DWD Synoptische Übersicht Mittelfrist

22-07-2019 09:01

S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T M I T T E L F R I S T
ausgegeben am Montag, den 22.07.2019 um 10.30 UTC



Vorübergehend extrem heiß. Ab Freitag zunehmend gewittrig bis hin zum Unwetter,
im Nordosten wahrscheinlich noch trocken und weiterhin heiß.
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Synoptische Entwicklung bis zum Montag, den 29.07.2019


Am Donnerstag liegt Deutschland unter einem Höhenkeil, der sich über
Skandinavien hinweg bis ins Nordmeer erstreckt. Dieser Keil wird von einem
Höhentiefkomplex über der Ukraine und einem Trog flankiert, der sich der Biskaya
nähert. An der Vorderseite dieses Troges wird subtropische Warmluft weit nach
Norden geführt. Der hierdurch ausgelöste Druckfall lässt über Frankreich eine
flache Tiefdruckrinne entstehen. Zwischen dieser Rinne und einem Bodenhoch über
dem Ostseeraum gelangt zunächst trocken-heiße Luft in das Vorhersagegebiet,
wobei in weiten Teilen Deutschlands die 35 Grad-Marke deutlich überschritten
wird.
Am Freitag stößt der Trog in die Biskaya vor, was eine Abschnürung des Keils und
die Bildung eines abgeschlossenen Höhenhochs über Skandinavien bewirkt. Die o.g.
Tiefdruckrinne kommt dabei bis in den Westen und Südwesten Deutschlands voran.
In deren Bereich können sich bevorzugt über dem Bergland Südwestdeutschlands
sowie an den Alpen erste und zum Teil heftige Gewitter auftreten; Unwetter sind
nicht auszuschließen. Zuvor werden in diesen Gebieten noch einmal Maxima
deutlich über 35 Grad erreicht.
Am Samstag weitet sich der Trog nach Ostfrankreich aus, wodurch die Dynamik bei
der Gewittertätigkeit im Westen und Süden Deutschlands zusehends wirksam wird.
Unwetter (vor allem durch heftigen Starkregen und größeren Hagel) sind
wahrscheinlicher als am Freitag. Nach Nordosten hin hält das über Skandinavien
liegende Bodenhoch dagegen, so dass es dort trocken bleibt und die 30 Grad-Marke
noch einmal deutlich überschritten wird.
Am Sonntag schwenkt der Trog nach Deutschland; gleichzeitig erfolgt über dem
nahen Ostatlantik die Bildung eines weiteren Troges. Nach wie vor wirkt das über
Skandinavien liegende Hoch blockierend, so dass sich die von Nordwest nach
Südost gerichtete und diagonal über Deutschland liegende Tiefdruckrinne
allmählich auffüllt. In deren Bereich sind weitere Gewitter bis hin zum Unwetter
zu erwarten, wogegen im Nordosten Absinken nennenswerte Konvektion unterbindet.

In der Nacht zum Montag tropft der über Deutschland liegende Trog aus, das
Cut-Off-Tief wird in den über Osteuropa liegenden Höhentiefkomplex integriert
und der Resttrog verschwindet nach Südskandinavien. An der Vorderseite des
neuen, auf den nahen Ostatlantik übergreifenden Troges wölbt sich über
Mitteleuropa wiederum ein Höhenkeil auf. In dessen Bereich erfolgt im
erweiterten mittelfristigen Vorhersagezeitraum ein erneuter Temperaturanstieg,
wobei zur Wochenmitte hin dann auch wieder Temperaturmaxima über 35 Grad
vorstellbar sind.
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Bewertung der Konsistenz des operationellen Laufs


Bis einschließlich Freitag ist der aktuelle Modelllauf gegenüber weiter
zurückliegenden Modellläufen weitgehend konsistent. Danach ergeben sich
hinsichtlich des nach Deutschland ausweitenden Troges deutliche Unterschiede.
Die aktuelle Simulation fährt die GFS-Variante des Vortages, wonach dieser Trog
in der Nacht zum Montag nach Südosten hin austropft. Somit dürfte die extreme
Hitze (mit Temperaturmaxima weit über 35 Grad) nur auf Donnerstag und Freitag
beschränkt bleiben.
Den im erweiterten mittelfristigen Vorhersagezeitraum zu erwartenden erneuten
Temperaturanstieg hatten auch die beiden gestrigen Modellläufe im Programm,
wobei der aktuellste Lauf die Erwärmung zur Wochenmitte hin ein wenig dämpft.
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Vergleich mit anderen globalen Modellen


