DWD Synoptische Übersicht Kurzfrist

22-08-2019 17:30
SXEU31 DWAV 221800

S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Donnerstag, den 22.08.2019 um 18 UTC


Markante Wettererscheinungen:
Ereignisarme Brückenlage mit geringer Gewitterneigung an den Alpen. Am
Wochenende zunehmende Unsicherheiten hinsichtlich konvektiver Prozesse,
verbreitet aber spätsommerlich mit hohen Temperaturen.

Synoptische Entwicklung bis Sonntag 12 UTC
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Aktuell ... gibt es eigentlich gar nicht mal so viel zu erzählen zum Wetter,
zumindest wenn man sich auf Deutschland kapriziert. Zwar hat inzwischen leichter
Druckfall bei uns eingesetzt, woraus potenziell eine Wetteränderung geschlossen
werden könnte (der Verfasser hat hier das klassische Bild vom Klopfen auf das
Wandbarometer im Kopf), doch nichts dergleichen wird passieren. So wird auch in
der bevorstehenden Nacht weiterhin die vom Azorenraum bis in den Westen
Russlands reichende Hochdruckzone (GWL BM => Brücke Mitteleuropa, Name CORINA)
das bestimmende Druckgebilde sein. Unterstützung bekommt CORINA von einer
schmalen Potenzialbrücke in der mittleren Troposphäre, die sich von Westen her
über das Bodenhoch schiebt und die eine abgeschlossene Höhenantizyklone über
Nordwestafrika mit einem vom Balkan bis zum östlichen Mitteleuropa reichenden
Rücken verbindet. Unterlaufen wird die Potenzialbrücke von einem Höhentief, das
auf dem Weg vom Löwengolf in Richtung Korsika unterwegs ist. Es verfügt über
einen Randtrog, der zwar bis in den Alpenraum reicht, unseren Vorhersageraum
aber (noch) nicht traktiert. Trotzdem hält sich südlich der Donau unterhalb
einer recht scharfen Absinkinversion bei 850 hPa gebietsweise hochnebelartige
Bewölkung.
Im größten Teil des Landes bleibt die Nacht klar, nach Nordwesten hin teils
gering bewölkt mit ein paar wenigen Nebelfeldern (Süden, Nordwesten). Die Luft
kühlt sich ab auf 14 bis 6°C, am lauschigen Strand von Nord- und Ostsee bleibt
es ein paar Grad milder.

Freitag ... verstärkt sich die Potenzialbrücke noch etwas, was den Isohypsen
über dem Vorhersageraum eine deutlich antizyklonale Kontur verleiht. Trotzdem
oder besser unabhängig davon sorgt leichter Druckfall über Südwesteuropa
respektive dem Seegebiet westlich Iberiens für einen allmählichen
Substanzverlust der Hochdruckzone, allerdings nur in ihrem Westteil. Über dem
Kontinent bleibt sie weiterhin potent, verschiebt ihren Schwerpunkt aber nach
Osten gen Belarus, wo sie etwas unter 1030 hPa auf die Waage bringt. Darüber
hinaus verlagert sich ihre zonal exponierte Divergenzachse geringfügig nach
Norden, was weiten Teilen Deutschlands auf deren Südseite eine schwache, durch
Sonnenböigkeit tagsüber mitunter etwas aufmuckende östliche Bodenströmung
beschert. Mit dieser gelangt trockene, kontinental geprägte Warmluft zu uns
(T850 bei Tagesende 10 bis 14°C), in der einmal mehr verbreitet die Sonne
scheint. Im Norden wird der Sonnenschein mitunter etwas getrübt durch hohe oder
mittelhohe Wolkenfelder. Die Temperatur erreicht Tageshöchstwerte zwischen 24
und 30°C (an Küstenabschnitten mit auflandigem Wind etwas darunter).
Während der Spätsommer im größten Teil des Landes also noch mal richtig Gas
gibt, bleibt der äußerste Süden auch morgen wieder hinter den Erwartungen
zurück. Unterhalb bzw. an der zwischen 850 und 800 hPa liegenden Inversion hält
sich gebietsweise in fast schon impertinenter Weise zähe hochnebelartige
Bewölkung, die nicht nur erheblich dämpfend auf die Sonneneinstrahlung wirkt,
sondern auch der Temperatur nur eingeschränkte Entfaltungsmöglichkeiten bietet.
Teilweise bleiben die Thermometer bei wenig über 20°C stehen, und im südlichen
Alpenvorland bzw. am Alpenrand sollte man sich an der einen oder anderen Stelle
nicht wundern, wenn die 20°C-Marke überhaupt nicht erreicht wird.
Apropos Alpenrand/südliches Vorland, hier schwebt weiterhin das Damoklesschwert
potenzieller Konvektion über den bajuwarischen und schwäbischen Köpfen, auch
wenn die Wahrscheinlichkeit von Schauern oder Gewittern ähnlich wie heute sehr
gering ist. Zwar zeigt der Randtrog des nur wenig beweglichen Höhentiefs bei
Korsika leichte Ausweitungstendenzen gen Norden, trotzdem dürfte sich das
hauptsächliche konvektive Geschehen nach wie vor inneralpin sowie im Süden
abspielen. Die o.e. Inversion sowie mangelnde Einstrahlung sind auch keine
überzeugenden Argumente, die für eine erhöhte Schauer- und Gewitteraktivität
sprechen. Sollte es aber doch ein oder zwei Exemplaren gelingen, deutsches
Hoheitsgebiet zu erreichen (am ehesten wohl im südlichen Oberallgäu, dem
Werdenfelser Land oder den Berchtesgadener/Chiemgauer Alpen), gilt es sein
Augenmerk besonders auf den Parameter Starkregen zu richten. Bei PPWs teils über
30 mm und Zellen, die trägen Möpsen gleich wenig Interesse haben sich zu
bewegen, kann es ganz schnell gehen, dass nicht nur die ockerfarbende, sondern
sogar die rote Karte gezogen werden muss.

