIX
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VBZ Offenbach / Dipl. Met. Jens Winninghoff