Bis einschließlich Freitag lassen sich anhand der synoptischen Basisfelder der
verfügbaren Modelle keine prognoserelevanten Unterschiede ableiten. Ab Samstag
ergeben sich deutlichere Abweichungen. Während GFS und das Modell des
kanadischen Wetterdienstes ein zum EZMW vergleichbares Szenario zeigen, lässt
ICON den nach Frankreich vorstoßenden Trog rasch zum westlichen Mittelmeer
austropfen.
Am Sonntag dominiert nach ICON bereits wieder antizyklonaler Einfluss, wodurch
die (wie auch bei EZMW) diagonal über Deutschland liegende Tiefdruckrinne
rascher aufgefüllt wird als nach dem europäischen Modell. Nach GFS dürfte diese
Tiefdruckrinne am Sonntag bereits über Polen liegen. Das kanadische Modell zeigt
den Trog, der nach EZMW vom Nordwesten Deutschlands in den Südosten reicht, um
etwa 600 km nach Nordosten verschoben. Die Tiefdruckrinne lässt sich nach diesem
Modell nicht mehr finden.
Im erweiterten mittelfristigen Vorhersagezeitraum wird die erneute Erwärmung bei
EZMW am ausgeprägtesten gezeigt. Nach dem Modell des kanadischen Wetterdienstes
würde bereits am Dienstag, nach GFS am Mittwoch eine markante Abkühlung
erfolgen, wobei dann im Nordwesten und Norden je nach Bewölkung durchaus
Temperaturmaxima unterhalb der 20 Grad-Marke vorstellbar wären.
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Bewertung der Ensemblevorhersagen


Das EPS des GFS stützt bemerkenswerterweise die Variante des ICON (mit dem
Austropfprozess zum westlichen Mittelmeer hin). Zudem wird auf ein blockierendes
Hoch über Skandinavien gesetzt. Das spiegelt sich auch bei den "Rauchfahnen"
wieder, die den Temperaturrückgang zum Wochenende hin bei Weitem nicht mehr so
ausgeprägt zeigen wie dies noch bei den gestrigen Modellläufen (und auch beim
aktuellen deterministischen Modelllauf) der Fall war bzw. ist. Zudem wird die
Blockierung über Skandinavien kräftiger und länger andauernd simuliert.
Allerdings sind am kommenden Wochenende gegenüber weiter zurückliegenden
Modellläufen vermehrt Niederschlagssignale zu finden.
Das EPS des EZMW stützt die oben beschriebene Entwicklung, wobei sich
hinsichtlich der Clusterung Unterschiede in Bezug auf den über Deutschland
hinweg südostwärts austropfenden Trog ergeben. Im Gegensatz zum EPS des GFS wird
jedoch die Abkühlung im Westen und Süden ausgeprägter gezeigt und wird auch von
den beiden ungestörten Modellläufen mitgetragen. Allerdings fällt der
Temperaturrückgang im Nordwesten Deutschlands nicht mehr so markant aus wie es
bei weiter zurückliegenden Modellläufen der Fall war. Nach Nordosten hin kann
dagegen von einem Temperaturrückgang keine Rede sein. Gegenüber weiter
zurückliegenden Modellläufen sind auch in den Gebieten, die von der flachen
Tiefdruckrinne erfasst werden, vermehrt Niederschlagssignale zu finden.
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Wahrscheinlichkeiten für signifikante Wettererscheinungen


Als signifikantes Wetterereignis ist vor allem die teils extreme Hitze am
Donnerstag und Freitag zu nennen. Relativ großflächig wird dabei die 35
Grad-Marke deutlich überschritten. In tieferen Lagen West- und
Südwestdeutschlands sind am Donnerstag sogar Maxima bis nahe 40 Grad
vorstellbar.
Am Freitag nimmt im westlichen Bergland, im Südwesten und an den Alpen die
Gewitterneigung zu. Erste Gewitter, die sich im Tagesverlauf bevorzugt mit Hilfe
der Orografie entwickeln, können bereits unwetterartigen Charakter aufweisen.
Am Samstag dürften Gewitter vom Südwesten und Westen bis auf Teile der Mitte
übergreifen, wobei dann Unwetter (vor allem durch heftigen Starkregen und
größeren Hagel) wahrscheinlicher sind als am Freitag. Auch am Sonntag entwickeln
sich in diesen Gebieten Gewitter, was erneut Unwettergefahr bedeutet. Diese
können an den Alpen und im östlichen Mittelgebirgsraum bis in die Nacht zum
Montag hinein andauern. Danach zeichnet sich eine Entspannung der Gewitterlage
ab.
Im Nordosten dauert zumindest bis in die neue Woche hinein die Trockenheit sehr
wahrscheinlich an.
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Basis für Mittelfristvorhersage
MOS + EPS(/EZMW) mit höherer Wichtung des EPS
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VBZ Offenbach / Dipl. Met. Thomas Schumann