In der Nacht zum Samstag sind keine monumentalen Veränderungen in der
großräumigen Strömungskonfiguration zu erkennen. Die untergehende Sonne und
mithin fehlender Energieinput drehen den konvektiven Zellen - so sie denn
überhaupt auftreten - alsbald den Saft ab. Was bleibt ist das zähe Gewölk im
Süden, was sich sogar noch etwas nach Norden und damit möglicherweise über die
Donau hinaus ausbreitet. Dort, wo es doch mal aufreißt, kann sich Nebel bilden,
der aber meist flacher Natur ist. Das gilt übrigens auch für den großen Rest der
Republik, dem abermals eine gering bewölkt oder klare Nacht bevorsteht. Mit 16
bis 10°C, unmittelbar an der See etwas darüber, in einigen Mittelgebirgssenken
etwas darunter, bleibt es tendenziell etwas milder als in den Nächten zuvor.


Samstag ... erreicht das o.e. Höhentief Oberitalien, während sich gleichzeitig
aus dem nördlichen Randtrog ein zweiter Tiefkern bildet, was dem gesamten
Potenzialgebilde Dipolcharakter verleiht. Der nördliche Kern wabert zur
Mittagszeit leicht orientierungslos irgendwo über dem Alpenvorland oder der
Donau herum. Offensichtlich fehlen Mut und Muße, die weiter nördlich nach wie
vor präsente, sich sogar wieder etwas verstärkende Potenzialbrücke zu
attackieren. Immerhin kommt das Bodenhoch etwas ins Trudeln, indem die
1025-hPa-Isobare den Vorhersageraum wahrscheinlich schon in den Morgenstunden in
Richtung Osten verlässt.
Trotzdem reicht die Aura der gütigen CORINA dicke aus, weiten Teilen der
Republik einen sehr warmen bis heißen und trockenen Spätsommertag zu schenken.
Bei weiter steigenden 850-hPa-Temperaturen (bis zum Abend geht es hoch auf 11
bis 16°C) sind in zwei Meter Höhe Höchstwerte zwischen 25 und 32°C zu erwarten,
was in den anberaumten Bundesligapartien - wir schreiben den 2. Spieltag - die
eine oder andere Trinkpause erforderlich machen wird. Lediglich im höheren
Bergland sowie an den für Ostwind anfälligen Küstenabschnitten (eher an der Ost-
als an der Nordsee der Fall) wird es nicht ganz so warm.
Kommen wir nun noch zur Ausnahme von der Regel, was das Wetter angeht. Aus den
Alpen heraus breitet sich die dort lagernde feuchte und potenziell instabile
Luftmasse über Teile Süd- und Südostdeutschlands nach Norden bis in den
östlichen Mittelgebirgsraum aus. Gebietsweise wird ML-CAPE von einigen hundert
Joule pro Kilogramm generiert (je nach Modell auch etwas mehr, letztlich
abhängig vom Strahlungsinput), die es nun gilt, in vertikale Umlagerungen
umzusetzen. Auf synoptische Antriebe sollte man dabei nicht setzen, die fehlen
nämlich weitgehend trotz der Anwesenheit des kleinen Höhentiefs (kaum Gradient
=> kaum Advektion => kaum Höhendivergenz). Als potenzieller Trigger bleibt am
Ende einmal mehr die Orografie, etwa von den östlichen Mittelgebirgen über die
