DWD Synoptische Übersicht Kurzfrist

19-09-2019 16:01
SXEU31 DWAV 191800

S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Donnerstag, den 19.09.2019 um 18 UTC


Markante Wettererscheinungen:
Ruhiges Hochdruckwetter. Im Norden anfangs noch bewölkt, sonst oft sonnig und am
Wochenende warm. Erst am Sonntagabend im äußersten Westen/Südwesten eventuell
erste Niederschläge.

Synoptische Entwicklung bis Sonntag 12 UTC
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Aktuell ... zeigt die großräumige Verteilung der Geopotenzialgebilde in 300 bzw.
500 hPa über Europa und dem Nordatlantik ein Omega-ähnliches und somit relativ
stabiles Muster. Einem umfangreichen, von Frankreich über Westeuropa bis nach
Island bzw. zum Nordmeer reichenden Höhenrücken samt eigenständigem Höhenkern
über den Britischen Inseln stehen Langwellentröge über dem Nordwestatlantik
(Drehzentrum knapp südlich der Südspitze Grönlands) und über Nordost- bzw.
Osteuropa (mit einer von der Kola-Halbinsel bis zum Balkan reichenden Trogachse)
gegenüber.
Daraus resultiert eine recht glatt konturierte nordwestliche Höhenströmung über
Mitteleuropa, die von Westen her, mit Annäherung des Höhenrückens, ganz
allmählich etwas auffächert.
Während in Süddeutschland schwache KLA und somit leichtes Absinken dominieren,
greift auf den Nordwesten im Laufe der Nacht von der Nordsee her die
langgestreckte und vor allem über der Norwegischen See verwellende Warmfront
eines Tiefs südwestlich von Island über. Mit der vorweglaufenden, mittel- und
niedertroposphärischen WLA wird die Absinkinversion im Vorfeld der Warmfront im
Norden Deutschlands etwas angehoben (von 800 auf etwa 750 bis 700 hPa), womit
auch eine deutliche Feuchteanreicherung etwa zwischen 900 und 750 hPa
einhergeht. Die Folge ist kompakte, mehrschichtige Bewölkung, die im Laufe der
Nacht von der Nordsee her auf den Nordwesten Deutschlands übergreift und bis
Freitagfrüh Westmecklenburg, das nördliche und westliche Sachsen-Anhalt sowie
Nordhessen, Ostwestfalen und das Münsterland erreicht. Vor allem an den Küsten
kann es mit Warmfrontpassage bzw. unmittelbar davor auch etwas regnen oder
nieseln. Postfrontal setzt wieder leichtes Absinken ein, die Inversion
unterschreitet aber dennoch nicht die 800 hPa, darunter wird nach wie vor von
Nordwesten her feuchte Nordseeluft nach Nordwestdeutschland advehiert. Dabei
lockern die Wolken nach Abzug der Warmfront im Westmünsterland und im
südwestlichen Emsland eventuell schon wieder etwas auf, allerdings kann sich
dann vor allem dort innerhalb der feuchten Grundschicht rasch dichter Nebel
bilden.
Entlang und südlich der Achse des Bodenhochs, das seinen Schwerpunkt allmählich
über die Mitte Deutschlands hinweg ostwärts verlagert, bleibt es dagegen gering
bewölkt oder wolkenlos. Nebel kann sich vor allem am Südrand zur dichten
Bewölkung bilden, aber auch im Süden und Osten Bayerns. Richtung Bodensee und
Hochrhein bleibt die Nebelwahrscheinlichkeit dagegen aufgrund schwacher Bise
(Böen Bft 4 bis 5, vereinzelt auch 6 aus Ost) gering. Durch den Low Level Jet
(Inversion dort knapp unterhalb von 800 hPa) kann es auf einzelnen Gipfeln und
Kuppen im Schwarzwald und der Alb einzelne stürmische Böen geben.
Innerhalb der allmählich alternden Polarluft sackt die Temperatur wieder rasch
in den Keller, in ungünstigen Lagen im Süden und in der Mitte des Landes gibt es
leichten Frost bis -3 Grad.