fränkischen Mittelgebirge und den Bayerischen Wald bis hinunter zu den Alpen
sowie - mit einem großen Vielleicht - der Südschwarzwald und die Schwäbische
Alb. Um Missverständnissen vorzubeugen, in den genannten Gebieten kann es
potenziell zur Auslöse von Gewittern kommen, eine überregionale Gewitterlage
zeichnet sich aber mitnichten ab. Vielmehr dürfte es sich um isolierte
Einzelkämpfer handeln, die, wenn sie denn entstanden sind, durch ihre
Outflow-Boundaries einen weiteren Impuls zu Gewittergenerierung leisten können.
Bei PPWs über 30 mm, spezifischen Grundschichtfeuchten von 10 bis 13 g/kg sowie
geringer Zuggeschwindigkeit steht Starkregen ganz oben auf der Karte (lokale
Unwettergefahr), allerdings können auch Hagel (kaum mehr als 2 cm Durchmesser)
und/oder Böen 7-8 (9) Bft nicht ausgeschlossen werden.

In der Nacht zum Sonntag zieht das kleine Höhentief aus dem Süden langsam
nordwärts. Was es dabei genau veranstaltet, lässt sich heute noch nicht
abschließend sagen. Zu unterschiedlich sind die Modelloutputs, die von
andauernden Gewittern (evtl. sogar als MCS laut ICON) im Osten bis hin zu
tagesgangbedingt absterbender Konvektion alles im Portfolio haben. Man kann
derzeit aber davon ausgehen, dass der größte Teil der Republik eine trockene und
gering bewölkte oder klare Nacht (örtliche Nebelfelder nicht ausgeschlossen)
erleben wird. Dabei geht die Temperatur auf 18 bis 11°C, im westlichen
Mittelgebirgsraum lokal etwas unter 10°C) zurück.

Sonntag ... Kurz ein paar Sätze zum Sonntag, der wie schon die Nacht zuvor auch
noch ein paar offene Fragen auf dem Zettel hat. Laut ICON wird das kleine
Höhentief von der südwestlichen Höhenströmung vorderseitig eines Troges über
UK/Irland aufgeschnappt, die das Tief weiter nach Norden verfrachtet.
Gleichzeitig soll sich auch die potenziell instabile Warmluft über den Osten
noch weiter nach Norden ausbreiten. Als Ergebnis simuliert ICON vom Alpenrand
über Oberfranken und Sachsen bis hoch in den Berliner Raum sowie die Altmark
Schauer und Gewitter - ein Szenario, dass gewisse Zweifel weckt, sehen doch
externe Modelle die Dinge etwas anders. Ohne auf Details einzugehen deuten IFS
(von 00 UTC) und GFS (von 06 UTC) eher eine Variante mit bergland-lastiger
Konvektion im Süden und in der Mitte an, was aufgrund der sehr undynamischen
Strömungsverhältnisse oben wie unten derzeit plausibler erscheint.
Als Faustregel lässt sich konstatieren, je weiter im Norden und Westen, desto
unwahrscheinlicher Schauer oder Gewitter. Dass es von wenigen Ausnahmen
abgesehen mit 26 bis 33°C ein sehr warmer bis heißer und vielerorts
strahlungsreicher Sonntag wird, gilt als sehr wahrscheinlich.


Modellvergleich und -einschätzung
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Es ist alles gesagt.


Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Jens Hoffmann