Freitag ... büßt der Höhenrücken mit einer markanten Austrogung über dem
Ostatlantik ein wenig an Wellenlänge ein, was ihn bzgl. seiner Ostverlagerung
etwas progressiver werden lässt. Bis zum Abend weist er keinen gut definierten
Kern mehr auf, reicht aber weiterhin vom zentralen/westlichen Mittelmeerraum
über den Westalpenraum, Benelux und die Nordsee bis nach Island. Der
Langwellentrog über Nordost- und Osteuropa erstreckt sich abends von der
Barentssee bis zum Schwarzen Meer.
Die kräftige mitteltroposphärische WLA an der Ostflanke des Rückens wird dabei
nur zögernd nach Osten abgedrängt, der Potenzialgradient über dem
Vorhersagegebiet fächert vor allem über West- und Süddeutschland nun deutlich
auf.
Im Bodenfeld kommt die über Südwestnorwegen und Jütland bis nach Norddeutschland
reichende Warmfront aufgrund höhenströmungsparalleler Exposition nur zögernd
ostwärts voran und verwellt sogar leicht. Das Hochdruckgebiet verlagert seinen
Schwerpunkt allmählich ins südöstliche Mitteleuropa, dessen Achse kommt über dem
Vorhersagegebiet dabei etwas nach Norden voran. Im Einflussbereich der
durchschwenkenden Warmfront verliert die feuchte Luftschicht zwar allmählich an
Mächtigkeit (bis etwa 850 hPa im Nordwesten und 800 hPa im Nordosten), bleibt
aber oberhalb von etwa 900 hPa weitgehend feuchtegesättigt, so dass es in weiten
Teilen Nord- und Nordostdeutschlands stark bewölkt bis bedeckt bleibt. Die
Bewölkung greift im Tagesverlauf auch auf Brandenburg und Ostsachsen über. Vor
allem Richtung Küsten und im Nordosten fällt auch etwas Nieselregen. Rückseitig
der Warmfront wird die Wolkendecke im Nordwesten im Tagesverlauf zunehmend
"angeknabbert" und nachmittags kommt zeitweise die Sonne durch, gebietsweise
hält sich dort aber auch noch Hochnebel.
Weiter südlich steht dagegen einem weiteren Altweibersommertag nichts im Wege.
Die Luftmasse kann sich zögernd erwärmen und von Südwesten wird allmählich auch
advektiv wärmere Luft ins Vorhersagegebiet geführt. Bis zum Abend steigt die
Temperatur in 850 hPa auf 4 Grad an Oder und Neiße und 11 Grad westlich des
Rheins. Die Höchstwerte liegen somit zwischen 15 Grad auf Rügen bzw. in
Staulagen von Harz und Zittauer Gebirge und 22 Grad am Rhein.

In der Nacht zum Samstag erreicht der Höhenrücken mit seiner Achse den Westen
Deutschlands. Das vorgelagerte Bodenhoch verlagert seinen Schwerpunkt nach
Südosteuropa, wobei ein Keil nach wie vor nach Norddeutschland und zur Nordsee
gerichtet bleibt. Der äußerste Norden und Nordosten des Landes bleiben an der
Nordostflanke des Keils noch innerhalb der niedertroposphärisch recht feuchten
schwachen Nordwestströmung, dort bleibt es auch nach Abzug der Warmfront
überwiegend stark bewölkt. Ansonsten lockern die Wolken in Norddeutschland von
Westen her allmählich auf, allerdings bilden sich innerhalb der feuchten
Grundschicht rasch ausgedehnte Nebelfelder.
In der Mitte und im Süden ist es dagegen gering bewölkt oder klar, wobei auch
dort das Nebelrisiko ein wenig ansteigt. Die Tiefstwerte liegen zwischen 11 Grad
unter den dichten Wolken ganz im Nordosten und -2 Grad in dafür prädestinierten
Lagen im Süden und in der Mitte des Landes.

Samstag ... setzt sich die langsame Ostverlagerung des Höhenrückens fort, abends
verläuft dessen Achse von Süd nach Nord ziemlich genau über die Mitte
Deutschlands. Er stützt nach wie vor einen von Südosteuropa über das
Vorhersagegebiet hinweg bis zur Nordsee gerichteten Bodenhochkeil, der über eine
Brücke verbunden ist mit einem sich allmählich verstärkendem Hochdruckgebiet
über dem Nordmeer. Trotz schwachen Druckfalls dominiert somit im
Vorhersagegebiet der antizyklonale Einfluss. Noch immer befinden sich
nordöstlich der Bodenkeilachse über dem äußersten Nordosten Deutschlands
niedertroposphärisch etwas feuchtere Luftmassen, die nur zögernd nach Osten
abgedrängt werden, so dass dort die anfangs dichten Wolken allmählich
auflockern. Ansonsten gelangt von Süd bis Südost trockene Festlandsluft nach
Deutschland, so dass nach mehr oder weniger rascher Nebelauflösung verbreitet
die Sonne scheint. Auch niedertroposphärisch wird es mit der zunehmend auf Süd
drehenden Anströmung deutlich wärmer, die Temperaturen in 850 hPa steigen auf
Werte zwischen 15 Grad im Südwesten und 9 Grad an der Neiße. Jahreszeitlich
bedingt klappt es allerdings mit der Durchmischung nicht mehr so gut wie noch
vor ein bis zwei Monaten, zudem dauert es mit der Nebelauflösung gebietsweise
schon bis zum späten Vormittag. Immerhin erreichen die Höchsttemperaturen
dennoch für die Jahreszeit deutlich zu hohe Werte zwischen 17 Grad auf Rügen
bzw. dort, wo sich der Nebel spät auflöst und 26 gebietsweise (vielleicht nicht
"ganz unten", sondern eher in mittleren Höhenlagen) im Südwesten.

In der Nacht zum Sonntag bleibt der Höhenrücken über Mitteleuropa fast
quasistationär. Der Langwellentrog über dem nahen Ostatlantik weitet sich mit
seiner Südspitze durch einen von Nordwesten hereinlaufenden Kurzwellentrog
Richtung Biskaya aus. Vorderseitig verstärkt sich der Druckfall über
Südwesteuropa und dem westlichen Mitteleuropa und morgens greift eine
Tiefdruckrinne samt eingelagerter teilokkludierter Kaltfront auf den Westen
Frankreichs über. Im Vorfeld kann relativ feuchte und potenziell instabil
geschichtete Luft aus Südwesteuropa bis nach Nordostfrankreich und eventuell
auch bis in den Südwesten Deutschlands vordringen. Dort werden die Wolken
ausgangs der Nacht allmählich etwas dichter, es sollte aber noch weitgehend
trocken bleiben (lediglich IFS von 00 UTC simuliert schwache Niederschläge am
Hochrhein). Im übrigen Land bleibt es gering bewölkt bis wolkenlos, vielerorts
können sich aber wieder dichte Nebelfelder ausbilden, am ehesten in
Norddeutschland und im Südosten. Mit Tiefstwerten zwischen 11 Grad im Südwesten
bzw. an den Küsten und 0 Grad in den klassischen Kältelöchern, inklusive
Bodenfrost, wird es nicht mehr ganz so frisch wie in den Vornächten.

Sonntag ... zieht der Kurzwellentrog über der Biskaya zum Westausgang des
Ärmelkanals. Der Höhenrücken wird dabei ein wenig nach Osten abgedrängt und
erstreckt sich abends über die Osthälfte Deutschlands hinweg nordnordwestwärts
bis zum Nordmeer. Somit gelangen der Westen und Südwesten des Landes allmählich
auf die Vorderseite des Troges. Vor allem über Frankreich kann aufgrund von PVA
markante Hebung generiert werden, die allerdings bereits von KLA teilkompensiert
wird und das Vorhersagegebiet bis zum Abend kaum tangiert.
Im Bodenfeld kommt die Tiefdruckrinne über Frankreich samt eingelagerter Front
allmählich ostwärts voran, greift aber tagsüber noch nicht auf das
Vorhersagegebiet über. Die Luftmasse innerhalb der Rinne bzw. im Vorfeld ist
zwar zunehmend potenziell instabil geschichtet und auch die PPW-Werte steigen
deutlich an, allerdings kann kaum Cape generiert werden und somit reicht es aus
aktueller Modellsicht, wenn überhaupt, maximal westlich des Rheins bzw. im
Schwarzwald für gebietsweise auftretende schauerartige Regenfälle, die
vereinzelt von Blitz und Donner begleitet werden können. Der aktuelle Lauf des
ICON-EU lässt es bis 18 UTC sogar komplett trocken.
Während die Wolken im Südwesten und Westen allmählich etwas dichter werden,
scheint im übrigen Land nach mehr oder weniger rascher Nebelauflösung
überwiegend die Sonne. Die warme Luftmasse kann sich auch weiter nach Nordosten
ausweiten, die Temperatur in 850 hPa bewegt sich zwischen 13 Grad nordöstlich
der Elbe und 17 Grad im Alpenvorland. Die Höchsttemperaturen erreichen erneut
altweibersommerliche 21 bis 26 Grad, an der Ostsee bleibt es mit auffrischendem
und auflandigem Ostwind, genauso, wie in Regionen, wo sich der Nebel recht spät
auflöst, etwas frischer.



Modellvergleich und -einschätzung
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Im Kurzfristzeitraum, zumindest bis Sonntagnachmittag, simulieren alle
vorliegende Modelle eine sehr ähnliche Wetterentwicklung, prognose- und
warnrelevante Unterschiede sind so gut wie keine auszumachen.


Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Jens Winninghoff